Baisingen Friedhof 154.jpg (62551 Byte)  Segnende Hände der Kohanim auf einem Grabstein in Baisingen


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Amberg (Oberpfalz)
Jüdische Geschichte / Synagogen

Übersicht:  

bulletZur Geschichte der jüdischen Gemeinde    
Die mittelalterliche Gemeinde  
Vom Ende des 14. bis zur Mitte des 19. Jahrhunderts  
Die Gemeinde von 1894 bis 1942  
Die Gemeinde nach 1945  
bulletBerichte aus der Geschichte der jüdischen Gemeinde   
Aus der Geschichte der jüdischen Lehrer   
Berichte zu einzelnen Personen aus der Gemeinde  
Berichte aus dem jüdischen Gemeindeleben    
Anzeigen jüdischer Gewerbebetriebe und Privatpersonen  
Aus dem Gemeindeleben unmittelbar vor und in der NS-Zeit    
bulletZur Geschichte der Synagogen     
Mittelalterliche Synagoge 
19./20. Jahrhundert bis zur Gegenwart  
Wiedereinrichtung der Synagoge 1945  
bulletFotos / Darstellungen  
bullet Einzelne Berichte zur Erinnerungsarbeit vor Ort und zur neueren Geschichte der jüdischen Gemeinde    
bulletLinks und Literatur   

    

Zur Geschichte der jüdischen Gemeinde (english version)     
    
Die mittelalterliche Gemeinde
  

In Amberg bestand eine jüdische Gemeinde bereits im Mittelalter.  Nach einem Privileg des Herzogs Rudolf I. von 1294 an die Stadt waren die hier lebenden Juden allein der Stadt untertan. 1298 wurden bei der sogenannten "Rindfleisch-Verfolgung" 13 Männer, Frauen und Kinder erschlagen. Die anderen Juden konnten durch den Rat der Stadt in Sicherheit gebracht werden. Auch in der ersten Hälfte des 14. Jahrhunderts lebten Juden in der Stadt. Nach 1320 werden die jüdischen Bürger Abraham von Amberg und David von Amberg in Nürnberg genannt. 1347 wurde die Zahl der Juden in Amberg auf sechs jüdische Familien beschränkt. Ob es während der Pestzeit 1348/49 zu einer Verfolgung in Amberg gekommen ist, ist nicht bekannt. 1355 werden jedenfalls wiederum Juden in der Stadt genannt. Zwischen 1357 und 1388 waren darunter auch einzelne Juden aus Bayreuth, Regensburg, Wien (?), Bingen, Velburg und Rothenburg (?). Die jüdischen Familien lebten insbesondere von den Einkünften aus dem Geldhandel und der Pfandleihe.  
  
An Einrichtungen der mittelalterlichen jüdischen Gemeinde gab es im Bereich des mittelalterlichen jüdischen Viertels (um die jetzige Frauenkirche) eine Synagoge (s.u.). 1364 erhielt Rabbiner Süßmann das Recht zur Errichtungen eines jüdischen Schule (Jeschiwa) in Amberg, 1369 erhielt der Rabbiner Mosse von Wien (?) dasselbe Recht. Mit allen in der Pfalz lebenden Juden wurden auch die Amberger Juden 1391 auf Grund einer Weisung des Pfalzgrafen Ruprecht II. vertrieben. Zumindest ein Teil der Amberger Juden konnte sich in Nürnberg und Regensburg niederlassen.  
  
 
Vom Ende des 14. bis zur Mitte des 19. Jahrhunderts  

Fast 600 Jahre lang durften sich - zwischen 1391 und der Mitte des 19. Jahrhunderts - keine Juden in der Stadt niederlassen. Noch in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts kamen regelmäßig in die Stadt nur einige der in Sulzbach lebenden jüdischen Händler. Näheres ist dem nachstehenden Artikel zu entnehmen.  

Sulzbach Orient 25061846a.jpg (105010 Byte)In den 1840er-Jahren wurde auch in Amberg die mögliche Aufhebung des Niederlassungsverbotes jüdischer Familien in Amberg diskutiert. In einem "offenen Schreiben" setzte sich der Sulzbacher Rabbiner Dr. Wolf Schlessinger im Juni 1846 mit einigen Behauptungen des (nichtjüdischen) Amberger Großhändlers, Magistratsrates und Abgeordneten im bayerischen Landtag Pfäffinger auseinander, der sich gegen die Niederlassung von Juden in Amberg ausgesprochen hatte.   
Teil eines Artikels in der Zeitschrift "Der Orient" vom 25. Juni 1846, worin Schlessinger den Abgeordneten Pfäffinger zitiert: "Sie sagen: 'Die Oberpfalz ist von diesem auserwählten Volke am meisten geplagt.' - Das begreife wer's vermag! Manche Kreise Bayerns zählen 15.000 jüdische Seelen, während in jenem Raum 800 wohnen. - 'Nach Amberg kommen alle Montage 8 patentisierte jüdische Kaufleute, und zum Teil auch deren Weiber, Söhne und Töchter, und bleiben daselbst auch bis Freitag, sie treiben allen möglichen Handel zum großen Nachteile aller übrigen Handelsleute.' - Tatsache aber ist, dass außer von Sulzbach kein patentisierter Jude nach Amberg kommt - weshalb ich mich auch ganz besonders veranlasst fühle, im Interesse meiner Gemeinde das Wort zu ergreifen. Tatsache ist es, dass gegenwärtig in Sulzbach nur noch sechs Männer und neun Witwen, welche meistens 60, 70, ja 80 Jahr alt sind, darum auch großenteils Stellvertreter angenommen, Patente haben, sage im Ganzen fünfzehn, von welchen Patenten aller Wahrscheinlichkeit nach in 10 Jahren schon über die Hälfte erloschen sein wird. Tatsache ist es, dass 9 dieser Patentisierten in verschiedenen anderen Gegenden der Oberpfalz ihre Geschäfte treiben, und dass nur 6 Patentisierte wirklich nach Amberg kommen, nämlich drei Männer, zwei ledige Söhne von Witwen und eine Witwe, von welchen 6 Personen aber 2 so sehr aller Mittel entblößt sind, dass sie gewiss keinem Kaufmann in Amberg noch je Schaden gebracht haben. Tatsache ist es endlich, dass auch nicht ein Einziger je Frau, Sohn oder Tochter bei sich hat; denn ein israelitischer Jüngling, der die polytechnische Schule dortselbst besucht, kann doch wahrhaftig nicht hierher gezählt werden. Diesen unwiderleglichen Tatsachen gegenüber, wird man doch wohl einer hohen Kammer und dem bayerischen Volke nicht im Ernst weiß machen wollen: 'Die Oberpfalz sei besonders von Juden geplagt, sie habe Schmerzen und müsse schreien'!!"  

  
Für jüdische Handelsleute ist der Aufenthalt in der Stadt weiterhin verboten (1859)     

Anzeige in der "Allgemeinen Zeitung des Judentums" vom 25. April 1859: "Aus Bayern, Ende Februar (1859). Ein hochweiser Rat der Stadt Amberg (Oberpfalz) hat den israelitischen Handelsleuten bei Strafe untersagt, sich länger als 24 Stunden dort aufzuhalten, nachdem ihnen schon vor beiläufig einem Jahre die Handelspatente abgenommen werden sind. Vernehmen nach haben die Beteiligten dagegen Rekurs ergriffen".      

 
Die Gemeinde von 1894 bis 1942

Eine neue jüdische Gemeinde konnte sich erst wieder in der 2. Hälfte des 19. Jahrhunderts - insbesondere durch Zuzug aus umliegenden jüdischen Gemeinde im Bereich der Oberpfalz (vor allem aus Sulzbach) - bilden. Unter den ersten Namen jüdischer Familien finden sich die der Familien Secklmann, Arnstein, Weinscheink und Oestreicher. Die Familien schlossen sich um 1880 zunächst zu einer "Israelitischen Vereinigung" zusammen. Im November 1894 erfolgte die Anerkennung als "Israelitische Kultusgemeinde". Die Zahl der jüdischen Einwohner entwickelte sich bis um 1900 wie folgt: 1867 15 jüdische Einwohner (0,1 % von insgesamt 12.312), 1880 57 (0,4 % von 14.588), 1899 81 (0,5 % von 15.812), 1900 Höchstzahl von 101 (0,5 % von 22.039). Die jüdischen Familien eröffneten u.a. mehrere Einzel- und Großhandelsgeschäft in der Stadt (Schuh- und Textilgeschäfte, Kaufhaus, Bankgeschäft Haymann u.a.m.).

An Einrichtungen hatte die jüdische Gemeinde seit 1881 einen ersten Betraum, seit 1896 eine Synagoge (s.u.), seit 1899 eine israelitische Volksschule und seit 1927 einen eigenen Friedhof. Für den Religionsunterricht der Kinder und zur Besorgung der religiösen Aufgaben der Gemeinde wurde erstmals seit 1889 ein Religionslehrer angestellt, der zugleich als Vorbeter und Schächter fungierte. Als jüdische Lehrer werden genannt: Rosenthaler (1891), B. Gutmann (bis 1900), Elias Godlewsky (1900-1908, siehe unten; danach Lehrer in Nördlingen), Leopold Godlewsky (1908 bis nach 1938).

Amberg AZJ 03011889.jpg (39676 Byte)Anzeige in der "Allgemeinen Zeitung des Judentums" vom 3. Januar 1889: "Ein seminaristisch geprüfter, unverheirateter Religionslehrer, der zugleich das Amt eines Chasen (Vorbeter) und Schochet (Schächter) mit zu betätigen hat, wird per 1. März 1889 zu engagieren gesucht. Gehalt M. 900 per anno bei freier Wohnung. Zeugnisse und Gesuche sind zu richten an 
A. Oestreicher, Vorstand der israelitischen Vereinigung, Amberg, Oberpfalz (Bayern).   

Eine offizielle Zuteilung zu einem Rabbinat gab es zunächst nicht. Zur Synagogeneinweihung 1896 kamen die beiden Distriktsrabbiner Dr. Eckstein aus Bamberg und Dr. Weinberg aus Sulzbürg. 1924 war Amberg dem Distriktsrabbinat Sulzbürg-Neumarkt zugeteilt. Seit 1931 gehörte Amberg - nach Neuordnung der Rabbinatsbezirke - dem Rabbinatsbezirk Regensburg-Neumarkt an. 
    
Im Ersten Weltkrieg fielen aus der jüdischen Gemeinde: Gefreiter Adolf Kleinbauer (geb. 26.3.1876 in Sulzbach, gef. 20.10.1918) und Gefreiter Georg Wedel (geb. 31.12.1875 in Wormditt, Ostpreußen, gef. 26.4.1918). Der Name von Georg Wedel steht auf den Namenstafeln des Gefallenendenkmals in der Säulenhalle des alten Rathauses (Marktplatz). Außerdem ist gefallen: Unteroffizier Josef Elkan (geb. 21.10.1894 in Amberg, vor 1914 in Nürnberg wohnhaft, gef. 10.8.1918). 
      
1924
gehörten 130 jüdische Personen zur jüdischen Gemeinde Amberg. Darunter waren 86 aus Amberg, 30 aus Schwandorf (seit 1903 waren die Schwandorfer Juden nach Amberg zugeteilt), 4 aus Haselmühle, 4 aus Witzelhof und 6 aus Nabburg. Dem jüdischen Gemeindevorstand gehörten die Herren Ernst Bloch, Leo Kleinbauer, Leopold Godlewsky und Michael Lorsch an. Leopold Godlewsky hatte die Ämter als "Prediger, Lehrer, Kantor und Schochet" der Gemeinde inne. Er erteilte an der Religionsschule der Gemeinde zehn Kindern Unterricht. An den öffentlichen Schulen wurden 25 Kinder von ihm unterrichtet. An jüdischen Vereinen gab es die "Israelitische Armenkasse" (Ziel: Wanderunterstützung; Vorsteher: Leopold Godlewsky), den Israelitischen Männerverein (bzw. Israelitische Männerchefroh, gegründet 1880, Vorsteher 1924 Michael Lorsch, 1932 Siegfried Neuhöfer, Ziele: Krankenpflege und Bestattung, 1932 20 Mitglieder) und den Israelitischen Frauenverein (Israelitische Frauenchefroh, gegründet 1880, 1924/32 unter Leitung von Fanny Haymann, 1932 20 Mitglieder, Ziele Krankenpflege und Bestattung). 1932 waren die jüdischen Gemeindevorsteher Siegfried Neuhöher (1. Vors.) und Siegfried Funkenstein (2. Vors. und Schatzmeister). Lehrer und Kantor war weiterhin Leopold Godlewsky. Zu den 63 jüdischen Gemeindegliedern aus Amberg kamen 1932 aus Schwandorf 24 Personen und Nabburg 5 Personen. Zudem wird (ohne Zahl jüdischer Einwohner) Burglengenfeld als Amberg zugeteilter Ort genannt.  

