Baisingen Friedhof 154.jpg (62551 Byte)  Segnende Hände der Kohanim auf einem Grabstein in Baisingen


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Darmstadt (Hessen)
Jüdische Geschichte / Betsäle/Synagoge nach 1945 

Hinweis: Zur jüdischen Geschichte in Darmstadt im 19./20. Jahrhundert (bis nach 1933) bestehen weitere Seiten:    

bulletZur Geschichte der Israelitischen Religionsgemeinde in Darmstadt  
bulletZur Geschichte der Israelitischen Religionsgesellschaft in Darmstadt  
bulletDer jüdische Friedhof in Darmstadt  
bulletTextseite mit Berichten zur Geschichte der Rabbiner und Lehrer der Israelitischen Religionsgemeinde  
bulletTextseite mit Berichten zu Personen aus der Israelitischen Religionsgemeinde 
bulletTextseite mit Berichten zum jüdischen Gemeinde- und Vereinsleben (und anderes mehr) 
bulletTextseite mit Berichten zu jüdischen Dozenten an der Technischen Hochschule in Darmstadt    

     
 Übersicht über diese Seite:

bulletZur Geschichte der jüdischen Gemeinde nach 1945    
bulletZur Geschichte der Betsäle / Synagoge   
bulletDas Museum der jüdischen Gemeinde Darmstadt  
bulletFotos / Darstellungen  
bulletEinzelne Berichte, darunter Bericht zur Einweihung der neuen Synagoge 1988  
bulletLinks und Literatur   

  
  
Zur Geschichte der jüdischen Gemeinde nach 1945   

Darmstadt Aufbau 23081946.jpg (74997 Byte)1946 (links erste Namensliste von "Juden in Darmstadt und Umgebung" [ohne DPs] aus der Zeitschrift "Aufbau" vom 23. August 1946) wurde von etwa 200 jüdischen Personen (zumeist sogenannte Displaced Persons, Überlebende von Konzentrationslagern/Flüchtlinge aus Osteuropa) die "Jüdische Gemeinde Darmstadt" gegründet. Zum ersten Vorstand wurden Max Zwirn und Alexander Haas gewählt. Letzterer entstammte einer alten Darmstädter Familie, war ab 1943 im KZ Buchenwald und konnte erst im August 1945 nach Darmstadt zurückkehren. Die Gemeindemitglieder lebten nach 1945 zunächst in DP-Lagern in der Nähe Darmstadts. Die meisten von ihnen wanderten nach Gründung des Staates Israel 1948 dorthin aus; einige ließen sich in den USA nieder. So ging die Gemeindegliederzahl in den 1950er-Jahren auf etwa 70 Personen in Darmstadt zurück. Dazu kamen etwa 30 Personen, die in Orten der Umgebung von Darmstadt lebten.
 
Seit 1948 war 1. Vorsitzender der Gemeinde Max Wolf (aus Pfungstadt, vgl. Hinweis unten in der Literaturübersicht); unter seinem Vorsitz wurde das Haus Osannstraße 11 als jüdisches Gemeindehaus wieder aufgebaut. Weitere Gemeindevorsteher waren nach Max Wolf die Herren Hornung, dann Josef Fränkel (mit Frau Hanka). 2. Vorsteher und geschäftsführendes Vorstandsmitglied blieb über viele Jahre Alexander Haas. Die Gemeinde setzte sich zusammen aus einer größeren Zahl älterer Personen, einigen jüdischen Studierenden der Hochschulen (auch aus Israel), einigen Geschäftsleuten sowie (gastweise) jüdischen Soldaten der US-Army. Die Zahl der Kinder und Jugendlichen war bis Ende der 1980er-Jahre gering, kaum mehr als 10 bis 12 Kinder. 1968 war die Zahl auf 6 Kinder zurückgegangen, die damals jüdischen Religionsunterricht durch einen israelischen Studenten der Technischen Hochschule erhielten. 

