Baisingen Friedhof 154.jpg (62551 Byte)  Segnende Hände der Kohanim auf einem Grabstein in Baisingen


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links: mit hebräischen Buchstaben geschrieben: "Gerolzhofen
auf dem Grabstein des Rabbiners Joseph Arjeh (Löb) Kellermann (1832-1883),   
der als Lehrer in Gerolzhofen von 1865 bis 1883 tätig war. 
Zwischen "Gerolz" (rechts) und "hofen" (links) eine "Levitenkanne", 
darunter die Abkürzung hebräische P"T für "Hier ist begraben"  
 
   
   

Gerolzhofen (Landkreis Schweinfurt) 
Jüdische Geschichte / Synagoge 
  (Seite wurde erstellt unter Mitarbeit von Evamaria Bräuer) 

Übersicht:

bulletZur Geschichte der jüdischen Gemeinde  
bulletBerichte aus der Geschichte der jüdischen Gemeinde   
Aus der Geschichte der jüdischen Lehrer   
Berichte zu einzelnen Personen aus der Gemeinde   
Anzeigen jüdischer Gewerbebetriebe und Privatpersonen   
Sonstige Dokumente     
bulletZur Geschichte der Synagoge    
bulletErinnerungsarbeit vor Ort - einzelne Berichte  
bulletFotos / Darstellungen  
bulletLinks und Literatur  

    

Zur Geschichte der jüdischen Gemeinde (english version)   
  
In dem bis Anfang des 19. Jahrhunderts zum Hochstift Würzburg gehörenden Gerolzhofen lebten Juden bereits im Mittelalter. Bei der Judenverfolgung durch die Banden des Ritters Rindfleisch (bzw. Rintfleisch) 1298 wurden auch hier Juden ermordet. Im 15. Jahrhundert waren offensichtlich wieder einige Juden in der Stadt, die offenbar mehrfach gefangen gesetzt wurden. Um 1409 wird erstmals von einer Gefangensetzung der Juden berichtet:  

Gochsheim Urk 01.jpg (81107 Byte)Links: Schreiben aus der Zeit um 1409, in dem Erkinger von Seinsheim erklärt, dass er keinerlei Ansprüche auf das Eigentum der Juden erhebt, die vom Fürstbischof zu Gerolzhofen, Dettelbach (?) und Gochsheim gefangen genommen werden. Der Ortsname "Gerolzhofen" in der vierten Zeile von unten. 

Einige Jahre später wurden unter Bischof Johann II. von Brunn (1412-1440) - wahrscheinlich im Jahr 1422 - die Juden wiederum gefangen gesetzt. Bischof Gottfried von Limpurg (1443-1455) gewährte 1448 fünf in Gerolzhofen wohnhaften Juden die gleichen Freiheiten wie seinen Juden in Würzburg. 1453 war Gerolzhofen eine der sieben hochstiftischen Landstädte, die zur Mitwirkung an der durch Bischof Gottfried verfügten Annullierung der Judenschulden namentlich aufgefordert wurden. Auch im 16. Jahrhundert werden Juden in der Stadt genannt: 1560 wandte sich der Jude Abraham aus Gerolzhofen mit der Bitte an Melchior, Herzog von Würzburg, Rechte zu erhalten, die die Juden anderswo auch erhielten. 1583 werden Issac Judt und Jobst Judt als Hausbesitzer in Gerolzhofen genannt.

Im 17. Jahrhundert entstand wiederum eine jüdische Gemeinde. In der Zeit des Dreißigjährigen Krieges konnten ein Betsaal, ein Friedhof und eine Mikwe eingerichtet werden. Die Zahl der jüdischen Einwohner blieb jedoch bis zum 19. Jahrhundert relativ klein. 
  
Bei der Erstellung der Matrikellisten 1817 werden auf den insgesamt sieben Matrikelstellen in Gerolzhofen die folgenden Familienvorsteher genannt (mit bereits neuem Familiennamen und Erwerbszweig): Hirsch Hirschberger (Schnitt- und Weinhandel), Jacob Hitzinger (Handel mit alten Kleidern), Joel Uhlfelder (Schnitthandel), Lazarus Hirschberger (Tuch- und Spezereihandel), Raphael Bamberger (Handel mit kleinen Ellenwaren), Raphael Jacobi (Schmusen), Witwe Rifka Schloß (lebt von Kapitalien und etwas Wein- und Schnitthandel).   
  
Im Laufe des 19. Jahrhunderts entwickelte sich die Zahl der jüdischen Einwohner wie folgt: 1816 39 jüdische Einwohner (2,0 % von insgesamt 1.947), 1821 27, 1837 44 (2,0 % von insgesamt 1837), 1867 58 (2,9 % von 2.033), 1880 144 (5,1 % von 2.225), 1887 114 (in 29 Familien), 1897 128 (in 29 Haushaltungen), 1900 148 (6,8 % von 2.163), 1901 138 (in 28 Haushaltungen, von insgesamt 2163 Einwohnern). 

An Einrichtungen hatte die jüdische Gemeinde eine Synagoge (s.u.), eine Konfessions-/Religionsschule, ein rituelles Bad und einen Friedhof. Zur Besorgung religiöser Aufgaben der Gemeinde war ein Lehrer angestellt, der zugleich als Vorbeter und Schächter tätig war. Zunächst war ein Religionslehrer angestellt, seit dem Zeitpunkt der Umwandlung der Religionsschule in eine Israelitische Konfessionsschule 1907 wurde ein Volksschullehrer eingestellt. Als Lehrer (Vorbeter und Schächter) waren tätig: vor 1865 Israel Michael Schüler, 1865 bis 1883 Joseph Arjeh (Löb) Kellermann; 1884 bis 1898 Moses Godlewsky (hatte 1892 40 Kinder an der Religionsschule zu unterrichten, 1893 38, 1896 36, 1897 35, 1899 36 Kinder), 1898 bis 1908 sein Sohn Leopold Godlewsky, seit 1908 bis 1938 Heinrich Reiter. Über die Entstehung der Israelitischen Konfessionsschule wurde im März 1907 in der jüdischen Presse berichtet:  

Gerolzhofen Israelit 14031907.jpg (49544 Byte)Artikel aus der Zeitschrift "Der Israelit" vom 14. März 1907: "Aus Unterfranken. Es sei freudigst konstatiert, dass die Kultusgemeinde Gerolzhofen ihre bisherige Religionsschule in eine öffentliche jüdische Volksschule umwandeln will. Die Königliche Regierung dürfte dem Vorhaben sehr wohlwollend gegenüberstehen und gewiss keine Hindernisse bereiten, da man im bayerischen Ministerium und Landtage die Erhaltung der konfessionellen Schulen wünscht und es gerne sieht, wenn solche ins Dasein gerufen werden. Möchten andere jüdische Gemeinden, insbesondere in den Städten, dem schönen Beispiele folgen. Es ist geradezu eine Pflicht der maßgebenden Kreise, mit aller Energie dafür einzutreten."  

Von den Gemeindevorstehern werden genannt. Um 1879 J. Hirschberger, um 1881 Emanuel Lewisohn, um 1887 Leopold May, um 1897 Leopold May zusammen mit M. Eichenbronner, um 1899/1901 A. Selig zusammen mit H. Hirsch. 
 
Von den jüdischen Vereinen werden genannt: die Chewra Kadischa (auch "Israelitischer Begräbnisverein" genannt, 1893 unter Leitung von Leopold May, 1896 unter Leitung von R. Lichtenauer, 1901 L. Lichtenauer). der Israelitische Frauenverein (1896 unter Leitung von Frau Lewisohn, 1897 unter gemeinsamer Leitung der Frau von Leopold May und Frau Lewisohn, um 1899/1901 unter gemeinsamer Leitung von Frau Lewisohn und der Frau von J. Selig) und der Israelitische Wohltätigkeitsverein (1896 unter Leitung von Leopold May), ein Verein zur Unterstützung durchziehender Reisender (um 1899/1901 unter Leitung von Lehrer Moses Godlewsky). Ab 1901 wird ein "Gemeinsamer Friedhofs- und Begräbnisverein für Gerolzhofen, Frankenwinheim, Zeilitzheim, Altenschönbach, Prichsenstadt u.a." genannt (um 1901/1903 unter Leitung von R. Lichtenauer in Gerolzhofen).  
  
1900
gehörten 148 Personen zur jüdischen Gemeinde (6,8 Prozent der Gesamtbevölkerung). Anfang des 20. Jahrhunderts gehörte die Gemeinde zum Rabbinatsbezirk Schweinfurt. Jüdischen Familien gehörten zahlreiche Handels- und Gewerbebetriebe in der Stadt.  
   
Im Ersten Weltkrieg fielen aus der jüdischen Gemeinde Unteroffizier Siegmund Hahn (geb. 9.3.1892 in Kirchschönbach, gef. 27.11.1915) und Abraham Marx (geb. 10.8.1884 in Gerolzhofen, vor 1914 in Traustadt wohnhaft, gef. 29.4.1917). Der Name von Siegmund Hahn steht in der Gedenkstätte für die Gefallenen beider Weltkriege in der Krypta der "Johanniskapelle" (Name auf der linken der drei an der Wand angebrachten Gedenktafeln).         
    
1932/33 gehörten zur jüdischen Gemeinde noch 115 Personen. Den Gemeindevorstand bildete Willy Brodmann (gest. 1942 und noch auf dem jüdischen Friedhof beigesetzt), Josef Lichtenauer und Hermann Kohn. Vorsitzender der 18 Mitglieder umfassenden Chewra Kaddischa war Oskar Hahn; Vorsitzende des 38 Mitglieder umfassenden Israelitischen Frauenvereines (Chewra Anoschim) war Selma Brodmann. Im Schuljahr 1932/33 erteilte Heinrich Reiter noch 14 Kindern Religionsunterricht. 
  
Nach 1933
wurde der geforderte wirtschaftliche Boykott der Juden in Gerolzhofen zunächst nicht konsequent durchgeführt. Noch im Juli 1936 kaufte sogar der Bürgermeister in einem jüdischen Geschäft ein. Mit dem von SA- und SS-Leuten durchgeführten Novemberpogrom 1938 änderte sich schlagartig die Situation der noch etwa 70 jüdischen Bewohner. Jüdische Wohnungen wurden durchsucht, Möbel und Einrichtungsgegenstände auf die Straße geworfen. Mehrere jüdische Einwohner wurden misshandelt. Ein Teil von ihnen konnte danach noch auswandern oder von Gerolzhofen in andere Orte verziehen. Im April und September 1942 wurden die letzten 25 jüdischen Einwohner deportiert, 19 von ihnen in das Vernichtungslager Izbica, die anderen in das Ghetto Theresienstadt. 
   
Von den in Gerolzhofen geborenen und/oder längere Zeit am Ort wohnhaften jüdischen Personen sind in der NS-Zeit umgekommen (Angaben nach den Listen von Yad Vashem, Jerusalem und den Angaben des "Gedenkbuches - Opfer der Verfolgung der Juden unter der nationalsozialistischen Gewaltherrschaft in Deutschland 1933-1945"): Henny (Margarete) Braunold geb. Kissinger (1887), Hedwig Brückheimer (1896), Hilde Brückheimer (1894), Emma Dreifuß geb. Sündermann (1880), Regina Fisch geb. Maier (1872), Oskar Hahn (1864), Sara Hahn geb. Kuhn (1870), Max Henle (1882), Meta Henle geb. Lichtenauer (1883), Paul Henle (1925), Anna Jacob geb. Lewisohn (1882), Karoline Kaufmann geb. Rosenstein (1861), Meta Kaufmann (1894), Robert Kaufmann (1893), Babette Klein geb. Schlachter (1872), Louis Klein (1880), Amalie Kohn geb. Schwab (1873), Hermann Kohn (1871), Helene Krämer geb. Reinach (1901), Samuel Krämer (1887), Siegfried Krämer (1883), Ludwig Künstler (1891, vgl. Informationen auf der Seite zu Brünnau), Mina Künstler geb. Rindsberg (1898), Kathi Langstädter geb. Lichtenauer (1884), Albert Lichtenauer (1925), Jenny Lichtenauer geb. Berliner (1893), Raphael Lichtenauer (1878), Stephan Löbhardt (1897), Jakob Marx (1886), Adolf May (1880), Hermann May (1889), Sigmund May (1886), Nanni May (1877), Rosa Moddel geb. Godlewsky (1881), Samuel Reinhardt (1861), Lina Rheinfelder (1891), Rosa Rheinfelder geb. Freudenthal (1904), Siegbert Rheinfelder (1928), Werner Rheinfelder (1930), Klara Samuel geb. Löwisohn (1876), Fanny Weil geb. Krämer (1879), Ernestine Wormser geb. Hirsch (1850).
  
Am 1. Dezember 2014 wurden in Gerolzhofen die ersten drei "Stolpersteine" verlegt zur Erinnerung an Meta Henle-Lichtenauer, Max Henle und Paul Henle (Verlegungsort: Marktstraße 7).    
     
     
Nach 1945: Emigrantentreffen in New York (1949)        

Anzeige in der Zeitschrift "Aufbau" vom 22. April 1949: "Bad Kissingen - Brückenau - Hammelburg - Gerolzhofen. 
Samstag, den 30. April ab 7.30 Uhr abends. Treffen in 
Begelo's Café-Restaurant  
3801 Broadway (158 St.), l Treppe. Tel.: WA 8-9654".    

    
    
    
Berichte aus dem Leben der jüdischen Gemeinde 
   

Aus der Geschichte der jüdischen Lehrer    
In Gerolzhofen besteht eine Vorbereitungsschule für die Lehrer- und Rabbinerausbildung (1859)  
Anmerkung: es handelt sich in dem nachfolgenden Artikel vor allem um die von Lehrer Nathan Freund in Rimpar betriebene kleine Schule. Der Berichterstatter in der liberal geprägten "Allgemeinen Zeitung des Judentums" äußert sich sehr kritisch über diese orthodoxe Kleinschule (unterer Abschnitt "Institut der Finsternis). Gerolzhofen ist in diesem Zusammenhang wohl deswegen genannt, weil hier in dieser Zeit der orthodoxe Toragelehrte Rabbi Israel Michael Schüler (gest. 1882 in Frankfurt am Main) wirkte. Über ihn und seine Wirkungszeit in Gerolzhofen wird im Nachruf zu seinem Tod auf der Seite zu Autenhausen berichtet (siehe dort).   

Artikel in der "Allgemeinen Zeitung des Judentums" vom 1. August 1859: "Teils reicht die Würzburger Jeschibo nicht mehr aus, teils kann man doch nicht alles und jedes dort so passend unterbringen; man hat deshalb in Höchberg, Gerolzhofen, Rimpar und vielen andern Orten Schulen nach dem Muster der alten Chedorim gegründet und als Zweck sich die Aufgabe gestellt, die Zöglinge ihrem Berufe als Rabbiner und Lehrer zuzuführen, wie dies in einem Rundschreiben dargelegt wird. Da aber nur solche Eltern ihre Kinder dieser Musterschule anvertrauen, deren Vermögensverhältnisse nicht gestattet, anderweitig für dieselben zu sorgen, so brauchte man vor allem Geld. Neue Rundschreiben wurden erlassen und unter dem verführerischen Namen 'Fürs Toralernen' aller Orten freiwillige Gaben gesammelt. Reichlich flossen und fließen die Gaben von allen Seiten und die Leute machen brillante Geschäfte. Sie klopfen nirgends vergebens an. Alt wie Neu öffnet ihnen willig den Säckel und so mancher glaubt Wunder was zu tun, wenn er Leute dafür honoriert, das zu tun, was er nicht mehr für zeitgemäß hält, aber nur für sich. Was soll aber daraus werden Schon jetzt macht sich ein sehr bedeutender Lehrermangel fühlbar. Der Seminarbesuch ist für Israeliten nicht mehr notwendig und denjenigen, die es ja noch besuchen wollen - im Würzburger Seminar sind gegenwärtig vier jüdische Zöglinge - erschweren die sogenannten Schwarzen ihre Lage nach Kräften, und wer nicht Alles aus eigenen Mitteln bestreiten kann, kann sich dort nicht mehr halten. Wie leicht aber die Befähigungsnote als Rabbiner und Lehrer erlangt wird, davon könnten wir so manches hübsche Beispiel erzählen, wollen aber nur erwähnen, dass Rabbiner Bamberger die Hauptperson bei der Prüfungskommission bildet. Bedenkt man nun, dass die Vorsteher dieser  Pflanzstätten jüdischer Lehrer und Rabbiner auch des geringsten weltlichen Wissens bar, kaum der Mehrzahl nach im Stande sind, Deutsch zu schreiben und jedenfalls nicht korrekt, so können auch nur geistig verkümmerte Subjekte aus dieser Schule hervorgehen. Freue dich aber dann, bayerisches Judentum, wenn erst deine geistlichen Angelegenheiten und die Erziehung deiner Jugend in solche Hände übergegangen. Traurig ist die Zukunft, der wir auf solche Weise entgegengehen, und es tut wahrhaftig Not, diesen Leuten entgegenzuarbeiten. Niemand unterschätze die Gefahr, die unsern heiligsten Interessen droht. Soll jedoch etwas geschehen, so muss dies rasch geschehen, ehe es zu spät ist. Darum kann es nicht laut genug gesagt werden: Ihr Freunde des Judentums, scharet Euch zusammen, entziehet Eure Spenden diesen Spekulanten auf Eure Gutmütigkeit, wendet sie solchen jungen Leuten zu, denen es jetzt doppelt schwer wird, sich für ihren Beruf gehörig vorzubilden. Doppelt wünschenswert erscheint es aber unter den gegebenen Verhältnissen, dass man, sobald die Zeitumstände sich wieder freundlicher gestalten, Hand an die Gründung eines jüdischen Schullehrer-Seminars für Süddeutschland lege. Wohl lässt sich nicht leugnen, dass für das Studium des Religiösen mehr geschehen muss, als in der letzten Zeit geschehen ist; aber ein Extrem ist so verwerflich als das andere, und sehr treffen lehren unsere Weisen: 'ohne Tora gibt es kein profanes Wissen' und 'ohne profanes Wissen gibt es kein (Wissen um die) Tora'.   
Erfreulich ist es, zu sehen, wie neben diesen Instituten der Finsternis auch recht gute Elementarschulen, und so sich seminaristisch gebildete Lehrer befinden. Außerdem sind zwei in höchster Blüte stehende Handelsinstitute fast nebeneinander, in Marktbreit und Segnitz, von denen jedes 70-80 Schüler, worunter viele christliche zählt. Bisher wurde in diesen Instituten, vielleicht aus letzterem Grunde, der israelitische Religionsunterricht etwas stiefmütterlich behandelt, doch ist in Segnitz letzter Zeit ein Vorstandswechsel eingetreten, und wird jetzt jedenfalls dort das religiöse Element die gehörige Würdigung finden, ohne dass deshalb weltliches Wissen vernachlässigt wird, und so soll es sein. Um den Bericht nicht allzu sehr auszudehnen, will ich Spezielles aus einzelnen Gemeinden für nächstens sparen und nur bemerken, dass auch in Unterfranken Herr Rabbiner Lebrecht für die Bibelanstalt tätig ist. Derselbe ist unermüdlich für alles wahrhaft Gute und lässt sich durch keine Hindernisse, von welcher Seite sie auch kommen mögen, in seinem anerkennenswerten Eifer beirren".            

