Baisingen Friedhof 154.jpg (62551 Byte)  Segnende Hände der Kohanim auf einem Grabstein in Baisingen


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Baiertal (Stadt Wiesloch, Rhein-Neckar-Kreis) 
Jüdische Geschichte / Betsaal/Synagoge

Übersicht:

Zur Geschichte der jüdischen Gemeinde  
Berichte aus der Geschichte der jüdischen Gemeinde   
Aus der Geschichte der jüdischen Lehrer  
Berichte zu einzelnen Personen aus der Gemeinde   
Zur Geschichte der Synagoge   
Fotos / Darstellungen  
Erinnerungsarbeit vor Ort - einzelne Berichte      
Links und Literatur   

    

Zur Geschichte der jüdischen Gemeinde (english version
    
In dem bis zum Anfang des 19. Jahrhunderts unterschiedlichen Herrschaften (insbesondere Deutscher Ritterorden und Kurpfalz) gehörenden Baiertal bestand eine jüdische Gemeinde bis 1937. Ihre Entstehung geht in die Zeit des 18. Jahrhunderts zurück. Bald nach 1700 kamen die ersten jüdischen Familien in den Ort. 1716 waren drei jüdische Familien ansässig.  
   
Die höchste Zahl jüdischer Bewohner wurde um 1850 mit 170 Personen erreicht. Danach ging die Zahl durch Aus- und Abwanderung zurück (1900 84, 1925 31 Personen). 
  
An Einrichtungen hatte die jüdische Gemeinde eine Synagoge, eine jüdische Schule (1837 bis 1868 jüdische Elementarschule) und ein rituelles Bad (vermutlich im Gebäude der jüdischen Schule). Die Toten der Gemeinde wurden im jüdischen Friedhof in Wiesloch beigesetzt. Zur Besorgung religiöser Aufgaben der Gemeinde war - zumindest zeitweise - ein jüdischer Lehrer angestellt, der auch als Vorbeter und Schochet tätig war (vgl. Ausschreibungen der Stelle unten). Die Gemeinde gehörte (seit 1827) zum Bezirksrabbinat Heidelberg.  
  
Im Krieg 1870/71 und im Ersten Weltkrieg fielen aus der jüdischen Gemeinde insgesamt drei Männer; im Ersten Weltkrieg war es Gefreiter Leopold Marx (geb. 4.9.1897 in Baiertal, gef. 24.10.1917). Ihre Namen stehen auf den Gefallenendenkmalen auf dem Ortsfriedhof. Im Ersten Weltkrieg sind außerdem gefallen: Heinrich Kaufmann (geb. 19.2.1891 in Baiertal, vor 1914 in Mannheim wohnhaft, gef. 31.7.1916) und Nathan Kaufmann (geb. 13.1.1881 in Baiertal, vor 1914 in Mannheim wohnhaft, gef. 31.7.1916).     

Um 1925 war Vorsteher der Gemeinde David Gumberich. Als Lehrer der jüdischen Kinder (noch zwei besuchten in diesem Jahr der Religionsunterricht) kam A. Simon aus Wiesloch regelmäßig nach Baiertal.     
   
Bis nach 1933 gehörten jüdischen Personen/Familien insbesondere folgende Handels- und Gewerbebetriebe: Tabakhandlung Nathan Gumberich (Alte Bahnhofstraße 16), Pferdehandlung Raphael Maier (Hauptstraße 8, Elternhaus von Pauline Maier s.u.), Mehlhandlung Betty und Johanna Marx (Hauptstraße 39), Gemischtwarenhandlung Gustav Oppenheimer (Mühlstraße 2), Zigarrenfabrik Gebr. Wolf (Alte Bahnhofstraße 45).  
   
1933 lebten noch 25 jüdische Personen am Ort. Beim Novemberpogrom 1938 wurden durch einen SA-Truppe jüdische Wohnungen überfallen und schwer beschädigt. Dabei wurden u.a. die Fensterläden ausgehängt und diese durch die Fenster in die Wohnungen geworfen, auch versuchten SA-Leute mit Äxten schlimme Zerstörungen; Außenwände jüdischer Häuser wurden mit Kalb bespritzt; zu den Ereignissen um die Synagoge s.u. Die letzten 14 jüdischen Einwohner wurden am 22. Oktober 1940 nach Gurs deportiert.
   