In den 1960er-Jahren gehörten zur jüdischen Gemeinde in Darmstadt jeweils wenige jüdische Familien/Personen in Lampertheim, Bischofsheim, Groß-Gerau, Groß-Umstadt und Michelstadt. Die letzten Jahre seines Lebens verbrachte in Darmstadt der Maler, Graphiker und Dichter Ludwig Meidner (1884-1966, Informationen auf einer Seite des Deutschen Historischen Museums). Bis Ende der 1980er-Jahre blieb die Zahl der jüdischen Gemeindeglieder konstant gering. Bei der Einweihung der neuen Synagoge im November 1988 waren 130 Personen als Mitglieder der Gemeinde eingeschrieben.

Der Zuzug von jüdischen Emigranten aus den Ländern der ehemaligen Sowjetunion hat in den 1990er-Jahren auch in Darmstadt die Zahl der jüdischen Gemeindeglieder stark ansteigen lassen. 2006 gehören knapp 700 Personen zur jüdischen Gemeinde in Darmstadt. 

Vorstandsmitglied und ehrenamtlicher Geschäftsführer der Jüdischen Gemeinde Darmstadt ist seit 1980 Moritz Neumann. Er ist Mitglied im Magistrat der Stadt Darmstadt, Mitglied im Direktorium des Zentralrates der Juden in Deutschland, seit 1985 Vorsitzender des Landesverbands der Jüdischen Gemeinden in Hessen, Rundfunkrat beim Hessischen Rundfunk. 
     
     
   
  
Zur Geschichte der Betsäle / Synagogen       
    
Nach der Wiederbegründung der jüdischen Gemeinde 1946 wurde zunächst ein Betraum im Haus Wendelstadtstraße 5 (erster Stock eingerichtet). Dieses Haus gehörte bis zur NS-Zeit dem Arzt Dr. Stern.  
  
1949 wurde unter dem Gemeindevorsitzenden Max Wolf im Haus Osannstraße 11 ein jüdisches Gemeindehaus mit Betsaal eingerichtet. Dieses Haus war 1929 erbaut worden und gehörte bis zur NS-Zeit dem Rechtsanwalt Dr. Friedrich Mainzer. Das Gebäude war teilweise kriegszerstört worden. Dr. Mainzer, der in der NS-Zeit mit seiner Familie nach England hatte fliehen könnte, stellte nach 1945 das Gebäude der neu entstandenen Jüdischen Gemeinde zur Verfügung. Die Gottesdienste fanden zunächst noch wöchentlich statt. Für ein Zustandekommen des Minjan sorgten in der Regel auch jüdische Soldaten der US Army, die zu den Gottesdiensten kamen. Seit Ende der 1960er-Jahre konnte kein regelmäßiger Schabbatgottesdienst mehr gefeiert werden, sondern nur noch zu den hohen Feiertagen, zu Jahrzeiten u.ä.. Bis zum Herbst 1988 war in der Osannstraße das Zentrum der jüdischen Gemeinde in Darmstadt. Das Gebäude und das Grundstück kamen 1988 in das Eigentum der Stadt Darmstadt, die es an einen Immobilieninvestor verkaufte. Bis zur Gegenwart (zuletzt 2004) gab es mehrere Besitzerwechsel.  
Zur Erinnerung an diese erste Synagoge Darmstadts nach 1945 wurde am 19. Juni 2023 eine Gedenktafel durch Oberbürgermeister Jochen Partsch und Daniel Neumann (Vorsitzender der Jüdischen Gemeinde Darmstadt) angebracht. Die Tafel trägt die Inschrift: "Das Haus Osannstraße 11 diente der Jüdischen Gemeinde Darmstadt von 1949 bis 1988 als Gemeindehaus und als Betsaal. Es erfüllte eine wichtige Funktion als erster Anlaufpunkt und als neue Heimat für die Opfer der NS-Konzentrationslager und für in Darmstadt gestrandete Menschen jüdischen Glaubens. Das Haus war Ort des Gebets und der täglichen Begegnung, Ort des Vertrauens und der Bewältigung des schwierigen Alltags nach den grauenvollen Erlebnissen der NS-Zeit." 
      