1933 lebten 83 jüdische Personen in der Stadt. Von ihnen konnten in den folgenden Jahren (bis 1941) zusammen 30 emigrieren, zehn verstarben in diesen Jahren, drei begingen Selbstmord. 1937 wurden der jüdischen Gemeinde Amberg auch die letzten der in Sulzbach lebenden jüdischen Einwohner zugeteilt. Dazu erschien am 1. Januar 1937 folgende Mitteilung:

Sulzbach Bayr GZ 01011937.jpg (71212 Byte)Anzeige in der "Bayerischen Israelitischen Gemeindezeitung" vom 1. Januar 1937: "Bekanntmachung über Ausdehnung des Gebietes der Israelitischen Kultusgemeinde Amberg auf das Gebiet der politischen Gemeinde Sulzbach-Rosenberg. Die Verwaltung der Israelitischen Kultusgemeinde Amberg hat in ihrer Eigenschaft als Steuerverbandsvertretung am 1. November 1936 folgenden Beschluss gefasst. Gemäß Artikel 2 des religionsgesellschaftlichen Steuergesetzes dehnt die Israelitische Kultusgemeinde Amberg ihr Gebiet auf das Gebiet der politischen Gemeinde Sulzbach-Rosenberg aus. 
Dieser Beschluss wird hiermit öffentlich bekannt gemacht. 
Den an der Umbildung Beteiligten, insbesondere den von der Umbildung betroffenen umlagenpflichtigen Bekenntnisgenossen, wird hiermit Gelegenheit zur Einsprache gegeben. Die Einsprache soll genau die Gründe darlegen, welche gegen die bekannt gegebene Umbildung geltend gemacht werden wollen. Die Einsprache muss binnen einer vom 20. Januar 1937 ab laufenden Frist von zwei Wochen bei der Verwaltung der Israelitischen Kultusgemeinde Amberg schriftlich eingereicht werden. Amberg, den 24. Dezember 1936. 
Die Verwaltung der Israelitischen Kultusgemeinde Amberg: Bacharach, Vorstand.  Godlewsky, Schriftführer."

Über die Ereignisse beim Novemberpogrom 1938 s.u. bei der Synagogengeschichte. Die letzten jüdischen Einwohner Ambergs wurden 1942 deportiert.   
      
Von den in Amberg geborenen und/oder längere Zeit am Ort wohnhaften jüdischen Personen sind in der NS-Zeit umgekommen (Angaben nach den Listen von Yad Vashem, Jerusalem und den Angaben des "Gedenkbuches - Opfer der Verfolgung der Juden unter der nationalsozialistischen Gewaltherrschaft in Deutschland 1933-1945"; überprüft, korrigiert und ergänzt durch die Forschungen von Dieter Dörner, Amberg (Stand: März 2010): David Ascher (1877), Frieda Ascher geb. Hirschfeld (1887), Dora Bacharach geb. Höflein (1894), Emil Bacharach (1887), Rudolf Hans Bacharach (1921), Elsa Baruch (1897), Ludwig Baruch (1892, vgl. Erinnerungsblatt des "Aktiven Museums Spiegelgasse" Wiesbaden), Rosa Baruch (1894), Emma Behrens geb. Strauß (1905), Bruno Bloch (1920), David Bloch (1862), Ernst Bloch (1890),  Rosa Bloch geb. Schwarz (1893),  Ilse Gerda Funkenstein (1923), Paula Funkenstein geb. Eckstein (1896), Rolf Herbert Leo Funkenstein (1927), Siegfried Funkenstein (1922), Bella Godlewsky geb. Lang (1887), Ilse Godlewsky (1920), Leopold Godlewsky (1878), Fanny Haymann geb. Oppenheimer (1887), Ludwig Haymann (1890), Max Hellmann (1910), Anna Hörauf geb. Wangersheim (1895), Benno Isner (1869), Salomon Jakubowitsch (1872), Max Kehr (1893), Thekla Kehr geb. David (1893), Jakob Kirschbaum (1878), Max Kleinbauer (1909), Alter Chaim Kupfermann (1901), Chana Kupfermann geb. Stieber (1906), Erna Strauss geb. Weinschenk (1899), Heinz Otto Weinschenk (1930), Johanna (Hannchen) Weinschenk geb. Wimpfheimer (1886), Rose Weinschenk geb. Steinmann (1874), Adolf Zechermann (1876), Martha (Amalie) Zechermann geb. Strauß (1882).  
  
Nicht bestätigt werden konnten durch Dieter Dörner die Angaben zu den folgenden Personen, die in einigen Listen in Verbindung mit Amberg genannt werden; vermutlich haben sich diese Personen nur kurze Zeit in Amberg aufgehalten: Arthur Godlewsky (1891), Isidor Hirsch (1891), Maximilian Holzer (1909), Max Herbert M. Kohn (1881), Heinrich Lippmann (1882), Ludwig Löwenstein (1912), Wilhelm Löwenstein (1885), Berthold Mahler (1909), Ernst Alfred Seckendorf (1892), Adolf Strauss (1890=, Karl Strauss (1873), Max Moses Strauss (1879), Robert Weilheimer (1900), Lotte (Charlotte) Weinschenk geb. Frank (1872), Sally Weiß (1908), Moritz F. Wertheimer (1884), Rosa Westheimer geb. Stark (1883).  
Die NS-Zeit überlebt haben die in einigen Listen genannten Personen: Salli Isner geb. Östreicher (1896), Charlotte (Lotte) Weinschenk geb. Frank (1895).  
     
Unter den jüdischen DPs in Amberg sind 1945 bis 1948 verstorben: Bernd Adler (1912), Dora Bialo (1923), Albert Blau (1922), Cyna Dawid (1914), Mordche Elbaum (1913), Isaak Frenkel (1925), Moniek Grünberg (1908), Moszek Grünbberg (1908), Juda Grusniewski (1922), Max Hilfstein (1912), David Kaplan (1874), Roman Klejmann (1925), Eugen Kleinmann (1921), Lucer Klonsztam (1923), Chaim Kornreich (1927), Schulim Lang (1911), Josef Langsner (1911), Simon Leskowicz (1905), Saul Nussbaum (1875), Oeden Rathmann (1927), Erne Rottenstein (1914), Luba Schiulit (1925), Laib Jakob Seiden (1929), Josef Silberstein (1902), Jankiel Smuts (1884), Sultan Stern (1924), David Syna (1918), Milgrom Szymoin (1922), Sara Weinberg (1906), Imre Weiß (1929), Willi Wulkan (1926).    
        
        
        
Die Gemeinde nach 1945

1945 wurden in der Stadt zahlreiche jüdische Displaced Persons untergebracht (Überlebende von Konzentrationslagern/Überlebende der Todesmärsche vom KZ Flossenbürg nach Dachau und jüdische Flüchtlinge aus dem Osten), die eine neue jüdische Gemeinde begründeten. Bis 1948/50 handelte es sich um etwa 500 jüdische Personen, die in leerstehenden oder geräumten Kasernen sowie in Privatwohnungen untergebracht waren. Geistliches Oberhaupt der Gemeinde war Rabbiner Dr. Natan Zanger. Nach Gründung des Staates Israel (1948) ging die Zahl der jüdischen Gemeindeglieder durch Auswanderungen jedoch schnell zurück. 1953 waren nur noch 41 jüdische Personen in der Stadt, 1989 26. 

In den 1990er-Jahren nahm die Zahl der jüdischen Gemeindemitglieder wieder zu durch die Zuwanderung von sogenannten "Kontingentflüchtlingen" aus den GUS-Staaten. Zur jüdischen Gemeinde (Israelitische Kultusgemeinde Amberg K.d.ö.R., Salzgasse 5 92224 Amberg) gehören derzeit 108 Mitglieder (Stand 2016). Gemeindevorsteher sind 2017 Alexander Iolowitsch, Gemeinderabbiner Elias Dray und Ignaz Berger. Die Gemeinde ist Mitglied im Landesverband der Israelitischen Kultusgemeinden in Bayern K.d.ö.R. 
 
Trotz der relativ geringen Zahl der Gemeindeglieder wird ein aktives Gemeindeleben gepflegt und unter anderem die Hohen Feiertage gemeinsam begangen.
 
Im Herbst 2019 konnte das 125-jährige Bestehen der jüdischen Gemeinde gefeiert werden (siehe Pressebericht unten).    
   
   
   
Berichte aus der Geschichte der jüdischen Gemeinde  
   
Aus der Geschichte der jüdischen Lehrer   
Lehrer Rosenthaler bietet Bücher an (1891)

Amberg Israelit 09021891.jpg (27543 Byte)Anzeige in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 9. Februar 1891: "Einzelne gut erhaltene Bünde zum Talmud à Mark 1 und Mark 1.50 bei J. Rosenthaler, Lehrer, Amberg (Bayern)."

  
Bitten des jüdischen Lehrers B. Gutmann um Unterstützung für die jüdischen Gefangenen in der Gefangenenanstalt Amberg (um 1900)

Amberg Israelit 15031900.jpg (77094 Byte)Anzeige in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 15. März 1900: "Öffentliche Bitte. Unterzeichneter erlaubt sich, die Güte und Mildtätigkeit der Leser des "Israelit" zu folgendem Zwecke in Anspruch zu nehmen. In der hiesigen Gefangenenanstalt befinden sich zur Zeit sieben jüdische Gefangene. Nach § 25 der Hausordnung für die Gefangenenanstalten Bayerns ist es gestattet, dass den israelitischen Gefangenen während des Pessachfestes eine nach den Vorschriften unserer Religion zubereitete Kost verabreicht werden darf, für deren Aufbringung ich jedoch zu sorgen habe, indem von Seiten der Anstalt gesetzlich nichts geleistet wird. Da die Deckung der Kosten bedeutende Ausgaben verursacht, so sehe ich mich veranlasst, an alle wohltätigen Glaubensgenossen die innige Bitte zu richten, mich in der Ausführung des genannten Werkes durch Übersendung eines milden Beitrags unterstützen zu wollen. Auch die kleinste Beisteuer wird dankbarst akzeptiert und über den Empfang in diesen Blättern seinerzeit quittiert. B. Gutmann, Lehrer, Amberg." 
Amberg Israelit 07021901.jpg (80887 Byte)Anzeige von 1901 mit demselben Wortlaut wie oben, jedoch inzwischen von Lehrer E. Godlewsky unterzeichnet.  Amberg Israelit 10031902.jpg (86918 Byte)Anzeige von 1902 - damals waren zehn jüdische Gefangene zu betreuen. 

    
Lehrer Elias Godlewsky wechselt von Amberg nach Nördlingen (1908)   
Elias Godlewsky war Lehrer der jüdischen Gemeinde Amberg von 1900 bis 1908. Er stammte aus Hirschaid (wie auch sein Nachfolger, Lehrer Leopold Godlewsky, vermutlich waren die beiden Brüder), seine Frau Lucie aus dem schlesischen Lüben. Das Paar hatte drei Kinder. Godlewsky stammte aus einer Familie orthodoxer Lehrer, arbeitete in mehreren jüdischen Gemeinden in Bayern (nach Amberg in Nördlingen und Fürth) und kam dann über Kattowitz und Berlin nach Kassel, wo er 1924 bis 1936 als Lehrer wirkte. Sechs Wochen vor der Pogromnacht 1938 zog er mit seiner Frau Lucie nach Bad Wildungen in die Synagoge am Dürren Hagen. Am Tag nach dem Pogrom 1938 wurde er mit knapp 20 Wildunger Juden ins KZ Buchenwald deportiert, nach drei Wochen entlassen und floh 1939 nach London. Nach dem Krieg emigrierte er nach New York, wo er 1953 verarmt und chronisch krank mit 73 Jahren starb.   

Noerdlingen Israelit 30041908.jpg (21865 Byte)Artikel in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 30. April 1908: "Nördlingen, 19. April (1908). Bei der heute stattgefundenen Gemeindeversammlung wurde Herr Godlewsky in Amberg, an Stelle des verstorbenen Herrn Weiler unter 22 Bewerbern als Lehrer und Kantor gewählt."  

      
Artikel zu Dienstjubiläen des Lehrers Leopold Godlewsky:  25 und 30 Jahre in der Gemeinde Amberg tätig (1933 beziehungsweise 1938)

Amberg Bayr GZ 15071933.jpg (32514 Byte)Artikel in der Bayerischen Israelitischen Gemeindezeitung vom 15. Juli 1933: "Amberg. Herr Oberlehrer Leopold Godlewsky kann am 1. August auf eine fünfundzwanzigjährige Tätigkeit dahier zurückblicken. Als religiöse und charaktervolle Persönlichkeit hat er es in Verbindung mit seiner gleichgesinnten Gattin verstanden, sich die Liebe und Wertschätzung nicht nur seiner Gemeinde, sondern auch der ganzen Stadt in reichstem Maße zu erwerben. Ad multos annos!"
Amberg Israelit 03081933.jpg (61634 Byte)Artikel in der Zeitschrift "Der Israelit" am 3. August 1933: "Amberg, 31. Juli. Am Schabbat Nachamu (Schabbat nach dem 9. Aw, an dem die Lesung aus Jesaja 40 'Tröstet, tröstet mein Volk' gelesen wird, = 5. August 1933) kann Herr Oberlehrer Leopold Godlewsky auf eine 25jährige, ersprießliche Tätigkeit in der Gemeinde Amberg mit Sulzbach und Schwandorf zurückblicken, nachdem er vorher in der Gemeinde Gerolzhofen 10 Jahre amtierte. Eine frommen und angesehenen Lehrerfamilie in Franken entstammend, wusste er deren Tradition allzeit hochzuhalten. Sein Name hat in der bayerischen Judenheit und darüber hinaus und besonders bei seinen Kollegen einen guten Klang. Durch seine berufliche Tüchtigkeit, seinen biederen Charakter, sein allzeit hilfsbereites Wesen, errang er sich die Wertschätzung und Achtung seiner Gemeinden und aller Schichten der Bevölkerung. Auch seine schriftstellerische Tätigkeit, besonders auf kulturhistorischem Gebiete, verdient hervorgehoben zu werden. (Alles Gute) bis 120 Jahre."
Amberg Israelit 07071938.jpg (23037 Byte)Artikel in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 7. Juli 1938: "Amberg, 4. Juli (1938). In diesen Tagen (10. Juli) kann Herr Oberlehrer Leopold Godlewsky auf einer vierzigjährige Amtstätigkeit zurückblicken. Hiervon treffen dreißig Jahre auf die Gemeinde Amberg mit Schwandorf und Sulzbach.   (Alles Gute) bis 120 Jahre."

