Baisingen Friedhof 154.jpg (62551 Byte)  Segnende Hände der Kohanim auf einem Grabstein in Baisingen


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Benfeld (Dep. Bas Rhin /Alsace / Unterelsass) 
Jüdische Geschichte /  Synagogue / Synagoge

Übersicht:

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Zur Geschichte der jüdischen Gemeinde (english version)   
   
In dem in früheren Jahrhunderten zum Bistum Straßburg gehörenden Benfeld lebten Juden bereits in der ersten Hälfte des 14. Jahrhunderts. Sie werden erstmals in einem Schutzbrief vom 22. November 1340 genannt. Als zur Pestzeit Gerüchte über die Brunnenvergiftung durch die Juden umgingen und das gemeine Volk ihre Vertilgung forderte, versammelten sich im Januar 1349 der Bischof von Straßburg, Herren und Abgeordnete der Städte in Benfeld, um wegen der Juden zu beraten. Obwohl die Juden mehrere Fürsprecher hatten, fand sich keine Mehrheit, die die Vernichtung der Juden aufhalten konnte. Am 14. Februar 1349 fielen die Juden von Benfeld der allgemeinen Verfolgung zum Opfer. 
   
Erst seit Ende des 18. Jahrhunderts konnten sich Juden wieder in Benfeld niederlassen. Zur Neubegründung einer jüdischen Gemeinde kam es 1830. 1836 lebten 236 jüdische Personen in der Stadt, 1861 127, 1870 183, 1887 286, 1900 236, 1905 221, 1910 ca. 200. 
 
An Einrichtungen hatte die jüdische Gemeinde eine Synagoge (s.u.), eine jüdische Schule (zeitweise israelitische Volksschule), ein rituelles Bad und einen Friedhof. Zur Besorgung religiöser Aufgaben der Gemeinde war ein Lehrer angestellt, der zugleich als Vorbeter und Schochet tätig war. Zeitweise gab es sowohl einen Lehrer wie auch einen Kantor. Vor 1883 war einige Jahre in Benfeld der spätere Oberkantor in Colmar L. Metzger tätig; um 1887/1897 war J. Weil als Lehrer, zeitgleich S. Schwarz als Kantor tätig. Die Gemeinde gehörte zum Rabbinatsbezirk Niederehnheim, ab 1910 zu dem von Fegersheim.    

An jüdischen Vereinen gab es (nach dem Statistischen Jahrbuch deutscher Juden. 17. Jahrgang 1905) einen Wohltätigkeitsverein, einen Gegenseitigen Unterstützungs-Verein und einen Frauen-Verein.
  
1936 gehörten 171 Personen zur jüdischen Gemeinde. Während der NS-Zeit wurden die verbliebenen Juden nach Südfrankreich deportiert. Über 30 Personen wurden ermordet. Ihre Namen finden sich auf dem Denkmal im Friedhof
  
Von den in Benfeld geborenen und/oder längere Zeit am Ort wohnhaften jüdischen Personen sind in der NS-Zeit umgekommen (Angaben nach den Listen von Yad Vashem, Jerusalem; ein Teil der Namen steht auch auf einem Denkmal im Friedhof):  Salomon Ackermann (geb. ?), Richard Baehr (geb. ?), Cecile Bicard geb. Schuhl (1875 oder 1876), Adrienne Bloch (1879), Alice Bloch geb. Dreyfuss (1903), Marcel Bloch (geb. ?), Henriette Bloch (geb. ?), Susanne Bloch geb. Dreyfuss (1901), Armand Blum (1876), Leon Blum (1878), Abraham Dreyfuss (1896), Arthur Dreyfuss (geb. ?), Germaine Dreyfuss geb. Meyer (1903), Agathe Fohlen geb. Becker (1896 oder 1897), Caroline Galliste geb. Jacob (1884), Jacob Galliste (1885), Rosine Ginsbourger (Gintzburger) geb. Bloch (1863), Alfred Jaudel (1869), Blanche Kahn (Cahn) geb. Lehmann (1878), Adrienne Kauffmann (1879), Delphine Kirsch (1907), David Klein (geb. ?), Charles Klein (1906), David Klein (1869), Erna Klein (1909), Mathilde Klein geb. Hecht (1905), Helene Klein, Hilma Klein (1932), Ruth Klein (1934), Georges Levi (Levy, 1902), Louis Löb (1885), Marguerite Loketz geb. Dreyfuss (1881), Elsa Schimkowitz, Ernest Schimkowitz (1926), Gisa Schimkowitz geb. Grünberg (1912), Gisele Schimkowitz geb. Brunner, Michel Schimkowitz (geb. ?), Alice Schuhl geb. Fränkel oder Levy (1875 oder 1876), Andre Schuhl (1879), Cecile Schuhl (1875), Jeanne Schuhl geb. Roos (1884), Marcel Schuhl (1912), Samuel Schuhl (1881), Berthe Weill (1906), Colette Weill (1930), Germain Weill (1895), Jeanne Weill geb. Schwed (1895), Lucien Weill (1877), Marcel (Moise) Weil (1901), Marthe Weil (1883), Paul Weill (1931), Pauline Weil (1895 oder 1896), Pierre Weil (1885), Sylvaine Weill (1891), Jeanne Wertheimer (geb. ?), Marthe Weill (geb. ?). 
   