Zum 50. Jahrestag des Novemberpogroms 1938 konnte am 9. November 1988 eine neue Synagoge unter großer Anteilnahme der Bevölkerung Darmstadts eingeweiht werden. Sie war durch den jüdischen Architekten Alfred Jacoby (Frankfurt) geplant worden. Die Glasfenster sind ein Werk des englischen Glaskünstlers Brian Clarke. In der Synagoge befinden sich im Erdgeschoss 110 Sitzplätze für Männer, auf der Empore 90 Sitzplätze für Frauen. Seit der Einweihung der Synagoge finden wieder regelmäßige Schabbatgottesdienste statt. Seitdem die Zahl der jüdischen Gemeindeglieder in den 1990er-Jahren stark zugenommen hat, ist auch der Minjan nicht mehr gefährdet.  Im Jahr 2008 konnte die jüdische Gemeinde das zwanzigjährige Bestehen der Synagoge feiern, in 2013 das 25-jährige Bestehen.
    
    
    
Das Museum der Jüdischen Gemeinde  Darmstadt           
    
In den Räumen des Gemeindezentrums befindet sich ein Museumsraum, in dem Ritualgegenstände für Gottesdienste, häusliche Feiern, Gebet und andere Anlässe gesammelt sind. Anhand großformatiger Fotos und zahlreicher Dokumente lässt sich die Geschichte der Juden in Darmstadt und Umgebung nachvollziehen. Führungen durch das Museum sowie Rundgänge auf den Spuren der jüdischen Geschichte in Darmstadt können über die Jüdische Gemeinde Darmstadt vereinbart werden. 
     
     
Adresse der Jüdischen Gemeinde / Standort der Synagoge und des Museums

bulletJüdische Gemeinde Darmstadt, Wilhelm-Glässing-Straße 26, 64283 Darmstadt, Telefon: 0-6151-28897  

   
  
Fotos    
(Historische Aufnahmen bei Arnsberg: Bilder - Dokumente s. Lit. S. 44; Pläne der Synagoge aus: Schwarz: Architektur s. Lit. S. 318-319; 
neue Fotos: Hahn, Aufnahmedatum 15.8.2006) 
Der Betsaal in der Ossannstraße 11 Darmstadt Betsaal 005.jpg (78791 Byte)  
  Der Betsaal Ossannstraße, vermutlich
 bei der Einweihung 
  
       
Plan des Architekten Alfred Jacoby
 für die neue Synagoge
Darmstadt Synagoge n102.jpg (79249 Byte)  
  Perspektivzeichnung von Helmut Jacoby  
       

Die neue Synagoge in Darmstadt
 im Sommer 2006

Darmstadt Synagoge 116.jpg (74214 Byte) Darmstadt Synagoge 100.jpg (94231 Byte)
   Außenansicht der Synagoge mit Eingangsbereich
   
Darmstadt Synagoge 108.jpg (81013 Byte) Darmstadt Synagoge 110.jpg (49005 Byte) Darmstadt Synagoge 109.jpg (52498 Byte)
Blick von der Empore auf 
Vorlesepult und Toraschrein
Die Kuppel 
über dem Betsaal
Blick zum Toraschrein 
  
     
Darmstadt Synagoge 111.jpg (63170 Byte) Darmstadt Synagoge 112.jpg (92640 Byte) Darmstadt Synagoge 113.jpg (65393 Byte)
Blick über die Empore 
(Frauenempore)
Blick über den Vorlesepult 
in den Betsaal 
Im Betsaal 
(Männerbereich)
     
Darmstadt Synagoge 107.jpg (71429 Byte) Darmstadt Synagoge 114.jpg (41253 Byte)   
Der Davidstern über dem
 Eingangsbereich (Foto von innen)
Gedenken an die Ermordeten 
der NS-Zeit
 
          
Jüdisches Museum    
Darmstadt Synagoge 104.jpg (63888 Byte) Darmstadt Synagoge 105.jpg (56733 Byte) Darmstadt Synagoge 102.jpg (58081 Byte)
Blick in den 
Museumsraum
Toraschrein aus einer privaten
 Synagoge in Darmstadt
Fotos der 1938 
zerstörten Synagogen
     