  
Über Rabbiner/Lehrer Joseph Arjeh (Löb) Kellermann (1832-1883) und seinen Sohn Rabbiner Dr. Benzion Kellermann (1869-1923)   
(Informationen und Foto des Grabsteines erhalten von Uri Kellermann, Nof-Ayalon, Israel

Gerolzhofen GSt RKellermann 010.jpg (118301 Byte)Links: Grabstein für Joseph Arjeh (Löb) Kellermann (1832-1883) im jüdischen Friedhof Gerolzhofen.  
Der hoch geschätzte Lehrer und Rabbiner der jüdischen Gemeinde Gerolzhofen ist am 2. März 1832 in Fuchsstadt als Sohn von Michael Kellermann und der Bella geb. Kohn geboren. Er war von 1865 bis 1883 in Gerolzhofen tätig. Er heiratete Ella Schüler, die Tochter seines Vorgängers im Amt des Lehrers und Vorbeters in Gerolzhofen, Israel Michael Schüler. Die beiden hatten fünf Kinder. Nach dem Tod Ellas im Jahr 1873 heiratete Joseph Kellermann deren jüngere Schwester Blümchen, mit der er weitere fünf Kinder hatte. Joseph Kellermann starb am 2. Tag des Laubhüttenfestes (Sukkot), am 17. Oktober 1883 in Gerolzhofen.    
     
Gerolzhofen Lit 120.jpg (53796 Byte)Hinweis auf den Sohn von Lehrer Kellermann: 
Rabbiner Dr. Benzion Kellermann (geb. 11. Dezember 1869 in Gerolzhofen, gest. 22. Juni 1923 in Berlin): besuchte bis zum 13. Lebensjahr die Volksschule in Gerolzhofen, danach vier Jahre die Präparandenschule in Höchberg, zwei Jahre die Israelitische Lehrerbildungsanstalt in Würzburg (Examen 1888). Erste Lehrerstellen verband er mit weiteren Studien an den Universitäten Marburg und Gießen (Promotion 1896) und in Berlin, wo er 1902/03 das Rabbinerexamen an der "Hochschule für die Wissenschaft des Judentums" ablegte. Seit 1898/1901 Rabbiner und Religionslehrer in Konitz (Chojnice), Westpreußen. 1901 bis 1913/14 leitete er die IV. Religionsschule der Jüdischen Gemeinde in Berlin, zeitgleich Lehrer an der Knabenmittelschule. 1917 bis 1923 liberaler Rabbiner in Berlin. Die philosophischen Hauptwerke Kellermanns waren: Der wissenschaftliche Idealismus und die Religion (1908), Der ethische Monotheismus der Propheten (1917), Das Ideal im System der Kantischen Philosophie (1920), Die Ethik Spinozas (1922, siehe den links abgebildeten Titel).         
   
Nachrufe auf Rabbiner 
Dr. Benzion Kellermann 
nach seinem Tod im Juni 1923
Gerolzhofen JLibZ 07081923.jpg (160761 Byte) Gerolzhofen JLibZ 07081923a.jpg (168400 Byte)    
Gerolzhofen Israelit 19071923.jpg (56838 Byte)
  Der Nachruf in der "Jüdisch-liberalen Zeitung" 
vom 7. August 1923 hebt hervor, dass 
Dr. Kellermann "durch Lehre und Leben
 Begeisterung zu entzünden vermochte"
Der Nachruf in der konservativen Zeitschrift "Der Israelit" 
vom 19. Juli 1923 erinnert an den oft "berechtigen Anstoß",
 den Kellermann mit seiner Lehrtätigkeit erregte.
   
     
Gerolzhofen BKellermann Lit010.jpg (378555 Byte)Dissertation zu Benzion Kellermann: 
Torsten Lattki: Benzion Kellermann. Prophetisches Judentum und Vernunftreligion. 1. Auflage 2016. 460 S.  ISBN 978-3-525-57040-1  
Vandenhoeck & Ruprecht Göttingen 2016. Informationen und Bestellmöglichkeit über Verlagsseite   

   
Zum Tod des Lehrers (auch Vorbeter, Schächter, Beschneider) Moses Godlewsky im März 1900  

Gerolzhofen Israelit 09041900.jpg (203575 Byte)Artikel in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 9. April 1900: "Unterfranken. Ende März (1900). 'Wehe uns...' haben wir schmerzvoll bei der Nachricht von dem plötzlichen Hinscheiden des Herrn Lehrer Moses Godlewsky in Gerolzhofen am Abend des 19. vorigen Monats (März 1909) ausgerufen. Gewiss, wer wie wir Gelegenheit hatte, den Mann kennen und würdigen zu lernen, der wird diesen Schmerz mit uns teilen, der wird empfinden, dass der Tod dieses seltenen Mannes nicht nur einen schweren Verluste für die hartgeprüfte Familie und für die Gemeinde, sondern auch für das Allgemeine, für den Kelal Jisrael (ganz Israel) bedeutete. Herr Godlewsky war sozusagen ein Vollkommener, vor allem ein Chassid (ein Frommer) ein Gottesfürchtiger mehr als viele andere, ein reiner, hoher Charakter, selbst- und anspruchslos wie selten einer, musterhaft in Pflicht- und Berufstreue. Von guter, ehrenwerter Familie in Russland stammend, war er mit reicher Torakenntnis ausgestattet, ein Gelehrter in Tanach (Bibel) und ... Sein Hebräisch war klassisch und bewundernswert. Seit Jahrzehnten in Bayern naturalisiert, hat er sich rasch die Kenntnis im Deutschen angeeignet, sodass er nicht nur den gesetzlichen Ansprüchen für den Lehrerberuf mehr als genügte, sondern auch bei den königlichen Behörden, bei Vorgesetzten und Kollegen, sowie in der Gemeinde und deren Umkreis in hohem Ansehen stand. Bei seiner seltenen Begabung und seinem energischen Willen war es ihm gelungen, bisher ihm fremde Kenntnisse und Fähigkeiten sich anzueignen, ward ein gewandter, angenehmer Chasan (Vorbeter), ein tüchtiger Schochet uBodek (Schächter und Fleischbeschauer), ein geschickter Mohel (Beschneider) und erlernte noch in späteren Jahren Stenographie und Schriftmalerei. Was er für die Ausbildung seiner Kinder, die ebenfalls von besonderer Begabung, getan und geleistet, erregte allgemeine Bewunderung. Von seinen fünf Söhnen studierte einer Medizin, der bereits als tüchtiger Arzt praktiziert, die vier anderen ließ er als Lehrer ausbilden und suchte sie so der Tora und der Gottesfurcht zu erhalten. So hatte Herr Godlewsky im engeren Kreise gelebt und gewirkt, bis eine tückische Herzkrankheit seine Schaffenskraft lähmte und ihn schließlich im besten Mannesalter, im 57. Lebensjahre, dem Tode überlieferte. Hart empfindet die trauernde Witwe mit ihren sieben Kindern den Verlust des geliebten, sorgsamen Gatten und Vaters, die Gemeinde des treuen Führers und Beraters, Lehrers und Freundes, beklagenswert erscheint der frühe Heimgang eines so frommen, tätigen Mannes allen, denen das allgemeine Wohl und Heil am Herzen liegt. Kein Wunder, dass die Teilnahme an diesem Trauerfalle eine sehr lebhafte und allgemeine war und sie gab sich kund bei dem Leichenbegängnisse, dem sich nicht nur die Gemeindemitglieder, sondern auch viele Nichtisraeliten, darunter städtische und königliche Beamte, die Lehrerschaft und viele seiner Verehrer aus der Umgegend anschlossen.
Herr Distrikts-Rabbiner Dr. Stein aus Schweinfurt gab sowohl im Hause als am Grabe den Trauergefühlen, der Anerkennung und der Bedeutung des pflichttreuen, gelehrten und frommen Hingeschiedenen beredten Ausdruck. Es sprachen noch außerdem Herr Lehrer Hirsch - Zeilitzheim im Namen der Kollegen, Herr Lehrer Oppenheimer - Prichsenstadt im Namen des jüdischen Lehrervereins und endlich der Kultusvorstand im Namen der Gemeinde.
Möge der gebeugten Familie himmlischer Trost werden und der Verdienst des Dahingeschiedenen ihr beistehen; er selbst aber den reichen Lohn seiner Taten in einem schöneren Leben finden und am Sternenhimmel verdienstvoller Männer glänzen für und für -  mit Zitat aus Daniel 12,3: "die, die viele zur Gerechtigkeit weisen, werden leuchten wie die Sterne immer und ewiglich"
 
Aus dem Stadtarchiv Gerolzhofen: Foto der Familie Godlewsky 1889: von links: Leopold (geb. 1878 in Hirschaid, umgekommen um 1942), Ida (1844), Rosa (geb. 1876 in Schradeck im Kurland - Srednik / Kowno, Litauen, später verheiratet mit Rudolph Moddel, umgekommen 1943 im Ghetto Theresienstadt), Julius (geb. 1884 in Gerolzhofen), Elias (geb. 1880 in Hirschaid, wurde Lehrer an verschiedenen Orten, von 1924 bis 1936 in Kassel, zuletzt noch in Bad Wildungen; gest. 1953 in New York; an ihn erinnert ein "Stolperstein" in Bad Wildungen ), Moses (um 1843, gest. 1900), Fanny (geb. 1882 in Hirschaid, später verheiratet mit Siegfried Speyer, ermordet 1942 im KZ Auschwitz). Nicht auf dem Foto ist der 1867 noch in Schradeck im Kurland - Srednik / Kowno, Litauen geborene Sohn Meyer (Mayer, Meier), der als Kantor und Religionslehrer in Sulzbach und Cham tätig war und 1939 in Konstanz starb (weitere Informationen auf der Seite zu Cham).
Genealogische Informationen teilweise nach https://www.geni.com/people/Moses-Godlewsky/6000000031450400686
  

    
Zum 25-jährigen Dienstjubiläum von Oberlehrer Leopold Godlewsky in Amberg.
Godlewsky war als Sohn des o.g. Lehrers Moses Godlewsky nach dem Tode seines Vaters bis 1908 Lehrer in Gerolzhofen.
 

Gerolzhofen Israelit 03081933.jpg (66655 Byte)Artikel in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 3. August 1933: "Amberg, 31. Juli. Am Schabbat Nachamu (Schabbat nach dem 9. Aw, an dem die Worte aus Jesaja 40 gelesen werden: 'tröstet, tröstet mein Volk..." kann Herr Oberlehrer Leopold Godlewsky auf eine 25jährige, ersprießliche Tätigkeit in der Gemeinde Amberg mit Sulzbach und Schwandorf zurückblicken, nachdem er vorher in der Gemeinde Gerolzhofen 10 Jahre amtierte. Einer frommen und angesehenen Lehrerfamilie in Franken entstammend, wusste er deren Tradition allzeit hochzuhalten. Sein Name hat in der bayerischen Judenheit und darüber hinaus und besonders bei seinen Kollegen einen guten Klang. Durch seine berufliche Tüchtigkeit, seinen biederen Charakter, sein allzeit hilfsbereites Wesen, errang er sich die Wertschätzung und Achtung seiner Gemeinden und aller Schichten der Bevölkerung. Auch seine schriftstellerische Tätigkeit, besonders auf kulturhistorischem Gebiete, verdient hervorgehoben zu werden.  (Alles Gute) bis 120 Jahre."                       
vgl. zu Leopold Godlewsky auch die Seite zur Synagoge in Küps (interner Link)

     
Zum 25-jährigen Dienstjubiläum von Lehrer (Kantor und Schächter) Heinrich Reiter im Oktober 1933  

Gerolzhofen BayrIsrGZ 01101933.jpg (54075 Byte) Artikel in der Bayerischen Israelitischen Gemeindezeitung vom 1. Oktober 1933: "Gerolzhofen. Am 1. September waren 25 Jahre verflossen, seit Herr Reiter hier als Lehrer, Kantor und Schochet amtiert. Obwohl dieser mit Rücksicht auf unsere trübe Lage von jeglicher Ehrung abzusehen bat, ließ es sich die Gemeinde nicht nehmen, den Jubilar zu feiern. Zu Roschhaschono (Neujahrsfest) wurde das Gotteshaus, vor allem der Platz des zu Ehrenden, mit Blattgrün geschmückt. Nach dem Einheben (sc. der Torarollen) würdigte Herr Vorstand Brodmann in dankbarer Anerkennung die segensreiche Tätigkeit des Beamten in Schule, Synagoge und Gemeinde, worauf Herr Lehrer Reiter nach dankbarem Aufblick zu Gott den Gefühlen der Verbundenheit für Vorstand und Gemeinde Ausdruck verlieh. Auch das zuständige Rabbinat Schweinfurt sandte dem Jubilar Glückwünsche nebst Dank und Anerkennung für gewissenhafte, erfolgreiche Leistungen".  
 
Artikel in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 28. September 1933:   ähnlicher Artikel wie oben.  
 
Foto links aus dem Staatsarchiv Würzburg (erhalten über Evamaria Bräuer), erstellt für den Erwerb der Fahrlizenz durch Lehrer Heinrich Reiter.  
Zur Person: Heinrich Reiter ist am 7. Januar 1884 in Hainsfarth geboren als Sohn des Handelsmannes in Hainsfarth David Reiter und seiner Frau Jette geb. Lottenheimer. Er war seit 1912 verheiratet mit Recha Regina geb. Jasmin, die am 22. Dezember 1884 in Frankfurt am Main geboren ist. Heinrich Reiter blieb bis nach dem Novemberpogrom in Gerolzhofen und verzog dann Ende November 1938 nach Würzburg (Wohnung Johannisgasse 7). Über England konnten Heinrich Reiter und seine Frau in die USA emigrieren. Heinrich (Henry) Reiter starb am 7. Dezember 1965, seine Frau am 1. August 1978. Beide wurden im Gates of Prayer Cemetery in New Orleans, Orleans Paris, Louisiana, USA beigesetzt.   
Erinnerungen an Heinrich Reiter und seine Frau Recha:
Quellen: LRA Gerolzhofen 3211; ancestry.com https://www.ancestry.de/discoveryui-content/view/42652951:60525; findagrave  https://de.findagrave.com/memorial/76945200/heinrich-reiter  
         
  Kriegsstammrolle des
4. bayr. Infanterieregiments mit
Eintragungen für Heinrich Reiter
 Abmeldung von Gerolzhofen
nach Würzburg
(Dezember 1938)
 Einwanderungskarte
nach Großbritannien
  
Formular zum Einzug in
die US Army 1942
  
 Grabstein für Recha und Heinrich
 Reiter im Gates of Prayer Cemetery,
 New Orleans; Quelle: findagrave  

     
Auszeichnung für Lehrer Heinrich Reiter (1934)     

Artikel in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 1. März 1934: "Gerolzhofen, 22. Februar (1934). Das Bezirksrabbinat Schweinfurt hat dem Lehrer Heinrich Reiter für langjähriges, treues Wirken in Schule und Gemeinde und für gewissenhafte Fortbildung in den jüdischen Disziplinen den Chower-(Ehrenrabbiner)-Titel verliehen."       

    
    
Berichte zu einzelnen Personen aus der Gemeinde   
Zum Tod des königlichen Hofrates Dr. Samuel Berlin (1897 in Fürth, war ab 1848 einige Jahre der erste jüdische Advokat Bayerns in Gerolzhofen)     

Artikel in der "Allgemeinen Zeitung des Judentums" vom 1. Januar 1897: "München, 26. Dezember (1896). In der alten Gemeinde Fürth hat heute einer ihrer besten Söhne sein Leben beschlossen, der königliche Hofrat Dr. Samuel Berlin, ein Mann, ausgezeichnet durch seine Abkunft, hervorragend durch seine persönliche Tätigkeit. Er entstammte der Familie des bekannten Löb Berlin, einstmaligen hochfürstlich bambergischen und ritterschaftlichen Oberlandesrabbiners zu Bamberg und späteren Landrabbiners in Kassel. Bis zum Jahr 1848 war er als geprüfter Rechtspraktikant und Doktor der Rechte, da der König Ludwig I. keinen Juden als Advokaten anstellen wollte und damals andere Zweige des Staatsdienstes selbstverständlich einem Juden verschlossen waren, Kassier des israelitischen Religionsvereins in Fürth, welchen Namen, wenn ich mich nicht täusche, damals die Kultusgemeinde Fürth amtlich führte; neben ihm war der Sohn des Amtsnachfolgers seines Ahnen Löb Berlin, der Dr. Carl Feust, rechtskundiger Sekretär der Gemeinde. 1848 war Samuel Berlin der Erste, der als Jude zum Advokaten in Bayern ernannt wurde; sein erster Amtssitz war Gerolzhofen, wo er mit einem jungen Rechtspraktikanten, einem Schullehrersohne, Freundschaft schloss, dessen glänzende Zukunft er voraussagte: es war niemand anderes als der spätere bayerische Ministerpräsident Dr. von Lutz. Später wurde er nach Ansbach versetzt, wo ihn das Vertrauen seiner Mitbürger zum Vorstande des Kollegiums der Gemeindebevollmächtigen wählte, in welcher Eigenschaft er durch Verleihung des Ritterkreuzes des Verdienstordens vom heiligen Michael I. Klasse ausgezeichnet wurde, während seine Standesgenossen ihn zum Vorstandsmitgliede des damaligen bayerischen Anwaltsvereins wählten. Welche Stellung er als Anwalt einnahm, beweist, dass er der Sachwalter der Familie des jetzigen bayerischen Justizministers war. 1876 gab er die Rechtsanwaltschaft auf, um sich in Fürth, seiner Heimat, von einer gesegneten und erfolgreichen Berufstätigkeit auszuruhen; die Ernennung zum königlichen Hofrate begleitete ihn in den Ruhestand, während dessen er einer der fleißigsten wissenschaftlichen Hilfsarbeiter seines bekannten Schwiegersohnes, des Justizrates Josephthal in Nürnberg, war und sich mit Eifer noch in hohen Jahren den Pflichten des Amtes eines Kollaturmitgliedes der Gabriel Riesser'schen Stipendienstiftung in Fürth widmete; es war für denjenigen, der das Glück hatte, es mit anzusehen, ein erhebender Anblick, den in hohen Achtzigern stehenden Mann mit Scharfsinn und der Gewandtheit eines Jugendlichen seine Referate vortragen zu hören. Im 90. Lebensjahre abberufen und mit einem reich gesegneten Leben gesättigt, nachdem er schon vor Jahren seine goldene Hochzeit zu feiern das Glück gehabt hatte, ist er meines Wissens der dritte Jude gewesen, der in Bayern Advokat geworden war. Die Nachkommen des Löb Berlin sind es übrigens, welche auch den ersten bayerischen Berufsrichter israelitischer Religion stellten, den Oberlandesgerichtsrat Max Berlin in Nürnberg. Vielleicht interessiert es heute, wo der neben dem Reichsgerichtspräsidenten Simson vielleicht älteste lebende deutsche Jurist jüdischer Abkunft ins Grab gesunken ist, den Lebenden zu wiederholen, wie in Bayern unter Max Joseph I. der erste Jude Mayersohn (Aschaffenburg?) die Anstellung als Advokat erlangte, unter Ludwig I. während der 23 Jahre seiner Regierung nur der einzige Dr. Samuel Grünsfeld in Fürth, während 1848 Dr. Samuel Berlin in Gerolzhofen und Dr. Carl Feust in Fürth zu Advokaten ernannt wurden, der Letztere, welcher die Staatsprüfung schon im Jahre 1826 mit I bestanden hatte und als Mitübersetzer des Corpus juris und Schriftsteller weit bekannt war, nachdem er sich vorher mit 49 Jahren noch vergeblich um die Stelle eines Stadtgerichtsprotokollisten beworben hatte. Würdige Söhne ihrer Ahnen, haben sie trotz aller Verlockungen, die auch von wohlmeinenden Jugendfreunden in hoher Stellung ausgingen, es verschmäht, den Glauben der Väter einer Anstellung wegen zu verraten. - An dem am 23. Dezember dahier stattgefundenen Leichenbegängnisse beteiligten sich die höchsten Beamten der Stadt und der Nachbarstadt Nürnberg, wie Herr Oberlandesgerichtspräsident von Schmauß, Senatspräsident Enderlein, Regierungsrat Goreis, Oberlandesgerichtsrat und Vorstand des Amtsgerichtes Nürnberg von Merz, und viele andere. Die Beteiligung war eine rege. Herr Dr. Neubürger rühmte in trefflicher Ansprache an dem Verstorbenen alle Tugenden, die einen edlen Mann zieren: seine Seelengröße, seine Duldsamkeit, seine Humanität, sein rastloses Schaffen etc. Herr Justizrat Gunzenhäuser widmete dem Verewigten namens der hiesigen Kultusgemeinde einen ehrenden Nachruf: Herr Dr. Deutsch sprach im Namen des israelitischen Waisenhauses, Herr Kantor Rosenhaupt aus Nürnberg, ein Großneffe Dr. Berlins, für die Verwandten. Möge der teure Verstorbene in Frieden ruhen!"              