   
Zum Tod der in Amberg verstorbenen Schwiegermutter von Lehrer Godlewsky: Frau Sophie Lang geb. Freudenthal (1928)
  

Burgkunstadt Israelit 28061928.jpg (137612 Byte)Artikel in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 28. Juni 1928: "Burgkunstadt (Oberfranken), 15. Juni (1928). Vor kurzem starb in Amberg (Oberpfalz) im Hause ihrer Tochter, wo sie Heilung von einem schweren Leiden suchte, im Alter von 73 Jahren, Frau Sophie Lang aus Burgkunstadt. Von frommen Eltern aus der Familie Freudenthal aus Tann v.d. Rhön abstammend, verpflanzte sie diese Tradition in ihre neue Heimat, wo sie an der Seite des ihr in die Ewigkeit vorausgegangenen gleichgesinnten Mannes ein echt jüdisches Haus gründete und durch alle Tugenden einer wackeren Frau dieses zu hoher Blüte brachte. Ihr gastliches Haus war nicht nur weit geöffnet, war nicht nur offen für die Bedürftigen, es stand nicht nur den Armen offen, es war auch ein Haus für die Weisen, denn Rabbiner und Lehrer waren ihre Verehrer und ein ideales Verhältnis verband sie mit ihnen . Sie war nicht nur lange Jahre Vorstandsmitglied der Frauenchewrah (Frauenverein), noch bis in ihre letzten Monate beteiligte sie sich aktiv an der gebotenen Sorge um die Toten. Vier Kinder fand sie bei ihrer Ehe vor und vier Kinder konnte sie noch ihre eigenen nennen. Doch mit Liebe umhegte sie sie allesamt und mit Selbstverleugnung löste sie ihre schwere Aufgabe. Ein halbes Jahr vor ihrem Tode sah sie zu ihrem Leidwesen ihren ältesten Sohn, den bewährten und frommen Kultusvorstand, Karl Lang - seligen Andenkens - einen Chawer in die Gruft sinken. Dieser Schicksalsschlag zehrte an ihrem Lebensmarke. Vor ihrer Überführung nach Nürnberg nahm ihr Schwiegersohn, Herr Lehrer Godlewsky in Amberg, in bewegten Worten Abschied von der teuren Verblichenen, und am Grabe in Nürnberg entwarf Herr Rabbiner Dr. Heilbronn - ein Freund ihres Vaterhauses - ein rührendes Bild von den Tugenden der Entschlafenen, worauf nochmals ihr Schwiegersohn ihr Vorzüge treffend hervorhob. Eine seltene Frau aus der Vergangenheit ist mit ihr dahingegangen. Das Andenken an die Fromme ist zum Segen."      

   
   
Berichte aus dem jüdischen Gemeindeleben  
Wie ein Ritualmordvorwurf entstehen kann (1904)   

Artikel in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 29. März 1904: "Amberg. Bei der zweiten Sitzungsperiode des Schwurgerichts am königlichen Landgerichte Amberg kam zur Verhandlung Jakob Stadi, 35 Jahre alt, katholisch, verheiratet, Spengler von Heilinghausen, wegen Mordes, begangen an einem fünfjährigen Knaben. Dabei kam folgender interessanter Vorfall zur Sprache: 
Die Taglöhnersfrau Franziska Seidl von Heilinghausen lebt in sehr ärmlichen Verhältnissen und hat drei Kinder, im Alter von sechs, fünf und drei Jahren zu ernähren. Etwa acht Tage vor dem Morde beklagte sich die Frau dem Stadi gegenüber, dass sie wenig Verdienst hätte, und es ihr in Folge dessen sehr schlecht ginge. Darauf sagte Stadi, sie solle einen Buben verkaufen. Auf die Frage der Zeugin, wohin, sagte Stadi an die Juden in Regensburg, denn diese brauchen Christen blut und stechen die Knaben zu diesem Zwecke ab. Die Frau gab nun ihrem Entsetzen darüber Ausdruck und hielt insbesondere das Sündhafte einer solchen Handlungsweise dem Stadi vor Augen, dieser aber erwiderte nur: 'Es gibt keinen Gott und keinen Teufel!'  
Es ist für uns wahrlich ein Glück zu nennen, dass der auf so grausame Weise ums Leben gekommene Knabe damals verhältnismäßig bald im Walde aufgefunden worden ist. Wer weiß, was dieser Unhold, der während der zweitägigen Verhaltung, trotz der erdrückendsten Verdachtsmomente, hartnäckig die Schuld von sich abzuwälzen suchte, nicht alles erdichtet hätte! Er wurde zum Tode verurteilt. 
Bietet uns dieser Einblick in die Denk- und Handlungsweise des Angeklagten ein Bild für die Höhe der sittlichen Anschauungen desselben, so können wir daraus auch die Entstehungsursache so manchen 'Ritualmordmärchens' erklären. Andererseits ist lobend hervorzuheben, dass Staatsanwalt wie Verteidiger bei Erwähnung dieses Vorfalles in ihren Plädoyers einmütig den Glauben an einen Ritualmord sowohl in diesem Fall, als auch in generellem Sinne ad absurdum führten.  E. Godlewsky, Lehrer".        
Hinweis: der Fall wird ausführlich dargestellt im Beitrag "Die Ermordung eines fünfjährigen Knaben. Aberglaube des Mörders" in: Archiv für Kriminal-Anthropologie und Kriminalistik. Hrsg. von Hans Gross Bd. 17 Leipzig 1904 - Erstes und zweites Heft S. 42-60. Link zu Google-Books

   
   

Berichte zu einzelnen Personen aus der Gemeinde
 
Goldene Hochzeit von
Heinrich und Emma Haymann am 1. März 1903

Amberg Israelit 16031903.jpg (80796 Byte)Artikel in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 16. März 1903: "Amberg, 1. März (1903). Goldene Hochzeitsfeier). Heute feierten das seltene Fest der goldenen Hochzeit Herr Heinrich und Frau Emma Haymann dahier in seltener Rüstigkeit des Körpers und des Geistes. Am Vorabende wurde dem Jubelpaare auf Veranlassung der hiesigen, israelitischen Kultusgemeinde eine ehrenvolle Huldigung in Form einer Serenade in ihrer Wohnung zuteil. Am Jubiläumstage fand unter zahlreicher Beteiligung aller Konfessionen Festgottesdienst in der hierzu prächtig geschmückten Synagoge statt. Herr Lehrer E. Godlewsky hielt eine von Herzen kommende und zu Herzen gehende, gediegene Ansprache, welche die hohe Bedeutung des Tages darlegte und den durch das ganze Leben des Jubelpaares stets bewiesenen Wohltätigkeits- und Frömmigkeitssinn pries. 
Sodann fand im Hause der Jubilare ein solennes Festmahl statt, gewürzt mit ernsten und heiteren Poesie und Prosa-Vorträgen, und hielt die Teilnehmer in freudigster Stimmung bis zum Abend beisammen. Es wird ihnen allen unvergesslich bleiben. Möge das Jubelpaar in gleicher Frische noch das diamantene Hochzeitsfest feiern."

   
Zum Tod von Heinrich Haymann im Februar 1907

Amberg Israelit 07031907.jpg (68117 Byte)Artikel in der Zeitschrift "Der Israelit" am 7. März 1907: "Amberg, 5. März (1907). Am 7. Adar (21. Februar 1907) schied Herr Heinrich Haymann von hier im Alter von 79 Jahren aus dem Leben. Er ist der Gründer des an Sabbaten und Festtagen streng geschlossenen Bankhauses Haymann, welches nun von den Söhnen in demselben Sinne weitergeführt wird. Der Verblichene war wegen seiner aufrichtigen Frömmigkeit und seines Wohltätigkeitssinnes allgemein geachtet. Im nahen Sulzbach, woselbst er geboren ist und wo er bis vor 9 Jahren gewohnt war, war der Verewigte 20 Jahre Kassier der dortigen Gemeinde und fungierte 48 Jahre lang an den hohen Feiertagen in trefflicher Weise als Vorbeter. Die Lücke, die durch seinen Tod in unserer Gemeinde entstanden, ist schwer auszufällen. Möge Gott Trost senden in die Herzen derer, die durch den Verlust dieses Mannes in schmerzliche Trauer versetzt wurden.   Seine Seele sei eingebunden in den Bund des Lebens".

    
    

Anzeigen jüdischer Gewerbebetriebe und Privatpersonen 
Anzeigen des Spezerei- und Landesproduktengeschäftes Emanuel Löwi (1890)

Amberg Israelit 16101890.jpg (22563 Byte)Anzeige in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 16. Oktober 1890: "Suche per sofort einen Lehrling für mein Spezerei- und Landesproduktengeschäft. Gute Schulzeugnisse erforderlich. Kost und Logis im Hause. 
Emanuel Löwi,
Amberg (Oberpfalz)."
   
Amberg Israelit 13111890.jpg (32153 Byte)Anzeige in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 13. November 1890: "Suche für mein Landesproduktengeschäft en gros & en détail einen Lehrling mit gutem Schulzeugnis. Kost und Logis im Hause. 
Emanuel Löwi, Amberg (Bayern)."  

         
         
Aus dem Gemeindeleben unmittelbar vor und in der NS-Zeit    
Die NS-Zeit wirft ihre Schatten voraus - der Führer der Amberger Nationalsozialisten Stüdlein macht auf sich aufmerksam (1923)   

Amberg Israelit 29111923.jpg (130536 Byte)Artikel in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 29. November 1923: "München, 16. Oktober (1923). Wir lesen in der 'Central-Vereins-Zeitung':  Am Abend des vergangenen Dienstag befanden sich vier jüdische Amberger Bürger in der Synagoge bei einer Chorprobe. Gegen 11 Uhr abends erfolgte plötzlich eine schwere Detonation. Die vier Herren nahmen an, dass ein Anschlag auf die Synagoge erfolgt sei. deshalb fuhren zwei der Herren zur Polizeiwache, um von dem Vorfall Anzeige zu erstatten. Hier wurde ihnen mitgeteilt, dass vermutlich kein Anschlag auf die Synagoge geplant gewesen sei, weil der Führer der Amberger Nationalsozialisten, Stüdlein, an der nächsten Straßenecke bewusstlos aufgefunden worden sei. Es stellt sich heraus, dass eine Handgranate geworfen worden war, deren Abreißschnur neben Stüdlein lag. Irgendeine Verletzung wies Stüdlein nicht auf, wohl aber hatte er einen geladenen und entsicherten Revolver in der Hand. 
Am Mittwoch früh zwischen 4 und 5 Uhr wurden die vier Synagogenbesucher aus ihren Betten heraus ohne Angabe eines Grundes verhaftet, wie Schwerverbrecher in das Gerichtsgefängnis eingeliefert und abends 8 Uhr ohne Verhör wieder entlassen. Kein Wort der Entschuldigung wurde für nötig gehalten. 
Wie die Staatsanwaltschaft in ihrem amtlichen Bericht in Nr. 186 der 'Amberger Volkszeitung' selbst zugibt, hat sich im Laufe der Erhebungen gegen Stüdlein mehr und mehr der Verdacht verstärkt, dass er die Handgranate selbst geworfen habe, um 'für sich und seine Sache Aufsehen zu erregen'. Stüdlein befindet sich bis zur Stunde auf freiem Fuß. 
Man wird das Ergebnis der Untersuchung abwarten müssen. Es wird aber an der skandalösen Tatsache der Verhaftung von vier Synagogenbesuchern, die pflichtgemäß einen Handgranatenanschlag melden, nichts ändern können.'

  
Beleidigungsklage gegen Pfarrer Münchmeyer (1930)  
Anmerkung: Weitere Berichte mit Informationen zu diesem unklaren Sachverhalt wurden noch nicht gefunden. 

Amberg Israelit 23011930.jpg (57205 Byte)Artikel in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 23. Januar 1930: "Amberg. Vor dem Amtsgericht Amberg (Oberpfalz) war am 13. Januar Termin zur Verhandlung der Beleidigungsklage angesetzt, die die beiden Vorstande der Ortsgruppe Amberg des Zentralvereins deutscher Staatsbürger jüdischen Glaubens, Kaufmann Bloch und Studienassessor Godlewski, gegen den früheren Pfarrer Münchmeyer auf Borkum erhoben hatten. Da Münchmeyer Widerklage gegen die beiden Privatkläger erhoben hat, wurde zum Zwecke der Beschaffung von weiterem Beweismaterial gegen Münchmeyer die Verhandlung ausgesetzt und auf unbestimmte Zeit vertagt."  