Darmstadt Synagoge 103.jpg (71815 Byte) Darmstadt Synagoge 101.jpg (67311 Byte) Darmstadt Synagoge 106.jpg (81746 Byte)
Reste der Ausgrabungen der 1938 zerstörten orthodoxen Synagoge In der Mitte der Vitrine Stück 
einer verkohlten Torarolle
  
       
Präsentation der 
Darmstädter Pessach Haggada  
(Fotos von 2013: 
Dorothee Lottmann-Kaeseler)  
Darmstadt Museum 14011.jpg (1315862 Byte) Darmstadt Museum 14010.jpg (251919 Byte)
  Vergrößerte Abbildungen zeigen die Schönheit der spätmittelalterlichen Haggada   

      
      
Einzelne Berichte
 

November 2008: Einweihung der neuen Synagoge 
Artikel von Judith Schön in der "Allgemeinen jüdischen Wochenzeitung" vom 4. November 1988 S. 11: "Zur Einweihung der neuen Synagoge in Darmstadt - Beispielhafte Bürgerinitiative. Die Hektik der letzten Vorbereitungen ist verständlicherweise groß, doch alle Beteiligten sind jetzt schon zuversichtlich: Am 9. November 1988, am 50. Jahrestag der Pogromnacht, in der in ganz Deutschland die Synagogen in Flammen aufgingen, wird in Darmstadt eine neue Synagoge eingeweiht und feierlich ihrer Bestimmung übergeben. Damit findet ein Projekt seinen krönenden Abschluss, das - wie nur wenige vergleichbare - über Jahre von einem ungeheuer starken Bürgerinteresse, von Sympathie gar, getragen wurde. Denn das Besondere an er Einweihung der Darmstädter Synagoge ist dies: Das Projekt ist ein Geschenk des Magistrats und der Stadtverordnetenversammlung der Stadt Darmstadt an die Jüdische Gemeinde Darmstadt und ihre rund 130 Mitglieder.
Natürlich es hat Fragen gegeben, Fragen, ob bei einer Mitgliederzahl von 130 ein Projekt wie dieses, dessen Kosten sich auf mehr als 10 Millionen Mark belaufen, gerechtfertigt seien. Es gab Fragen von jüdischer und von nichtjüdischer Seite. Anregungen von jüdischer Seite lauteten ziemlich unverbrämt, das Geld soll israelischen Zwecken zugeführt werden, denn jüdische Existenz in Deutschland sei sowieso ohne Chancen. Die Fragen von nichtjüdischer Seite waren weniger drastisch, doch auch nicht frei von Skepsis: Würde eine jüdische Gemeinde on der Größe der Darmstädter Gemeinde überhaupt in der Lage sein, eine Synagoge und ein Gemeindezentrum dieses Ausmaßes auf Dauer zu unterhalten. 
Magistrat und Stadtverordnetenversammlung der Stadt Darmstadt haben in diesem Zusammenhang eindeutige Positionen eingenommen, denn schon zu Baubeginn war allen Beteiligten klar, dass auch nach Fertigstellung des beachtlichen Projektes, das im lokalen "Darmstädter Echo" längst und wiederholt als "Schmuckstück" für die Stadt Darmstadt gelobt wurde, städtische Unterstützung zur Instandhaltung und zum Betrieb von Gemeindezentrum und Synagoge unabdingbar sein würde.
Allen Unkenrufen zum Trotz - und derer gab es in den zurückliegenden Jahren einige - hat allein die Tatsache des Baus von Synagoge und Gemeindezentrum sich auf die Jüdische Gemeinde Darmstadt in eindrucksvoller Weise ausgewirkt. Regelmäßige G'ttesdienste am Freitagabend wurden eingeführt, ein noch engerer Zusammenhalt der ohnehin als familiär bekannten Jüdischen Gemeinde Darmstadt war unübersehbar, und schließlich ging auch der Wunsch in Erfüllung, den im Zusammenhang mit dem Baubeginn einige große Utopisten geäußert hatten: Die Jüdische Gemeinde Darmstadt hat seit einigen Monaten ihren eigenen Gemeinderabbiner.