 
Strafe gegen antijüdische Sprüche eines Metzgers von Gerolzhofen (1900)       

Artikel in der "Allgemeinen Zeitung des Judentums" vom 16. Februar 1900: "Der Metzger Heinrich Haller in Gerolzhofen hatte zu einem Wort, der von dem jüdischen Metzger Klein Fleisch bezieht, gesagt, er wolle noch einen Schoppen Wein, obgleich der Wirt von dem Juden besudeltes Fleisch kaufe. Daraufhin wurde vor dem Amtsgericht Gerolzhofen Klage erhoben, und letzteres verurteilte den Haller wegen unlauteren Wettbewerbs in contumaciam (= in Abwesenheit des Angeklagten) zu 100 Mark Geldstrafe."  


Zum Tod von Hirsch Haas (1901)  

Gerolzhofen Israelit 18071901.jpg (112611 Byte)Artikel in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 18. Juli 1901: "Gerolzhofen. Am 16. Tammus (= 3. Juli 1901) wurde dahier Herr Hirsch Haas - seligen Andenkens - zur letzten Ruhe bestattet. Das Schriftwort in Hiob (hebräisch und deutsch aus Hiob 5,26): 'Du kommst im Alter ins Grab, wie der Garbenhaufen eingefahren wird zu seiner Zeit', hat sich hier bewährt, denn der selige Verblichene hat 84 Lebensjahre zurückgelegt. 
Wenn auch der Dahingeschiedene das biblische Alter erreicht hat, so ist sein Verlust doch schmerzlich für seine Familie und für die Gemeinde. Seinen Kindern und Enkeln war er ein treu besorgter Vater, deren Wohl und Wehe stets sein Herz bewegte und sein Denken beschäftigte. Aber seine Liebe war nicht von so engen Grenzen, sie war wie die eines wahrhaft edlen Menschen, umfassender Art. Aus dieser Gesinnung der Liebe gingen auch die Tugenden hervor, welche den Verstorbenen zierten, die Tugenden der Wohltätigkeit (Gemilut Chassodim = Wohltätigkeit) und der Gastfreundschaft, die in seinem Hause von ihm selbst sowie von all den Seinen in edelster Weise geübt wurden. 
So lange es seine körperlichen und geistigen Kräfte zuließen, war er der Erste im Gotteshause. Viele Jahre hindurch versah er an den Jomim hanoroim (ehrfurchtgebietende Tage zwischen Jom Kippur und Neujahrsfest) und anderen Festtagen die Stelle eines Chasan und
Bal Kore (Vorsänger und Vorbeter). Stets wird uns darum das Andenken des seligen Verstorbenen in Erinnerung bleiben. Seine Seele sei eingebunden in den Bund des Lebens." L.G."

    
Zum Tod von Milka Lichtenauer im Oktober 1915  

Gerolzhofen Israelit 28101915.jpg (39801 Byte)Artikel in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 28. Oktober 1915: "Gerolzhofen, 24. Oktober (1915). Einen schweren Verlust hat die hiesige Gemeinde durch den plötzlichen Heimgang der Frau Milka Lichtenauer erlitten. - Geschmückt mit dem herrlichsten Kranz edler Frauentugenden, betätigte sich diese wahre Eschet Chajal (tüchtige Frau) auf dem Gebiete des Zedoko (Gerechtigkeit) und Gemiloth Chesed (Wohltätigkeit) in hervorragender Weise. Am Grabe entwarf Herr Lehrer Reiter in beredten, zu Herzen gehenden Worten ein Lebensbild der Entschlafenen.  Ihre Seele sei eingebunden in den Bund des Lebens."

    
Zum Tod von Abraham Lichtenauer, Kriegsteilnehmer von 1870/71 (1921)     

Artikel in der Lokalpresse ("Bote vom Steigerwald") vom 4. Dezember 1921: "Von nah und fern.
Gerolzhofen,
3. Dezember. Gestern Mittag wurde auf dem israelitischen Friedhof die sterbliche Hülle des verlebten früheren Viehhändlers und nunmehrigen Privatiers Abraham Lichtenauer zu Grabe getragen. Nebst vielen Leidtragenden gab ihm auch der Krieger- und Veteranen-Verein, dessen Ehrenmitglied der Verlebte war, mit umflorter Fahne das letzte Geleite und löste am Grabe die Ehrensalven. Der Dahingeschiedene machte den Feldzug von 1870/71 mit und nahm während desselben an verschiedenen Schlachten und Gefechten, so auch an der Schlacht von Sedan teil. Ein ruhiger geachteter Bürger hiesiger Stadt und einer von denen, die die große Zeit von Deutschlands Aufstieg mitmachten, ist mit dem Dahingeschiedenen von hinnen gegangen. Er ruhe in Frieden."    
 
Ergänzende Dokumente zum Tod von Abraham Lichtenauer und zu seiner Familie
(erhalten von Evamaria Bräuer)   
     
Dankesanzeigen der Angehörigen
(Dezember 1921; links im "Bote vom Steigerwald")   
 Grabstein für Abraham Lichtenauer (10.12.1847 - 1.12.1921)
und Sara Lichtenauer geb. Sussmann (25.5.1852 - 1.8.1940)  
 1899 sprechen sich mit vielen anderen die Gebrüder Lichtenauer (Viehhändler) für die Errichtung eines Kriegerdenkmals 1870/71 aus
(Quelle: "Der Bote vom Steigerwald" vom 19. Februar 1899) . 
         
 
 Aus dem Stammbaum der Familie Lichtenauer in Brünnau
bis zu Abraham Lichtenauer 
  
 Hauskauf 1877 von Abraham Lichtenauer
(bisher Brünnau)  in Gerolzhofen
(Bahnhofstraße 133)
 (Quelle: Anzeige im Bezirks Amtsblatt)
   Liste von 1895 (Quelle: Stadtarchiv Gerolzhofen)
mit den Kriegsteilnehmern 1870/71. Die beiden jüdischen
Kriegsteilnehmer stehen unter Nr. 13 (Abraham Lichtenauer)
und Nr. 19 (Kallmann Seelig)

    
Goldene Hochzeit von Kalmann Selig und Mathilde geb. Freimann (1924)  

Gerolzhofen Israelit 27111924.jpg (43463 Byte)Artikel in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 27. November 1924: "Gerolzhofen, 24. November (1924). Am vergangenen Schabbat Paraschat Chaje Sara (Schabbat mit der Toralesung Chaje Sara = 1. Mose 23,1 - 25,18, das war am 22. November 1924) feierte Herr Kalmann Selig mit seiner Ehefrau Mathilde geb. Freimann, in körperlicher und geistiger Frische das Fest der Goldenen Hochzeit. Beim Morgengottesdienste verlieh Herr Lehrer Reiter den Gefühlen, die ein solches Ereignis auslöse, beredten Ausdruck und zollte den Jubilaren, die auch sonst vielfach geehrt wurden, Worte des Lobes und der Anerkennung."   

  
Goldene Hochzeit von Emanuel Lewisohn und Regina geb. Feuchtwanger (1925)  

Gerolzhofen Israelit 24121925.jpg (106500 Byte)Artikel in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 24. Dezember 1925: "Gerolzhofen, 12. Dezember (1925). Am Dienstag, den 8. Dezember, feierten Herr Emanuel Lewisohn und seine Gattin Regina geb. Feuchtwanger im Vollbesitz der körperlichen und geistigen Kräfte das seltene Fest der goldenen Hochzeit, verbunden mit 50jährigem Geschäftsjubiläum. Aus diesem Anlass wurde das Jubelpaar am vorausgehenden Schabbat Wajeschew (Schabbat mit der Toralesung wajeschew = 1. Mose 37,1 - 40,23, das war Schabbat, 12. Dezember 1925) von Lehrer Reiter in der Synagoge im Anschluss an die Sidra (Toralesung) in längerer Rede entsprechend gefeiert. Durch ihr gemeinnütziges Wirken im Dienste des Judentums, der Kultusgemeinde und der Allgemeinheit haben es die Jubilare verstanden, sich die Sympathie weitester Kreise zu erwerben und durch eisernen Fleiß und strengste Reellität ihr Geschäft auf respektable Höhe zu bringen, sodass es sich im Kreise der Bevölkerung des besten Rufes erfreut. Das Jubelpaar war Gegenstand herzlicher Ehrung, nicht nur seiner Kinder und Enkelkinder - auch die Kultusgemeinde, das Rabbinat und die Stadtverwaltung haben teils schriftlich, teils mündlich, ihre Wünsche und Gefühle zum Ausdruck gebracht. Zahllose Gratulationen liefen brieflich und telegrafisch aus allen Gauen des In- und Auslandes tagsüber ein, die von der Beliebtheit des Paares zeugten. Möge ihm ein recht langer und heiterer Lebensabend beschieden sein."   

 
Zum Tod von Betty Sachs (1928)  

Gerolzhofen Israelit 21061928.jpg (53012 Byte)Artikel in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 21. Juni 1928: "Gerolzhofen, 11. Juni (1928). Gestern kam hier die allgemein beliebte und geachtete Frau Betty Sachs aus Altenschönbach neben ihrem Manne zur Beisetzung. Sie hat das ehrwürdige Alter von fast 80 Jahren erreicht und hatte es stets peinlich genau genommen mit der treuen Erfüllung unserer Gebote. Am Grabe schilderten die Schwiegersöhne, Oberlehrer Erlebacher aus Oberdorf - Bopfingen und S. Tachauer aus Fürth i.B.. das schaffensfreudige Leben und segensreiche Wirken der Dahingeschiedenen. Ihre Seele sei eingebunden in den Bund des Lebens."  

    
Zum Tod des Kriegsveteranen (1870/71) Kalman (Kallmann) Seelig (Selig) im August 1930  

Gerolzhofen Israelit 28081930.jpg (39323 Byte)Artikel in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 28. August 1930: "Gerolzhofen, 21. August 1930. Unter großer Beteiligung wurde heute unser ältestes Gemeindemitglied, Kalman Seelig, zu Grabe getragen. Er erreichte ein Alter von 85 Jahren, war ein guter Jehudi, ein bescheidener, biederer Charakter und als Feldzugsteilnehmer von 1870/71 Ehrenmitglied des Veteranen- und Kriegervereins, der ihm mit umflorter Fahne und unter Trauerweisen das letzte Geleite gab. Am Grab entwarf Lehrer Reiter ein ausführliches getreues Lebensbild, während der Vorstand des genannten Vereins dem 'guten Kameraden' einen letzten Scheidegruß widmete. Seine Seele sei eingebunden in den Bund des Lebens".   
 
Todesanzeigen (in "Der Bote vom Steigerwald")
und Grabstein
 
(Abbildungen erhalten von Evamaria Bräuer)
  Traueranzeige der Familie
von Kallmann Selig
  
Traueranzeige des Krieger- und
 Veteranenvereins
 
Grabstein im jüdischen Friedhof für "Kalmann Selig, Kriegsteilnehmer von 1870/71,
geb. 20. Juli 1845, gest. 19. August 1930" und Mathilda Selig geb. Freimann  
(vgl. Bericht zur Goldenen Hochzeit 1924 oben)

    
Zum Tod von Selma Brodmann geb. Lichtenauer (1936) 

Gerolzhofen BayrGZ 15011937.jpg (91137 Byte)Artikel in der "Bayerischen Israelitischen Gemeindezeitung" vom 15. Januar 1937: "Gerolzhofen. Hier wurde am Mittwoch, 16. Dezember 1936, die Gattin des Kultusvorstandes Willy Brodmann, Frau Selma Brodmann geb. Lichtenauer im Alter von erst 48 Jahren zu Grabe getragen. Die zu früh Verblichene war eine seltene jüdische Frau. Sie stand nicht nur in vorbildlicher Weise ihrem Hause vor, in dem Gastfreundschaft und wahre Religiosität herrschte. In ihrer Liebe und Güte betätigte sie sich sozial innerhalb der Gemeinde. Viele Jahre hindurch war sie Vorsitzende des Jüdischen Frauenvereins. Im Trauerhause und am Grabe würdigte Herr Bezirksrabbiner Dr. Köhler (Schweinfurt) die edlen Tugenden der früh Vollendeten und sprach dem Gatten, der Familie und der Gemeinde Trost zu. Im Auftrage des Israelitischen Frauenvereins Gerolzhofen dankte Herr Lehrer Reiter (Gerolzhofen) der Entschlafenen für ihr selbstloses und tätiges Wirken im Dienste der jüdischen Gemeinschaft an Lebenden und an Toten. Möge das Leben dieser Frau Trost und Beispiel sein für die Hinterbliebenen und für die ganze Gemeinde."  
   
Gerolzhofen Israelit 23121936.jpg (64340 Byte)Artikel in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 23. Dezember 1936: "Gerolzhofen, 17. Dezember (1936). Die Gattin unseres Kultusvorstandes, Frau Selma Brodmann, ist, erst 48-jährige, nach ganz kurzer Krankheit plötzlich und unerwartet abberufen worden. Die Heimgegangene, das Muster einer jüdischen Frau, hat sich auf allen Gebieten, insbesondere auch als Vorsitzende des jüdischen Frauenvereins, hervorragend betätigt und hinterlässt in der Gemeinde eine nur schwer zu schließende Lücke. Den schwer geprüften Angehörigen wendet sich allgemeine Teilnahem zu. - Auf dem Friedhofe in Gerolzhofen sprachen Herr Rabbiner Dr. Köhler, Schweinfurt, und Lehrer Reiter ehrende Worte des Gedenkens und des Trostes."

  
Traueranzeige für Ernestine Lichtenauer geb. May (1937)  

Gerolzhofen BayrGZ 15051937.jpg (41936 Byte)Traueranzeige in der "Bayerischen Israelitischen Gemeindezeitung" vom 15. Mai 1937: "Unsere unvergessliche, liebe, gute Mutter, Schwieger- und Großmutter, Frau 
Ernestine Lichtenauer geb. May,
in Gerolzhofen
wurde uns am 4. Mai 1937 kurz nach vollendetem 90. Lebensjahr durch den Tod entrissen. 
Im Namen aller trauernden Hinterbliebenen: 
Sigmund Lichtenauer, Augsburg."  

    
    
Anzeigen jüdischer Gewerbebetriebe und Privatpersonen    
Karte von Levi May in Gerolzhofen (1888)       

     Gerolzhofen Dok Levi May.jpg (197917 Byte)  Gerolzhofen Dok Levi May 2.jpg (234952 Byte)  

Die Karte wurde von Levi May in Gerolzhofen versandt an Herrn S. Hermann Söhne nach Karlsruhe am 16. Dezember 1888. Text der Karten-Rückseite: "Herrn S. Hermann Söhne Karlsruhe. Gerolzhofen 16. Dez. 1888.
Meinem Freund Levisohn verdanke ich die Empfehlung Ihrer werten Adresse und bitte ich Sie auf angebogener Carte mir einen tüchtigen Rechtsanwalt in Karlsruhe zu benennen nur nicht Dr. Weill der mein Contra ist, sehe hauptsächlich mehr auf einen tüchtigen Juristen als auf Diätenschneider. 
Für Ihre Berufung bestens dankend zeichnet Hochachtungsvoll Levi May."
Levi May wurde am 23. April 1851 als Sohn des Samuel May und der Fradel Reinhard in Jaerkendorf im Kreis Kitzingen geboren.
Quelle: http://wc.rootsweb.ancestry.com/cgi-bin/igm.cgi?op=GET&db=lesmoyaux&id=I7376  

   
Anzeigen des Manufaktur- und Konfektionsgeschäftes Emanuel Lewisohn (1897 / 1921)     

Gerolzhofen Israelit 16091897.jpg (60895 Byte)Anzeige in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 16. September 1897: "Für mein am Sabbat und Feiertagen streng geschlossenes Manufaktur-, Damenkonfektion- und Wollwarengeschäft suche ich per sofort zwei tüchtige Verkäuferinnen gegen hohes Salair bei freier Station und familiärer Behandlung. Nur tüchtige Kräfte, die schon längere Zeit in ähnlichen Geschäften tätig waren, wollen ihre Offerten, Photographie und Zeugnisabschriften beifügen. 
E. Lewisohn, Gerolzhofen."   
 
Gerolzhofen Israelit 07071921.jpg (48558 Byte)Anzeige in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 7. Juli 1921: "Suche per bald für mein am Samstag und Feiertag streng geschlossenes Manufaktur- und Konfektionsgeschäft eine tüchtige 
branchekundige Verkäuferin

Offerte mit Bild und Gehaltsanspruch bei freier Station erbeten. 
E. Lewisohn, Gerolzhofen, Unterfranken."  

  
Weitere Dokumente zum Manufaktur- und Konfektionsgeschäft Emanuel Lewisohn 
(aus der Sammlung von Peter Karl Müller, Kirchheim/Ries)      

Postkarte der Spitalgasse in Gerolzhofen 
mit dem Manufaktur- und 
Konfektionsgeschäft E. Lewisohn  
Gerolzhofen Lewisohn 001.jpg (769541 Byte) Gerolzhofen Lewisohn 002.jpg (283270 Byte)
  Die Ansichtskarte von Gerolzhofen zeigt die Spitalstraße mit Spitalkirche, links das Wohn- und Geschäftshaus Textilwaren Emanuel Lewisohn
Weitere Informationen vgl.: http://data.synagoge-eisleben.de/gen/fg03/fg03_484.htm (biographische Informationen zur Familie) 
http://www.alemannia-judaica.de/gerolzhofen_friedhof.htm: Grabstein - 5.Foto - Reihe - Bild in der Mitte
http://www.spd-gerolzhofen.de/vereidigung-lukas-1.html 
http://db.yadvashem.org/names/nameDetails.html?itemId=1708823&language=de (Seite zu Anna Jacob geb. Lewisohn).    
   
 Paketkarte an H. Lewisohn
 in Gerolzhofen (1920) 
 Gerolzhofen Dok Levison.jpg (293353 Byte)  
  Die Paketkarte ist adressiert an Herrn H. Lewisohn in Gerolzhofen, 
versandt von Nürnberg am 14. Januar 1920.  
  
     

    
Anzeigen des Eisengeschäftes A. Selig (1889 / 1897)   

Anzeige in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 23. Mai 1889: 
"Suche per sofort einen Lehrling mit guter Schulbildung. Samstage und Feiertage ist das Geschäft streng geschlossen. 
A. Seelig
, Eisenhandlung, Gerolzhofen."      
 
Gerolzhofen Israelit 30121897.jpg (39119 Byte)Anzeige in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 30. Dezember 1897: "Lehrling-Gesuch
Für mein Eisengeschäft, Samstags und Feiertage streng geschlossen, suche einen Lehrling mit guter Schulbildung. Kost und Logis im Hause. 
A. Selig, Gerolzhofen, Bayern."   