   
Ausdehnung des Gebietes der jüdischen Gemeinde Amberg auf Sulzbach-Rosenberg (1937)  

Amberg Bayr GZ 01011937.jpg (110962 Byte)Anzeige in der "Bayerischen Israelitischen Gemeindezeitung" vom 1. Januar 1937: "Bekanntmachung über Ausdehnung des Gebietes der Israelitischen Kultusgemeinde Amberg auf das Gebiet der politischen Gemeinde Sulzbach Rosenberg. Die Verwaltung der Israelitischen Kultusgemeinde Amberg hat in ihrer Eigenschaft als Steuerverbandsvertretung am 1. November 1936 folgenden Beschluss gefasst. Gemäß Art. 2 des religionsgesellschaftlichen Steuergesetzes dehnt die Israelitische Kultusgemeinde Amberg ihr Gebiet auf das Gebiet der politischen Gemeinde Sulzbach-Rosenberg aus. Dieser Beschluss wird hiermit öffentlich bekannt gemacht. Den an der Umbildung Beteiligten, insbesondere den von der Umbildung betroffenen umlagenpflichtigen Bekenntnisgenossen, wird hiermit Gelegenheit zur Einsprache gegeben. Die einsprach soll genau die Gründe darlegen, welche gegen die bekannt gegebene Umbildung geltend gemacht werden wollen. Die Einsprach muss binnen einer vom 20. Januar 1937 ab laufenden Frist von zwei Wochen bei der Verwaltung der Israelitischen Kultusgemeinde Amberg schriftlich eingereicht werden. Amberg, den 24. Dezember 1936. Die Verwaltung der Israelitischen Kultusgemeinde Amberg: Bacharach, Vorstand. Godlewsky, Schriftführer."  

   
Aus dem Gemeindeleben 1936/37  

Amberg Bayr GZ 15011937.JPG (157712 Byte)Artikel in der "Bayerischen Israelitischen Gemeindezeitung" vom 15. Januar 1937: "Aus dem Amberger Gemeindeleben. Am 1. November 1936 hielt die Kultusgemeinde Amberg ihre Jahresversammlung ab, die durch die Anwesenheit des Herrn Bezirksrabbiners Dr. Salomon von Regensburg eine besondere Not erhielt. Der Gemeindevorstand, Landgerichtsrat i.R. Bacharach, gab einen umfassenden Jahresbericht, der sich insbesondere auf die Finanzgebarung der Gemeinde, die Kultuseinrichtungen, die Wohlfahrtspflege und die jüdische Winterhilfe erstreckte. Von besonderer Bedeutung für Amberg ist die Auflösung der Israelitischen Kultusgemeinde Sulzbach. Diese im Jahre 1666 gegründete Gemeinde, einst eine der größten und blühendsten jüdischen Gemeinden Bayerns, und weitesten Kreisen durch ihre hebräische Druckerei bekannt, hat aufgehört zu bestehen, nachdem anfangs Oktober 1936 die letzte Familie von Sulzbach nach Nordamerika ausgewandert ist. Die altehrwürdige Synagoge wurde schon vor einigen Jahren an die Stadtgemeinde Sulzbach-Rosenberg veräußert, die ein Museum darin eingerichtet hat. Im übrigen ging das Vermögen der aufgelösten Gemeinde auf die Nachbargemeinde Amberg über, die ihr Gebiet auf das Gebiet der politischen Gemeinde Sulzbach-Rosenberg erstreckt hat. - Im Anschluss an die Versammlung fand in der festlich geschmückten Synagoge die feierlich Einführung des neuen Rabbiners unserer Gemeinde, Herrn Bezirksrabbiners Dr. Salomon von Regensburg, statt. Nach einer würdigen Begrüßung durch die Jugend sowie durch Ansprachen des Gemeindevorstands und der Oberlehrers und nach warmen Dankesworten des Herrn Bezirksrabbiners fand ein feierlicher Gottesdienst statt, der durch die Predigt des Herrn Rabbiners seine Weihe empfing.  
Am 13. Dezember 1936 versammelte sich die Gemeinde in der Synagoge zu einer Chanukka-Weihestunde, deren Programm - Ansprachen, Vorträge und musikalische Darbietungen - hauptsächlich von der Jugend bestritten wurde. 
 Am 20. Dezember 1936 trug die jugendliche Dichterin Hilde Marx aus eigenem Schaffen - Gedichte und Prosa - vor, so u.a. aus ihrer bekannten Gedichtsammlung 'Dreiklang', ferner auch einige Proben aus ihrem demnächst bei Brandus in Berlin erscheinenden Werk 'Ein Bündel Briefe. Durch ihre meisterhaft zu Gehör gebrachten Vorträge, in welchen sich das jüdische Schicksal unserer Zeit spiegelt, wusste sie ihre Zuhörer zu fesseln und bleibende Eindrücke in ihnen zu hinterlassen."  

 
Aus dem Gemeindeleben Winter 1936/37  

Amberg Bayr GZ 15031937.jpg (122177 Byte)Artikel in der "Bayerischen Israelitischen Gemeindezeitung" vom 15. März 1937: "Aus der Gemeinde Amberg. Herr Bankier Karl Haymann und dessen Gattin Fanny geb. Oppenheimer, begingen am Sabbat Ki tissoh unter allgemeiner Beteiligung ihr goldenes Ehejubiläum. Die äußerst beliebte Familie, die durch große Wohltätigkeit sich hervorgetan hat, unterstützt nach alter Tradition - die Eltern des Jubilars konnten an demselben Tage vor 30 Jahren das gleiche Fest feiern - sowohl materiell wie ideell - die Jubilarin ist seit langen Jahren Vorsitzende des Frauenvereins - die Gemeindeinstitutionen. Herr Oberlehrer Godlewsky rühmte in zu Herzen gehenden Worten die vielen Verdienst des Jubelpaares unter dem Trauhimmel. Der Vorstand, Herr Landgerichtsrat a.D. Bacharach, übermittelte die Glückwünsche und den Dank der Gemeinde und für Herrn Haymann die Ehrenmitgliedschaft derselben. Ad meo weesrim schono! (Alles Gute) bis 120 Jahre.
Unsere kulturellen Veranstaltungen standen in der vergangenen Wintersaison auf einer besonderen Höhe. Abgesehen von den künstlerischen Leistungen von Frau Edith Herrenstadt - Oettingen, von Frl. Hilde Marx, der Sängerin Frau Irma Held - Landecker (Nürnberg) und deren Begleiterin Frl. Levi hielten wir besondere Weihestunden, in denen auch die Kleinen sich zeigen konnten. Kürzlich wurde die 500. Wiederkehr des Geburtsjahres Don Isaak Abravanels gefeiert, wobei Herr Oberlehrer Godlewsky den Festvortrag hielt. Herr Godlewsky und unser Vorstand, Herr Landgerichtsrat a.D. Bacharach, trugen zum Gelingen dieser Veranstaltungen durch Wort und Tat bei. Auch unser Jugendbundführer Rolf Bacharach sei hier durch seine verständnisvolle Tätigkeit rühmend erwähnt. Sämtlich Veranstaltungen erfreuten sich von hiesigen und auswärtigen Mitgliedern, besonders von Schwandorf, regesten und freundlichsten Zuspruches."   

   
   
   
Zur Geschichte der Synagogen  
 
Mittelalterliche Synagoge

Amberg Frauenkirche 010.jpg (12092 Byte)Bereits im Mittelalter war eine Synagoge vorhanden, die 1384 als "Judenschule" genannt wird. Sie stand bis 1391 innerhalb der ältesten Stadtbefestigung (Südwestteil). Ihr gegenüber war ein "Judenhaus". Nach der Ausweisung der Juden 1391 wurde die Synagoge abgebrochen und auf ihrem Platz Anfang des 15. Jahrhunderts eine dreischiffige Frauenkirche erbaut (der Dachreiter ist erst von 1877). 

Foto links: die Frauenkirche (Frauenplatz 1) im Bereich des mittelalterlichen jüdischen Viertels um den Frauenplatz (Quelle des Fotos: Pfarrei St. Martin, Amberg
 
September 2019: Überlegungen zur künftigen Nutzung der Frauenkirche 
Artikel von Andreas Ascherl im "Onetz" vom 16. September 2019: "Frauenkirche könnte Ort für Urnen werden
Zahllose Risse in den Wänden, zerbrochene Fensterscheiben, eine grüne Plastikfolie im Dach. Die Amberger Frauenkirche ist wahrlich kein Schmuckstück. Dabei gibt es eine tolle Idee, wie sie künftig genutzt werden kann.
Wer eine der seltenen Gelegenheiten bekommt, ins Innere der Frauenkirche zu gehen, ist überwältigt von der klaren Schönheit der Gotik des Kirchenraums. Ein wahres Schmuckstück ist die ehemalige Hofkapelle der im benachbarten Schloss beheimateten Kurfürsten. Solange man sie nicht von außen betrachtet. Denn die kleine Kirche, die Anfang des 15. Jahrhunderts auf den Überresten der jüdischen Synagoge erbaut worden ist, verfällt zusehends. Unübersehbar sind die gewaltigen Risse, teilweise wurde das Mauerwerk mit Holzbalken verschraubt, um es vor dem weiteren Auseinanderdriften zu bewahren. Derzeit "ziert" auch noch ein Gerüst die Fassade, eine grüne Plastikplane im Dach schützt den Kirchenraum vor dem Regen. 'Die Notsicherung des Dachs ist jetzt so weit abgeschlossen", sagt der Stadtpfarrer von St. Martin, Thomas Helm, zu dessen Pfarrei die Frauenkirche gehört. Ursprünglich, so sagt er, seien rund 60 000 Euro für die Maßnahme veranschlagt gewesen. "Mittlerweile sind wir bei mehr als dem Doppelten angekommen.' Derzeit beschränkt sich die kirchliche Nutzung auf die einmal im Jahr stattfindende Prozession am Palmsonntag. In diesem Jahr kam das Passionskonzert dazu. 'Im Prinzip ist die Kirche seit 20 oder 30 Jahren leer geräumt', sagt Thomas Helm. Und auch die Idee einer Erinnerungsstätte für die zerstörte Synagoge samt Café habe sich zerschlagen, da die heutige jüdische Gemeinde keinen Bezug mehr zur alten Synagoge habe. Ein Café an dieser Stelle sei ohnehin sehr problematisch. 'Favorit' von Pfarrer Helm ist ein sogenanntes Kolumbarium, also ein Ort für Urnenbegräbnisse. 'Das finde ich sehr reizvoll.' Ungeklärt ist aber bisher seiner Aussage nach die Frage, auf welcher Basis diese Einrichtung stehen soll. 'Man müsste eventuell einen Trägerverein gründen.' Überstürzen will der Stadtpfarrer von St. Martin nichts. 'Lieber lassen wir uns Zeit, bevor ein Krampf hinten raus kommt.' Ein Ziel hat er aber nichtsdestotrotz vor Augen."
Link zum Artikel   

 
19./20. Jahrhundert bis zur Gegenwart

Die in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts neu entstandene jüdische Gemeinde konnte sich zunächst einen Betsaal einrichten (1881). Im August 1896 konnte ein "äußerst schönes und praktisches, ruhig gelegenes Haus" erworben werden. Im Erdgeschoss wurde ein Betsaal eingebaut. Über die Einweihung der Synagoge am 12. Januar 1897 liegt folgender Bericht vor: 

Amberg Syn Israelit 14011897.jpg (122480 Byte)Artikel in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 14. Januar 1897: "Amberg (Bayern), 12. Januar 1897 (Synagogeneinweihung). Etwa 18 Jahre bildeten die hiesigen, 18 Familien zählenden Israeliten eine freie Vereinigung, seit November 1894 eine staatlich anerkannte israelitische Kultusgemeinde. Im August 1896 kauften wir ein äußerst schönes und praktisches, ruhig gelegenes Haus, in dessen Parterre-Räumlichkeiten wir, mit Hilfe von Spenden Hiesiger und Auswärtiger, darunter eine hochherzige Gabe von M. 5.000 von Frau Baronin von Hirsch-Gereuth in Paris, einen verhältnismäßig sehr schönen, mit Gasbeleuchtung eingerichteten Betsaal einrichteten. 
Zur Zeit haben wir noch keinen Anschluss an ein Rabbinat und so hielt Herr Dr. A. Eckstein, Distrikts-Rabbiner von Bamberg die Weiherede, dessen Worte einen tiefen Eindruck auf Juden und Christen, welche unserer Einladung zahlreich folgten, hinterließ. Herr Bürgermeister Heldmann, in Amts-Uniform mit der großen goldenen Halskette, nahm aus der Hand des Fräulein G. Theimer, welche den von Herrn Distriktsrabbiner Dr. M. Weinberg in Sulzbürg (Oberpfalz), verfassten Prologvortrag, den goldenen Schlüssel und versprach in erhebender, feierlicher Weise, dass die Stadt die Synagoge als Gotteshaus schützen werde, gleichzeitig der Gemeinde Glückwünsche darbringend. 
Hierauf folgten in würdiger Weise die üblichen Einweihungszeremonien. Am Abende vorher sandte der protestantische Dekan Herr Weigl unserer Vorstandschaft ein herzliches Glückwunschschreiben zur Einweihung und die Bekundung seiner Freude, dass nun auch wir ein würdiges Gotteshaus gefunden haben. 

Besondere Verdienste um den Bau der Synagoge hatte Kaufmann Jakob Weinschenk, der damals Vorsteher der Israelitischen Kultusgemeinde Amberg. Daran wurde noch anlässlich seines Todes 1912 in München erinnert. 

Amberg FrfIsrFambl 12011912.jpg (31053 Byte)Artikel in "Frankfurter Israelitischen Familienblatt" vom 12. Januar 1912: "München. Am 1. Januar starb hier der Kaufmann Jakob Weinschenk, früher in Amberg wohnhaft. Seinen Bemühungen ist es gelungen, dass die dortige Gemeinde über eine schöne Synagoge verfügt. Er war auch längere Zeit Vorstand der israelitischen Kultusgemeinde Amberg." 