Von den in Baiertal geborenen und/oder längere Zeit am Ort wohnhaften jüdischen Personen sind in der NS-Zeit umgekommen (Angaben nach den Listen von Yad Vashem, Jerusalem und den Angaben des "Gedenkbuches - Opfer der Verfolgung der Juden unter der nationalsozialistischen Gewaltherrschaft in Deutschland 1933-1945"): Selma Beer (1889), Siegmund Beer (1886), Wolf Bernheim (1889), Hermine Edheimer geb. Kaufmann (1866), Babette Feibelmann geb. Marx (1890), Robertine Flegenheimer geb. Bernheim (1892), Lina Frank geb. Kaufmann (1892), Elsa Gumberich (1885), Nathan Gumberich (1899), Selma Kahn geb. Marx (1886), Caesar Kaufmann (1886), Hannchen Kaufmann geb. Stern (1893), Hedwig Kaufmann (1880), Hermann Kaufmann (1874), Josef Kaufmann (1891), Recha Kaufmann (1883), Rosa (Rachel) Kaufmann geb. Bierig (1887), Berta Lauchheimer geb. Bernheim (1888), Betty Maier (1870), Elise Maier (1868), Pauline Maier (1877), Babette Marx (1892), Berta Marx geb. Aumann (1895), Betty Marx (1883), Simon Marx (1876), Gustav Oppenheimer (1878), Julchen Oppenheimer geb. Bruchsaler (1882), Meta Oppenheimer (1916), Sophie Salomon geb. Kaufmann (1890), Lina Stern geb. Marx (1894), Sitta Uffenheimer geb. Kaufmann (1893), Betty Weimar geb. Marx (1892), Ida Westheimer geb. Kaufmann (1869).  
    
    
   
Berichte aus der Geschichte der jüdischen Gemeinde 
 
Aus der Geschichte der jüdischen Lehrer  
Ausschreibungen der Stelle des Religionslehrers / Vorbeters / Schochet 1837 / 1892 / 1894  

Anzeige im "Großherzoglich Badischen Anzeige-Blatt für den See-Kreis" vom 27. März 1837 (Quelle: Stadtarchiv Donaueschingen): "An der neukonstituierten öffentlichen Schule bei der israelitischen Gemeinde Baiertal, Amtsbezirks Wiesloch, ist die mit einem fixen Gehalte von 175 Gilden und 1 Gulden Schulgeld für jedes Schulkind verbundene Lehrstelle, mit welcher bei künftiger Vakatur der Vorsängerdienst vereinigt werden wird, zu besetzen. Die Kompetenten werden daher aufgefordert, unter Anfügung ihrer Rezeptionsscheine und der Zeugnisse über ihren sittlichen und religiösen Lebenswandel nach Maßgabe der Verordnung vom 7. Juli 1836, Regierungsblatt Nr. 38, sich durch ihre Bezirksschulvisitaturen bei der großherzoglichen, katholischen Bezirksschulvisitatur Wiesloch in Balzfeld binnen vier Wochen zu melden".    
  
Baiertal Israelit 01021892.jpg (68877 Byte)Anzeige in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 1. Februar 1892: "Auskündigung einer Religionsschulstelle. Die israelitische Religionsschul-, Vorsänger- und Schächterstelle in Baierthal, Amts Wiesloch, ist auf 1. März laufenden Jahres neu zu besetzen. Das Einkommen besteht in 600 Mark Gehalt und etwa 400 Mark Gefällen. Für einen ledigen Mann ist freie Wohnung vorhanden. Schulkandidaten belieben ihre mit Zeugnis-Abschriften versehenen Meldungen behufs deren Übermittelung an die Bezirks-Synagoge Heidelberg einzureichen bei dem Synagogenrat in Baierthal."    
  