Das Projekt ist auch eine Herausforderung für die ganze Gemeinde und bringt ein hohes Maß an Verantwortung auch für den rührigen und überaus aktiven Gemeindevorstand.
Erstmals nach einer mehr als 40 Jahre dauernden Nachkriegsexistenz ist die Jüdische Gemeinde Darmstadt bereit und willens, nicht nur nach innen ihre Arbeit konzentriert weiterzuführen, sondern sich zu öffnen, Kontakt zu nichtjüdischen Gruppen, die sich in den zurückliegenden Monaten angebahnt hatten, weiterhin zu pflegen, um die neue Synagoge und das Gemeindezentrum zu einer Stätte der Begegnung zu machen, die das realisieren soll, was in Feiertagsreden so oft beschworen wird, nämlich die Hoffnung auf einer bessere Zukunft.
Dass diese Hoffnung gerade an dem Tag ihren Ausdruck findet, an dem der brennenden Synagogen und damit des Beginns der schlimmsten nationalsozialistischen Mordtaten gedacht wird, ist in der Tat symbolträchtig, und das Symbol wird getragen von der überwältigenden Mehrheit der Mitglieder der Jüdischen Gemeinde Darmstadt, die sich bewusst ist, dass es ein Leben in Deutschland als Juden nur geben kann, wenn die Synagoge im Mittelpunkt dieses Lebens steht. Ein Gemeindeglied hat dies bei einer Versammlung kürzlich so formuliert: "Wer gegen den Synagogenbau in Deutschland ist, der muss die Konsequenz ziehen und darf als Jude nicht in Deutschland leben."
Synagoge und Gemeindezentrum, in denen in den Tagen vor der feierlichen Einweihung in fieberhafter Eile letzte Vorbereitungen getroffen werden, sind ein Werk des jüdischen Architekten Alfred Jacoby aus Frankfurt, der als Sieger aus einem Wettbewerb der Stadt Darmstadt hervorgegangen war, zu dem die Stadt fünf jüdische Architekten eingeladen hatte. Das Bauwerk, das mittlerweile weithin Interesse im In- und Ausland gefunden hat, wird allseits als eine hervorragend gelungene Kombination aus Tradition und Moderne gelobt, und nicht zuletzt die künstlerisch gestalteten Bleiglasfenster der Synagoge sind es, die die Aufmerksamkeit der internationalen Kunstwelt auf Darmstadt lenken.
Die zwölf über sechs Meter hohen Buntglasfenster nämlich stammen aus dem Atelier des englischen Glaskünstlers Brian Clarke, der als einer der bedeutendsten Künstler auf seinem Gebiet gilt. In einem in der Londoner "Times" dieser Tage erschienenen Beitrag wird die Arbeit Brian Clarkes als sein bislang bestes Werk gewürdigt, dessen Symbolik auf der einen Seite Schmerz und brennende Synagogen, auf der anderen Seite Hoffnung, Licht und Zukunft spiegelt.
Das Besondere an der Entscheidung, Brian Clarkes Glasfenster in die Synagoge einzubauen, ist sicher auch der Umstand, dass diese Glasfenster von einer Bürgerinitiative finanziert wurden, die sich einzig zu dem Zweck gegründet hatte, für die künstlerische Ausstattung der Synagoge in Darmstadt Geld zu sammeln. Durch eine Vielzahl von Veranstaltungen - auch ein Benefiz-Konzert von Yehudi Menuhin zugunsten der Synagoge zählte dazu - sind rund dreihunderttausend Mark zusammengekommen, mit denen die Fenster finanziert werden konnten. Rüdiger Breuer, der Sprecher der Initiative "Synagoge '88", begründete das starke Engagement der Bürgergruppe so: "Da es in die Nacht des 9. auf den 10. November als erstes die Fenster der Synagogen waren, die zu Bruch gingen, wollten wir, die nichtjüdischen Darmstädter Bürger, ganz gezielt und ganz bewusst Fenster zum Geschenk machen, von denen wir hoffen, dass die die nächsten Jahrhunderte unbeschadet überstehen".
  