Gut 40 Jahre blieb die Synagoge Mittelpunkt der jüdischen Gemeinde in Amberg. Zu nationalsozialistischen Anschlägen kam es in Amberg recht früh. Im August 1923 hatte der Ortsgruppenleiter der NSDAP eine Handgranate vor die Synagoge geworfen. 

Amberg CV-Zeitung 23081923.jpg (141058 Byte)Artikel in der C.V. (Centralvereins-)Zeitung vom 23. August 1923: "Handgranate vor der Amberger Synagoge. Merkwürdige Verhaftungen. Am Abend des vergangenen Dienstag befanden sich vier jüdische Amberger Bürger in der Synagoge bei einer Chorprobe. Gegen 11 Uhr abends erfolgte plötzlich eine schwere Detonation. Die vier Herren nahmen an, dass ein Anschlag auf die Synagoge erfolgt sei. Deshalb fuhren zwei der Herren zur Polizeiwache, um von dem Vorfall Anzeige zu erstatten. Hier wurde ihnen mitgeteilt, dass vermutlich kein Anschlag auf die Synagoge geplant gewesen sei, weil der Führer der Amberger Nationalsozialisten, Stüdlein, an der nächsten Straßenecke bewusstlos aufgefunden worden sei. Es stellte sich heraus, dass eine Handgranate geworfen worden war, deren Abreißschnur neben Stüdlein lag. Irgendwelche Verletzung wies Stüdlein nicht auf, wohl aber hatte er einen geladenen und entsicherten Revolver in der Hand. 
Am Mittwoch früh zwischen 4 und 5 Uhr wurden die vier Synagogenbesucher aus ihren Betten heraus ohne Angabe eines Grundes verhaftet, wie Schwerverbrecher in das Gerichtsgefängnis eingeliefert und abends 8 Uhr ohne Verhör wieder entlassen. Kein Wort der Entschuldigung wurde für nötig gehalten. Wie die Staatsanwaltschaft in ihrem amtlichen Bericht in Nr. 186 der 'Amberger Volkszeitung' selbst zugibt, hat sich im Laufe der Erhebungen gegen Stüdlein mehr und mehr der Verdacht verstärkt, dass er die Handgranate selbst geworfen habe, um 'für sich und seine Sache Aufsehen zu erregen.' Stüdlein befindet sich bis zur Stunde auf freiem Fuß. Man wird das Ergebnis der Untersuchung abwarten müssen. Es wird aber an der skandalösen Tatsache der Verhaftung von vier Synagogenbesuchern, die pflichtgemäß einen Handgranatenanschlag melden, nichts ändern können."

Nach 1933 wurde die Mittelpunktsfunktion der Synagoge für das jüdische Gemeindeleben noch verstärkt. Zahlreiche kulturelle Veranstaltungen und Vorträge fanden in ihr Stadt. Auf Gemeindeversammlungen wurden Auswanderungsfragen besprochen. 

Beim Novemberpogrom 1938 wurde die Inneneinrichtung der Synagoge durch SA-Männer aus der Stadt zerstört. Der nationalsozialistische Oberbürgermeister Josef Filbig hatte zuvor zu den SA-Männern gesprochen und sie in ihrem Tun bestärkt. Die Trümmer der Synagoge wurden auf einem Platz vor dem Gebäude verbrannt. Dabei schauten viele Stadtbewohner zu. Ein SA-Mann zog sich einen Gebetsmantel über und tanzte um das Feuer. Jüdische Einwohner wurden durch die Straßen geschleppt.

Im November 1947 fand vor dem Landgericht Amberg ein Prozess gegen 16 Teilnehmer der Ausschreibungen vom November 1938 statt. Zwölf von ihnen erhielten Freiheitsstrafen von drei Monaten bis zu einem Jahr und acht Monaten. Vier wurden freigesprochen. Ein weiterer Beteiligter wurde im Mai 1950 zu einem Jahr und drei Monaten Gefängnis verurteilt.     

Wiedereinrichtung der Synagoge 1945

1945
wurde von den in der Stadt untergebrachten jüdischen "Displaced Persons" die Gemeinde neu begründet. Am 15. August 1945 konnte wieder ein Gottesdienst in der ehemaligen Synagoge stattfinden. Die Synagoge wurde schnell Mittelpunkt des Lebens der neu entstandenen jüdischen Gemeinde und ist es bis zur Gegenwart geblieben. Der Zuwachs der Gemeindeglieder machte 2003/05 eine Vergrößerung des Gemeindesaales notwendig. 2017 konnte eine Torarolle von 1792 renoviert werden. 
    
Adresse/Standort der SynagogeSalzgasse 5
   
Das Synagogengebäude ist auch die derzeitige Adresse der Israelitischen Kultusgemeinde Amberg K.d.ö.R.: Salzgasse 5, 92224 Amberg, Tel.: ++(0)9621 - 13140 (Gemeindevorsteher sind Alexander Iolowitsch, Rabbiner Elias Dray und Ignaz Berger), vgl. Internet: Informationsseite des Zentralrates der Juden in Deutschland zur Gemeinde Amberg.  
    
    
Fotos    

Die Synagoge im August 2007 
(Fotos: Hahn, Aufnahmedatum 24.8.2007)
  
Amberg Synagoge 252.jpg (91601 Byte) Amberg Synagoge 255.jpg (98280 Byte) Amberg Synagoge 254.jpg (101056 Byte)
Die Synagoge an der Salzgasse Blick zur Stadtkirche von der Synagoge
   
Amberg Synagoge 253.jpg (95546 Byte) Amberg Synagoge 250.jpg (78278 Byte) Amberg Synagoge 251.jpg (57173 Byte)
    Inschrift über Eingangsportal: "Gesegnet
 ist, der kommt im Namen des HERRN..."
 (Psalm 118,26)  
Davidstern und Gebotstafeln 
über dem Eingangsportal 
   
     
   Amberg Synagoge 121.jpg (19806 Byte)  
  Im Betsaal der Gemeinde 
(Quelle: www.synagogenprojekt.de)
  
        
Schüler und Schülerinnen aus Amberg besuchen die Synagoge 
(
Aufnahmen aus der Website des Gregor-Mendel-Gymnasiums Amberg)
   
Amberg Synagoge 131.jpg (93694 Byte) Amberg Synagoge 135.jpg (69052 Byte) Amberg Synagoge 132.jpg (80373 Byte)
Blick in den Betsaal mit der 
Schülergruppe
Blick über den Vorlesepult 
(Bima)
   
      
Amberg Synagoge 133.jpg (100550 Byte) Amberg Synagoge 134.jpg (89728 Byte)   
Bima  Torarollen    
     

   
   
                 
Einzelne Berichte zur Erinnerungsarbeit vor Ort und zur neueren Geschichte der jüdischen Gemeinde           

Dezember 2016: Gedenkveranstaltung zur Geschichte des in Auschwitz ermordeten Amberger Schülers Bruno Bloch 
Artikel in "onetz.de" vom Dezember 2016: "Oberpfalz. Die letzten Schultage des jüdischen Schülers Bruno Bloch.  Plötzlich der 'hässliche Jude'
Gegen das Vergessen