Nach 1945
konnte die Gemeinde wieder begründet werden. Doch ging die Zahl der Gemeindeglieder von 98 (1953), 75 (1968) auf etwa 20 Personen (um 2000) zurück. Die Synagoge wurde restauriert.
     
     
     
Berichte aus der Geschichte der jüdischen Gemeinde                
  
Im Krieg 1870/71 fiel aus Benfeld Jeidel Sohn (1872) 

Artikel in der "Allgemeinen Zeitung des Judentums" vom 13. Februar 1872: "Französische Soldaten jüdischer Konfession. In Nr. 49 vorigen Jahres haben wir nach den Archives israélites die Liste der französischen Soldaten jüdischer Religion während des Krieges 1870/71 aus Lothringen gegeben. Zu den dort aufgeführten 22 mögen jetzt noch folgende hinzugefügt werden:   ....  Jeidel Sohn, aus Benfeld, in der Schlacht bei Gravelotte gefallen...."  

  
Zum Tod des Oberkantors der Israelitischen Gemeinde in Colmar L. Metzger, zuvor (vor 1883) Kantor in Kolbsheim, Sulz und Benfeld (1913)  

Artikel in "Das jüdische Blatt" vom 31. Januar 1913: "Colmar. Soeben geht uns die traurige Kunde vom Ableben des Oberkantors der Israelitischen Gemeinde in Colmar, Herrn L. Metzger zu. Derselbe hat ein Alter von 64 Jahren erreicht. In ihm verliert die Gemeinde einen tüchtigen pflichttreuen Beamten. 30 Jahre lang hat er mit seiner prachtvollen Tenorstimme den Gottesdienst verschönt, und stets dazu beigetragen, dass der Besuch der Synagoge ein reger geblieben ist. Aber auch als Mensch hat sich der Verblichene die Sympathie seiner Mitbürger erworben, ohne Unterschied des Konfession, durch sein stets zugängliches, entgegenkommendes Wesen, besonders den Armen gegenüber, für welche er immer ein williges Herz und offenes Ohr hatte. Im Elsaß-Lothringischen Kantorenverband begleitete der Verstorbene die Stelle eines zweiten Vorsitzenden. An den früheren Stellen seiner Wirksamkeit Kolbsheim, Sulz, Benfeld hat der Verblichene ein ehrendes Andenken hinterlassen. Der tief betrübten Familie entbieten wir unser tief gefühltes Beileid."   
 
