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Bengel (VG Kröv-Bausendorf, Kreis
Bernkasel-Wittlich)
Jüdische Geschichte / Synagoge
Übersicht:
Zur Geschichte der jüdischen Gemeinde
In Bengel bestand eine kleine jüdische Gemeinde bis in die
1930er-Jahre. Die Gemeinde umfasste kaum mehr als zehn, in bescheidenen Verhältnissen
lebende Familien. 1843 wurden 34, 1895 39 jüdische Einwohner gezählt. Danach
ging die Zahl durch Aus- und Abwanderung langsam zurück.
An Einrichtungen hatte die jüdische Gemeinde eine Synagoge, eine
Religionsschule, ein rituelles Bad und einen Friedhof. Die Gemeinde gehörte
zum Rabbinatsbezirk Trier.
Im Ersten Weltkrieg fielen aus der jüdischen Gemeinde Abraham Drucker
(geb. 1884, an den Folgen der Verwundung 1919 gestorben), Jakob Drucker (geb.
1879, gef. 1915) und Gustav Faber (geb. 1884, gef. 1916).
Um 1925 gehörten zur jüdischen Gemeinde noch 24
Personen (2,4 % von etwa 1.000 Einwohnern). Um 1925 war Gemeindevorsteher Abraham
Drucker, um 1932 Michel Drucker.
Von den in Bengel geborenen und/oder
längere Zeit am Ort wohnhaften jüdischen Personen sind in der NS-Zeit
umgekommen (Angaben nach den Listen von Yad
Vashem, Jerusalem und den Angaben des "Gedenkbuches
- Opfer der Verfolgung der Juden unter der nationalsozialistischen
Gewaltherrschaft in Deutschland 1933-1945"): Hedwig Bermann geb.
Drucker (1891), Betty Burgmann geb. Schömann (1874), Abraham Drucker (1878), Alma Drucker (1910), Berta
Drucker geb. Bermann (1887), Frieda Drucker geb. Bonem (1883), Gustav Drucker
(1886), Karl Drucker (1889), Ruth Drucker (1913), Samson Faber (1880), Karola
Götze geb. Faber (1920), Johanna (Hanna) Herz (1921), Regina (Recha) Herz
(1915), Amalie Mayer (1872), Hanna Rosenwasser (1913), Selma Schömann (1881).
Berichte aus der Geschichte der jüdischen Gemeinde
Anzeigen jüdischer Gewerbebetriebe und Privatpersonen
Stellensuche von Sal. Drucker für seinen Sohn (1902)
Anzeige
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 25. August 1902: "Suche
für meinen 15-jährigen Sohn, mit guter Elementarschulbildung,
aufgeweckt, Lehrlingsstelle in einem Manufaktur- oder
Kurzwarengeschäft, wo er Kost und Logis im Hause und Samstags und
Feiertage frei hat. Sal. Drucker, Bengel (Mosel)." |
Verlobungsanzeige von Rosa Bach und Samson Löwenstein
(1929)
Anzeige
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 19. Dezember 1929: "Gott
sei gepriesen.
Rosa Bach - Samson Löwenstein. Verlobte.
Trier - Olewig 44b - Bengel (Mosel). Schabbat Chanukka (= 28.
Dezember 1929)." |
Hochzeitsanzeige von Rosa Bach und Samson Löwenstein
(1930)
Anzeige in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 3.
Juli 1930: "Gott sei gepriesen.
Samson Loewenstein - Rosa Loewenstein geb. Bach. Vermählte.
Bengel/Mosel - Trier-Olewig. Trier, 6. Juli 1930 / 10. Tammus.