Kreisheimatpfleger Dieter Dörner blickte bei der Gedenkveranstaltung in der israelitischen Kultusgemeinde auch auf die Reichspogromnacht (9. November 1938) zurück. Dieser Tag sei untrennbar mit brutaler Gewalt gegen die jüdische Minderheit in Deutschland verbunden. 'Wer der Opfer gedenkt, lässt nicht zu, dass sie endgültig vergessen werden', unterstrich der Kreisheimatpfleger. Die Schändung der Synagoge führte den Schülern eindrucksvoll den Schrecken der Reichspogromnacht vor Augen. Dieter Dörner erklärte mit Blick auf das neue Leben in der israelitischen Gemeinde, dass es 'Hoffnung auf Versöhnung und Wiederbeginn gibt, wenn Menschen es zulassen'. Fritz Gebhardt, bekannt unter seinem Schriftsteller-Pseudonym Eugen Oker, hat in seiner Kindheitsgeschichte '...und ich, der Fahnenträger' seinem 14-jährigen Schulkameraden Bruno Bloch ein Kapitel gewidmet. Bloch war der letzte jüdische Schüler der Oberrealschule Amberg.
Anlässlich einer Gedenkveranstaltung wollten Kreisheimatpfleger Dieter Dörner und Schüler der neunten Klassen des Max-Reger-Gymnasiums mit ihren Lehrerinnen Heidi Kreuß und Bianca Rauchenberger an die Schicksale junger Juden in Amberg nach 1933 erinnern. Im Geschichtsunterricht entstanden Spielszenen, die die letzten Schultage von Bruno Bloch in den Mittelpunkt stellten. Diese führten Schüler beim Gedenkabend auf. Dörner hieß im Auftrag von Rabbiner Elias Dray die Gäste willkommen und erinnerte in seinem Vortrag an die jüdischen Schüler und ihr Geschick. Israelitische Kinder besuchten die Pestalozzi-Schule, als fortführende Schulen das humanistische Gymnasium und die Oberrealschule.
Einstellung entscheidend. Religionsunterricht erteilte der jüdische Oberlehrer Godlewski. Von entscheidender Bedeutung für das Verhalten gegenüber den Schülern war immer die Einstellung des Rektors und der Lehrerschaft. Am humanistischen Gymnasium war zumindest bis zur Reichspogromnacht ein reibungsloser Alltag für diese Schüler gewährleistet. Sieben jüdische Jugendliche besuchten das Gymnasium. Einer von ihnen, Arthur Rath, habe von verächtlichen Bemerkungen mancher Mitschüler und von Behauptungen eines Lehrers, die Juden übten einen schädlichen Einfluss auf die ganze Welt aus, berichtet. Die meisten Mitschüler und Lehrer ließen Arthur Rath jedoch in Ruhe, sagte Dörner.
Um Gerechtigkeit bemüht. An der Oberrealschule habe sich der Schulleiter Dr. Reitlinger um Gerechtigkeit auch gegenüber jüdischen Schülern bemüht. In den Zeugnisbemerkungen sei zumindest kein Unterschied zwischen jüdischen und nichtjüdischen Schülern erkennbar gewesen. Allerdings habe es einen Lehrer gegeben, der mit nationalsozialistischer Überzeugung Rassenkunde-Unterricht abgehalten und sich besonders in Bruno Bloch ein Beispiel für die 'minderwertige jüdische Rasse' gesucht habe. Die letzten Schultage von Bruno Bloch - wie haben sie wohl ausgesehen? Auf einfühlsame Weise versuchten sich Schüler der Klassen 9b und 9c des Max-Reger-Gymnasiums seiner Person anzunähern. Sie zeigten in Spielszenen, dass Bruno bei vielen durchaus beliebt war und Freunde hatte, die ihn gegen die Angriffe des Biologielehrers verteidigten. Erst dieser Pädagoge, der eine Ausstellung mit Bildern von Schülern der Oberrealschule in aller Öffentlichkeit präsentieren wollte, setzte ihm schwer zu. Bruno Bloch war nun plötzlich der 'hässliche Jude', ein Feind der 'nordischen Rasse'. Wie wäre es gewesen, hätte Bruno vor seinem angeblichen Abbild gestanden? Mit diesem düsteren Ausgang enden die Spielszenen.
1943 deportiert. Bruno Bloch kam in der Pogromnacht 1938 unter der Häftlings-Nummer 22601 sechs Wochen in das KZ Dachau, zog 1939 mit seinen Eltern nach Berlin und wurde von dort aus im Januar 1943 nach Golleschau, einem Außenlager des Vernichtungslagers Auschwitz, deportiert, wo er am 4. Februar 1943 als 'gestorben' registriert wurde."
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November 2017: Veranstaltung zum Gedenken an den Novemberpogrom 1938 
Artikel in der "Mittelbayerischen.de" vom 5. November 2017: "Geschichte. Die Verfolgung der Juden in Deutschland
Schüler des Max-Reger-Gymnasiums stellen in Ambergs Synagoge szenisch die Verfolgung der Juden ab den 1920er-Jahren dar.
Amberg
. Schüler des Max-Reger-Gymnasiums stellen am Donnerstag, 9. November, in der Synagoge szenisch die Verfolgung der Juden ab den 1920er-Jahren dar. 'Juden sind in Deutschland unerwünscht' gaben die Nationalsozialisten zu verstehen. Nach der Machtübertragung 1933 versuchten sie mit perfiden Demütigungen, den Juden eine Auswanderung 'schmackhaft' zu machen. Doch die Juden waren gute Deutsche: Sie glaubten, dass der Spuk bald wieder vorübergehen würde und dass ein Kulturvolk nicht zu Schlimmerem fähig sei. Erst nach der Pogromnacht, als es für Auswanderungswillige oft schon zu spät war, begriffen viele, dass es Hitler ernst meinte.
Schüler der 9. Klassen des Max-Reger-Gymnasiums werden am Donnerstag, 9. November, unter Leitung der Studienräte Markus Gruber und Edwin Koschemann in vier, fünf spielerischen Szenen versuchen, einstiges Geschehen Interessierten zu vermitteln...
Die Veranstaltung am Donnerstag, 9. November, beginnt um 18.30 Uhr im Gesellschaftsraum des Synagogengebäudes, Salzgasse 5. An einem Besuch der Synagoge interessierte Herren kommen bitte mit Kopfbedeckung."
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Juli 2018: Die Synagoge wird saniert 
Artikel von Michael Zeissner in "onetz.de"vom 11. Juli 2018: "Amberg. Judentum sichtbar leben. Die gerade einmal rund 130-köpfige jüdische Gemeinde von Amberg und ihr Rabbiner Elias Dray haben viel, Großes vor. Sichtbares Zeichen nach außen wird eine Sanierung der Synagoge in der Salzgasse sein.
Amberg.
(zm) Die Einladung hörte sich nach einer Routine-Pressekonferenz an - Sanierung der Synagoge. Doch dann sagte Rabbiner Elias Dray eher beiläufig: 'Wir wollen eine Art Zentrum des Oberpfälzer Judentums aufbauen.' Mit dieser Absichtserklärung war eine andere Dimension erreicht. Ambergs jüdische Kultusgemeinde setzt selbstbewusst Zeichen gegen die Befürchtungen eines erstarkenden Antisemitismus'. Womöglich hat diese Entwicklung eingesetzt, als im Herbst vergangenen Jahres feststand, dass eine in Amberg von Dray wiederentdeckte, auf 1792 datierte Thora, die einen verheerenden Stadtbrand 1822 in Sulzbach-Rosenberg und die Reichspogromnacht 1938 überstand, restauriert werden kann. Barbara Lanzinger war als Bundestagsabgeordnete damals maßgeblich daran beteiligt, die nötigen rund 50 000 Euro aufzutreiben. Nun legt sie sich für die bauliche Sanierung der Synagoge in der Salzgasse ins Zeug. In dem Bewusstsein, dass 'ein klares Nein zum Antisemitismus ein ebenso klares Nein zu Gewalt ist'.
Jüdische Kultur. Auch Oberbürgermeister Michael Cerny betonte, in der Synagoge nicht nur 'ein wichtiges, geschichtsträchtiges Gebäude für Amberg' zu sehen. Vielmehr stehe 'es der Stadt schon gut zu Gesicht', dass die jüdische Kultusgemeinde hier ungezwungen ihre Religion frei von Ressentiments leben könne. Judentum, das unterstrich Dray als Rabbiner, das sei auch eine bestimmte Esskultur oder Musik, es sei eine religiöse Lehre und Art des gesellschaftlichen Lebens. All das wolle die Amberger Gemeinde nicht ausschließlich oder überwiegend nach innen pflegen, sondern auch nach außen tragen.
Seit 1896 Synagoge. Eine Art sichtbarer Grundstock dieses Bestrebens soll die Sanierung der Synagoge, die auch als Gemeindehaus dient, sein. Das Gebäude in der Salzgasse 5, erklärte der Architekt Peter Wagner (Hahnbach), wird seit 1896 als jüdisches Gebetshaus genutzt. Es brannte nicht in der Reichspogromnacht und steht unter Denkmalschutz. Die Renovierung des Baus umfasst eine rekonstruierende Fassadenerneuerung und diverse Umbauten in dem als Gemeindehaus genutzten Teil. Brandschutzvorschriften schreiben laut Wagner beispielsweise einen zweiten Fluchtweg vor. Zudem müssten Teile der Installations- sowie Sanitärtechnik modernisiert werden. Dray wünscht sich auch eigene Unterrichts- und Seminarräume sowie eine Umgestaltung des Gebetsraumes. Dort sollen ein neuer Natursteinboden, neues Gestühl und ein neuer Thoraschrein eingebaut werden. Die Innengestaltung wird Josef Starkl (Seßlach) übernehmen, der die vielbeachtete Sanierung der ehemaligen Sulzbach-Rosenberger Synagoge geleitet hat. Die Kosten des Vorhabens werden auf rund 700 000 Euro veranschlagt. Wenn auch diverse Fördertöpfe angezapft werden können, so stellt das Vorhaben, mit dem im nächsten Jahr begonnen werden soll, laut Dray einen enormen finanziellen Kraftakt für seine Gemeinde dar. Deshalb wurde bereits ein Förderverein (Kontakt: foerderverein.synagoge.amberg@gmail.com) gegründet, in dem jeder Mitglied werden kann."  
Link zum Artikel   
Weiterer Artikel siehe Beitrag von Miryam Gümbel in der "Jüdischen Allgemeinen" vom Juli 2018: "Amberg. Jüdisch in der Oberpfalz. Rabbiner Dray möchte die Gemeinde wieder zu einem Mittelpunkt der Region machen.
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Mai 2019: Ambergs Rabbiner setzt sich für ein "Zentrum für Toleranz" in der Synagoge ein
Artikel von Uli Piehler in "onetz.de" vom 14. Mai 2019: "Amberger Rabbiner plant Zentrum für Toleranz. Die Israelitische Kultusgemeinde baut an der Zukunft - an der ihrer Synagoge und an der Europas. Denn mit der bevorstehenden Sanierung der Gebäude in der Salzgasse startet auch ein neues Projekt für religiöse Toleranz.
Zwei große Baustellen stehen für Rabbiner Elias Dray an - eine ist der Umbau mit Sanierung der Synagoge in der Salzgasse, die andere ist die Weichenstellung für ein neues Bildungs- und Präventionszentrum gegen politische und religiöse Radikalisierung. Dieses Zentrum soll deutschland- oder vielleicht sogar europaweit wirken und seinen Sitz in Amberg haben. Nächste Woche wollen Dray und eine handvoll Mitstreiter dafür den Trägerverein mit dem Namen "Dem anderen begegnen" gründen.
Elias Dray hat auch schon in Berlin für Schlagzeilen gesorgt. 'Es geht auch darum, das Demokratie- und Freiheitsverständnis zu fördern', erklärt der Rabbiner. In ganz Europa, besonders in den Großstädten, steige die Zahl judenfeindlicher Vorfälle. Das habe seiner Ansicht nach oft mit fehlender Aufklärung und mangelnder Integration zu tun. Vor allem Jugendliche seien anfällig für Thesen von politischen Scharfmachern und religiösen Fanatikern. Dabei sei der gegenseitige Respekt Grundkonsens der drei abrahamitischen Religionen Judentum, Christentum und Islam. 'In Amberg haben wir ein sehr gutes Verhältnis', sagt Dray. 'Wir sitzen öfter zusammen und reden miteinander. Vorurteile verschwinden.' Ex-Bundestagsabgeordnete und Stadträtin Barbara Lanzinger unterstützt die Israelitische Kultusgemeinde seit vielen Jahren. Sie hatte für Dienstag einen Besuch der Europaabgeordneten Monika Hohlmeier (CSU) vermittelt, um Möglichkeiten für eine finanzielle Förderung der Vorhaben auszuloten. Die geplanten Baumaßnahmen sind mit rund 670 000 Euro veranschlagt. Gut 470 000 Euro hat die Gemeinde schon zusammen. Laut Hohlmeier könnten der Entschädigungsfonds des Freistaats und der Kulturfonds des Bundes zumindest einen Teil der Lücke schließen. 'Ich würde noch ein besonderes Augenmerk auf die Jugendarbeit legen', riet Hohlmeier. Denn der Grundstein für religiöse Toleranz werde in jungen Jahren gelegt. Dazu gehörten nicht nur Gespräche, sondern auch gemeinsame Erlebnisse. 'Alles was man gesehen, gerochen und geschmeckt hat, das bleibt im Gedächtnis - vor allem bei Kindern', sagte die Politikerin. Dabei richtete sie den Blick auch auf das Umfeld der Amberger Synagoge. Der Hinterhof mit dem kleinen Garten sei ihr aufgefallen. 'Vielleicht lässt sich daraus was machen.' Hohlmeier machte keinen Hehl daraus, dass es auch Ziel sein müsse, die muslimischen Migranten zu erreichen. 'Da sind viele junge Leute dabei, die in keiner Phase ihres Lebens gelernt haben, dass es religiöse Toleranz gibt.' Das Bildungs- und Präventionszentrum könne beispielgebend für Deutschland und Europa sein. Dem pflichtete Barbara Lanzinger bei dem Treffen: 'Das ist gelebte Integration. Nur so geht's.'" 
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Juni 2019: Vortrag des Kreisheimatpflegers Dieter Dörner zur jüdischen Geschichte in Amberg  
Artikel in "onetz.de" vom 7. Juni 2019: "Juden waren nicht selten die besseren Amberger.
'Juden in Amberg' war Thema eines Vortrags von Dieter Dörner in der Amberger Synagoge vor interessierten Zuhörern. Von 1034 bis in unsere Zeit reichte das Spektrum, welches der Kreisheimatpfleger und Buchautor anschaulich offerierte.

Wenn Handel erwähnt wurde, hatten Juden immer 'die Finger im Spiel', begann Dörner. Schließlich waren sie dazu 'prädestiniert', durch ihre Länder und Völker übergreifende gemeinsame Sprache, und nicht zuletzt durch die gleichere Rechtsprechung des Rabbinats. Daher ist nicht auszuschließen, dass bei dem in der Schenkungsurkunde von 1034 erwähnten Handel die Juden bereits aktiv waren. In Amberg weiß man von sechs Familien die im 14. Jahrhundert hier siedeln durften, die wohl recht 'honorig' waren, da sie sich zwei Gelehrte, also Rabbiner, leisten konnten. Sie finanzierten den blühenden Bergbau in der Region. Als sie 1391 auf Weisung des Pfalzgrafen vertrieben wurden, geschah dies wohl, weil den Ambergern die Schulden über den Kopf gewachsen waren. In Ober- und Niederbayern geschah die Vertreibung Mitte des 15. Jahrhunderts. Nie mehr sollten Juden in Altbayern siedeln!
Erst 470 Jahre später, bei Schaffung des modernen Bayern, lebten trotzdem etwa 1300 Juden in Altbayern, davon 90 % in der Oberpfalz, gekauft (Herrschaft Rothenberg), geerbt (Sulzbürg) oder durch Erbfolge Bayern zugeschlagen (Sulzbach und Floß). Zehntausende in Franken und Schwaben lebende Juden kamen nun hinzu. Das Judenedikt von 1813 erlaubte den Juden allen Berufen außer dem des Brauers und des Betreibens von Gastwirtschaften, doch der Matrikelparagraph des Ediktes legte fest, dass dort, wo Juden wohnen, z. B. in Sulzbach, sich die Zahl der Familien nicht vermehren darf und dort, wo keine wohnen, z. B. in Nürnberg oder Amberg auch keine siedeln dürfen.
Viele junge Juden, der bekannteste ist wohl Levi Strauß, der Erfinder der Nieten für die Jeans, wanderten vor allem nach den Vereinigten Staaten aus. 1861 wurde dieser Paragraph aufgehoben, praktisch war dies die Gleichstellung der Juden mit den Nichtjuden in Bayern. Aus Landjuden wurden nun Stadtjuden, aus 'Kaftan-Juden" wurden "Krawatten-Juden', aus Hausierern und Pfandleihern wurden Ärzte und Anwälte und aus orthodoxen - liberale Juden, die sich bestenfalls noch in der Religion vom Nichtjuden unterschieden.
Judenfeindschaft, so Dörner, so überhaupt existent, versteckte sich hinter der Religion und war meist von Neid geprägt. In Amberg gab es zahlreiche Freundschaften zwischen Juden und Nichtjuden und kaum einen Verein, sei es die Kanarienvogelzüchter oder die Freiwillige Feuerwehr in dem Juden nicht Mitglied warnen. 1894 kam es zur Gründung der jüdischen Gemeinde und den Bau der Synagoge.
Im 1. Weltkrieg fielen für Deutschland ca. 12 000 Juden, doch jene unselige 'Dolchstoßlegende' führte schon bald zum Antisemitismus, der in Amberg weniger auf Judenhass, sondern wohl mehr auf Neid auf den wirtschaftlichen Erfolg der jüdischen Geschäftsleute zurückzuführen war. Mit der Gründung der ersten NSDAP-Ortsgruppe 1923 in Amberg begann auch hier die Agitation gegen die Juden. Die Nationalsozialisten wollten durch zunehmende Demütigungen erreichen, dass die Juden Deutschland verlassen. Doch die Juden waren Deutsche, nicht selten sogar 'die Besseren', so Dörner und sie glaubten an das deutsche Kulturvolk. Von März 1933 bis Februar 1945 schuf der NS-Staat 1974 Gesetze und Verordnungen gegen die Juden. Von Berufsverboten, über die "Gesetze zum Schutze der deutschen Ehre und des deutschen Blutes" bis hin zu den Durchführungsverordnungen der Shoa, dem Holocaust. Dörner wusste seine Ausführungen immer wieder mit persönlichen Schicksalen zu veranschaulichen, so dass jene Zeit in ihrer ganzen Perfidität im jüdischen Versammlungshaus lebendig wurde.
Der Kreisheimatpfleger erklärte auch noch die wichtigsten Elemente der Amberger Synagoge, vom Almemor bis hin zum Thoraschrein, dem Chanukkahleuchter oder dem Davidstern. Er zeigte auch einen Tallit (Gebetsmantel) mit den Zizit (Schaufäden) und wusste, dass es im Judentum so viele Gebote und Verbote gibt wie ein Granatäpfel Kerne hat, nämlich 613. Auch auf den Unterschied zwischen Sefarden und Ashkenasen und deren unterschiedliche Friedhöfe ging er ein."
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September 2019: 125-jähriges Bestehen der jüdischen Gemeinde - sowie Interviews mit Rabbiner Elias Dray                                        