Artikel in "Das jüdische Blatt" vom 7. Februar 1913: "Colmar. Die Beerdigung des Herrn Oberkantor Metzger, über dessen Hinscheiden Sie bereits berichteten, gestaltete sich zu einer erhebenden Sympathiekundgebung, die einen vollgültigen Beweis erbrachte für die Beliebtheit, die er in den weitesten Kreisen genoss. Ein unabsehbares Trauergefolge, wie wir es hier noch nie gesehen, gab ihm das letzte Geleit. Nicht nur waren fast sämtliche Kantoren des Ober-Elsaß und viele aus Unter-Elsaß, so aus Straßburg, Benfeld, Bischweiler, Schlettstadt, Müttersholz, erschienen, sondern auch viele Israeliten aus der näheren und weiteren Umgebung. Dass die hiesige Gemeinde vollzählig sich beteiligte, braucht nicht hervorgehoben zu werden. Sechs Kantoren trugen die Bahre vom Sterbehause in die Synagoge, die übrigen, eine recht stattliche Zahl, gingen dem Zuge voran. Die Trauerfeier in der Synagoge war würdig und äußerst eindrucksvoll. Sie wurde eingeleitet durch einen Psalm, mit Innigkeit und Rührung gesungen von Herrn Oberkantor Heymann - Straßburg. Nachdem auch Herr Kantor Levy mit wohltönender Stimme einen Trauergesang zum Vortrag gebracht, hielt Herr Oberrabbiner Weil die Trauerrede, in der er mit lebhaften Worten die Vorzüge des Herrn Metzger, sein Wirken in der Gemeinde und seiner Familie, schilderte und dem Schmerze der Gemeinde bewegten Ausdruck verlieh. Nach einem Schlussgesang des Herrn Heymann war die Feier in der Synagoge beendet, und der Zug setzte sich wieder in Bewegung nach dem Friedhof. Dort ergriffen nacheinander das Wort: Herr Konsistorialpräsident L. Manheimer im Namen des Konsistoriums, Herr Paul Wurmser als Vorsteher der Gemeinde, Herr Oberkantor Heymann als persönlicher Freund und im Namen des Kantorenverbands und zuletzt Herr L. Wormser als ehemaliger Vorsteher und als Mitglied des Konsistoriums. Alle Redner feierten übereinstimmend die Menschenfreundlichkeit und den mildtätigen Sinn des Dahingeschiedenen, dessen mitfühlendes Herz nie versagte, wo es galt, Not zu lindern und der Armut beizustehen. Er lässt hier eine fühlbare Lücke zurück. Sein Andenken bleibt unvergesslich."   

     
     
     
Zur Geschichte der Synagoge  
            
     
Eine Synagoge wurde 1846 erbaut, wobei es sich nach einem Bericht von 1852 noch um ein "bescheidenes" Gebäude handelte:
 
Besondere Hochzeit in der Synagoge (1852)     

Aus einem Artikel in der "Allgemeinen Zeitung des Judentums" vom 16. Februar 1852: "Man hebt hervor, dass jüngst ein Unterpräfekt, Herr Lambert, Departement der Meurthe, Israelit, sich jüngst in Benfeld mit einer reichen Glaubensgenossin in der bescheidenen Synagoge daselbst kopulieren ließ. In der Administrativsphäre gibt es auch in Frankreich noch wenige Beamte unseres Glaubens..."  

1876 wurde die Synagoge durch den Architekten Raphaël Kahn vergrößert. Dabei wurden die seitlichen Flügel angebaut, die dem Gebäude seine bis jetzt bestehende äußere Form gaben. Eine Orgel wurde spätestens damals eingestellt, wobei es sich zunächst erst um ein Harmonium gehandelt haben kann. Im Bericht von 1891 wird davon geredet, dass bereits "seit zwanzig Jahren" eine Orgel in der Synagoge stand.  
  
Kurznotiz zur Orgel in Benfeld (1891)  

Artikel in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 24. Dezember 1891: "Benfeld lässt schon seit zwanzig Jahren in der Synagoge die Orgel ertönen. Die neu erbaute Synagoge in Schlettstadt konnte man sich ohne Orgel nicht als würdig denken."  

1895 wurde durch die Firma Charles Wetzel eine neue Orgel eingebaut, die bis heute gespielt werden kann. 1922 wurde die Synagoge durch den Benfelder Maler Achilles Metzger nach dem Vorbild der Synagoge von Florenz ausgemalt. In der NS-Zeit konnte die Zerstörung der Synagoge durch den Widerstand örtlicher Behördenvertreter verhindert werden. 
  
Im Januar 1945 wurde das Gebäude durch Granatenbeschuss beschädigt. Bis zur Gegenwart wurde die Synagoge immer wieder renoviert und in gutem baulichen Zustand bewahrt.  
   