   
Weiteres Dokument zur Eisenhandlung A. Selig 
(aus der Sammlung von Peter Karl Müller, Kirchheim / Ries)  

Postkarte der Eisenhandlung A. Selig 
an die Eisenhandlung Eisenheimer 

in Schweinfurt (1897) 
Gerolzhofen Dok 20140801.jpg (118968 Byte) Gerolzhofen Dok 20140801a.jpg (127522 Byte)
  Die Postkarte mit einer Warenbestellung der Eisenhandlung A. Selig (Gerolzhofen) wurde am 28. Mai 1897 
an die Eisenhandlung Eisenheimer in Schweinfurt verschickt.    


Anzeige der Eisenhandlung Hermann Kohn (1900)  

Gerolzhofen Israelit 13081900.jpg (69875 Byte)Anzeige in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 13. August 1900: 
"Suche für mein Samstags und israelitische Feiertage streng geschlossenes Geschäft einen tüchtigen 
jungen Mann

18-20 Jahre alt, welcher die Eisen- und landwirtschaftliche Maschinenbranche praktisch versteht. Junge Leute, welche die einfache Buchführung praktische geübt haben, bevorzugt. Offerte mit Lebenslauf und Gehaltsanspruch bei freier Station bitte sofort an mich einzusenden. 
Hermann Kohn, 
Eisenhandlung, Gerolzhofen, Unterfranken."  

  
Anzeige der Eisenhandlung E. Selig (1900)  

Gerolzhofen Israelit 08111900.jpg (48150 Byte)Anzeige in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 8. November 1900: "Für mein Samstags und Feiertage geschlossenes Eisengeschäft suche einen 
Lehrling
aus achtbarer Familie, unter günstigen Bedingungen oder einen angehenden Commis.  
E. Selig, Eisenhandlung, 
Gerolzhofen, Bayern."  
 
StB BezAmtsBlatt 29031889 Anzeige Selig1.jpg (163199 Byte)Links Anzeige im Bezirksamtsblatt Gerolzhofen vom 29.März 1889 der Eisenhandlung A. Selig (erhalten von Evamaria Bräuer, Gerolzhofen)  

  
Anzeigen des Manufaktur- und Konfektionsgeschäftes Hermann Löbhardt (1901 / 1912)  

Anzeige in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 19. August 1901: "Tüchtige Verkäuferin  
per 1. Oktober gesucht. Kost und Logis im Hause. Samstags geschlossen. Offerten mit Photographie erbeten. 
Hermann Löbhardt,
Manufakturwaren und Konfektion, Gerolzhofen, Unterfranken."     
  
Gerolzhofen FrfIsrFambl 06091912.jpg (53656 Byte)Anzeige im "Frankfurter Israelitischen Familienblatt" vom 6. September 1912: 
"Tüchtige Verkäuferin 
für mein Manufaktur- und Konfektionsgeschäft per 1. September gesucht. Samstags geschlossen. Station im Hause. Offerten mit Bild erbeten. 
Hermann Löbhardt,
Gerolzhofen, Bayern."

  
Weiteres Dokument zum Manufaktur- und Konfektionsgeschäft Hermann Löbhardt 
(aus der Sammlung von Peter Karl Müller, Kirchheim / Ries; Angaben zur Familie gleichfalls von P.K. Müller)  

Ansichtskarte vom Kriegerdenkmal 
in Gerolzhofen mit dem Wohn- und
 Geschäftshaus von Hermann Löbhardt (1919)  
Gerolzhofen Dok 20140803.jpg (84953 Byte) Gerolzhofen Dok 20140803a.jpg (79702 Byte) Gerolzhofen Dok 20140803b.jpg (218276 Byte)
Die Ansichtskarte vom Kriegerdenkmal in Gerolzhofen - im Hintergrund das Wohn - und Geschäftshaus von Hermann Löbhardt - wurde am 4. Februar 1919 nach Walsdorf bei Bamberg versandt.    
Zu Familie Löbhardt: Der Kaufmann Hermann Löbhardt führte ein Geschäft für Manufakturwaren, Kurz- und Weißwollwaren am Marktplatz 15 in Gerolzhofen. In einer Liste der jüdischen Familien und Anwesen in Gerolzhofen (Stand 1933) findet sich folgender Eintrag: Familie Hermann Löbhardt, Kaufmann, Marktplatz 15, Söhne: Stefan und Otto Löbhardt.  In den Jahren 1933 bis 1938 gelang 22 Gerolzhofer jüdischen Einwohnern die Auswanderung, hauptsächlich nach Amerika, darunter auch Käthe Löbhardt und Otto Löbhardt. Am 22./23. Oktober 1938 und vom 27. bis 29. Oktober 1938 wurden in der Synagoge die Fensterscheiben mit Steinen eingeworfen. Auch die Häuser der jüdischen Familien Hermann Löbhardt, Hermann Kohn, Fanny und Josef Lichtenauer wurden beschädigt. Ab dem 22. Januar 1941 finden Hilda und Hedwig Brückheimer, Töchter seiner Nichte Sophie Brückheimer, Aufnahme bei Hermann Löbhardt. Hilda Brückheimer führt dem 73-jährigen Hermann Löbhardt sowie dessen 45-jährigen, zu 40 % körperlich behinderten und an Epilepsie leidenden Sohn Stefan Löbhardt den Haushalt. Ihre Schwester Hedwig Brückheimer wird zur Zwangsarbeit in Schweinfurt herangezogen. Am 22. April 1942 wurden aus Gerolzhofen neben 17 anderen auch Stefan Löbhardt, Hilda und Hedwig Brückheimer deportiert. Am 25. April 1942 wurden sie mit der größten von insgesamt sechs aus Würzburg ausgeführten Deportationen (852 Personen) mit dem Zug über Lublin in die Todeslager des Ostens geschickt.
Hermann Löbhardt starb in den Tagen des Abtransportes der Gerolzhofer Juden. Seine Beisetzung ging heimlich vonstatten, nachdem der jüdische Friedhof nach der letzten Beisetzung des Gerolzhofer Gemeindevorstands Willi Brodmann am 2. Februar 1942 offiziell für geschlossen erklärt worden war. 

   
Anzeige des Schuhwarenhauses M. Schwarz (Gerolzhofen und Altenschönbach, 1911, Anzeige erhalten von Werner Steinhauser)     

Altenschoenbach Dok 120.jpg (134815 Byte)Die Anzeige erschien im "Boten vom Steigerwald" vom 1. Juni 1911.     

 
Anzeige von Hermann Rothschild (1925)  

Gerolzhofen Israelit 26021925.jpg (41216 Byte)Anzeige in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 26. Februar 1925: "Suche für meinen Sohn, 15 Jahre alt, Absolvent der Mittelschule, bei Großfirma in Getreide eventuell auch Metall, eine Lehrstelle. Offerten sind zu richten an 
Hermann Rothschild, Gerolzhofen, Unterfranken."

    
    
Weitere Dokumente 
(aus der Sammlung von Peter Karl Müller, Kirchheim/Ries)   

Die Salzgasse in Gerolzhofen 
mit der Lederhandlung von 
Oskar Hahn (1914)  
Gerolzhofen Dok 20140802.jpg (172083 Byte) Gerolzhofen Dok 20140802a.jpg (126718 Byte) Gerolzhofen Dok 20140802b.jpg (77647 Byte)

Die Ansichtskarte von Gerolzhofen mit der Salzgasse und der Lederhandlung von Oskar Hahn wurde am 26. Mai 1914 von Gerolzhofen nach Würzburg verschickt. Oskar Hahn findet sich in der Geschichte zur jüdischen Gemeinde (siehe oben) in dem Abschnitt 1932/1933 erwähnt als Vorsitzender der Chewra Kaddischa (siehe auch bei Herbert Schultheis: Juden in Mainfranken 1933-1945 S. 212). Oskar Hahn und seine Frau Sara geb. Kuhn wurden 1942 in das Ghetto Theresienstadt deportiert, wo sie nach wenigen Wochen umgekommen umgekommen sind. 

   

Anzeigen aus "Der Bote vom Steigerwald" 
(1923/31) 
(erhalten von Evamaria Bräuer, Gerolzhofen)  
Geolzhofen Dok Reinhold.jpg (81420 Byte) Gerolzhofen Dok 1923 StgB.jpg (127932 Byte)
   Anzeige des Geschäftes 
von Alfred Reinhold (1923) 
Anzeige von Theo Schwarz, nachdem in seinem Geschäft die 
Schaufenster eingeworfen wurden (1923)  
        
Geolzhofen Dok Lichtenauer 02.jpg (90356 Byte) Geolzhofen Dok Lichtenauer.jpg (163749 Byte) Gerolzhofen Verlobung Henle StgwBote 1923.jpg (71324 Byte) Geolzhofen Dok Lichtenauer 03.jpg (70943 Byte)
 Anzeige des 
Schuhhauses Lichtenauer 
(1923) 
Anzeige vom 16.12.1931 des Schuhhauses 
E. Lichtenauer, Inh. Marx Henle mit Abbildung
 des Geschäftes in der Marktstraße 
 Verlobungsanzeige von Meta Lichtenauer 
und Max Henle (Januar 1923
Gerolzhofen / Nürnberg, Ulm)) 
Anzeige des 
Modenhauses Frieda Lichtenauer 
(1923) 

    
    
    
Zur Geschichte der Synagoge 
   
Eine (neue) Synagoge auf dem heutigen Grundstück Steingrabenstraße 51 wurde 1874 erbaut. Sie löste einen älteren Betsaal ab. 1934 wurde das Innere der Synagoge im Vergleich zu einigen anderen Synagogen  als "kirchenhaft düster" beschrieben:   

Gerolzhofen BayrIsrGZ 01091934.jpg (40438 Byte)Aus einem Artikel in der Bayerischen Israelitischen Gemeindezeitung vom 1. September 1934: "Alte und neue Synagogen
Es ist merkwürdig, dass verhältnismäßig viele Synagogen in früheren Jahren einem Brande zum Opfer gefallen sind. Nur selten verdankt ein Neubau dem Anwachsen der Gemeinde seine Entstehung. Man mag die neueren Synagogen schön finden. Die in Theilheim etwa, wo die Anlage der Frauenempore und deren Ausstattung mit farbigen Vorhängen an stille Theaterlogen erinnern; die in maurischem Stil gehaltenen Synagogen in Marktbreit und Obbach oder die in kirchenhaftes Düster getauchte in Gerolzhofen." 

Über die Feier zum Dienstjubiläum des Lehrers Reiter zum Neujahrstag im Oktober 1933 in der Synagoge Gerolzhofen s.o.

Beim Novemberpogrom 1938 wurde die Synagoge demoliert. SS- und SA-Angehörige gingen zunächst gewaltsam gegen die jüdischen Gemeindeglieder vor. Die Frau der jüdischen Lehrers wurde gezwungen, dessen Gebetsmantel, Talar und Kopfbedeckung anzuziehen. Sie musste am Synagogeneingang stehen, wo man sie brutal misshandelte. Danach drangen 40 SS- und SA-Leute in die Synagoge ein, zerschlugen die Fenster und vernichteten die Inneneinrichtung, den Toraschrein und die Ritualien. Die zerstörten Möbel und Ritualien wurden auf den städtischen Sportplatz gefahren und unter dem Beifall zahlreicher Einwohner verbrannt. Am darauf folgenden Schabbat mussten jüdische Gemeindeglieder die Synagoge säubern und deren großen Heizofen zu einem Altwarenhändler transportieren. Das Gebäude wurde wenige Tage danach von der SS beschlagnahmt und als Dienstraum der SS zweckentfremdet.  
  
Das Gebäude blieb nach 1945 erhalten und ist in Privatbesitz (u.a. Friseursalon). An den hohen Rundbogenfenstern ist es als ehemaliges Gotteshaus erkennbar.
     
     
Adresse der ehemaligen Synagoge: Steingrabenstraße 51 
      
Stadtführungen zur jüdischen Geschichte in Gerolzhofen werden immer wieder angeboten, Informationen bei der Stadtinformation:  Marktplatz 20 - Altes Rathaus - 97447 Gerolzhofen Tel.: 09382/903512 Fax: 09382/903513  E-Mail 
   

bullet Informationstafel mit Stadtplan, auf dem die Häuser ehemaliger jüdischer Besitzer eingetragen sind sowie weitere Angaben zum Niedergang der jüdischen Gemeinde in Gerolzhofen (pdf-Datei)

   
   
Fotos
(Quelle: obere Zeile links: Stadtarchiv Gerolzhofen; obere Zeile rechts: Schwierz s. Lit. S. 59) 

Gerolzhofen Synagoge 1009.jpg (54827 Byte) Gerolzhofen Synagoge 100.jpg (75151 Byte)
Rechts das Gebäude der Synagoge um 1930  - im Vordergrund der Teil der
 jüdischen Schule und der Lehrerwohnung; anschließend die Synagoge.
Gebäude der ehemaligen 
Synagoge (1987)
     
Weitere Fotos werden bei Gelegenheit ergänzt; über Zusendungen
 freut sich der Webmaster von Alemannia Judaica, Adresse siehe Eingangsseite
Gerolzhofen Synagoge 1008.jpg (41462 Byte)
    Gedenkstein von 2007 in der Schuhstraße 
(Foto: Matthias Endriss, Artikel in der "Main-Post"
 vom November 2009 siehe unten)

    
    
Erinnerungsarbeit vor Ort - einzelne Berichte     

27. Januar 2007: Neue Gedenkstätte für die jüdische Gemeinde Gerolzhofen eingeweiht   
Gerolzhofen PA 300107.jpg (191772 Byte)Bildunterschrift: "Was in manchen Zeiten unmöglich schien, ist heute wahr geworden. Zur Übergabe der erweiterten Gedenkstätte für die jüdische Gemeinde Gerolzhofen fanden sich auch der Pfarrverweser der evangelischen Gemeinde, Martin Oeters, und Dekan Josef Kraft ein (im Bild links). In ihrer Mitte der Vorsitzende der Israelitischen Kultusgemeinde Würzburg, Dr. Josef Schuster. Rechts daneben Bürgermeister Hartmut Bräuer und die Tochter des 1936 nach Israel ausgewanderten jüdischen Einwohners Gustav Lichtenauer, Milka Zeiler-Lichtenauer mit Ehemann Schmuel Zeiler, der ein Gebet auf Hebräisch sprach.  Foto: Patricia Kaspar.

Erinnern an unsägliches Leid. Erweiterte Gedenkstätte für die jüdische Gemeinde übergeben.
Gerolzhofen. Genau einen Tag nach dem 62. Jahrestag der Befreiung von Auschwitz am 27. Januar 1945 hatte die Stadt zur Übergabefeier der erweiterten Gedenkstätte für die jüdische Gemeinde von Gerolzhofen in die Schuhstraße eingeladen. Der im Jahr 1988 errichtete Gedenkstein erinnert an die vielen jüdischen Einwohner der Stadt Gerolzhofen, deren Wurzeln schon auf das Jahr 1425 zurückzuführen sind, als der Fürstbischof von Brunn den ersten Israeliten erlaubte, in Gerolzhofen ansässig zu werden. Den einst 134 jüdischen Mitbewohnern widerfuhr in den Jahren zwischen 1933 und 1942 unsägliches Leid. Wer von ihnen nicht rechtzeitig die Stadt und Deutschland verließ, sollte diese Zeit nicht überleben.
1942 letzte Deportation. So wurden am 19. September 1942 die letzten vier Juden in der Stadt in das Lager Theresienstadt deportiert. Gerolzhofen war seit diesem Tag "judenfrei", so wie es der Plan des nationalsozialistischen Regimes forderte. Den Standort eines Gedenksteines in der Schuhstraße fanden die Verantwortlichen deshalb passend, da er unweit der ehemaligen Synagoge in der Steingrabenstraße liegt, die schon zur damaligen Zeit privatisiert war. Im vergangenen Jahr kam im Stadtrat auf Initiative von geo-net die Diskussion um die so genannten 'Stolpersteine' des Künstlers Gunter Demling auf. Wie schon in Würzburg und anderen Städten wurde vorgeschlagen, auch in Gerolzhofen diese kleinen Messingtäfelchen zwischen den Pflastersteinen vor den einst von Juden bewohnten Häusern anzubringen und mit einer Inschrift an sie zu erinnern.
Viele der heutigen Hausbesitzer wünschten diese jedoch nicht, aber die Diskussion um ein Symbol zur Gedenken an die jüdische Gemeinde der Stadt hat hierdurch eine Eigendynamik erreicht, so Bürgermeister Hartmut Bräuer. Mit der neuen Gestaltung des Platzes in der Schuhstraße wurde diese Erinnerung in einer würdigen Art und Weise geschaffen. 
In der Pflasterung ist eine Steintafel mit hebräischen Schriftzeichen 'Friede, Friede den Fernen und Nahen!' eingelassen. Neben dem Gedenkstein wurde zusätzlich eine Schautafel aufgestellt, auf der ein Zeitstrahl von 1933 bis 1942 mit den unvergesslichen Ereignissen dieser Jahre sowie ein Plan der Innenstadt mit den ehemals jüdische bewohnten Häusern und die Namen der früheren Besitzer zu seihen sind. 
Auch heute Antisemitismus. Bürgermeister Bräuer sieht den Platz auch als Mahnmal, wurden im letzten Jahr noch immer über 8000 antisemitische Handlungen in der Bundesrepublik registriert. Der Vorsitzende der Israelitischen Kultusgemeinde Würzburg, Dr. Josef Schuster, erinnerte noch einmal an die unfassbaren Verbrechen, die an den einst elf Millionen Juden in Europa begangen worden sind. Sechs Millionen von ihnen fanden damals den Tod. Dekan Josef Kraft und der Geistliche der evangelischen Kirchengemeinde, Martin Oeters, riefen in ihrer Ansprache zu mehr Toleranz unter den Menschen auf, sehe der christliche Glaube Gott doch als Vater aller Menschen an.
Ein besonderer Gast fand sich ebenfalls zur Übergabefeier ein. Die Tochter des 1921 in Gerolzhofen geborenen und 1935 nach Israel ausgewanderten Juden Gustav Lichtenauer, Milka Zeiler-Lichtenauer, freute sich, in der Geburtsstadt ihres Vaters eine würdige Gedenkstätte auch für ihre ermordeten Familienangehörigen vorgefunden zu haben. 
Vortrag. Im Anschluss an die Feierstunde in der Schuhstraße hielt Thomas Schindler vom Stadtarchiv Haßfurt einen Vortrag zur Vorgeschichte des nationalsozialistischen Antisemitismus in Ostunterfranken, der nicht ganz den Erwartungen des Publikums entsprach. In Anlehnung an die 1965 von Michael Pfranz herausgegebene Broschüre 'Die jüdische Gemeinde von Gerolzhofen' verdeutlichte der Vortrag den Ursprung antisemitischer Handlungen und ihre Folge. Für die Zuhörer war es jedoch schwierig, die Geschichte der Juden in Ostunterfranken auf Gerolzhofen zu übertragen."
    