November 2008: Gedenken zum 70. Jahrestag des Novemberpogroms 1938:    
Darmstadt PA 09112008a.jpg (286311 Byte)Artikel im "Darmstädter Echo" vom 10. November 2008: "Wer ein Haus baut, der will bleiben. 
Reichspogromnacht - Feier- und Gedenkstunde in der Neuen Synagoge - Stolz, Freude und Schmerz - Gäste aus aller Welt".   
Zum Lesen des Berichtes (in zwei Teilen) bitte Textabbildungen anklicken.  
Darmstadt PA 09112008b.jpg (334910 Byte)   
   
Dezember 2011: Chanukka-Fest in der jüdischen Gemeinde  
Artikel von Christian Chur in Echo online.de vom 24. Dezember 2011: "Jeden Tag eine Kerze mehr. Lichterfest - Parallel zum christlichen Weihnachtsgeschehen feiert zurzeit die jüdische Gemeinde das Chanukka-Fest..."  
Link zum Artikel     
 
2013: Das Museum wird in neuer Gestaltung wieder geöffnet    
Aus der Seite der Alexander-Haas-Bibliothek": "Museum der Jüdischen Gemeinde Darmstadt
Das Museum der Jüdischen Gemeinde wurde 2013 in neuer Gestaltung wieder geöffnet. Es gibt auf knappstem Raum einen Überblick über fast 600 Jahre jüdischer Geschichte in Darmstadt. Beginnend mit vergrößerten Abbildungen aus der spätmittelalterlichen Darmstädter Pessah Haggadah von 1430, liegt der Schwerpunkt auf dem jüdischen Leben im 19. und 20. Jahrhundert. Viele Exponate stammen von Bürgern, die rechtzeitig aus Darmstadt fliehen konnten und diese Erinnerungsstücke später der Gemeinde schenkten. Digitale Fotoprojektionen zeigen Integration und Ausgrenzung in der Vorgeschichte des Holocaust. Ritualgegenstände für Gottesdienste, häusliche Feiern, Gebete und andere Anlässe führen mit ihren Erläuterungen in die jüdische Religion ein.
Führungen durch das Museum – auch für Schülergruppen - sowie über den jüdischen Friedhof können über die Jüdische Gemeinde Darmstadt ebenso vereinbart werden wie Rundgänge zu Spuren jüdischer Geschichte in Darmstadt." 
 
November 2018: Feier zum 30-jährigen Bestehen der Synagoge 
Artikel von Eugen El in der "Jüdischen Allgemeinen" vom 12. November 2018: "Darmstadt. 80 Jahre später
Die Gemeinde feiert 30. Jubiläum der Synagoge – und gedenkt des 9. November