   
Adresse/Standort der Synagoge:    7a Rue de la Dîme, 67230 Benfeld      
    
    

Fotos                   
(Fotos obere Reihe und zweite Reihe links: Hahn, Aufnahmedatum 16.4.2004)   

Benfeld Synagogue 100.jpg (65984 Byte) Benfeld Synagogue 102.jpg (28664 Byte) Benfeld Synagogue 103.jpg (53774 Byte)
Die Synagoge Benfeld 
von der Westseite
Symbolik im Giebel
 über dem Eingang
Vers aus der Tora über dem Eingang: "Hier 
ist nichts anderes denn G"ttes Haus und hier
 ist die Pforte des Himmel" (1.Mose 28,17)
       
        
Benfeld Synagogue 101.jpg (70932 Byte) Benfeld Synagogue 171.jpg (92653 Byte) Benfeld Synagoge Orgel 01.jpg (72783 Byte)
Gedenkstein für Eugène Guthapfel, der 
durch seinen Mut gegenüber den 
deutschen Behörden in der NS-Zeit die
 Synagoge vor der Zerstörung bewahrte.
Innenansicht der Synagoge Benfeld 
(Quelle: Rothé / Warschawski S. 59). 
Im Gegensatz zu dem sehr schlichten
 Äußeren ist der Innenraum prächtig bemalt.
Die Orgel in der Synagoge Benfeld 
(Foto: Achim Seip)  
 
     

    
Video zur Synagoge in Benfeld      Link auch über https://youtu.be/LQGuMTKT8NQ     
  
  
     
      

Links und Literatur

Links:   

bulletFranzösische Informationsseite zur Synagoge in Benfeld  
bulletWeitere französische Informationsseite mit Fotos  
bulletZur Seite über den jüdischen Friedhof Benfeld (interner Link)  
bulletInformationen im Verzeichnis des Ministère de la culture: Seite 1 und Seite 2     

Literatur:  

bulletGermania Judaica II,1 S. 64.
bulletAlsace Lit 010.jpg (67412 Byte)Michel Rothé / Max Warschawski: Les Synagogues d'Alsace et leur Histoire. Ed. 'Chalom Bisamme' Jerusalem 1992. S. 34.59.      
bulletAlsace JDaltroff 01.jpg (53012 Byte)Jean Daltroff: La Route du Judaisme en Alsace. Photographies Christophe Hamm. I.D. Créations. Rosheim 2006. ISBN 2-915626-02-2. S. 41-42 u.ö.
Link zum Verlag mit Informationen.
bulletGünter Boll: "Jud Hirtz von Benfelden". Der Stammvater der elsässischen Familie Rheinau. Online eingestellt als pdf-Datei.    
Anmerkung: Matthias Dreyfus und die Familie des aus Benfeld zugezogenen Hirz Rheinau waren die einzigen Juden, die in den Jahren 1652-1672 in Schlettstadt geduldet wurden.  
bulletders.: "bis der liebe völlige Frieden allhier erscheinen wird". Die Juden in der Festung Benfeld (1635-1652). Online eingestellt als pdf-Datei.   
   
    


 

Article from "The Encyclopedia of Jewish life Before and During the Holocaust". 
First published in 2001 by NEW YORK UNIVERSITY PRESS; Copyright © 2001 by Yad Vashem Jerusalem, Israel.

Benfeld  Bas-Rhin dist. The Jewish presence dates from the mid-14th century. The community disppeared due to expulsions; it was renewed in 1830. The Jewish population of Benfeld was 236 in 1836. The synagogue was inaugurated in 1846. The community numbered 171 members in 1936. During the occupation, all were expelled to the south of France, with the rest of Alsace-Lorraine Jews. Altogether, the Germans deported 31 Benfeld Jews. The synagogue and cemetery were severely damaged. In 1968, the community numbered 75 persons.
  
    

                   
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Copyright © 2003 Alemannia Judaica - Arbeitsgemeinschaft für die Erforschung der Geschichte der Juden im süddeutschen und angrenzenden Raum
Stand: 30. Juni 2020