Nachdem sich auf die obige Ausschreibung offenbar niemand geeignetes beworben hatte, wurde die Stelle mit leichter Gehaltserhöhung nochmals ausgeschrieben: 
Baiertal Israelit 29021892.jpg (69528 Byte)Anzeige in der Zeitschrift "Der Israelit" vom vom 29. Februar 1892: "Auskündigung einer Religionsschulstelle. Die israelitische Religionsschul-, Vorsänger- und Schächterstelle in Baiertal, Amts Wiesloch, ist auf 1. April laufenden Jahres neu zu besetzen. Das Einkommen besteht in 600-700 Mark Gehalt und etwa 400 Mark Gefällen. Für einen ledigen Mann ist freie Wohnung vorhanden. 
Schulkandidaten belieben ihre mit Zeugnis-Abschriften versehenen Meldungen behufs deren Übermittelung an die Bezirks-Synagoge Heidelberg einzureichen bei dem 
Synagogenrat
in Baierthal."
  
Baiertal Israelit 25021894.jpg (65862 Byte)Anzeige in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 25. Februar 1894: "Auskündigung einer Religionsschulstelle
Die israelitische Religionsschul-, Vorsänger- und Schächterstelle in Baiertal bei Wiesloch, mit welcher ein fester Gehalt von 700 Mark, Nebeneinkommen im Betrage von etwa 300 Mark und freie Wohnung für einen ledigen Mann verbunden ist, ist auf 1. Mai laufenden Jahres neu zu besetzen. Schulkandidaten belieben ihre mit Zeugnisabschriften belegten Meldungen baldigst gelangen zu lassen an die 
Bezirkssynagoge Heidelberg. Heidelberg, 23. Februar 1894."   

       
Die Lehrer- und Vorsängerstelle wird Lehrer Josef Steinhardt von Dittigheim übertragen 1839)      

Anzeige im "Großherzoglich Badischen Anzeige-Blatt für den See-Kreis" vom 21. Dezember 1839 (Quelle: Stadtarchiv Donaueschingen): "Die mit dem Vorsängerdienste vereinigte Lehrstelle an der öffentlichen israelitischen Schule in Wangen im Seekreise wurde dem bisherigen provisorischen Lehrer Lazarus Haarburger von da definitiv und jene an der neukonstituierten öffentlichen israelitischen Schule in Baiertal im Unterrheinkreise, dem Schulkandidaten Josef Steinhardt von Dittigheim (vermutlich statt Dettigheim) übertragen".   

       
 Landwirtschaftlicher Kursus für jüdische Lehrer in Baiertal (1906)     

Artikel in der "Allgemeinen Zeitung des Judentums" vom 17. August 1906:  "Karlsruhe, 12. August. Auf Veranlassung des Großherzoglichen Oberrats der Israeliten fand auch in diesem Jahre, und zwar in Beierthal (gemeint: Baiertal), ein landwirtschaftliche Kursus statt, welcher sich auf Garten- und Obstbau erstrecke und vom Landwirtschaftslehrer Klein von Augustenberg geleitet wurde. An dem Kursus beteiligten sich zehn israelitische Lehrer, welchen die durch diesen Kursus erwachsenden Kosten aus der Dukas-Stiftung erstattet wurden. Die praktische Anleitung geschah in den von Oberbaumzüchter Goos zur Verfügung gestellten Baumschulen. An den Unterricht schloss sich eine gemeinsame Exkursion nach Augustenberg zum Zwecke der Besichtigung der dortigen landwirtschaftlichen Anlagen an. Bei einem Abschiedsschoppen wurde Herrn Klein der Dank für seine mühevolle Arbeit in beredten Worten von den Herrn Lehrern Hahn und Ehrlich ausgesprochen."       

      
      
Berichte zu einzelnen Personen aus der Gemeinde 
Zum Tod des in Baiertal geborenen Lehrer Max Meier (geb. 1833 in Baiertal, gest. 1880 in Tauberbischofsheim)