Artikel von Gerd Spies in der "Mittelbayerischen" vom 22. September 2019: "Jubiläum - Gründung vor 125 Jahren. Die jüdische Kultusgemeinde blickt auf eine lange und bewegte Geschichte zurück, richtet aber auch den Blick in die Zukunft.
Amberg
. 'Gesegnet ist, der kommt im Namen des HERRN ...' (Psalm 118,26). Diese Inschrift ziert das Eingangsportal der Synagoge in Amberg in der Salzgasse. Ihr Gründungsjubiläum zum 125-jährigen Bestehen feierte die Jüdische Gemeinde in Amberg an diesem Wochenende. Viel politische Prominenz hatte sich angesagt. Neben Ambergs Oberbürgermeister Michael Cerny feierten auch der ehemalige Bayerische Kultusminister und jetzige Antisemitismus-Beauftragte Ludwig Spaenle sowie der Bundestagsabgeordnete Alois Karl und der Landtagsabgeordnete Dr. Harald Schwartz mit. Stadtheimatpfleger Dieter Dörner blickte auf die Sternstunden der vergangenen 125 Jahre zurück.
Es war der 18. Oktober 1894, als von der Königlichen Regierung der Oberpfalz die Statuten der Israelitischen Kultusgemeinde in Amberg genehmigt wurden. Da zu jeder Gemeinde eine Synagoge gehört, kaufte die Gemeinde die beiden benachbarten Häuser in der Salzgasse, richtete dort eine Synagoge im liberalen Ritus ein, d. h. dass die Frauen mit den Männern in einem Raum sitzen. Die Synagoge überstand die NS-Zeit aber nur, weil der Sprengmeister sich gegen eine Sprengung aussprach.
Erste Erwähnung vor 725 Jahren. Die Geschichte der jüdischen Gemeinde in Amberg begann aber schon viel früher. Bereits 1294 wurde sie zum ersten Mal schriftlich erwähnt. Auch eine Synagoge gab es zu dieser Zeit in Amberg schon. Im 14. Jahrhundert lebten jüdische Familien im sogenannten Judenviertel in der Umgebung der heutigen Frauenkirche. 1384 wurde die erste Synagoge errichtet. Doch schon wenige Jahre später, 1391, wurden die jüdischen Mitbürger auf Anweisung des Pfalzgrafen Ruprecht II vertrieben, die Synagoge abgerissen. An ihrer Stelle steht heute die Frauenkirche.
Lange Zeit war dann Juden der Aufenthalt in Amberg verboten, im Gegensatz zu Sulzbach. Die Sulzbacher Juden wurden von Amberg aus regiert, durften aber die Stadt nicht betreten. Noch 1859 war es jüdischen Handelsleuten untersagt, sich länger als 24 Stunden in der Stadt aufzuhalten. Doch schon zwei Jahre später, mit der Aufklärung, wurden Juden und Nicht-Juden gleichgestellt. Vor allem aus Sulzbach zogen nun viele jüdische Familien nach Amberg und gründeten dort viele Geschäfte. Um 1900 lebten über einhundert Juden in Amberg, waren integriert, teilweise sogar assimiliert. So durfte es z. B. keinen Verein, ob Kanarienzüchterverein, Fußballclub oder Feuerwehr, ohne jüdische Mitglieder geben. Antisemitismus war ein Fremdwort. Dies sollte sich nach dem verlorenen 1. Weltkrieg ändern.
Spätestens mit Beginn der NS-Zeit 1933 häuften sich auch in Amberg die Repressalien und Restriktionen, die jüdischen Bürgern in Amberg das Leben unmöglich machten. Ein Großteil von ihnen emigrierte; andere versuchten, in Großstädten unterzutauchen. In der Reichsprogrom-Nacht am 10. November 1938 wurde die Inneneinrichtung der Amberger Synagoge auf der Straße verbrannt, nachdem der Sprengmeister festgestellt hatte, dass eine Sprengung des Gebäudes in diesem dicht bebauten Stadtteil zu gefährlich wäre.
Die Fenster wurden zugenagelt, die Innenräume wurden fortan als Lebensmittellager genutzt. Alle Amberger Juden wurden in Schutzhaft genommen, die Männer in das KZ Dachau gebracht. Mindestens 38 Amberger Juden sind Opfer des Holocaust geworden. Im Jahr 2012 wurden auf Initiative des Gregor-Mendel-Gymnasiums 15 Stolpersteine zum Gedenken an die Opfer des Nationalsozialismus in Amberg verlegt.
Nach dem 2. Weltkrieg kamen Hunderte von Juden aus Polen nach Amberg. Die meisten von ihnen wanderten aber nach Israel und in die USA wieder aus. 1989 gab es nur noch 26 Juden in Amberg. Ab den 90er-Jahren stieg die Anzahl jüdischer Bürger wieder an, durch Zuwanderung aus der ehemaligen Sowjetunion. Heute zählt die jüdische Gemeinde rund 130 Mitglieder.
Seit 2013 hat die jüdische Kultusgemeinde auch einen eigenen Rabbiner, Elias Dray. Dray ist in Amberg geboren und aufgewachsen. Bis zu seiner Ernennung als Gemeinderabbiner in seiner Heimatstadt arbeitete er als Jugendrabbiner in München. Ambergs Oberbürgermeister schätzt an ihm, dass er nur so vor Ideen sprudelt. So will Dray Amberg zu einem jüdischen Zentrum in der Oberpfalz neben Weiden und Regensburg machen, indem er es zu einem Präventionszentrum gegen Rassismus ausbaut.
Außerdem will Elias Dray das Gemeindezentrum sanieren. Unter anderem soll der Gebetsraum neu gestaltet werden, Bestuhlung und Boden ausgetauscht werden. Auch der Toraschrein soll restauriert werden. In dem neuen Schrein könnte dann die 227 Jahre alte Tora ihren Platz finden, die zurzeit noch in Sulzbach aufbewahrt wird.
Großes Projekt für die Zukunft. Ganz besonderen Wert legt der Amberger Rabbiner aber auf den Kontakt mit den Schulen. Für die Schüler jüdischen Glaubens hält er wöchentlich Religionsunterricht. Mit dem Max-Reger-Gymnasium startet er jährlich Projekte. 'Ausgrenzung früher und heute' hieß z.B. im vergangenen Schuljahr ein Workshop für die 9. Jahrgangsstufe des MRG. Mit der Errichtung eines Präventionszentrums im Gemeindehaus in der Salzgasse plant der Rabbiner Elias Dray ein großes Projekt für die Zukunft. Da passte es gut, dass die jüdische Gemeinde in Amberg die prominenten Gäste zu ihrer Feier einladen konnte, um mit ihnen auch einen Blick in die Zukunft der jüdischen Gemeinde in Amberg zu wagen.
Mit dem Antisemitismus-Beauftragten der Bayerischen Staatsregierung Ludwig Spaenle und der ehemaligen Amberger Bundestagsabgeordneten Barbara Lanzinger hat Dray ja zwei wichtige Fürsprecher auf seiner Seite, die die Umsetzung seiner Ideen unterstützen. "
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Artikel in "otv.de" vom 24. September 2019: "Amberg: 125-jähriges Jubiläum der Israelitischen Kultusgemeinde.
Jüdisches Leben existiert in Deutschland schon seit sehr langer Zeit. Im Jahre 321 wurde es das erste Mal belegt. Somit ist die jüdisch-deutsche Geschichte in zwei Jahren, also 2021, schon mindestens 1.700 Jahre alt. 1.700 Jahre mit lichten Momenten, aber auch vielen Schattenseiten, wie beispielsweise die gezielte Vernichtung der Juden im Dritten Reich. Auf eine demnach sehr wechselvolle Geschichte kann auch die Israelitische Kultusgemeinde Amberg blicken. Sie feierte nun ihr 125-jähriges Gründungsjubiläum.
Wir hatten gute Zeiten, aber eben auch sehr schwierige Zeiten – so Elias Dray, der Rabbiner der Jüdischen Gemeinde Amberg. Er und andere erinnerten bei der Jubiläumsfeier zu '125 Jahre Israelitische Kultusgemeinde Amberg' unter anderem an die Zeit während des Nationalsozialismus. Doch bei der Jubiläumsfeier richtete sich der Blick nicht nur auf die Vergangenheit – sondern auch auf die Hoffnungen und Ängste der Gegenwart. Die Sorge um die Demokratie und vor einem weiteren Rechtsruck und ansteigendem Antisemitismus ist allgegenwärtig – das wurde bei der Jubiläumsfeier deutlich. Hier möchte die Gemeinde aber aktiv werden und sich für Demokratie und gegen Vorurteile einsetzen. So wurde hierfür beispielsweise der Verein 'Dem anderen begegnen' gegründet. (nh)"
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Artikel von Uli Piehler im "onetz.de" vom 24. September 2019: "Juden in Amberg öffnen Türen und Herzen
Die Oberpfalz ist ein gutes Pflaster geworden für die Juden. "In Amberg fühle mich ziemlich sicher", sagt Rabbiner Elias Dray im Interview zum 125-jährigen Bestehen der Gemeinde.
ONETZ: Herr Rabbiner Dray, die jüdische Gemeinde hat heute Grund zum Feiern. Wie ist es um die jüdische Kultur in Amberg aktuell bestellt?
Rabbiner Elias Dray: Recht gut. Neben dem normalen religiösen Leben bieten wir jedes Jahr drei Konzerte an, bei denen wir auch Gäste aus der Stadt Amberg und aus der Umgebung einladen. Wir wollen dieses weltliche Angebot gerne erweitern und zum Beispiel vermehrt Vorträge organisieren. Vor dem Zweiten Weltkrieg hatten wir ungefähr 130 Mitglieder auf dem Stand sind wir heute wieder.
ONETZ: Wenn Nicht-Juden jüdisches Leben kennenlernen wollen, wann und wo ist das möglich?
Rabbiner Elias Dray: Es gibt dieses Jahr wieder die Nacht der offenen Gotteshäuser, da kann man die Synagoge besuchen. Und es gibt auch das Treffen der Religionen, manchmal findet das in der jüdischen Gemeinde statt.
ONETZ: Dürfen Nicht-Juden auch an Gottesdiensten in der Synagoge teilnehmen?
Rabbiner Elias Dray: Wer wirklich Interesse hat, sollte bei der Gemeinde anrufen und sich erkundigen. Ein Besuch bietet sich zum Beispiel bei Feiertagen an. Demnächst feiern wir das Neujahrsfest Rosch ha-Schana.
ONETZ: Was ist beim Besuch der Synagoge zu beachten?
Rabbiner Elias Dray: Wenn man in die Synagoge geht, sollte man eine Kopfbedeckung tragen. Man kann eine mitbringen oder wir bieten eine an. Ansonsten sollte man sich einfach der Würde des Ortes angemessen verhalten. Die Synagoge ist ein Gotteshaus, wie eine Kirche.
ONETZ: Immer öfter hört man von antisemitischen Anfeindungen oder Übergriffen in Deutschland. Welche Erfahrungen haben Sie gemacht?
Rabbiner Elias Dray: Ich habe lange in München gewohnt, da war es eigentlich ganz ruhig. Als ich dann nach Berlin gegangen bin 2014, wollten mich zwei Jugendliche, die wahrscheinlich aus einem islamischen Land stammten, angreifen. Seitdem ist es so, dass ich, wenn ich durch manche Viertel in Berlin gehe, meine Kippa mit einer Baseball-Kappe bedecke, so dass sie nicht gesehen werden kann. In Amberg fühle ich mich ziemlich sicher. Manchmal gehe ich mit der Kippa, manchmal mit der Baseball-Kappe auf die Straße. Je nachdem.
ONETZ: Sie haben heuer die Gründung eines interreligiösen Zentrums für Toleranz angestoßen? Wie geht es mit dem Projekt weiter?
Rabbiner Elias Dray: Wir haben im Sommer zunächst den Verein "Dem anderen begegnen" gegründet. Der Verein erfüllt das Zentrum für Toleranz mit Leben. Er lädt für Mittwoch, 12. November, zu einem Vortrag von Kreisheimatpfleger Dieter Dörner über die Geschichte der jüdischen Gemeinde ein. Außerdem planen wir mit den Schulen einen Workshop-Tag "Ausgrenzung - damals und heute". Und auch ein Zeitzeugengespräch mit dem Holocaust-Überlebenden Alexander Fried wollen wir organisieren. Das ist erst einmal jede Menge. Danach werden wir sehen, wie wir die Vereinsarbeit weiter etablieren können."
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März 2020: Interview mit Rabbiner Elias Dray    
Artikel/Interview von Ernst Fischer in der "Mittelbayerischen.de" vom 5. März 2020: "Interview. 'Mehr tun für die Lebenden!'
Elias Dray ist Rabbiner in Amberg. Im Interview spricht er über neuen Antisemitismus, Sicherheit und Stolpersteine.