Moselloge, Petrusstraße 36". |
Zur Geschichte der Synagoge
Die jüdische Gemeinde hatte eine aus der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts
stammende Synagoge, die auf Grund von Baufälligkeit nach einer Inspektion durch
den Kreisbaumeister aus Wittlich 1885 geschlossen
werden musste (später "alte Judenschule" genannt und als
Versammlungshaus verwendet, Standort unbekannt). Über die armseligen Zustände
in der Gemeinde und die alte Synagoge informiert der Spendenaufruf, den die
jüdische Gemeinde am 14. Dezember 1885 in der Zeitschrift "Der
Israelit" veröffentlichen ließ:
"Dringende Bitte! Unsere Synagoge steht dem Zusammenfalle nahe. Die
jüdische Gemeinde besteht aus acht armen Familien und können daher mit dem
besten Willen keine Beisteuer zu einem Neuaufbau leisten. Wir sind genötigt,
den Gottesdienst einzustellen. Die alte Synagoge steht in einem feuchten,
unreinen Eck, wo es an Tageslicht fehlt, und kann daher, der guten Sitte
zuwider, an dieser Stelle nicht mehr erbaut werden. Diese Stelle ist derart,
dass uns die Sefer-Tora (Torarolle) in den feuchten Räumen verdorben sind und
wir dieselben nach unserer heiligen Religion schon lange nicht mehr gebrauchen
dürfen. Wir suchten uns so lange zu behelfen, bis es nicht mehr möglich war,
und müssen mit schwerem Herzen zu diesem Schritte schreiten. Ich richte daher
im Namen der israelitischen Gemeinde an unsere edlen Glaubensgenossen und
Menschenfreunde die Bitte um eine Beisteuer für diese gute Sache. Der Himmel
wird es den edlen Gebern doppelt belohnen. Auch für die kleinste Gabe sind wir
jedem edlen Gebet dankbar. Gelder bitten wir gefälligst an die Expedition des
'Israelit' oder an Benjamin Schömann, Vorsteher der israelitischen Gemeinde in
Bengel, Kreis Wittlich, gelangen zu lassen.
Die Synagoge ist von Herrn Kreisbaumeister in Wittlich als baufällig erklärt
und von Herrn Bürgermeister in Bausendorf geschlossen worden." |
Ähnlich erschien einige Wochen später ein
Aufruf in der "Allgemeinen Zeitung des Judentums": |
Anzeige
in der "Allgemeinen Zeitung des Judentums" vom 19. Januar 1886:
"Aufruf um Beihilfe. Die hiesige Gemeinde, aus acht
unbemittelten Gemeindemitgliedern bestehend, entbehrt seit einiger Zeit
eines Gotteshauses, da das alte wegen Baufälligkeit polizeilich
geschlossen worden, der morastige Boden den früheren Bauplatz nicht
wieder verwendbar macht und wir nicht imstande sind, aus eigenen Mitteln
eine Synagoge zu errichten. Ist doch in dem alten feuchten Raume selbst
unsere Sefer Tora (Torarolle) unbrauchbar geworden. Schon lange war
dies unser Kummer, aber die Mittel fehlten uns gänzlich, dem abzuhelfen,
so wenden wir uns an fromme menschenfreundliche Herzen, um uns zum Bau
einer kleinen Synagoge zu verhelfen. Es ist dies gewiss ein
gottgefälliges Werk, von welchem der Segen auch auf alle Wohltäter
aufgehen wird! Dass unsere Bitte auf Wahrheit beruht, kann sich ein jeder
edler Geber bei unserem Oberrabbiner Herrn Dr. Ehrmann in Trier, bei dem
Herrn Landrat in Witten, sowie bei unserem Bürgermeister Herrn Cordel in
Börsendorf, Kreis Witten, erkundigen. Beiträge sind an die Redaktion
dieses Blattes zur Weiterbeförderung zu richten.
Benjamin Schömann, Vorsteher der Israelitischen Gemeinde zu Bengel." |
Zehn Jahre sollte es dauern, bis eine neue Synagoge erbaut werden konnte. Die
jüdischen Familien am Ort brachten in dieser Zeit große Mühe und finanzielle
Mittel auf, damit der Bau einer neuen Synagoge realisiert werden konnte. Diese konnte am 25. Juli 1896 mit einem großen Fest für
den ganzen Ort eingeweiht werden.
Zur Einweihung der Synagoge liegt in der Zeitschrift
"Der Israelit" vom 30. Juli 1896 (siehe links) folgender Text
vor:
Bengel (Kreis Wittlich), 26. Juli. Eine Feier fand gestern (Schabbat
Nachamu)
in diesem kleinen Orte statt, wie derselbe eine dieser Art wohl noch nie gesehen
hat, und an welcher so recht erkennbar ist, wie Gott diejenigen nicht verlässt,
welche mit Ausdauer auf seine Hilfe und Gnade vertrauen.