Das Wochenende stand in Darmstadt im Zeichen des Gedenkens an das Novemberpogrom 1938. Vor 80 Jahren wurden auch in der südhessischen Stadt die jüdischen Gotteshäuser angezündet und zerstört. Zugleich feierte die Darmstädter Gemeinde das 30. Jubiläum der Neuen Synagoge, die symbolträchtig am 9. November 1988 eingeweiht wurde. Der Gedenktag zum Novemberpogrom begann mit Zeitzeugengesprächen. Jüdische ehemalige Darmstädter aus Israel und den USA sprachen vor Schülern. Die anschließende Gedenkfeier wurde von der Cellistin Susan Salm und der Pianistin Lynn Stodola musikalisch begleitet. Am Sonntag besuchten nach Angaben der Gemeinde etwa 300 Menschen den Festakt zum 30. Jahrestag der Neuen Synagoge. Unter den Gästen waren Mark Dainow, Vizepräsident des Zentralrats der Juden in Deutschland, Alfred Jacoby, Vorsitzender der Jüdischen Gemeinde Offenbach und Architekt der Darmstädter Synagoge, sowie Lucia Puttrich, Hessische Ministerin für Bundes- und Europaangelegenheiten. Untermalt wurde der Festakt von der israelischen Klarinettistin Dana Barak und dem Gitarristen Flavio Virzi: Das Duo Barazik spielte spirituelle Niggunim und jiddische Melodien. Kantor Benjamin Maroko und Gemeinderabbiner Jehoschua Ahrens absolvierten den liturgischen Teil der Feier.
Skepsis Von 'der wohl schönsten Synagoge Deutschlands' sprach Daniel Neumann, Vorsitzender der Jüdischen Gemeinde Darmstadt, zur Begrüßung. Er erinnerte an die Skepsis, die in den 80er-Jahren unter Darmstädter Juden herrschte. Niemand habe damit gerechnet, dass die Gemeinde jemals in ein solches Haus würde einziehen dürfen. Neumann würdigte das Engagement des damaligen SPD-Stadtverordneten Rüdiger Breuer, von dem die Idee zur Errichtung einer neuen Synagoge stammte. Er stellte zudem das Engagement der Darmstädter Bürgerschaft heraus, das die markanten Synagogenfenster des Künstlers Brian Clarke ermöglichte. 'Die Synagoge war für uns ein wunderbares Geschenk', erinnert sich Neumann. Er ging auf die Hoffnungen ein, die mit der Einweihung der Neuen Synagoge verbunden waren. Es sollte ein offenes, stets zugängliches Haus werden. Dieser Aspekt konnte, weiß Neumann, nicht verwirklicht werden: 'Die Realität und die Gefährdungslage machen uns einen Strich durch die Rechnung.' Zur Begründung sagte er: 'Jüdisches Leben ist in Deutschland nämlich nicht normal.' Das sei es nie gewesen. 'Und ich fürchte auch, dass es das nie sein wird', so Neumanns Prognose. In seinem Grußwort rief Darmstadts Oberbürgermeister Jochen Partsch eine unangenehme Tatsache in Erinnerung. In den 30er-Jahren sei Darmstadt eine Hochburg der Nazis gewesen. 50 Prozent der Darmstädter hätten im März 1933 die NSDAP gewählt. Partsch betonte: 'Mit den brennenden Synagogen gingen alle in diesem Land über Jahrhunderte erworbenen Werte in Flammen auf.' Er sprach anschließend über Bedrohungen, denen die Demokratie gegenwärtig ausgesetzt ist: Fremdenhass, Rassismus und Antisemitismus. Demokratisch und selbstbewusst Widerstand zu leisten, sei erste Bürgerpflicht, sagte der Grünen-Politiker. Er würdigte Darmstadts 'wachsame und entschlossene Zivilgesellschaft'.
FACEBOOK Eine ausgesprochen ernste und kämpferische Festrede hielt der Frankfurter Publizist Michel Friedman. Eine Videoaufnahme seiner Ansprache fand große Verbreitung auf Facebook. Ausführlich ging Friedman auf die heutige politische Situation ein. Von 'Wehret den Anfängen' zu sprechen, sei problematisch, denn: 'Wir sind mittendrin.' Er machte darauf aufmerksam, dass die AfD mittlerweile nicht nur im Bundestag, sondern auch in allen Landtagen vertreten ist. Sie sei keine demokratische Partei, betonte Friedman. Die AfD habe keine Kompetenzen in den relevanten Politikfeldern, sondern nur in 'Hass, Gewalt und Ausgrenzung'. Eine Ursache für die Krise der Demokratie vermutet Michel Friedman im fehlenden Gespür für ihre Fundamente. Er beklagte, dass kaum jemand für Freiheit, Gleichheit, Demokratie auf die Straße gehe. Friedman beobachtet ein duckmäuserisches Verhalten: 'Was bedeutet Freiheit, wenn, obwohl man frei ist, der Opportunismus größer ist als die Sehnsucht nach Freiheit?' Auch über seine Familiengeschichte sprach Michel Friedman, über seine Eltern, die die Schoa überlebten und als Flüchtlinge weder in Paris noch in Deutschland erwünscht waren. Er habe sich seinerzeit bewusst für die deutsche Staatsbürgerschaft entschieden, erinnerte sich Friedman. Er betonte: 'Es ist meine Gesellschaft, über die ich hier spreche.' Die Festrede schloss Friedman mit einem Zukunftsausblick hinsichtlich der Europawahl 2019. Seine Sorge um die europäische Demokratie und Rechtsstaatlichkeit wurde dabei deutlich."
Link zum Artikel 
Vgl. Artikel von Joachim Nieswandt in echo-online.de vom 12. November 2018: "30 Jahre Neue Synagoge in Darmstadt. Erinnern zwischen Hoffen und Bangen: Michel Friedman spricht von 'Judenhass' in Deutschland und ruft beim Festakt zum 30. Jahrestag der Neuen Synagoge zum Kampf gegen Antisemitismus auf..."
Link zum Artikel    