Tauberbischofsheim AZJ 21091880.jpg (92698 Byte)Artikel in der "Allgemeinen Zeitung des Judentums" vom 21. September 1880: "Bonn, 12. September (1880). Man schreibt uns aus Tauberbischofsheim: Am 27. August wurde unser hoch verdienter Lehrer Max Meier unter allgemeiner Trauer zu Grabe getragen. Im Jahre 1833 in Baiertal geboren, absolvierte er den Kursus im Lehrerseminar zu Karlsruhe, versah dann die Religionslehrerstelle in Wiesloch, Hegenheim und Neuchatel, bis er im April 1860 als Lehrer und Vorsänger hierher berufen wurde, wo er sowohl durch sein Lehrtalent, (er unterrichtete auch in modernen Sprachen usw. und wurde sein Unterricht auch von christlichen und auswärtigen Zöglingen gesucht,) als auch durch seinen tadellosen ehrenfesten Charakter die allgemeinste Achtung sich erwarb. Dies erwies sich nicht allein durch die Teilnahme an seinem Begräbnis aus allen Ständen und Konfessionen, sondern auch durch die Fürsorge, welche die Gemeinde für seine hinterlassene Familie – eine Mutter und eine Witwe mit 7 unmündigen Kindern, betätigte. Die Gemeinde erwies aber dadurch nicht allein dem Verstorbenen, sondern auch sich selbst wahrhafte Ehre."

   
Über den Unfalltod des Viehhändlers Marx (1916)   

Baiertal FrfIsrFambl 23061916.jpg (54423 Byte)Artikel im "Frankfurter Israelitischen Familienblatt" vom 23. Juni 1916: "Baiertal (Baden). Ein schrecklicher Unglücksfall ereignete sich letzten Freitag. Der noch ganz junge Viehhändler Marx wurde schon seit zwei Tagen vermisst und nach langem Suchen fand man ihn als Leiche in einem Bache. Eine Untersuchung wurde sofort eingeleitet. Am Sonntag wurde er beigesetzt. Der große, imposante Leichenzug legte beredtes Zeugnis ab von der allgemeinen Beliebtheit und Wertschätzung, die sich der Verblichene sowohl bei Juden, wie bei Nichtjuden erfreute."  

  
Über Pauline Maier (1877-1942)   

Baiertal  Pauline Maier 010.jpg (52632 Byte)Pauline Maier (1877 Baiertal - 1942 Auschwitz), seit 1922 Oberin am jüdischen Altersheim in Mannheim; nach Deportation nach Gurs 1940 bis 1942 dort als Krankenschwester tätig, ging freiwillig mit ihren Patienten 1942 nach Auschwitz. Nach ihr sind die 'Pauline-Maier-Straße' und das Pauline-Maier-Haus benannt. In Mannheim besteht seit 1964 das Pauline-Maier-Heim (Alters- und Pflegeheim).
vgl. Wikipedia-Artikel zu Pauline Maier.  
(Quelle des Fotos: Paul Sauer: Die Schicksale der jüdischen Bürger Baden-Württembergs während der Nationalsozialistischen Verfolgungszeit 1933-1945. Stuttgart 1969 Fotoanhang Nr. 29).  

    
   
Anzeigen jüdischer Gewerbebetriebe und Privatpersonen  
Anzeige der Witwe von Josef Frank (1906)     

Anzeige im "Frankfurter Israelitischen Familienblatt" vom 31. August 1906: "Als Wöchnerinnenpflegerin empfiehlt sich Josef Frank Witwe in Baiertal bei Heidelberg, Baden." 

    
 Anzeige von Thekla Kaufmann (1912)     

Anzeige im "Frankfurter Israelitischen Familienblatt" vom 13. Dezember 1912: 
"Geprüfte Wochenpflegerin 
übernimmt per sofort oder später Pflege, eventuell auch Krankenpflege. Offerten an 
Thekla Kaufmann. Baiertal bei Wiesloch."      

  
  
  
Zur Geschichte des Betsaals / der Synagoge        
    
Zunächst war ein Betsaal in einem jüdischen Wohnhaus im Unterdorf vorhanden (1740 erstmals genannt).  
      