Vor ca. 8 Jahren wurde die Synagoge der aus neun meist unbemittelten Familien
bestehenden jüdischen Gemeinde wegen Baufälligkeit polizeilich geschlossen und
trotzdem fast alle Familienväter oft recht hart um die Ernährung ihrer Familie
zu kämpfen haben, fassten diese den fast unausführbar erscheinenden Entschluss,
ihrem Gotte ein neues würdiges Haus zu errichten. Nach rastlosem Arbeiten und
Mühen haben dieselben diesen Vorsatz nun ausgeführt und ein Gotteshaus
eingeweiht, um welches wohl manche andere Gemeinde mit weit mehr und
leistungsfähigeren Mitgliedern sie beneiden könnte.
Von Nah und Fern waren denn auch die Glaubensgenossen, von welchem mancher wohl
sein Scherflein dazu beigetragen, herbeigeströmt, um sich an der Vollendung
dieses Werkes zu ergötzen und erfreuen, und war es ein imposanter Zug mit Musik
und Chorgesang, der sich am Vorabend zum Schabbat von der alten nach der neuen
Synagoge bewegte. An dessen Spitze schritt rüstig ein ehrwürdiger 96jähriger
Greis einher. Herr Mendel Schönmann, welcher noch Mitbegründer der alten
Synagoge war und es sich trotz seines hohen Alters nicht nehmen ließ aus Trier,
seinem jetzigen Aufenthalt herbei zu eilen, um Gott für die ihm bewiesene Gnade
ein neues Haus erstehen zu sehen, zu danken.
Besonders wohltuend war es auch die Teilnahme der christlichen Bewohner des
Dorfes zu sehen, die ihre Äcker verließen, ihre Häuser beflaggten, mit Stolz
auf das "Häuflein armer Juden" sehend, denen so Wunderbares gelungen,
und sich an deren Freudenfest beteiligten. - Es würde zu weit führen die
Einzelheiten der Festlichkeit, die allen andern dieser Art ebenbürtig, zu
erwähnen.
Viel haben die stets offenen Hände unserer Glaubensbrüder am Zustandekommen
dieses Werkes geholfen. - Allen Dank. - Aber ein edles Werk bleibt noch der Mildtätigkeit
vorbehalten. Durch Sturm und Wetter in der alten Synagoge durchgefeuchtet, sind
die Torarollen der Gemeinde unbrauchbar geworden und steht dieselbe vor der
Notwendigkeit neue anzuschaffen, wofür alle Mittel fehlen. Edle Freunde einer
guten Sache, die eine Torarolle stiften, oder Beiträge zu einer solchen geben
wollen, können kein besseres gottgefälligeres Werk tun, als solche dieser
Gemeinde zuzuwenden.
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Derselbe
Bericht erschien in der "Allgemeinen Zeitung des Judentums" vom
7. August 1896. |
Die Synagoge wurde bis 1929 genutzt, danach kam die Zehnzahl
jüdischer Beter (minjan) nicht mehr zustande. Die jüdischen Einwohner
von Bengel besuchten in den folgenden Jahren die Synagoge in Bausendorf. Um
1933 wurde das Synagogengebäude von Bengel an Privatpersonen verkauft und
zu einem Wohnhaus umgebaut. Als solches ist es bis zur Gegenwart erhalten. Eine
Hinweis- oder Gedenktafel ist nicht angebracht.
Adresse/Standort der (neuen) Synagoge: Kondelstraße
7
Fotos
(Fotos: Hahn; Aufnahmedatum 17.4.2006)
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Die zum Wohnhaus
umgebaute ehemalige Synagoge in Bengel. |
Links und Literatur
Links:
Literatur:
| Landesamt für Denkmalpflege Rheinland-Pfalz/Staatliches Konservatoramt
des Saarlandes/ Synagogue Memorial Jerusalem (Hg.): "...und dies
ist die Pforte des Himmels". Synagogen in Rheinland-Pfalz und dem
Saarland. Mainz 2005. S. 103 (mit weiteren Literaturangaben).
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