   
    


Links und Literatur  

Links: 

bulletWebsite der Stadt Darmstadt 
bulletWebsite der Jüdischen Gemeinde Darmstadt (noch nicht vorhanden) 
bulletSeite des Landesverbandes der jüdischen Gemeinden in Hessen zur Jüdischen Gemeinde Darmstadt  
bulletWebsite der Gesellschaft für christlich-jüdische Zusammenarbeit in Darmstadt (Alexander-Haas-Bibliothek)  
bulletWebsite der Darmstädter Geschichtswerkstatt e.V. (dort ein Schwerpunkt: jüdische Spuren)  
bulletOnline-Ausstellung: Neubeginn jüdischen Lebens in Darmstadt nach 1945 (Online Ausstellung des Hessischen Staatsarchivs Darmstadt)            
bulletInformationsseite der Hessischen Landeszentrale für politische Bildung zum Museum  
bullet Portrait des derzeitigen Vorsitzenden der jüdischen Gemeinde Moritz Neumann  (als Rundfunkrat des Hessischen Rundfunks)  
bulletZur Seite über den jüdischen Friedhof in Darmstadt (interner Link) 
bulletWebportal HS 010.jpg (66495 Byte)Webportal "Vor dem Holocaust" - Fotos zum jüdischen Alltagsleben in Hessen mit Fotos zur jüdischen Geschichte in Darmstadt 

Literatur:  

bulletPaul Arnsberg: Die jüdischen Gemeinden in Hessen. Anfang - Untergang - Neubeginn. 1971. Bd. I S. 129-132. 
bulletders.: Die jüdischen Gemeinden in Hessen. Bilder - Dokumente. S. 44. 
bulletHans-Peter Schwarz (Hrsg.): Die Architektur der Synagoge. 1988 S. 318-319. 
bulletMoritz Neumann / Eva Reinhold-Postina: Das Darmstädter Synagogenbuch. Eine Dokumentation zur Synagogeneinweihung am 9. November 1988. Im Auftrag des Magistrats der Stadt Darmstadt und der Jüdischen Gemeinde Darmstadt. Darmstadt 1988.  
bulletThomas Lange / Moritz Neumann: Jüdisches Leben in Geschichte, Glaube, Brauch. Das Buch zum Museum der Jüdischen Gemeinde Darmstadt. Darmstadt 1999. 
bulletThomas Lange u.a.: 'L'chajim'. Die Geschichte der Juden im Landkreis Darmstadt-Dieburg. Hrsg. vom Landkreis Darmstadt-Dieburg. Reinheim 1997.
bulletDarmstadt Buch 01.jpg (42947 Byte)Moritz Neumann: Im Zweifel nach Deutschland. Geschichte einer Flucht und Rückkehr. Als Buch und als CD (5 Audio-CDs, HR audio) 2005 erschienen. 
bulletStephanie Goethals: "...ich habe alles getan, was mich retten konnte...". In: Abschied ohne Wiederkehr. Jüdisches Leben in Pfungstadt 1933-1945. Pfungstadt 2007. S. 222-232. Es handelt sich um einen Beitrag über Max Wolf aus Pfungstadt, 1948 bis 1949 1. Vorsitzender der jüdischen Gemeinde Darmstadt. 
Vgl. den Artikel von Silke Rummel in der "Frankfurter Rundschau" vom 4. November 2008: "Ein Jude in der Wehrmacht.."  

  
   

                   
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Stand: 30. Juni 2020