Als 1804 der Baiertaler jüdischen Gemeinde der Bau einer Synagoge gestattet wurde, ist diese kurz darauf erbaut worden (Standort: heutiger "Synagogenplatz", Ecke Mühlstraße /Pauline-Maier-Straße). Lange hatte die Gemeinde an den Schulden für den Synagogenbau zu bezahlen. 1833 lag noch eine Hypothekenlast auf dem Gebäude in Höhe von 1.000 Gulden. 1839 wurde an der Nordseite der Synagoge in einem kleineren Gebäude die jüdische Schule eingerichtet. Das Gebäude, in dem es oft sehr feucht war, eignete sich freilich wenig als Schulhaus. Doch wurde erst 1864 in der Vorhalle der Synagoge ein Klassenzimmer eingerichtet. Bis 1868 bestand die jüdische Konfessionsschule. Ein besonderes Fest für die Gemeinde war die Einbringung einer restaurierten älteren Torarolle in die Synagoge im August 1887: 
       
Einbringung einer restaurierten Torarolle (1887)  

Baiertal Israelit 25081887.jpg (153041 Byte)Artikel in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 25. August 1887: "Baiertal in Baden. 20. August (1887). Ein seltenes Fest, das am vergangenen Schabbat (Paraschat Re'e) in unserer Gemeinde stattfand, verdient wohl auch in weiteren Kreisen bekannt zu werden. Vor 52 Jahren hat der hiesige Verein Gemilus Chassadim unserer Synagoge eine neue Sefer HaTora (Torarolle) gespendet, im Laufe der Zeit wurde solche einer namhaften Ausbesserung bedürftig. Am vergangenen Schabbat konnte nun dieselbe wiederhergestellt ihrer Bestimmung zugeführt werden, was in recht feierlicher Weise ausgeführt wurde. In feierlichem Zuge unter wohlgeordneter Voranschreitung der Schuljugend wurde die festlich geschmückte Torarolle von dem noch einzig lebenden der Spender derselben vom Hause des Gemeindevorstandes nach der festlich dekorierten Synagoge getragen, wo die ältesten Gemeindemitglieder mit den übrigen Torarollen zum Empfang aufgestellt waren, es wurde der Vers Baruch HaBa ("gesegnet, der da kommt") in feierlichster Melodie 3 mal abgesungen, wobei man auf allen Gesichtern Tränen der Freude und Rührung bemerken konnte; als hierauf die andern Torarollen in die Lade gestellt wurden, trug unser Lehrer H. Karrasch ein von ihm hierzu verfasstes deutsches Begrüßungsgedicht vor. Nachher wurde auch die nun hergestellte Torarolle in die Lage gestellt und es folgte (das Gebet) Jigdal vom Vorbeter und der ganzen Gemeinde gesungen, wie auch Rezitation verschiedener Psalmen. Nach dem Gottesdienst ergriff zuerst der Synagogen-Vorstand das Wort, gedachte dankend der ehemaligen Spende dieser Torarolle und ermunterte die ganze Gemeinde zur Nachahmung, dann hielt Lehrer Karrasch eine dem Fest angemessene wohlgelungene Rede. Ein Festessen, woran sämtliche Gemeinde-Mitglieder teilnahmen, wo es auch an gelungenen Toasten nicht mangelte, schloss die herrliche Feier, die in unserer friedlichen Gemeinde noch lange in freudiger Erinnerung bleiben möge.

Beim Novemberpogrom 1938 wurde die Synagoge demoliert und angezündet. Etwa 20 bis 30 SA-Männer und Zivilisten waren mit Fahrzeugen und Fahrrädern aus Richtung Wiesloch gekommen. Sie drangen mit Gewalt in die Synagoge ein, warfen Mobiliar, Bücher und die rituellen Gegenstände aus dem Gottesdienstraum auf einen Haufen vor das Gebäude, den sie anzündeten und verbrannten. Der Gemeinderat beschloss in seiner Sitzung vom 23. November 1938, dass die Synagogenruine abgebrochen werden sollte. Zusätzlich wurde am 20. März 1939 beschlossen, dass die Steine des Gebäudes zur Drainage des neu angelegten Sportplatzes in den "Krautgärten" gegenüber dem ehemaligen Bahnhof verwendet werden sollten. Am 10. April 1940 kaufte die Gemeinde das Synagogengrundstück für 1.356 RM. Auf ihm wurde eine Sammelstelle der Milchzentrale gebaut (besteht nicht mehr). 1949 wurde in einem Vergleich zwischen der Gemeinde Baiertal und der jüdischen Vermögensverwaltung (JRSO) vereinbart, dass die Gemeinde das Grundstück für den Betrag von 600 DM als ihr Eigentum behalten könne und als Schadensersatz für den Abbruch der beschädigten Synagoge 7.000 DM an die Organisation bezahlt. Diese insgesamt 7.600 DM wurden der Gemeinde bis zum 15. April 1950 gestundet. 
      