November 2009: Referat von Stephan Oettermann über den Novemberpogrom 1938 in Gerolzhofen und Frankenwinheim  
Artikel von Matthias Endriss in der "Main-Post"´vom 22.11.2009 (Artikel):   
"GEROLZHOFEN. Der Tag, an dem es Gerolzhofen nicht gab
Stephan Oettermann referierte über den Pogrom 1938 in Gerolzhofen und Frankenwinheim

Mit der viel beachteten Ausstellung 'Gerolzhofen 1933 - 1945' begann der Historische Verein im Frühjahr seine Aufklärungsarbeit über die Zeit des Nationalsozialismus in der Stadt und ihrem Umland. Diese wurde nun fortgeführt mit einem Vortrag von Stephan Oettermann zu den Vorgängen in Gerolzhofen und Frankenwinheim während des Judenpogroms von 1938.  
Es sind rund 40 Geschichtsinteressierte, die sich an diesem Abend im Gasthaus 'Zum Kapellenberg' eingefunden haben. Stephan Oettermann, Vorsitzender des Historischen Vereins und ehemaliger Stadtarchivar, will in seinem Vortrag die Geschehnisse nachzeichnen, die sich an jenem Donnerstag, 10. November 1938, in Gerolzhofen und Frankenwinheim abgespielt haben. Kein leichtes Unterfangen, wie er zugibt, basiert sein Referat doch auf den zusammengefassten Vorermittlungen des Gerichts zum Synagogenprozess 1950 und den während des Prozesses protokollierten Zeugenaussagen. Und ein Gericht, so betont Oettermann, 'interessiert sich nicht für historische Wahrheit und die ganze Geschichte'. Ereignisse, die nicht justiziabel sind, interessieren dabei ebenso wenig wie Personen, die nicht unmittelbar Täter oder Zeugen waren oder die, aus welchen Gründen auch immer, strafrechtlich nicht zur Rechenschaft gezogen werden können. Auch wurde, so Oettermann, im gesamten Prozess keines der Opfer gehört. 
Lückenhafte Akten. Dem Gericht sei es nicht einmal gelungen, den zeitlichen Ablauf der Ereignisse jenes Tages exakt zu klären. Geschweige denn, wie viele Personen daran aktiv oder passiv beteiligt waren. Die Akten sprächen vage von 'der Menge'. 'Deshalb bleibt die folgende Geschichte des Gerolzhöfer Novemberpogroms mehr als lückenhaft und unbefriedigend', befindet Oettermann. Und doch gelingt es ihm in seinem rund einstündigen Vortrag, den Zuhörern die ganze Unmenschlichkeit und den Widersinn der damaligen Ereignisse vor das geistige Auge zu führen. 
Auslöser des Pogroms war das Attentat des jungen Juden Herschel Grynszpan auf den deutschen Diplomaten Ernst vom Rath in Paris. Dessen Tod zwei Tage später, am 9. November 1938, war Wasser auf die Mühlen der nationalsozialistischen Propaganda. Von München aus, wo just an diesem Tag des gescheiterten Hitler-Putsches von 1923 gedacht wurde, schwappte der Aufruf Goebbels zum 'Volkszorn gegen die Juden' in die Gaue des Hitler-Reiches. Obwohl es keinen direkten Befehl zur Auslösung des Pogroms gab, verstanden die Kreisleiter die Aufforderung ganz im Sinne der Nazis. So auch Wilhelm Heer in Kitzingen. Dort brannte bereits in den frühen Morgenstunden des 10. September die Synagoge. In Gerolzhofen erreichte Heer erst morgens um 8 Uhr Ortsgruppenleiter Ludwig Zrenner und wies ihn an, endlich etwas gegen die jüdische Bevölkerung zu unternehmen. Auch im Landratsamt war am Morgen die Weisung eingegangen, männliche jüdische Bürger in Schutzhaft zu nehmen und jüdische Wohnungen und Häuser zu durchsuchen. Zrenner zögerte zunächst. Nicht zuletzt deshalb, weil die Gerolzhöfer Nationalsozialisten erst kurz zuvor in Gerolzhofen und vor allem in Frankenwinheim eine Strafaktion – die sogenannte Brunnenvergifter-Aktion – gegen die jüdische Bevölkerung gestartet und, da diese nicht von oben gedeckt war, Ärger mit der Gestapo bekommen hatten. Und ein formeller Befehl lag eben auch an diesem 10. November nicht auf dem Tisch. Dennoch versammelte Zrenner im Lauf des Vormittags die Mitglieder der SA. In der Gaststätte Reissweber wurde über das weitere Vorgehen beraten. Feuerwehr-Kommandant Hans Härterich machte dabei klar, dass er wegen des Wassermangels in der Stadt ein Anzünden der Synagoge keinesfalls billigen würde. Gegen Mittag kam es so zwar zu einer ersten Attacke auf die Synagoge, die Zerstörungswut hielt sich aber noch in Grenzen. 
Am frühen Nachmittag fuhr die Gerolzhöfer SA dann nach Frankenwinheim, wo bereits ein Trupp aus Volkach in der Synagoge gewütet hatte. Die jüdische Bevölkerung wurde malträtiert, das Inventar und die Ritualgegenstände der geschändeten Synagoge gingen auf einem Acker in Flammen auf. Einige unscharfe Fotos, die nach dem Krieg als Beweisstücke in den Synagogenprozess eingingen und in der Frühjahrsausstellung in diesem Jahr erstmals veröffentlicht wurden, zeigen die Vorgänge am Scheiterhaufen, konnten aber zur Wahrheitsfindung wenig beitragen. 
Gegen 18 Uhr kehrten die SA-Männer nach Gerolzhofen zurück. Dort hatte sich indes Kreisleiter Heer persönlich bei Ortsgruppenleiter Zrenner über das zu lasche Vorgehen gegen die Juden in der Stadt beklagt. Rund 40 SA- und SS-Angehörige zogen daraufhin nochmals zur Synagoge, drangen zunächst in die Wohnung des Judenlehrers Heinrich Reiter ein, misshandelten dessen Frau Recha, und schlugen schließlich in der Synagoge alles kurz und klein.
Scheiterhaufen am Säusee. Zwar wurde das Gotteshaus aus Angst um umliegende Gebäude nicht wie andernorts angezündet, wohl aber das Inventar am Säusee auf einem Scheiterhaufen verbrannt. Im Lauf des Abends kam es auch zu Plünderungen in jüdischen Wohnungen. Insgesamt 47 Personen, darunter sechs Frauen und sieben arische 'Judenknechte', kamen bei den Aktionen im Kreis Gerolzhofen in 'Schutzhaft'.
Juristische Aufarbeitung erfuhr die von den Nazis höhnisch als 'Reichskristallnacht' titulierte Aktion in Gerolzhofen im Jahr 1950. Von 160 Verdächtigen wurden gerade einmal 16 angeklagt, zwölf erlebten den Prozess. Die Wahrheitsfindung erwies sich als schwierig. Von den mehr als 50 Geschädigten hatten sich lediglich zwei emigrierte Frankenwinheimer Juden mit von US-Anwälten beglaubigten eidesstattlichen Erklärungen zu Wort gemeldet. Ob und in welcher Weise das Gericht diese zur Kenntnis genommen und bewertet hat, so Oettermann, sei den Unterlagen nicht zu entnehmen. Die Angeklagten zeigten beim Prozess im Saal des 'Wilden Mann' fast durchweg nicht die geringste Reue, logen in ihren Aussagen 'dass sich die Balken bogen' und gaben nur zu, was ihnen längst bewiesen war. Wenn man davon ausgehe, dass sich alle Aussagen zu einem Gesamtbild addieren müssten, sei es in diesem Fall eher umgekehrt, meint Oettermann. Kumuliere man alle Unwahrheiten, Ausflüchte und Lügen, bleibe am Ende eine Art Loch: 'Am 10. November 1938 hat es kein Gerolzhofen gegeben, und in der Geschichte Gerolzhofens hat es nie einen 10. November 1938 gegeben.' 
Der gesamte Prozess sei durchgängig gekennzeichnet gewesen durch die geradezu zynische Anwendung der Unschuldsvermutung. Nur fünf Personen wurden letztlich wegen ihrer Beteiligung am Gerolzhöfer Judenpogrom verurteilt. Das höchste Strafmaß betrug 21 Monate. 
Nach dem Referat ergreift Altbürgermeister Hartmut Bräuer das Wort. 'Der Vortrag war nicht darauf ausgelegt, Personen herauszuheben und zu geißeln', attestiert er Oettermann: 'Das war keine Anklage, es war eine Aufarbeitung der Geschichte.' Dass man nach 71 Jahren die Kraft finde, dieses hochsensible Thema aufzugreifen und offen über die Zeit reden zu können, sei sehr wichtig. Ebenso, wie wachsam zu sein und ähnliche Ereignisse in der Zukunft unmöglich zu machen."  
   
Juli 2009: Besuch von Nachkommen des Lehrers Joseph Kellermann     
Gerolzhofen PA 2009010a.jpg (76256 Byte)Foto von Norbert Vollmann: Aus Israel und den USA waren Nachkommen der jüdischen Familie Kellermann angereist, um sich in Gerolzhofen auf die Spuren ihrer Vorfahren zu begeben und hier insbesondere auf die des Religionslehrers Joseph Kellermann, der 1883 in Gerolzhofen starb und auf dem israelitischen Friedhof am Henkelmannskeller beerdigt wurde. Dabei wurde die Gruppe von Evamaria Bräuer auch an die Gedenkstätte in der Schuhstraße geführt, die an die ehemalige jüdische Gemeinde in der Stadt erinnert. Nur zwei Häuser weiter befand sich das Wohnhaus von Joseph Kellermann. 
Artikel in der "Main-Post" vom 10. Juli 2009 (Artikel): "GEROLZHOFEN - Kellermanns Kampf um den Sabbat-Draht
Gäste aus Israel und den USA suchten in Gerolzhofen nach Spuren ihrer Vorfahren, insbesondere aber des israelitischen Religionslehrers Joseph Kellermann, suchten dieser Tage aus Israel und den USA angereiste Nachkommen der Großfamilie Kellermann. Kundig geführt wurden die Gäste von Evamaria Bräuer. 

1832 in Fuchsstadt im Ochsenfurter Gau geboren, war Joseph Kellermann nach Gerolzhofen gekommen, um hier in der jüdischen Gemeinde Religionsunterricht zu erteilen. Aus der Ehe mit Ella Schüler ging der in Gerolzhofen geborene Benzion Kellermann (1869-1923) hervor, der es in Berlin und Frankfurt als Reform-Rabbiner zur damaligen Zeit zu großer Bekanntheit und Anerkennung brachte. Nach dem frühen Tod Ellas heiratete Joseph Kellermann deren Schwester Blümchen. 
Orthodox und streng. Joseph Kellermann muss als Angehöriger des Leviten-Stammes ein sehr orthodoxer und damit wohl strenger Lehrer gewesen sein. Im Stadtarchiv Gerolzhofen findet sich sein Name vor allem im Zusammenhang mit dem Disput um die Anbringung des so genannten Schabbes-Draht, der sich fast neun Jahre lang von 1871 bis 1880 hinzog. Nachdem Gerolzhofen durch die Einlegung der Stadttore eine 'offene Stadt' geworden war, war es den Juden nach ihren rituellen Gesetzen nicht mehr möglich, am heiligen Wochenfeiertag die geringsten Dinge 'über die Straße zu tragen'. Daraufhin beantragte die jüdische Gemeinde auf Betreiben von Kellermann die Anbringung eines Schabbes-, also Sabbat-Drahtes anstelle der alten Tore, um so symbolisch durch eine bewegliche Umfriedung für den Sabbat-Tag den Ring um die Stadt wieder zu schließen. Der Magistrat lehnte dies jedoch ab, da hierzu die Aufstellung von Telegrafen-Stangen erforderlich gewesen wäre. 
Hartnäckiger Lehrer. Während die Vorstände der jüdischen Kultusgemeinde bald aufgaben, ließ der orthodoxe Kellermann nicht locker. Von seiner Hartnäckigkeit zeugen mehrere Beschwerden bei der Regierung. Diese wurden zwar im Kern zurückgewiesen, grundsätzlich wurde aber die Anbringung eines Schabbes-Drahtes für zulässig erklärt, sofern die Stadt ihr Einverständnis dazu geben sollte. Wohl um des lieben Friedens willen wurde schließlich behördlicherseits der Anbringung kleiner verschließbarer Kästen mit aufgerollten dünnen Drähten zugestimmt, die nur am Sabbat über die Straße von Hauswand zu Hauswand gezogen werden durften. Da sich diese Konstruktion aber nicht bewährte, offenbar brach der Draht immer wieder, unternahm die jüdische Gemeinde 1880 einen erneuten Vorstoß, den Sabbat-Draht genehmigt zu bekommen, und wurde wieder abgewiesen. Damit drohte der Zwist weiterzuschwelen. Die salomonische Lösung des Konflikts war schließlich weder dem bald darauf 1883 verstorbenen Kellermann noch dem 'angefressenen' Stadtmagistrat, sondern dem neuen Vorsteher der Kultusgemeinde, Emanuel Lewisohn zu verdanken. Auf seinen pragmatischen Vorschlag hin wurde am Ort der ehemaligen Stadttore je ein Draht über die Straße gezogen und daran eine hübsche Laterne aufgehängt. Die Schabbesdrähte erhielten dadurch eine mittig über die Straße hängende Straßenbeleuchtung, also eine sehr praktische Doppelnutzung. Die Kosten für die Anschaffung und auch für die Unterhaltung und den Ölbedarf für die Lampen übernahm die jüdische Gemeinde. Damit war Ende Juli 1880 das leidige Kapitel endlich abgeschlossen. 
Gerolzhofen PA 2009010.jpg (96245 Byte)Foto links: Auf großes Interesse der aus Israel und den USA angereisten Nachkommen der Familie Kellermann stieß beim Besuch des Israelitischen Friedhofs in Gerolzhofen der Grabstein ihres Vorfahren, des 1883 in Gerolzhofen gestorbenen Religionslehrers Joseph Kellermann. 
Jüdische Stätten in Gerolzhofen.
Evamaria Bräuer führte die Nachkommen der Familie Kellermann zunächst zur ehemaligen Synagoge in der Steingrabenstraße, dem früheren Wohnhaus des Lehrers in der heutigen Schuhstraße 20 und zu der in der unmittelbaren Nachbarschaft befindlichen Gedenkstätte für die ehemalige jüdische Gemeinde. Uri Kellermann hatte wesentlich bei der Übersetzung der Inschrift der Gedenkstätte in der Schuhstraße und der Übertragung in die hebräische Schrift mitgewirkt und ist auch sonst Evamaria Bräuer bei Interpretationen hebräischer Texte behilflich. Der von den Stadtgärtnern mit Rosen bepflanzte kleine Erinnerungsplatz machte auf die Gäste sowohl von seiner Ausstattung als auch von seiner Pflege her einen sehr positiven Eindruck. Danach ging es weiter zum Israelitischen Friedhof, wo sich der Grabstein des Religionslehrers befindet. Eine kurze Mittagsrast vor der Weiterreise legte man am idyllischen Neuen See mit Blick auf den Steigerwald ein. Nach Deutschland gekommen waren aus Israel diesmal Uri Kellermann und seine Frau Duba aus Nof-Ayalon, sowie seine Schwester Ruth mit ihrem Mann aus Jerusalem, und aus den USA eine Cousine sowie der Vetter mit Frau und Tochter. Der Gerolzhöfer Religionslehrer Josef Kellermann war ein Bruder von Uri Kellermanns Urgroßvater. Ihr Stammquartier hatten die Gäste in Würzburg im 'Shalom Europa', dem dortigen jüdischen Zentrum, bezogen, von wo aus sie sich auf die familiäre Spurensuche machten.
Flucht nach Palästina. Die Vorfahren der Familie hatten seit Generationen in Bayern gelebt. Martha Flamm, die Mutter von Uri Kellermann und Ruth Weiss, kam aus Kitzingen und war als kleines Kind nach Nürnberg gezogen, wo sie später ihren Mann Kurt Kellermann kennen lernte. Der beschloss im April 1933, im Alter von 24 Jahren, und damit rechtzeitig vor der Verfolgung durch Hitlers Nationalsozialisten, ins damalige Palästina, das heutige Israel, auszuwandern. Mit leeren Händen landete er im Hafen von Haifa. Um seinen Lebensunterhalt zu verdienen, kaufte er sich eine Leiter und einen Eimer und begann Schaufenster zu putzen. Nachdem Kurt Kellermann in Haifa ein Geschäft für Baumaterialien eröffnet hatte, kehrte er zurück nach Nürnberg, um dort am 13. Januar 1935 seine Verlobte zu heiraten. Noch am nächsten Tag machte sich das junge Ehepaar auf den Weg nach Palästina, wo 1937 Uri und 1941 Ruth zur Welt kamen und der Vater alsbald sein Geschäft auf den Verkauf von Spielzeug umstellte. Schließlich kam er aus der Spielzeugstadt Nürnberg. 
Tod im KZ und bei Anschlag. Der Großvater mütterlicherseits, Leopold Flamm, kam im KZ Theresienstadt ums Leben. Die Tante, Lilli Willner, geborene Flamm, wurde mit ihren drei Kindern in Riga umgebracht. Die Großmutter, Jettchen Flamm, überlebte Theresienstadt.
Ein weiterer Schicksalsschlag traf die Familie, als bei einem Terroranschlag im März 2008 auf eine Rabbinerschule in West-Jerusalem ein 17-jähriger Enkel starb. 
Die Großeltern von Uri Kellermann und Ruth Weiss, die 1904 in Nürnberg geheiratet hatten, zählen heute etwa 200 Nachkommen. Über 90 Prozent davon leben in Israel." 
 