Der Amberger Rabbiner Elias Drey fühlt sich in einigen Teilen Deutschlands nicht mehr sicher. Im Interview betont er aber auch, dass er das Gefühl hat, dass die bayerische Staatsregierung das Thema Antisemitismus ernst nimmt.
Herr Dray, Sie sind Rabbiner der Israelitischen Gemeinde Amberg, zu der auch Cham gehört. Jüdisches Leben ist hier in Cham nicht sichtbar. Warum?
In Cham gibt es wohl keine Juden mehr. Wir haben auch höchstens ein, zwei Leute aus dieser Region, die zu unserer Gemeinde mit etwa 130 Mitgliedern gehören.
Nach dem Angriff auf die Synagoge in Halle: Müssen Juden heute Angst haben, ihren Glauben offen zu zeigen? In Bayern fühle ich mich noch einigermaßen sicher. Hier trage ich auch noch die Kippa, in den neuen Bundesländern oder in Berlin aber nicht mehr. In Berlin wollten mich Leute schon einmal schlagen, als ich mit Kippa auf der Straße unterwegs war. Ich musste davonlaufen.
Und wie werten Sie die neuen rechtsradikalen Strömungen in Deutschland? Wir sind sehr besorgt. Die kleinen Gruppen von Rechtsradikalen, die sind sehr gut vernetzt. Und es gibt auch mehr Akzeptanz in der Bevölkerung. Dadurch fühlen sich die Rechtsextremisten noch stärker.
Wie schützt sich die jüdische Gemeinde in Amberg vor Angriffen wie in Halle? Ich habe das Gefühl, Ministerpräsident Söder und Innenminister Hermann nehmen das Thema sehr ernst. Gerade erst war der Minister in Amberg. Synagoge und Gemeindehaus werden umgebaut, um die Sicherheit zu erhöhen.
Ein Chamer Lehrer hat gerade auf Eigeninitiative einen Gedenkstein für die ermordeten Chamer Juden im Stadtpark aufstellen lassen, weil er sonst ein Zeichen in der Stadt vermisste. Verdrängen wir gerne bewusst die Erinnerung an die Nazi-Verbrechen? Das würde ich nicht sagen. Es gibt sehr viele Initiativen der Erinnerung, zum Beispiel die Stolpersteine. Aber. Wir Juden sagen: Es ist einfacher, etwas für einen toten Juden zu tun als für einen lebenden. Manchmal würde ich mir wünschen, wir würden mehr machen, um zu zeigen, wie lebendig das Judentum heute ist. In Amberg zum Beispiel gibt es einen Verein Den Anderen Kennenlernen, wir machen Workshops mit Schulklassen, und mit einem Gymnasium wurden 15 Stolpersteine in der Stadt gesetzt.
In Cham gibt es keinen einzigen Stolperstein... Ja, das ist schon schade. Dabei wäre das schon wichtig für Cham, so ein Signal. Und ich fände es toll, wenn sich auch hier in dieser Stadt eine Schule dafür interessieren würde."
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Oktober 2021: Torarolle kehrt zurück  
Artikel in der Website des Bayerischen Rundfunks: "Älteste Thorarolle Süddeutschlands kehrt nach Hause zurück.
Die 228 Jahre alte Thorarolle, die nach der Restaurierung in Israel am Holocaust-Gedenktag im Bundestag vollendet wurde, ist wieder in Amberg. Eigentlich sollte die Schriftenrolle schon im Juni nach Amberg zurückkehren. Corona verzögerte dies.

Die älteste Thorarolle Süddeutschlands befindet sich wieder in ihrer Heimatstadt. Rabbiner Elias Dray holte sie Anfang dieser Woche vom Berliner Jüdischen Museum nach Amberg zurück, wie er dem Evangelischen Pressedienst (epd) sagte.
Festakt am 17. Oktober. Die Rückführung der aufwendig restaurierten Schriftrolle soll am 17. Oktober mit einem Festakt gefeiert werden. Landtagspräsidentin Ilse Aigner (CSU) hat die Schirmherrschaft übernommen. Die Thorarolle spiegele ein Stück Geschichte des jüdischen Lebens im Deutschland wider. Ihre Rückkehr sei "für alle Menschen und Konfessionen ein Grund zu feiern", heißt es in der Einladung zum Festakt. Nach einer Segnung im Amberger Congress Centrum wird sie in einer feierlicher Prozession zurück in die Synagoge gebracht, sagte der Rabbiner. Nach seiner Einschätzung ist die Thora etwa 100 Jahre nicht mehr am Schabbat gelesen worden. Dies soll zum Abschluss der Festwoche am 23. Oktober in der Amberger Synagoge geschehen.
Rabbiner entdeckte die Schriftrolle erst 2015. Dem Rabbiner ist es zu verdanken, dass die mehr als 200 Jahre alte Thorarolle überhaupt gefunden wurde. Die Schriftrolle datiert auf das Jahr 1792 und trägt die Inschrift "Sulzbach". Gut 70 Jahre hatte sie unerkannt im Schrein der Amberger Synagoge gestanden, bevor Rabbiner Dray das einzigartige Kulturgut im Jahr 2015 fand. Angefertigt wurde das Pergament mit den fünf Büchern Mose für die Synagoge in Sulzbach. Dort existierte bis 1851 auch eine der fünf größten hebräischen Buchdruckereien der Welt. 1934 löste sich die dortige Gemeinde auf, die Rolle kam in die jüdische Gemeinde nach Amberg. Kurz vor der Reichspogromnacht 1938 versteckte sie der letzte Religionslehrer der jüdischen Gemeinde im Heimatmuseum in Amberg. Das Schriftstück hat auch den großen Stadtbrand von 1822 in Sulzbach überdauert und legt Zeugnis dafür ab, dass jüdisches Leben in der Oberpfalz schon seit Jahrhunderten existiert. Zur Begutachtung brachte Dray die Thorarolle nach Israel.
Thora in Israel restauriert. Dort stellte man fest, dass eine Restaurierung der aus 30 Tierhäuten bestehenden, 24 Meter langen und 65 Zentimeter hohen Rolle rund 45.000 Euro kosten würde - zu viel für die Israelitische Kultusgemeinde Amberg. Beschädigt aber darf eine Thora nach jüdischen Gesetzen nicht mehr für Gottesdienste verwendet werden. Sie kann, wie in solchen Fällen üblich, auf einem jüdischen Friedhof beerdigt werden. Der Bund übernahm daraufhin fast die gesamten Kosten, um das imposante Zeugnis jüdischen Lebens in Bayern zu erhalten. Die aufwendige Restauration dauerte fast zwei Jahre.
Im Blickpunkt der Öffentlichkeit beim Holocaust-Gedenktag.
Beim Holocaust-Gedenktag am 27. Januar dieses Jahres spielte sie eine tragende Rolle im Deutschen Bundestag. Sie wurde beim Gedenken für die Opfer des Nationalsozialismus vervollständigt, indem ein jüdischer Schreiber die letzten acht Buchstaben auf die Schriftrolle setzte. Die Repräsentantinnen und Repräsentanten der deutschen Verfassungsorgane standen dabei Pate wie auch von jüdischer Seite Zentralratspräsident Josef Schuster, die Vorsitzende der Israelitischen Kultusgemeinde München und Oberbayern, Charlotte Knobloch, sowie Rabbiner Elias Dray.
Nicht nur Ausstellungstück. Nach ihrem Auftritt in Berlin kam die Rolle zunächst für ein paar Monate im Jüdischen Museum in Berlin unter Verschluss. Bereits im Juni sollte sie zurückgebracht werden, doch die Corona-Pandemie verhinderte dies. Diese Woche wurde sie nun vom Amberger Rabbiner heimgeholt. In Amberg soll sie auch wieder im Gottesdienst verwendet und nicht nur wie ein Museumsstück ausgestellt werden, sagte der Rabbiner."  
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Links und Literatur  

Links:

bulletWebsite der Stadt Amberg  
bulletZur Seite über den jüdischen Friedhof in Amberg (interner Link)  

Literatur:  

bulletGermania Judaica II,1 S. 13-14; II,1 S. 13-15.
bulletBaruch Z. Ophir/Falk Wiesemann: Die jüdischen Gemeinden in Bayern 1918-1945. Geschichte und Zerstörung. 1979 S. 75-77.
bulletIsrael Schwierz:  Steinerne Zeugnisse jüdischen Lebens in Bayern. Eine Dokumentation der Bayerischen Landeszentrale für politische Bildungsarbeit. A 85. 1988 S. 270-271.
bulletPinkas Hakehillot: Encyclopedia of Jewish Communities from their foundation till after the Holocaust. Germany - Bavaria. Hg. von Yad Vashem 1972 (hebräisch) S. 153-155.
bulletNorbert Flach: Spurensicherung. Amberg und der Landkreis unter dem Hakenkreuz. Frankfurt 1993².
bulletDieter Dörner: Juden in Amberg - Juden in Bayern.Verlag Eckhard Bodner. Pressath 2003.
bulletders.: Juden in Amberg - Niedergang und Neuanfang. 2006.

Buchbesprechung zum letztgenannten Buch aus der "Amberger Zeitung" (Quelle
Niedergang und Neuanfang Amberger Juden -
Kreisheimatpfleger Dieter Dörner veröffentlicht zweites Buch - Erste Gottesdienste am 15. August 1945 

Amberg. Vor drei Jahren veröffentlichte Kreisheimatpfleger Dieter Dörner das Buch "Juden in Amberg - Juden in Bayern". Danach sprachen die Jüdische Gemeinde Amberg und die Universität Erlangen den Herausgeber, der auch Stadt- und Kulturführer ist, an, doch auch über die Anfänge der Nachkriegsgemeinde zu recherchieren. So entstand Dörners zweites Buch "Juden in Amberg - Niedergang und Neuanfang", das 234 Seiten stark und für 16,90 Euro im Buchhandel erhältlich ist. Der Autor: "Da Namen wie Weinschenk, Godlewsky oder Zechermann noch vielen Ambergern in Erinnerung sind, wiederholt sich in der Neuauflage die Zeit von 1933 bis 1945, ergänzt mit durch Presse und Film berühmt gewordenen jüdischen Namen und deren Schicksalen."
Zum Tode verurteilt. Zum Beispiel Leo Katzenberger. Er war Schuhfilialist in Nürnberg und der einzige Jude, der im Dritten Reich wegen angeblicher Rassenschande von einem Gericht zum Tode verurteilt wurde. Katzenberger wohnte nie in Amberg, doch ihm gehörte das Schuhgeschäft Springmann am Marktplatz, das von einer nichtjüdischen Angestellten geführt wurde. Gut sind vielen Ambergern laut Dörner auch die Juden der Vorkriegsgemeinde in Erinnerung. Wenig wisse man aber über die viel größere Zahl der jüdischen "Displaced Persons" der Nachkriegsgemeinde. Darunter versteht man alle nach dem Krieg verbliebenen Personen nichtdeutscher Staatsangehörigkeit, Kriegsgefangene, Zwangsarbeiter und Konzentrationslagerhäftlinge - insgesamt sieben bis acht Millionen Menschen, darunter etwa 80 000 Juden. Letztere waren vor allem Überlebende der Konzentrationslager. Der Autor: "Die ersten befanden sich sicher schon vor der Besetzung Ambergs am 22. April 1945 zumindest im Landkreis." Es waren Juden der im Raum Schwarzenfeld/Schwandorf aufgelösten Todesmärsche vom Konzentrationslager Flossenbürg nach Dachau. Amberg hatte ein intaktes Lazarett, leerstehende oder geräumte Kasernen und eine zumindest baulich relativ intakte Synagoge. In ihr wurden bereits am 15. August 1945 die Gottesdienste wieder aufgenommen.
Synagoge erste Anlaufstelle. Für die Zeit von 1945 bis 1950 lassen sich etwa 500 in Amberg wohnende jüdische "Displaces Persons" nachweisen. Für alle war die Synagoge die erste Anlaufstelle. Männer und Frauen, die jüdisches Leben wieder erwecken wollten, ergriffen die Initiative, hielten Gottesdienste, gründeten eine Schule, schufen eine Gemeinschaftsküche und unterhielten einen Fußballklub. Rabbiner Dr. Natan Zanger war der Motor der Gemeinde. Wie ging es weiter? Die Bestandsaufnahme des Buches endet 1950. Die meisten "Displaced Persons" wanderten aus, viele Junge zogen in Großstädte. Dörner: "Es war eine schleichende Dezimierung der Nachkriegsgemeinde. Sie war zum Zeitpunkt der Wende nicht mehr lebensfähig." Mit den so genannten Kontingentjuden aus den GUS-Staaten, heute etwa 200 in Amberg, kam neues Leben mit neuen Hoffnungen und neuen Problemen in die Gemeinde.
 

 
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Synagogengedenkbuch BY 01.jpg (49758 Byte)"Mehr als Steine...." Synagogen-Gedenkband Bayern. Band I: Oberfranken - Oberpfalz - Niederbayern - Oberbayern - Schwaben. Erarbeitet von Barbara Eberhardt und Angela Hager. Hg. von Wolfgang Kraus, Berndt Hamm und Meier Schwarz. Reihe: Gedenkbuch der Synagogen in Deutschen. Begründet und herausgegeben von Meier Schwarz. Synagogue Memorial Jerusalem. Bd. 3: Bayern. Kunstverlag Josef Fink Lindenberg im Allgäu
ISBN 978-3-98870-411-3.
Abschnitt zu Amberg S. 229-236 (die Forschungsergebnisse konnten auf dieser Seite von "Alemannia Judaica"  noch nicht eingearbeitet werden). 

    
     


 

Article from "The Encyclopedia of Jewish life Before and During the Holocaust". 
First published in 2001 by NEW YORK UNIVERSITY PRESS; Copyright © 2001 by Yad Vashem Jerusalem, Israel.

Amberg  Upper Palatinate. Jews were present in the 13th century. In the Rindfleisch massacres of 1298, 13 were murdered and in 1403 all were expelled. The community was renewed in the 1850s and 1860s and numbered 101 in 1900 (total 22.039). The independent community dates from 1896 and a synagogue was dedicated in 1898. Also attached to it were the communities of Schwandorf, Schnaittenbach and Nabburg. In 1933 there were 64 Jews in Amberg. By 1941, 17 had emigrated and 23 moved to other cities of Germany. On Kristallnacht (9-10 November 1938) the interior of the synagogue was destroyed and Jews were sent to the Dachau concentration camp. Of the 12 remaining Jews, seven were sent to Piaski in the Lublin district (Poland) on 2 April 1942 and three to the Theresienstadt ghetto via Regensburg on 23 September.   
          
            

                   
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Stand: 30. Juni 2020