Eine Säule der Synagoge blieb erhalten und erinnerte (mit einer Gedenktafel) einige Jahre lang vor dem Bürgerhaus an die Synagoge. Inzwischen ist die Säule auf dem ehemaligen Synagogenplatz aufgestellt und zum Gedenkstein für die Synagoge geworden (mit Hinweistafel).  
 
Weitere Erinnerung: Die Brücke der Schatthäuser Straße über den Maisbach – unweit dessen Einmündung in den Gauangelbach – wird im Volksmund "Judenbrücke" genannt (Treffpunkt der jüdischen Bewohner am Sabbat nach dem Gottesdienst).
 
 
 
Fotos 
Historische Fotos: 
(Quelle der schwarz-weißen Abb.: Stadtarchiv Wiesloch)  

Historische Ansichtskarte  
Baiertal Synagoge 192.jpg (59930 Byte) Baiertal Synagoge 193.jpg (54893 Byte) Baiertal Synagoge 191.jpg (37335 Byte)
Zwei historische Karten (um 1905) mit Ansicht der 
jüdischen Schule und der Synagoge  
Ausschnittsvergrößerung aus 
der rechten Karte 
        
Historisches Foto / Darstellung 
der Synagoge 
Baiertal Synagoge 011.jpg (86606 Byte) Baiertal Synagoge 010.jpg (98729 Byte)
  Die Synagoge 
in Baiertal 
Zeichnung der Synagoge, das kleinere
 Gebäude davor war das jüdische Schulhaus
     
Weitere Fotos aus der 
jüdischen Geschichte Baiertals 
(Fotos erhalten 
von A. Willaschek)
Baiertal Geschichte 01.jpg (51797 Byte) Baiertal Geschichte 02.jpg (52658 Byte)
  Das Haus von Nathan Gumberich 
(um 1950). Am Haus zieht gerade eine
 Prozession der Kirchengemeinde vorbei.
Kriegerdenkmal-Einweihung am 
24.6.1900 durch den Militärverein. 
Untere Reihe 1.von links: Maier Marx I

Fotos nach 1945/Gegenwart:

Fotos um 1985:
(Fotos: Hahn)
        
Baiertal Synagoge 102.jpg (72120 Byte) Baiertal Synagoge 101.jpg (102701 Byte) Baiertal Synagoge 100.jpg (81840 Byte)
Gedenkplatz vor dem Bürgerhaus 
mit Synagogensäule 
Die Säule aus 
der Synagoge 
Hinweistafel 
bei der Säule 
        
Fotos 2003:
(Fotos: Hahn, Aufnahmedatum 14.10.2003 
bzw. mit *) J. Krüger, Karlsruhe vom Sommer 2004)
  
Baiertal Synagoge 155.jpg (56251 Byte) Baiertal Synagoge 151.jpg (56555 Byte) Baiertal Synagoge 190.jpg (41092 Byte)
Hinweisschild 
zum Synagogenplatz 
Der Synagogenplatz  Säule der ehemaligen Synagoge als 
Denkmal auf dem Synagogenplatz* 
   
        
Erinnerungen an 
Pauline Maier 
Baiertal Synagoge 150.jpg (49570 Byte) Baiertal Synagoge 154.jpg (51353 Byte)
Unweit des Synagogenplatzes erinnert 
eine Straße an die in Baiertal 1877
 geborene Pauline Maier (Oberin des
 jüdischen Altersheimes in Mannheim, 
1942 in Auschwitz ermordet) 
Auch das "Pauline-Maier-Haus" 
in Baiertal erinnert an die mit 
ihren Patienten 1942 freiwillig 
nach Auschwitz gegangene 
Pauline Maier 
  
      
Fotos 2011:               
(Fotos: Michael Ohmsen, die Fotos in höherer Auflösung 
in der Website von M. Ohmsen: Fotos zu Wiesloch)   
  