November 2010: Zur Einweihung der Deportations-Gedenkstätte in Würzburg sind auch Vertreter aus Gerolzhofen anwesend 
Wuerzburg Denkmal PG 011.jpg (184153 Byte)Foto links von Elisabeth Böhrer (nicht im Artikel der "Main-Post"). Wider das Vergessen: Das Denkmal am so genannten Platz'schen Garten in Würzburg, das an die Deportation der Juden aus Unterfranken erinnert, mit dem Künstler Pater Meinrad Dufner. Auch für 20 Bürger aus Gerolzhofen begann hier die Fahrt in die Vernichtungslager.  
Artikel (novo) in der "Main-Post" vom 22. November 2010 (Artikel): "GEROLZHOFEN - Namen erinnern an das Grauen 
Auch den 20 deportierten Gerolzhöfer Juden wird in Würzburg ein Denkmal gesetzt 

Die Reichspogromnacht 1938 signalisiert den Beginn der brutalen Verfolgung der Juden. Zwei Jahre später begann 1940 ihre systematische Ermordung. Am ehemaligen Platz'schen Garten in Würzburg wurde nun ein neues Denkmal eingeweiht, das an die Opfer der Deportationen aus Unterfranken, darunter 20 jüdische Mitbürgerinnen und Mitbürger aus Gerolzhofen erinnern soll. Ein geladener Kreis aus Kirchen, Politik und des gesellschaftlichen Lebens gedachte bei der Enthüllung der Pogrom-Nacht vom 9. auf den 10. November vor 72 Jahren. Unter den Gästen waren auch zahlreiche Vertreter vieler betroffener unterfränkischer Städte und Gemeinden erschienen. 
Aufgrund ihres persönlichen Engagements waren aus Gerolzhofen Altbürgermeister Hartmut Bräuer und seine Frau Evamaria gekommen, die das Erinnerungsprojekt beide aktiv begleiten. Evamaria Bräuer vertritt in der Projektgruppe, unterstützt von ihrem Mann, die in Vernichtungslagern umgekommenen 20 jüdischen Mitbürger aus Gerolzhofen, die mit dem dritten von sechs Transporten 1942 von Würzburg aus deportiert wurden. Evamaria Bräuer verfasst auch ihre jeweiligen Biografien für die Internet-Seite www.wir-wollen-uns-erinnern.de.
Drei verlorene Schuhe. Das neue Denkmal soll an die Massendeportationen von Juden erinnern, die in Unterfranken im November 1941 begannen. Jüdische Bürger mussten sich damals im Platz'schen Garten sammeln und von dort aus zu Fuß zum Hauptbahnhof oder zum Verladebahnhof Aumühle marschieren. Von da begann dann die Fahrt mit Viehwaggons der Reichsbahn in den Tod.
Das Gelände in Würzburg entlang des Friedrich-Ebert-Rings gehört heute zum 'Haus St. Benedikt' der Abtei Münsterschwarzach. Entworfen wurde das in den Werkstätten der Abtei geschaffene Mahnmal vom Münsterschwarzacher Benediktinerpater und Künstler Meinrad Dufner. Er hat in das Kunstwerk die früheren Treppen aufgenommen, eine Jugendstilsäule und den Zaun. Ins Mauerwerk sind die Namen der Vernichtungslager und die Deportationsdaten eingraviert.
Auf den Treppenstufen aus rostigem Metall liegen drei verlorene Schuhe (aus Eisen) – ein Männer-, ein Frauenschuh und ein Kinderschuh als Symbol für die jüdischen Menschen aus ganz Unterfranken, die sich hier am Eingang zu Würzburgs damals bekanntestem Tanzlokal versammeln und dann unter Bewachung zum Verladebahnhof Aumühle laufen mussten. Ganze Familien wurden damals im KZ ausgelöscht.
Jeder der diese Schwelle sieht, kann sofort begreifen, dass mit den Besitzern der Schuhe 'etwas passiert sein muss', so der Künstler zu seiner Intention. Das frühere Würzburger Tanzlokal ist fortan kein unbeschwerter Ort mehr.
Erinnerungsweg in Arbeit. Das Denkmal soll allerdings nur der Anfang eines geplanten Erinnerungsweges sein, der seinen Endpunkt am Verladebahnhof findet. Zwischen dem 27. November 1941 und dem 17. Juni 1943 wurden von Würzburg aus bei den insgesamt sechs erwähnten Deportationen exakt 2063 unterfränkische Männer, Frauen und Kinder jüdischer Abstammung wie Schlachtvieh auf der Schiene in die osteuropäischen Vernichtungslager gebracht. Anschließend wurde der 'Gau Mainfranken' offiziell als 'judenfrei' gemeldet.
Die 20 jüdischen Mitbürger aus Gerolzhofen gehörten dem dritten Transport am 25. April 1942 an, der sie zunächst nach Krasnystaw (kleine Korrektur des Pressartikels durch den Webmaster) in Polen führte und bei dem allein 852 Menschen deportiert wurden. An ihr aller Schicksal soll am 20. Mai 2011 erinnert werden. Nur 41 der (sc. zwischen dem 27. November 1941 und dem 17. Juni 1943 aus Würzburg 2.063) Deportierten haben das Grauen überlebt. Bei der Gedenkveranstaltung werden Teilnehmer Schildern mit Namen und Herkunft der einzelnen Opfer tragen und von dem neuen Denkmal aus auf einem 'Weg der Erinnerung' zum ehemaligen Verladebahnhof laufen. Den Weg der Opfer machen elf Betonschwellen sichtbar, die entlang der Strecke als visuelle Hinweise in den Boden eingelassen werden. Daneben informieren Gedenkstelen über die einzelnen Deportationen. Auch am Ende des Erinnerungswegs wird eine Gedenkstele errichtet. Was die Einweihung des Gedenkwegs 2011 anbelangt, so ist geplant, dass 20 Gerolzhöfer, darunter auch Realschüler, die jeweiligen Schilder mit den Daten der Gerolzhöfer Opfer tragen sollen.
Mehr über die Aktion im Internet unter www.wir-wollen-uns-erinnern.de."   
 
November 2013: Gedenken zum 75. Jahrestag des Novemberpogroms 1938   
Gerolzhofen November 2013010.jpg (43640 Byte) Das Programm der Gedenkveranstaltungen am 10. November 2013 in Gerolzhofen und einer damit verbundenen Ausstellung: 
"Wir erinnern"
(pdf-Datei)    
Dazu Artikel in der "Main-Post" vom 12. November 2013: "Gerolzhofen - Erinnerung an die Opfer bewahren. Stadtrundgang zu Zeichen des Erinnerns..."   
Weiterer Artikel in der "Main-Post" vom 12. November 2013: "Gerolzhofen - Zwischen Gedenken und Erinnern. Gottesdienst zum 75. Jahrestag der Pogromnacht in der Erlöserkirche mit Referat von Dr. Rotraud Ries..."     
  
Fotos vom Gedenkgottesdienst
 am 10. November 2013 
in der Erlöserkirche Gerolzhofen 
Gerolzhofen November 2013011.jpg (24367 Byte) Gerolzhofen November 2013012.jpg (62257 Byte) Gerolzhofen November 2013013.jpg (20691 Byte)
Quelle der Fotos: Evangelische
 Kirchengemeinde Gerolzhofen
  
Dr. Rotraud Ries 
während der Kanzelrede
Musikalische Umrahmung durch 
den Posaunenchor Gerolzhofen 
Tanzperformance mit 
Marie Preußlen, München 
 
Mai 2014: Auf den Spuren der jüdischen Geschichte durch Gerolzhofen   
Artikel in der "Main-Post" vom 13. Mai 2014: "GEROLZHOFEN. Auf den Spuren jüdischer Familien durch die Stadt
Führung durch Gerolzhofen mit Evamaria Bräuer. Zahlreiche jüdische Kaufleute, Händler und Metzger lebten einst in Gerolzhofen. Heute sind sie nur noch in Geschichtsbüchern wiederzufinden. Doch was ist geblieben? Dieser Frage ging Evamaria Bräuer im Rahmen der Wanderausstellung 'Mitten unter uns', die aktuell im Gerolzhöfer Rathaus gezeigt wird, auf den Grund..."    
Link zum Artikel   
 
Juni / Dezember 2014: In Gerolzhofen werden erste "Stolpersteine" verlegt    
Artikel in der "Main-Post" vom 5. Juni 2014: "GEROLZHOFEN. Mahnung gegen das Vergessen
Die ersten Stolpersteine werden verlegt – Stadtrat macht Zustimmung der Hauseigentümer zur Bedingung

Wie in rund 820 deutschen Städten und Gemeinden (zuletzt Frankenwinheim) hält nun auch in Gerolzhofen die Erinnerungskultur in Form von Stolpersteinen Einzug. Zum Gedenken an die ehemaligen jüdischen Mitbürger, die in dem Haus wohnten und dem NS-Terror zum Opfer fielen, werden in der Marktstraße 7 vor der dortigen Boutique drei dieser Symbole gesetzt. Es sind quadratische, mit einer Messingplatte besetzte Steine, auf denen Geburts- und Todesdatum der Opfer eingeschlagen sind. Sie stammen von dem Kölner Künstler Gunther Demnig.
Drei Gegenstimmen. Mit 18:3 (Gegenstimmen Markus Reuß und Burkhard Wächter von der CSU sowie Heinz Lorz von Bürger für Geo) sprach sich der Stadtrat am Montag im Rathaus von Rügshofen für einen Antrag des KulturForums auf Verlegung dieser Steine aus. Bei allen weiteren Anträgen wird nicht mehr der Stadtrat entscheiden, sondern das schriftliche Einverständnis der betroffenen Hausbesitzer. Für die ersten Stolpersteine liegt dieses Einverständnis vor..."   
Link zum Artikel       
Anmerkung: Die ersten drei "Stolpersteine" wurden verlegt am 1. Dezember 2014 für Meta Henle geb. Lichtenauer, Max Henle und Paul Henle (Verlegungsort: Marktstraße 7) 
Einladung zur Verlegung der "Stolpersteine" (pdf-Datei)    
 

Dezember 2014: Die erste Verlegung von "Stolpersteinen" in Gerolzhofen 

TV-Video-Beitrag siehe  http://www.tvtouring.de/mediathek/video/stolpersteine-verlegt/ 
Artikel von Norbert Vollmann in der "Main-Post" vom 1. Dezember 2014: "GEROLZHOFEN. Die Henles.
Erstmals wird jetzt auf diese Weise auch in Gerolzhofen an einst von den Nazis verschleppte und ermorderte jüdische Mitbürger erinnert. Hierzu bedurfte es allerdings eines längeren Anlaufs.
Ihr Leben millionenfach auszulöschen, das ist den Nationalsozialisten auf barbarische Weise gelungen. Was Adolf Hitler und seine Nazi-Schergen aber nicht geschafft haben, ist die Erinnerung an die in den Vernichtungslagern umgebrachten Menschen jüdischen Glaubens zu verhindern und damit auch ihre Namen auszulöschen. Ganz im Gegenteil. Auch in Gerolzhofen hat jetzt gut 70 Jahre später auf Initiative des KulturForums die Erinnerungskultur an die einstigen jüdischen Mitbürger durch die Verlegung der ersten Stolpersteine für Max, Meta und Paul Henle in der Marktstraße am Anwesen Nr. 7 Einzug gehalten. Zu ihrem Gedenken wurden vor der dortigen Boutique zwischen der Eisdiele und dem Schuhhaus drei dieser Symbole in den Gehsteig eingelassen. Max, Meta und Paul Henle wohnten in diesem Haus und hatten hier in Gerolzhofen ihre Heimat, bevor der Nazi-Terror ihr Leben brutal auslöschte. Die heutigen Hausbesitzer, Armin und Heidemarie Bacher, hatten dem Mahnprojekt von Anfang an aufgeschlossen, engagiert und mit großer Sympathie gegenüber gestanden. Die Stolpersteine stammen von dem Kölner Künstler Gunther Demnig. Es sind quadratische, mit einer Messingplatte versehene Steine, auf denen neben dem Namen das Geburts- und Todesdatum der Opfer eingeschlagen sind. Demnig hat inzwischen bereits 49 000 Stück im Rahmen seines Kunstprojektes in Deutschland und im Ausland verlegt. Auch in Gerolzhofen griff er persönlich zu Hammer, Keller und Besen.
'In Gerolzhofen sind meine Wurzeln'.
Eigens zur Verlegung der Platten waren zwei Nachfahren der Familien Henle-Lichtenauer nach Gerolzhofen gekommen. Mauricio Lichtenauer, ein Großneffe, hatte sogar mit seiner Frau Nelly den weiten Weg aus Argentiniens Hauptstadt Buenos Aires nach Gerolzhofen auf sich genommen. Meta Henle war eine geborene Lichtenauer. Mauricio Lichtenauer, sein Großvater Moritz (daher Mauricio) und Meta Lichtenauer waren Geschwister, zeigte sich sehr beeindruckt von der würdigen Zeremonie und der dem Anlass angepassten kleinen Feier zur Verlegung der Stolpersteine für seine Vorfahren. Er betonte sichtlich ergriffen: 'Hier in Gerolzhofen sind meine Wurzeln. 20 Jahre lang hatte ich nach dem Tod meines Vaters, der nur sehr wenig über die damalige Zeit erzählt hatte, danach gesucht. Um so glücklicher bin ich jetzt.' Mit dem Argentinier war sein Cousin dritten Grades, David Lichtenauer, nach Gerolzhofen gekommen. Beide trafen sich zum ersten Mal persönlich. Der in Kolumbien aufgewachsene und inzwischen in Nürnberg lebende David Lichtenauer entstammt der Linie, die einst in der Bahnhofstraße lebte. Den Auftakt der Stolpersteinverlegung machte eine kurze Einführung durch das Beiratsmitglied des KulturForums, Evamaria Bräuer. Sie, die ausgewiesene Kennerin des jüdischen Glaubens und der jüdischen Gemeinde, wies daraufhin, dass 'der Weg dahin kein einfacher und lang war.' In der Tat hatte es mehrere Anläufe bedurft. Zuletzt war 2006 ein diesbezüglicher Vorstoß im Stadtrat gescheitert. Man sollte sich der Glanzlichter und Schandflecken der deutschen Geschichte bewusst sein, so Evamaria Bräuers Credo. Gerolzhofens Bürgermeister Thorsten Wozniak würdigte die kontrovers, aber ehrlich geführte Diskussion im Stadtrat. Mit dieser Stolpersteinverlegung verändere sich die Erinnerungskultur in der Stadt. Die Stolpersteine seien an der viel begangenen Engstelle zwar eher zufällig, aber passend an zentraler Stelle platziert, mitten im Herzen der Altstadt und genau dort, wo die Henles gelebt haben. Wozniak forderte dazu auf, diesen Tag zum Anlass zu nehmen, 'uns daran zu erinnern, dass wir alle immer wieder aufs Neue zu einer Zukunft in Frieden und Freiheit betragen können, indem wir unsere Lehren aus der Vergangenheit ziehen und für Toleranz und Verständigung einstehen.' Schweinfurts stellvertretender Landrat Peter Seifert ging zugleich im Namen von Landrat Florian Töpper besonders auf die Bedeutung der hiesigen jüdischen Gemeinden ein. Sein Appell an die Jugend lautete: 'Bleibt dabei und gebt es weiter.' Die Schüler Fanny Seßler, Anna-Lena Ries, Anne Keilholz, Lena Ludwig und Nina Piller der Klasse 9c der Ludwig-Derleth-Realschule verlasen die Biografien von Meta, Max und Paul Henle. Die Klasse ist über den bilingualen Englisch- und Geschichtsunterricht mit Lehrerin Daniela Mack in das Projekt eingebunden. Neben den Realschülern wohnten auch Schüler des Gerolzhöfer Gymnasiums, zahlreiche interessierte Bürger sowie mit Paula Fellner und Robert Maria Schmitt zwei ehemalige Klassenkameraden von Paul Henle der Stolpersteinverlegung bei.Für die musikalische Umrahmung sorgten Klarinettist Sepp Hauck (Michelau), am Klavier begleitet von Elke Friedl, mit dem Titelsong von John Williams aus dem Film 'Schindlers Liste'.
Steine wurden gespendet. Kosten entstehen der Stadt durch die Stolpersteine übrigens auch so gut wie keine. In Gerolzhofen hat sich nämlich unter dem Dach des KulturForums eine Initiative zu ihrer Verlegung gebildet. So hatten der frühere CSU-Bundestagsabgeordnete und Bundeswirtschaftsminister Michael Glos, der SPD-Ortsverein und die Stadtratsliste Geo-net die Patenschaften zum Auftakt der Aktion übernommen: Glos für den Stein der in seiner Heimatgemeinde Brünnau geborenen Meta Henle, geb. Lichtenauer, die SPD für den der Sozialdemokratie nahestehenden Max Henle und Geo-net für den von Paul Henle. Michael Glos, der SPD-Ortsvereinsvorsitzende Lukas Bräuer und Thomas Vizl für Geo-net legten schließlich als Steinpaten jeweils eine Rose an den neu verlegten Stolpersteinen nieder. Mit der Entzündung von Lichtern gedachten Mauricio und David Lichtenauer den Opfern des Nazi-Terrors aus ihren Familien. Unterdessen hat der neu gewählte Präsident des Zentralrates der Juden in Deutschland, Josef Schuster (Würzburg), am Montag den 'Stolperstein'-Künstler Gunter Demnig kritisiert. Zum einen verstehe er nicht, weshalb Demnig seit kurzem auch Steine für Menschen verlege, die den Nazi-Terror überlebt hätten. Regelrecht verstört habe ihn aber eine zweite Entwicklung, erläuterte Schuster. Auf einigen Stolpersteinen verwende Demnig die Terminologie der Nationalsozialisten. Auch wenn er die Begriffe in Anführungszeichen setze, könne man heute kaum noch voraussetzen, "dass jeder Passant weiß, was mit 'Rassenschande' gemeint war", fragte Schuster. Zudem seien die Angehörigen der Opfer durch die Wortwahl "oft tief verletzt". Demnig möchte damit zweifelsohne Fragen aufwerfen und damit zur vertieften Auseinandersetzung mit dem Thema motivieren. Dies dürfe aber nicht auf Kosten der Opfer und Hinterbliebenen geschehen.."    
Link zum Artikel  
 
FLYER: "STOLPER STEINE - STUMBLING STONES in Gerolzhofen", herausgegeben von der Initiative Stolpersteine für Gerolzhofen. Kulturforum e.V.  info@kulturforum-gerolzhofen.de    
Zum Download: Vorderseite des Flyers  Innenseite des Flyers (pdf-Dateien)  
      
Die drei verlegten "Stolpersteine" für 
Meta Henle geb. Lichtenauer, 
Max Henle und Paul Henle  
(Fotos erhalten von Evamaria Bräuer) 
Geolzhofen Stolpersteine 010.jpg (87733 Byte) Geolzhofen Stolpersteine 011.jpg (76802 Byte)
     
Eintragung in "Goldene Buch" der Stadt 
(Fotos erhalten von Evamaria Bräuer) 
Gerolzhofen Goldenes Buch 01122014a.jpg (54973 Byte) Gerolzhofen Goldenes Buch 01122014.jpg (52414 Byte)
  Die Nachfahren der Familien Henle-Lichtenauer, die zur Stolpersteine-Verlegung nach Gerolzhofen gekommen waren, trugen sich in das Goldene Buch der Stadt ein: Mauricio Lichtenauer mit seiner Frau Nelly aus Buenos Aires sowie David Lichtenauer.   
     
September 2015: Zweite Verlegung von "Stolpersteinen" in Gerolzhofen  
(Informationen und Fotos erhalten von Evamaria Bräuer)    
Am 19. September 2015 wurden drei "Stolpersteine" in Gerolzhofen verlegt: vor dem Haus Marktplatz 15 für Stefan Löbhardt (geb. 1897 in Gerolzhofen, deportiert 1942)  und vor dem Haus Marktstraße 20 für Amalie Kohn geb. Schwab (geb. 1873 in Rimpar, deportiert und ermordet 1943) und Hermann Kohn (geb. 1871 in Lülsfeld, deportiert und ermordet 1943).  
Weitere Informationen zu den genannten Personen im Presse-Artikel von Stefan Polster in der "Main-Post" vom 22. September 2015: "Gerolzhofen. Stolpersteine erinnern an drei weitere ermordete Mitbürger" (eingestellt als pdf-Datei) 
bzw. Link zum Artikel in der "Main-Post".    
         
Die drei Personen und die 
für sie verlegten Stolpersteine 
Gerolzhofen Stefan Loebhardt F01.jpg (79285 Byte) Gerolzhofen Stefan Loebhardt Sto01.jpg (118876 Byte) Gerolzhofen KK Hermann Kohn.jpg (129048 Byte) Gerolzhofen Kohn Sto 01.jpg (132290 Byte)
  Stefan Löbhardt und der für ihn vor dem 
Haus Marktplatz 15 verlegte Stolperstein  
Kennkarte (ausgestellt Gerolzhofen 1939) für Hermann Kohn und die Stolpersteine für ihn 
und seine Frau Amalie geb. Schwab vor dem Haus Marktstraße 20 verlegten Stolpersteine    
         
Die Verlegung der Stolpersteine
am 19. September 2015 
Gerolzhofen Sto 092015.jpg (40152 Byte) Gerolzhofen Schueler 01.jpg (75723 Byte) Gerolzhofen A Dolag Klarinette.jpg (71925 Byte) Gerolzhofen Floetenquartett Sto01.jpg (70969 Byte)
  Zahlreiche Interessierte bei der Verlegung  Schüler verlesen die Biografien  Schülerin mit Klarinette  Flötenquartett der Musikschule 
         

  

Mai 2016: Dritte Verlegung von "Stolpersteinen" in Gerolzhofen  
(Informationen und Fotos erhalten von Evamaria Bräuer) 
Anmerkung: vor dem ehemaligen Anwesen der Familie Lichtenauer in der Bahnhofstraße 16 sowie vor dem Anweisen der Familie Brodmann in der Bahnhofstraße 5 wurden insgesamt fünf Stolpersteine verlegt.
      