Baiertal Synagoge 840.jpg (123305 Byte) Baiertal Gedenken 020.jpg (97297 Byte) Baiertal Judenbruecke 010.jpg (155324 Byte)
Links Säule 
am Synagogenplatz 
Hinweistafel zur 
Erinnerung an die Synagoge 
Darstellung der 
früheren "Judenbrücke" 
      
Das "Pauline-Maier-Haus"  Baiertal PMH 840a.jpg (71864 Byte) Baiertal PMH 840.jpg (11030 Byte)
  Das "Pauline-Maier-Haus" mit Inschrift    
     

   
   
Erinnerungsarbeit vor Ort - einzelne Berichte
  

Februar 2012: Workshop "Jüdische Standesregister von Baiertal"    
Artikel in der "Rhein-Neckar-Zeitung" vom 2. Februar 2012: "Gegen das Vergessen gibt es noch viel zu tun. 
Wiesloch-Baiertal
. (aot). Die ersten Juden kamen Anfang des 18. Jahrhunderts nach Baiertal... Dass Baiertal in der Region eine bedeutende Niederlassung war, sieht man daran, dass hier ein bekannter Thora-Schreiber wohnte und die Gemeinde einen eigenen Beschneider hatte, der andere Orte wie Walldorf mit versorgte. Darüber informierten Ortsvorsteher Karl-Heinz Markmann und der frühere Schuldekan Kurt Glöckler das interessierte Publikum im Workshop 'Jüdische Standesregister von Baiertal', der im Rahmen der Ausstellung 'Dem Vergessen entrissen - Jüdisches Leben im Kraichgau' stattfand..."   
Link zum Artikel    
 
   

    
     

Links und Literatur  

Links:  

Website der Stadt Wiesloch  
Informationsseite zum Israelitischen Altersheim Mannheim und zu Pauline Maier  

Literatur:  

Franz Hundsnurscher/Gerhard Taddey: Die jüdischen Gemeinden in Baden. 1968. S. 42.  
Christian Sachs: Die Geschichte der Wieslocher und Baiertaler Juden im Dritten Reich (maschinenschriftlich; Schülerarbeit im Gymnasium Wiesloch). 1983.
Stadtteilverein Baiertal (Hg.): Von Buridal bis Baiertal. Eine Gemeinde erzählt ihre Geschichte. Wiesloch 1988.  
Joseph Walk (Hrsg.): Württemberg - Hohenzollern - Baden. Reihe: Pinkas Hakehillot. Encyclopedia of Jewish Communities from their foundation till after the Holocaust (hebräisch). Yad Vashem Jerusalem 1986. S. 216-217.  
synagogenbuch-1.jpg (32869 Byte)Joachim Hahn / Jürgen Krüger: "Hier ist nichts anderes als Gottes Haus...". Synagogen in Baden-Württemberg. Band 1: Geschichte und Architektur. Band 2: Orte und Einrichtungen. Hg. von Rüdiger Schmidt, Badische Landesbibliothek, Karlsruhe und Meier Schwarz, Synagogue Memorial, Jerusalem. Stuttgart 2007.    

     
      


 

Article from "The Encyclopedia of Jewish life Before and During the Holocaust". 
First published in 2001 by NEW YORK UNIVERSITY PRESS; Copyright © 2001 by Yad Vashem Jerusalem, Israel.

Baiertal, Baden. The first Jews arrived after the Thirty Years War and the Jewish population grew to a peak of 160 in 1863 (15 % of the total). A synagogue was in existence by 1740 and a new one was built in 1833 while a Jewish elementary school was opened in 1839. The Jewish population dropped steadily to 25 in 1933. On Kristallnacht (9-10 November 1938) the synagogue and Jewish homes were vandalized and Jewish stores looted. Nine Jews left Baiertal in 1936-40. The last 13 were deported to the Gurs concentration camp on 22 October 1940. 
   
     

                   
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Copyright © 2003 Alemannia Judaica - Arbeitsgemeinschaft für die Erforschung der Geschichte der Juden im süddeutschen und angrenzenden Raum
Stand: 07. Dezember 2014