Bericht in der "Main-Post" vom 29. Mai 2016: "GEROLZHOFEN. Sie haben wenigstens ihre Namen wieder. 
Versteinerte, betroffene, gar entsetzte Gesichter. Altbürgermeister Hartmut Bräuer versagt die Stimme, als er die auf Englisch vorgetragene Rede von Milka Lichtenauer, verheiratete Zailer, auf Deutsch vorlesen will. Sechs Millionen durch das NS-Regime ermordete Juden, das ist eine immer wieder vorgetragene Zahl, die abstumpfen mag. Aber wenn es um Einzelschicksale geht, dann machen die Verbrechen dieser Diktatur auch über 70 Jahre danach immer noch fassungslos. Auch Menschen, die diese Zeit nicht erlebt haben. So geschehen bei der dritten Verlegung von Stolpersteinen in der Stadt, diesmal in der Bahnhofstraße 5 und 16. Diesmal ging es um das Gedenken an die jüdische Familie Lichtenauer, die in Gerolzhofen einen Namen hatte und sich vor der Machtübernahme stark im Leben der Stadt engagierte. 
Evamaria Bräuer vom KulturForum, das die Stolperstein-Verlegung begleitet, sagte eingangs, im Wissen um die deutsche Geschichte seien die Gründe gut zu verstehen, warum bereits 1933 viele Menschen Deutschland verließen. Viele aber sind geblieben und 'die Gründe, Gerolzhofen nicht zu verlassen, erscheinen uns heute fast völlig unverständlich', sagte Bräuer. So kam es, dass die Nazis im April 1942 20 Gerolzhöfer zwischen 11 und 66 Jahren aus ihren Wohnungen holten, nach Würzburg brachten und von dort in das Durchgangslager Krasnystaw bei Izbica in Ostpolen transportierten. Danach verlieren sich ihre Spuren. Fest steht aber, dass alle deportierten Gerolzhöfer in den Vernichtungslagern Belzec und Sobibor ermordet wurden. Die Nazis nahmen ihnen nicht nur das Recht zu leben, sondern auch das Recht, in einem Grab bestattet zu werden.
Besuch aus Israel. 'Froh und ein klein wenig stolz' zeigte sich Bräuer, dass rund ein Dutzend Nachfahren der Familie Lichtenauer eigens aus Israel zu der Zeremonie der Steinverlegung gekommen war. Abermals ist das KulturForum bei seinen Anfragen an die heutigen Hausbesitzer auf großes Entgegenkommen gestoßen. Brunhilde Jüttner aus der Bahnhofstraße 5 hat sofort zugestimmt, dass vor ihrem Anwesen der Stein für Kathi Langstädter geb. Lichtenauer, verlegt wird, ebenso Norbert Rumpel für die Bahnhofstraße 16, vor der Aktionskünstler Gunter Demnig die Steine für Rafael, Jenny, Albert und Janette Lichtenauer verlegte. Nachdem sie das Regime zu Nummern gemacht hatte, bekommen die Lichtenauers nun wenigstens wieder ihre Namen zurück, freute sich Evamaria Bräuer.
Bürgermeister Thorsten Wozniak erklärte, für heutige Demokraten sei das Grundgesetz, das auf Menschlichkeit und Menschenrechten basiert, eine Selbstverständlichkeit. Zwischen 1933 und 1945 war das anders. 'Während wir heute in einem Staat leben, der Hilfebedürftigen und Minderheiten Schutz bietet, wurden die Menschen, die in der Zeit des Nationalsozialismus nicht ins arische Weltbild gepasst haben, systematisch verfolgt und vernichtet.'
Stolpersteine, so Wozniak, seien ein Zeichen, dass die große Mehrheit der Deutschen aus der Vergangenheit gelernt hat.
'Die Geschichte lehrt, dass sich Menschen und Nationen erst dann klug verhalten, wenn alle anderen Möglichkeiten erschöpft sind', zitierte stellvertretende Landrätin Christine Bender den israelischen Politiker Abba Eban. Das Verlegen der Stolpersteine sei ein Beweis für diese Erkenntnis. Auch Bender fand es gut, dass im Landkreis aktive Erinnerungsarbeit geleistet wird. Neben Gerolzhofen wurden bereits auch in Frankenwinheim Stolpersteine verlegt.
Kibbuzgründer. Aus der Familie Lichtenauer überlebte nur Gustav, der bereits vor dem Krieg im Alter von 15 Jahren aus Deutschland nach Israel fliehen konnte. Ihm ist es zu verdanken, dass wieder eine weitverzweigte Familie besteht, für die Milka Zailer – ebenfalls deutlich emotionalisiert – das Wort ergriff.
Sie berichtete, dass Gustav Lichtenauer in Israel sehr aktiv gewesen sei. Er gehörte zu den Gründern eines Kibbuz und war 1948 am Unabhängigkeitskrieg beteiligt, als arabische Länder den jungen Staat Israel mit seinen damals nur 600 000 Menschen angriffen.
Eines Tages nach dem Krieg erhielt er eine Mitteilung vom Roten Kreuz mit der Information, dass seine gesamte Familie – Eltern, Bruder, Großeltern, Tanten und Cousinen – in den Grauen der Shoa ums Leben gekommen war. Bis zu seinem Tod 2007 hat Gustav immer gesagt: 'Wir dürfen niemals vergessen und vergeben.' Das verschwieg Milka Zailer nicht. Trotzdem bedankte sie sich bei allen Aktiven in Gerolzhofen, besonders Evamaria Bräuer, für die Bemühungen, an das Vergangene zu erinnern.
Die Paten für die Steine, Hartmut Bräuer für die SPD-Kreistagsfraktion, Thomas Vizl für die Fraktion der Bündnisgrünen, Brigitte Wozniak für die evangelische Kirchengemeinde und Burkhard Tebbe für das KulturForum, legten Rosen an den Stolpersteinen nieder.
Die Musikstücke von Dana Sperling, Franziska Schneider und Julia Barthelme aus dem Flötenensemble von Elke Friedl sowie später einer Chorgemeinschaft halfen den Teilnehmern, ihren Gedanken und Gefühlen nachzuspüren.
Quelle / Link zum Artikel: http://www.mainpost.de/regional/schweinfurt/Kunst-und-Kulturforen;art769,9238787   

Artikel in der "Main-Post" vom 30. Mai 2016: GEROLZHOFEN. Nur einer aus Rafael Lichtenauers Familie überlebte
Die Biografien der Angehörigen der Familie Lichtenauer, für die nun Stolpersteine in der Bahnhofstraße liegen, in Kurz Form.
Kathi Langstädter, geb. Lichtenauer (verlesen von Irmgard Fröhling): Sie ist eins von elf Kindern von Raphael sen. und Milka Lichtenauer und wurde 1880 geboren. Sie heiratete 1906 den Metzger Heinrich Langstädter aus Memmelsdorf, der 1917 im Ersten Weltkrieg fiel. Die Witwe kehrte 1935 nach Gerolzhofen zurück und wohnte bei Familie Brodmann in der Bahnhofstraße. 62-jährig wurde sie im April 1942 als Nummer 460 nach Polen deportiert und kehrte nicht zurück.
Rafael Lichtenauer jun. (verlesen von Horst Gandziarowski): Der Landwirt und Viehhändler wurde 1878 in Gerolzhofen geboren. Er war das dritte von zehn Kindern von Abraham und Sara Lichtenauer. In der heutigen Bahnhofstraße 16 gründete die Familie einen florierenden Hof- und Landhandel. Die Lichtenauers waren geachtete Bürger und gut im Leben der Stadt integriert. Rafael Lichtenauer etwa gehörte zu den Gründungsmitgliedern des Steigerwaldklubs. Die Familie unterstützte den patriotischen Aufruf zur Errichtung eines Denkmals für die Gefallenen des Kriegs von 1870/71, das heute als 'Germania' in der Nördlichen Allee steht. Seinen ältesten Sohn Gustav schickte Rafael nach Frankfurt/Main, um sich dort für die Auswanderung zu qualifizieren. Die gelang im Sommer 1936 im Schatten der Olympischen Spiele. Ab 1941 durfte Rafael Lichtenauer keine Gastwirtschaft mehr betreten. Sein Feierabendbier reichten ihm die Wirtsleute Weinig heimlich durch ein Fenster zum Hof. Rafael Lichtenauer wurde ebenfalls 1942 nach Polen gebracht und im Raum Lublin ermordet.
Jenny Lichtenauer (vorgelesen durch Ursula White): Sie heiratete 1920 den Gerolzhöfer Rafael Lichtenauer, mit dem sie zwei Kinder hatte. Zu Hause in der Bahnhofstraße wurde fränkisch gesprochen. Samstags und an Feiertagen besuchten die Lichtenauers die Synagoge. Die kürzlich verstorbene Nachbarin Anni Kirchner berichtete von den schönen Handarbeiten und Stickereien aus der Hand von Jenny Lichtenauer. Ab 1939 war nur noch der Kolonialwarenladen mit Bäckerei Weickert bereit, jüdische Kunden zu bedienen. Die christlichen Nachbarn aus der Schulersmühle halfen mit den notwendigsten Lebensmitteln aus, die sie nachts heimlich über den Zaun reichten. Jenny Lichtenauer wurde ebenfalls 1942 bei Lublin ermordet.
Albert Lichtenauer (vorgetragen vom 17-jährigen Lukas Stößel): Er war der zweite Sohn von Rafael und Jenny Lichtenauer (Jahrgang 1925). 1938 wurde ihm verboten, eine öffentliche Schule zu besuchen. Die gewaltsam unterbrochene Schulausbildung konnte er auf einem Landwerk bei der Vorbereitung auf ein Leben in Israel fortsetzen. Aber es war zu spät. 1941 erließen die Nazis ein allgemeines Emigrationsverbot, die Ausbildungsstätten wurden zu Zwangsarbeitslagern. Der 16-jährige Albert kehrte nach Gerolzhofen zurück und fand 1942 mit seinen Eltern und Verwandten den Tod in der Nähe von Lublin.
Janette Lichtenauer (vorgetragen von Brigitte Vogt): 1881 geboren, war sie viertes Kind von Abraham und Sara Lichtenauer. Sie war behindert und zog mit ihrer 87-jährigen Mutter und der blinden 83-jährigen Tante Fanny nach Würzburg in ein Altenheim. Mutter und Tante starben 1940 und 1941 und konnten noch auf den Israelitischen Friedhöfen in Würzburg und Gerolzhofen begraben werden.
Die 60-jährige Janette kam Ende 1941 über Nürnberg nach Riga. Der Transport erfolgte im kältesten Winter seit 1756 in vollgestopften, unbeheizten Eisenbahnwaggons. Gipfel des Zynismus: Für ihre letzte Fahrt mussten die unfreiwilligen Passagiere auch noch 80 RM bezahlen. Nur 52 Personen überlebten diesen Transport. Janette Lichtenauer war nicht unter ihnen.
Quelle / Link zum Artikel: http://www.mainpost.de/regional/schweinfurt/Biografien-Mord;art769,9239636     
 
Gerolzhofen Sto 27052016A.jpg (118856 Byte) Gerolzhofen 2016134.jpg (43995 Byte) Gerolzhofen 2016149.jpg (202021 Byte) Gerolzhofen Sto 27052016 Milka Lichtenauer.jpg (22974 Byte) Gerolzhofen Sto 27052016 Milka Lichtenauer 02.jpg (128355 Byte)
 Links Evamaria Bräuer und Milka Lichtenauer 
verh. Zailer, rechts Chorgemeinschaft Gerolzhofen
Musikalische Umrahmung 
der Verlegung  
  
Stolperstein für Kathi Langstädter 
geb. Lichtenauer (1880;
Bahnhofstraße 5) 
Milka Lichtenauer verh. Zailer bei ihrer Ansprache, 
auf Foto rechts während der Verlegung der Stolpersteine 
   
          
 Gerolzhofen Sto 27052016 Fam Lichtenauer.jpg (73510 Byte) Gerolzhofen 2016255.jpg (85532 Byte) Gerolzhofen 2016257.jpg (97670 Byte) Gerolzhofen 2016203.jpg (63477 Byte) Gerolzhofen 2016203A.jpg (108910 Byte)  
Gruppenbild mit den Angehörigen der 
Familie Lichtenauer und jetzigen Hausbesitzern
 vor dem Haus Bahnhofstraße 16   
Die Stolpersteine für Janette Lichtenauer, Rafael Lichtenauer, Jenny Lichtenauer 
geb. Berliner und Albert Lichtenauer vor dem Grundstück Bahnhofstraße 16 
 
  Aviram Zailer entzündet 
eine Gedenkkerze 
 
 

   

Februar 2017: Eine Treppe soll an Benzion Kellermann erinnern   
Artikel von Norbert Finster in der "Main-Post" vom 23. Februar 2017: "Treppe soll an Benzion Kellermann erinnern.
Der Name wird den meisten nichts sagen. Doch Benzion Kellermann ist einer der großen Söhne Gerolzhofens. Er war in der wilhelminischen Ära und in der Frühphase der Weimarer Republik ein viel beachteter Philosoph, Pädagoge und Reform-Rabbiner. Nach ihm soll jetzt die Treppenanlage benannt werden, die von der Schuhstraße zwischen dem Anwesen Dittmeier und dem Gedenkstein für einstige jüdische Mitbürger hinab zur Bleichstraße führt. Das beschloss der Stadtrat einstimmig."    
Link zum Artikel (eingestellt als pdf-Datei)    
 
November 2017: Mit Schülern auf den Spuren jüdischen Lebens in Gerolzhofen   
Artikel von Michael Mahr in der "Main-Post" vom 24. November 2017: "GEROLZHOFEN Auf den Spuren jüdischen Lebens in der Stadt 
Die wenigsten Schüler der neunten Klasse des Gymnasiums in Gerolzhofen wussten bis vor Kurzem, dass es in der Stadt so wie in vielen anderen fränkischen Orten eine jüdische Gemeinde gab. Durch Referate erarbeiteten sich die Jugendlichen ein Grundwissen über namhafte jüdische Persönlichkeiten wie Karl Marx, Sigmund Freud, Albert Einstein und Martin Buber, aber auch über den Antisemitismus und die Holocaust-Gedenkstätte Yad Vashem, die im 'Tal der Gemeinden' auch an die vielen nicht mehr bestehenden jüdischen Gemeinden in Unterfranken erinnert. Dort liest man in großen Felsblöcken eingemeißelt bekannte Namen: Schweinfurt, Haßfurt, Würzburg, Kitzingen, Marktbreit, Gerolzhofen, Frankenwinheim, Prichsenstadt und andere. 
Pfarrer Hans Gernert organisierte für die Schüler gemeinsam mit seinem katholischen Kollegen Klaus Vollmuth eine Führung zur Geschichte der ehemaligen jüdischen Gemeinde in Gerolzhofen. Evamaria Bräuer zeigte anhand eine Stadtplans, dass die jüdischen Familien zu Beginn des 20. Jahrhunderts über die ganze Stadt verteilt wohnten und gut integriert waren. Im Ersten Weltkrieg kämpften über 90 000 jüdische Männer ganz selbstverständlich auf deutscher Seite mit. Fast ein Drittel ist gefallen. So findet sich auch der Name eines jüdischen Mitbürgers aus Gerolzhofen auf dem örtlichen Kriegerdenkmal. Am Türstock eines Hauses am Anfang der Steingrabenstraße zeigte Frau Bräuer die Stelle, an der eine Mesusa, eine Art jüdischer Haussegen, angebracht war. In einem anderen Haus wohnte Familie Selig, die mit Hefe handelte. Die Synagoge, ebenfalls in der Steingrabenstraße, hat als Gebäude die Reichspogromnacht am 9. November 1938 überstanden, weil sie unmittelbar mit einem christlichen Haus verbunden war. Doch das Inventar wurde auf den Sportplatz gebracht und verbrannt. Für Männer und Frauen hatte die Synagoge getrennte Eingänge. Um das nachzuempfinden stellten sich Schüler und Schülerinnen getrennt vor der ehemaligen Synagoge auf. Nur wenige Häuser weiter war das Haus des jüdischen Lehrers, der den Synagogengottesdienst leitete und den Kindern Religionsunterricht erteilte. Ein Lehrersohn aus Gerolzhofen, Dr. Benzion Kellermann, war Anfang des 20. Jahrhunderts ein viel beachteter Philosoph, Pädagoge und Reform-Rabbiner. Ihm zu Ehren wird am 10. Dezember 2017 das Straßenschild 'Dr.-Benzion-Kellermann-Stiege' enthüllt. Evamaria Bräuer ging auch kurz auf den jüdischen Friedhof in Gerolzhofen und auf Stolpersteine ein, die vor manchen Häusern auf deren ehemalige jüdische Bewohner aufmerksam machen. Die Führung endete am Gedenkstein in der Schuhstraße, der an die durch den Nationalsozialismus zerstörte jüdische Gemeinde in Gerolzhofen erinnert. Im Lauf des Schuljahrs ist noch ein Besuch des neuen jüdischen Gemeindezentrums Shalom Europa in Würzburg geplant, um heutiges jüdisches Leben kennenzulernen."  
Link zum Artikel          
 
Dezember 2017: An Dr. Benzion Kellermann erinnert die "Dr.-Benzion-Kellermann-Stiege"    
Aus den Mitteilungen der Stadt Gerolzhofen vom 15. Dezember 2017: "Kellermann-Steige erinnert an den Reform-Rabbiner
Dr. Benzion Kellermann wurde am 11. Dezember 1869 in Gerolzhofen geboren; er starb am 22. Juni 1923 in Berlin, wo er auf dem jüdischen Friedhof Berlin-Weißensee bestattet ist. 
Dr. Kellermann war in der wilhelminischen Ära und frühen Weimarer Republik ein führender jüdischer Geisteswissenschaftler, er war Philosoph und viel beachteter Reform-Rabbiner. Er machte sich um die Verständigung zwischen Juden und Christen verdient. Er setzte sich für ein friedvolles Miteinander der Religionen ein. Damit zählt er zu den ganz großen Gerolzhöfern.
Jetzt ist ein Weg in Gerolzhofen nach Dr. Benzion Kellermann benannt: Am Vortag des Geburtstages von Dr. Benzion Kellermann wurde in der Nähe seines Geburtshauses offiziell der Verbindungsweg von der Schuhstraße zur Bleichstraße 'Dr.-Benzion-Kellermann-Stiege' benannt. Damit erinnert die Stadt Gerolzhofen nicht nur an den jüdischen Reform-Rabbiner, Lehrer und Philosophen, sondern auch daran, wie wichtig und bedeutend es ist, sich für Völkerverständigung und, wie es Herr Dr. Kellermann machte, sich für ein friedvolles Miteinander der Religionen einzusetzen. Das ist heute so aktuell wie damals.
Im Rahmen des Festaktes referierte Dr. Torsten Lattki über Dr. Benzion Kellermann. Dr. Lattki ist wissenschaftlicher Mitarbeiter im Jüdischen Kulturmuseum Augsburg-Schwaben und hat in seiner Dissertation an der Universität Erfurt Leben und Werk des Gerolzhöfers erforscht."  
Link zur Pressemitteilung der Stadt   
Artikel in der "Main-Post" vom 12. Dezember 2017: "Ein Sohn Zions und der Stadt Gerolzhofen. 
Im Beisein von Nachkommen aus England wurde das Straßenschild 'Dr.-Benzion-Kellermann-Stiege' enthüllt..."  
Artikel eingestellt als pdf-Datei   
Kürzerer Artikel in der "Main-Post" vom 11. Dezember 2017: "Gerolzhofen. Straßenschild 'Dr.-Benzion-Kellermann-Stiege' enthüllt..."  
Link zum Artikel      
 
Januar 2018: Gedenkrundgang zum Holocaust-Gedenktag - Schüler reinigen "Stolpersteine"   
Artikel in der "Main-Post" vom 29. Januar 2018: "Gerolzhofen. Schüler reinigen Stolpersteine. Den Opfern des Nationalsozialismus gedacht..." 
Link zum Artikel - auch eingestellt als pdf-Datei    
Fotos vom Holocaust-Gedenktag 
in Gerolzhofen 
(erhalten von Evamaria Bräuer)  
 Gerolzhofen 20180127_150901.jpg (151255 Byte)  Gerolzhofen 20180127_145330.jpg (188019 Byte)  Gerolzhofen 20180127_143841.jpg (162129 Byte)  
   Gedenkrundgang -
Am Marktplatz 
Reinigen der Stolpersteine durch Jugendliche durch Schüler
der Ludwig-Derleth-Realschule   
 
 
Januar 2019: Ein Koffer gegen das Vergessen 
Mit einem neuen Denkmal hat die Stadt Gerolzhofen am Holocaust-Gedenktag 2019 (27. Januar 2019) an die verschleppten und ausgewiesen jüdischen Mitbürger während der NS-Zeit erinnert. Ein Metallkoffer soll symbolisch für ihre Verschleppung und Ermordung stehen. Der ist symbolisch für die wenigen Gepäckstücke, die Juden auf ihrer meisten letzte Reise von Würzburg aus in die Vernichtungslager mitnehmen durften. Gebaut wurde er vom Volkacher Künstler Clemens Hegler und steht jetzt in der Marktstraße.
(Fotos unten: Evamaria Bräuer) 
 
Links zu Presseartikeln: 
https://www.mainpost.de/regional/schweinfurt/Der-Koffer-fuer-die-Reise-in-den-Tod;art769,10136581
https://www.mainpost.de/regional/schweinfurt/Ein-Leben-auf-einen-Koffer-reduziert;art769,10165330 (Artikel ist auch als pdf-Datei eingestellt
https://www.br.de/nachrichten/bayern/gerolzhofen-erinnert-an-deportierte-juedische-mitbuerger,RGLylLr
https://www.radioprimaton.de/2019/01/28/gerolzhofen-ein-koffer-gegen-das-vergessen/   . 
 
April 2019: Besuche von Nachkommen von Kathi Langstädter geb. Lichtenauer
Artikel von Karin Sauer in der "Main-Post" vom 28. April 2019 (Foto links von Evamaria Bräuer): "Ein berührendes Geburtstaggeschenk. - Reise in die Familiengeschichte
'80 Jahre alt musste ich werden, um zu erfahren wo meine Wurzeln liegen' sagte Yael (Gabriele) Sharf und blickte auf den Stolperstein, der in der Bahnhofstraße 5 vor dem Optiker Geschäft ins Pflaster eingelassen ist. Ein Gedenkstein für Kathi Langstädter, ihre Großmutter. Sie stammte aus der angesehenen jüdischen Gerolzhöfer Familie Lichtenauer und erlitt das unfassbare Schicksal der Shoa wie viele ihrer Familienmitglieder. Vom Regime der damaligen Machthaber diskriminiert - 1942 deportiert starb sie im Raum Lublin im besetzten Polen – und kehrte nie zurück.
Aufgrund der vorbereitenden Recherchen zur Stolpersteinlegung 2016 durch das KulturForum e.V. für Kathi Langstädter, fand Evamaria Bräuer heraus: in Israel, in einer kleinen Siedlung, Oranit nahe bei Tel Aviv, lebt eine Enkelin, eben Yael Sharf. Aus familiären Gründen konnte sie die Einladung zur Steinlegung nicht annehmen. Sie bedauerte dies sehr, zumal sie damals zum ersten Mal erfuhr, dass ihre Vorfahren großmütterlicher Seite aus Gerolzhofen stammen. Doch nun beschlossen ihre beiden Töchter Liat Gertmann und Orit Sasson ihre Mutter zum 80. Geburtstag mit dieser berührenden Reise in die familiäre Vergangenheit zu beschenken und begleiteten sie nach Deutschland.
Am vergangenen Freitag kamen sie in Gerolzhofen an und wurden von Evamaria Bräuer herzlich begrüßt. Nach dem ersten Kennenlernen mit intensivem Informationsaustausch, begleitete die Stadtführerin die drei Frauen bei einem ersten Stadtrundgang. Die Spurensuche führte Yael Sharf durch die Gerolzhöfer Innenstadt entlang der bestehenden Gebäude, wo ehemals ihre Vorfahren lebten und arbeiteten.
Erste Station war das 1877 von der Familie erworbene Anwesen Bahnhofstraße 16. Hier kam Kathi 1880 als Zwillingsmädchen zur Welt. Sie heiratete 1906 den Metzger Heinrich Langstädter aus Memmelsdorf. Mit dem gemeinsamen Sohn Bruno (Yaels Vater) musste sie als Kriegerwitwe des I.Weltkrieges – Heinrich starb in Flandern an den Folgen eines Senfgasangriffs – ihr beider Leben als Haushälterin in verschiedenen Orten meistern. 1935 Jahren kehrte sie nach Gerolzhofen zurück zur Pflege der erkrankten Schwester und bezog eine bescheidene Unterkunft bei Brodmanns in der Bahnhofstrasse.
Sehr ergriffen betrachteten Yael Sharf und ihre Töchter den 2016 verlegten Stolperstein, der die einzige sichtbare Erinnerung an ihre Großmutter ist. Nun wurde ihr erst einmal richtig bewusst: hier liegen meine Wurzeln. Zum Gedenken an ihre Großmutter zündete sie vor Ort eine Kerze an. Yaels Vater Bruno, der seine Schulzeit beim Onkel in Ingelheim verbrachte, besuchte schon sehr frühzeitig ein zionistisches Hachshara Camp in Norddeutschland, eine vorbereitende Einrichtung für junge Palästina Auswanderer. Hier lernte er seine künftige Frau aus Stettin kennen und beide gelangten mit einem Schiff ins damals britische Mandatsgebiet. 1939 wurde Tochter Yael dort geboren. Yael Sharf spricht ein ausgezeichnetes Deutsch und auf die Frage wo sie die Sprache gelernt habe antwortete sie: 'Ich habe nie eine einzige Deutschstunde gehabt, meine Eltern sprachen deutsch.' Obwohl ihr Vater Bruno in all den Jahren kein einziges Wort über seine Wurzeln in der europäischen Heimat und das dort Erlebte verlor, habe er trotzdem die deutsche Sprache gepflegt. Über das tragische Schicksal seiner Mutter, Yaels Großmutter, hatte er all die langen Jahre geschwiegen. So erfuhr die Enkelin erst im Nachhinein, dass ihre Oma Kathi 1939 mit einem Besuchervisum nach Palästina reiste um ihre dort geborene Enkelin zu sehen. Es sollte das einzige Mal bleiben. Über die Gründe der Rückreise fehlen Informationen. Besaß sie nur ein befristetes Visum durch die Briten, waren es die beengten Wohn- und -eingeschränkten wirtschaftlichen Verhältnisse des Sohnes, oder das Pflichtbewusstsein gegenüber der Familie in Gerolzhofen? Bekannt ist, dass Kathi Langstädter zurückkehrte. Mit unserem Wissen um den Verlauf der Geschichte und deren Folgen eine fatale Entscheidung!
Nach der Würdigung des Stolpersteines zeigte Evamaria Bräuer bei einem Rundgang weitere ehemalige Wohn- und Geschäftshäuser Häuser der Familie und Gedenkstätten, wie das Deportations Denkmal - Koffer - Symbol der letzten Habe -, sowie den Erinnerungsstein an das Pogrom 1938 und die frühere Synagoge. Tief beeindruckt und dankbar waren die Besucherinnen von der sichtbaren guten Erinnerungsarbeit der Stadt Gerolzhofen. Eine weitere Station des Besuches wird in Ingelheim sein, wo dem Bruder von Heinrich Langstädter eine Straße gewidmet ist. Yael Sharf erzählte, dass sie nicht das erste Mal in Deutschland wäre. Mit Jugendgruppen waren sie und ihr verstorbener Mann Josef oftmals zum Jugend Austausch in Berlin unterwegs. Ein großes Anliegen war beiden schon immer die Aussöhnung.
Voller Emotionen für Mutter und Töchter war am Samstag der Besuch des israelitischen Friedhofs. Welch ein Gefühl, die Gräber der Urahnen zu besuchen, von denen man Jahrzehnte lang nichts ahnte. Evamaria Bräuer führte sie zu allen bisher zugeordneten Grabstätten der weit verzweigten Lichtenauer Familien. Diese 'Mischpachologie' wie Yael es bezeichnete reicht bis in 1736 zurück.
Innerlich erregt, von kaum fassbarer umfangreicher Familiengeschichte, legte Yael nach überlieferter Tradition an den Grabstätten einen kleinen Stein nieder. Auf die Frage, was sie denke und fühle konnte sie kaum Worte finden 'Ich kann das alles gar nicht fassen. In meinem Kopf dreht sich alles und ich muss die zwei Tage des Aufenthalts erst einmal richtig verarbeiten.' Mit dem umfangreichen Urkunden- und Recherche Material, das ihr Evamaria Bräuer überreichte, dürfte es sicher möglich sein das Erlebte und alle Erkenntnisse an ihre Enkel und Urenkel in Israel weitergeben."  .
Fotos aus der Familie Langstädter:
 rechts Kathi Langstädter
 geb. Lichtenauer mit
Sohn Bruno Langstädter
(Fotos: aus Familienbesitz)  
Links: Kathi Langstädter mit
Sohn Bruno Langstädter und
dessen Frau Susanne
 
 
August 2019: Nachkommen der Familie Kohn besuchen die Heimat ihrer Vorfahren    
Artikel von Karin Sauer in der "Main-Post" vom 23. August 2019: "Gerolzhofen. Die Rückkehr zu den Wurzeln der ermordeten Großeltern
Er weiß, wo seine Wurzeln liegen, er kennt die Herkunft seiner Urgroß- und Großeltern und doch wollte er bei seinem Besuch in Gerolzhofen mehr über die Wohnorte und Plätze seiner Vorfahren wissen. Aus diesem Grund nahmen Harold Kohn und seine Frau Carol im April dieses Jahres Kontakt mit der Stadt Gerolzhofen auf, hatten jedoch keine Antwort erhalten. Aus diesem Grunde wandten sie sich nach München, an den Landesverband Israelitischer Kultusgemeinden in Bayern, der ihnen die Adresse von Josef Meyer, dem ehemaligen Gerolzhöfer Stadtgärtner vermittelte. Er pflegt den israelitischen Friedhof aufs Beste.
Meyer verwies die Familie Kohn an Evamaria Bräuer. Seit über 25 Jahren widmet sie sich, neben Stadtführungen und -rundgängen, der Forschung über die Geschichte der jüdischen Gemeinde Gerolzhofen. Dankbar und überwältigt waren die Kohns darüber, denn sie konnten so viele offene Fragen in Harold Kohns Spurensuche klären.
Bräuer erklärt Bräuche. Sein Wunsch war, das Grab seines Urgroßvaters Abraham Löb Kohn zu besuchen. Erster Treffpunkt war deshalb der jüdische Friedhof in Gerolzhofen. Hier erklärte die Stadtführerin fränkische Traditionen und Begräbnisbräuche. "Der Friedhof mit seinen Steinen ist das physische Gedächtnis dieses Teils der Stadtgeschichte", sagte sie. Aus den von ihr vorbereiteten Auszügen der Standesamtsregister wurden verschiedene Zweige der Familie Kohn wieder nachvollziehbar.
Der typische Weg vom Dorf zur Stadt des fränkischen Landjudentums ist an den Geburts- und Wohnsitzen der Familie Kohn abzulesen. In Altenschönbach geboren, mit zehn Geschwistern aufgewachsen, war Abraham Löb Kohn, Harold Kohns Vorfahr väterlicherseits, später nach Lülsfeld in das Haus des Schwiegervaters gezogen. Das stattliche Haus der Kohns in Lülsfeld existiert heute noch. Bürgermeister Wolfgang Anger zeigte den Gästen die Örtlichkeiten.
Und dann stand Harold Kohn vor dem mächtigen Grabstein seines Urgroßvaters Abraham Löb Kohn. Inzwischen ist auf Initiative von Evamaria Bräuer die hebräische Inschrift auf dem schwarzen imposanten Granitstein übersetzt worden. Das Vorlesen rief bei Professor Kohn und seiner Frau tiefe Ergriffenheit hervor. Nach jüdischer Sitte legte er einen kleinen Stein an der Grabstätte nieder.
Am zweiten Tag des Besuches wurden die Gäste vom stellvertretenden Bürgermeister Erich Servatius im Rathaus begrüßt. Bei einem kleinen Umtrunk erklärte Servatius den Gästen die heutige Struktur der Stadt, in der die Familie Kohn früher lebte. Die erste Station beim anschließenden Stadtrundgang war die historische Stadtansicht en miniature hinter der Stadtpfarrkirche. Evamaria Bräuer zeigte den Kohns, wo die Eisenwarenhandlung seines Großvaters zu finden war. Der nächste Punkt war das neu installierte Erinnerungsdenkmal für die Deportationsopfer in der Marktstraße. Die Stadtführerin erklärte den Grund, warum dieser Eisenkoffer hier aufgestellt wurde. Danach ging es weiter zum ehemaligen imposanten Anwesen von Hermann Kohn in der Rügshöfer Straße (sc. in Gerolzhofen) gegenüber vom Floriansbrunnen.
Einst geachteter Bürger. Hier gründete und betrieb der in Lülsfeld geborene Hermann Kohn (Großvater von Harold Kohn) zusammen mit seinem Sohn Karl (Vater von Harold) ein florierendes Eisenwarengeschäft. Hermann Kohn war ein geachteter Bürger Gerolzhofens und zählte zu den zehn größten Gewerbesteuerzahlern der Stadt (bis 1936). Karl konnte noch über Liverpool in die USA auswandern, wo er 1983 starb. Hermann und seiner Frau Amalie war 1938 die Flucht in die Niederlande zu ihrer Tochter Rosl gelungen. Verraten durch einen Spitzel wurden sie nach der deutschen Besetzung der Niederlande zuerst in das Internierungslager Westerbork und anschließend ins ostpolnische Internierungslager Sobibor gebracht. Hier fanden sie den Tod in den Gaskammern.
Betroffen stand Harold Kohn mit seiner Frau vor den zwei Stolpersteinen im Gehsteigpflaster, die seinen Großeltern an der Ecke Marktstraße/Rügshöfer Straße gewidmet sind."
Link zum Artikel  
Vgl. Artikel  https://thejewishnews.com/2018/12/09/new-u-m-professorship-to-support-social-justice-research-action/   
und http://fordschool.umich.edu/news/2018/new-u-m-professorship-support-social-justice-research-action     
Fotos vom Besuch von
Prof. Harold Kohn und Frau Carol
am 16. August 2019
(Fotos erhalten von Evamaria Bräuer)
 
   Vor den Stolpersteinen für die
 Großeltern an der Ecke
 Marktstraße/Rügshöfer Straße
  Am Grab des Urgroßvaters
Abraham Löb Kohn im
jüdischen Friedhof
 Bürgermeister Wolfgang Anger aus Lülsfeld vor dem Haus der Kohns in Lülsfeld  Hermann und Amalie Kohn,
die ermordeten Großeltern
von Harold Kohn
 
 
Mai 2021: Verlegung von "Stolpersteinen" für die Familie Rheinfelder  
Artikel von Klaus Vogt in der "Main-Post" vom 20. Mai 2021: "Erinnerung an die Familie Rheinfelder
In Gerolzhofen wurden wieder neue Stolpersteine vor einem ehemals jüdischen Anwesen verlegt.

Mit der Verlegung von fünf weiteren so genannten Stolpersteinen leistet der Verein 'KulturForum' in Gerolzhofen erneut einen sichtbaren Beitrag zur Erinnerungsarbeit. Seit Donnerstag erzählen die kleinen Steine in der Steingrabenstraße 13 von einer Gerolzhöfer Familie, deren grausames Schicksal fast vergessen war. Wegen der Corona-Pandemie wurden die Steine am Donnerstag von Mitarbeitern des städtischen Bauhofs verlegt. Eine öffentliche Zeremonie soll später erfolgen, teilt Evamaria Bräuer in einer Pressemitteilung des 'KulturForums' mit.
Die Gebrüder Samuel und Jakob Rheinfelder stammten ursprünglich aus Lülsfeld und betrieben in Gerolzhofen zwischen 1912 und 1933 ein florierendes Eisenwarengeschäft in der Salzstraße, unterbrochen nur durch die Teilnahme als Soldaten im Ersten Weltkrieg. Ab 1921 wohnte der jüngere Bruder Jakob dann mit seiner Frau Rosa und seinen Söhnen Siegbert (geb. 1928) und Werner (geb. 1930) nebst seiner Mutter und Schwester Lina im Steingraben. Nach willkürlichen Inhaftierungen und Schikanen durch die Nationalsozialisten verließ Jakob Rheinfelder im Juli 1939 seine Heimatstadt Gerolzhofen mit dem Ziel Shanghai. Dorthin konnte man noch bis Kriegsbeginn als Flüchtling einreisen. Er hoffte, seine Familie dorthin nachholen und retten zu können. Mit Kriegsbeginn war aber auch dieser Fluchtweg versperrt. Sein älterer Bruder Samuel mit Frau konnte sich 1938 mit einem Visum über Antwerpen nach USA in Sicherheit bringen. Rosa und Lina Rheinfelder mussten in der Kartonagenfabrik in Schweinfurt Zwangsarbeit leisten. Im April 1942 wurden sie mit den beiden 13- und 11-jährigen Buben über Würzburg nach Polen deportiert. 'Sie starben als Nummern. Wir führen im Gedenken die Familie zusammen und geben ihnen auf den Stolpersteinen ihre Namen zurück', schreibt Evamaria Bräuer." 
Link zum Artikel    
 
Erinnerungen an Familie Rheinfelder (Dokumente erhalten von Evamaria Bräuer; Quelle: Stadtarchiv Gerolzhofen) 
     
Anzeige der
Gebr. Rheinfelder (1920)
     ("Bote vom Steigerwald")
Telefonbuch Gerolzhofen (1920)
 mit Nennung der Manufakturwaren -
 Maschinen Gebr. Rheinfelder
 Führerschein von
Jakob Rheinfelder (1925)
 
 NS-Kennkarte (1939) für
Jakob Rheinfelder
 
  NS-Kennkarte (1939) für
Siegbert Rheinfelder  
  
          
  Die Verlegung der "Stolpersteine"
Steingrabenstraße 13
 (Fotos: Evamaria Bräuer)
       
         
 
2021: Beiträge in Presseartikeln zum Jubiläumsjahr "1700 Jahre jüdisches Leben in Deutschland"   
- Artikel von Michael Mößlein in der "Main-Post" vom 4. Juli 2021: "Juden in Gerolzhofen: Über 700 Jahre voller Schicksalen..."  (Artikel auch eingestellt als pdf-Datei)   
- Artikel von Michael Mößlein in der "Main-Post" vom 16. Juli 2021: "Juden in Gerolzhöfer Vereinen: Aus der Mitte ins Abseits gedrängt..." (Artikel auch eingestellt als pdf-Datei
- Artikel von Michael Mößlein und Evamaria Bräuer in der "Main-Post" vom 8. August 2021: "Jüdische Namen: Erst durch sie erhalten Menschen ihre Identität..."  (auch eingestellt als pdf-Datei)  
- Artikel von Michael Mößlein in der "Main-Post" vom 13. September 2021: "Jüdische Häuser erzählen von ihren Bewohnern..."  (Artikel auch eingestellt als pdf-Datei
- Artikel von Michael Mößlein in der "Main-Post" vom 16. September 2021: "Gerolzhöfer Modegeschäfte: Jüdische Frauen setzten Akzente..."  (Artikel auch eingestellt als pdf-Datei)  
- Artikel von Michael Mößlein in der "Main-Post" vom 9. Oktober 2021 "Jüdische Soldaten: Vom Kriegshelden zum Verräter abgestempelt" (Artikel auch eingestellt als pdf-Datei
- Artikel von Michael Mößlein in der "Main-Post" vom 15. Oktober 2021: "Jüdischer Friedhof: Grabsteine als stumme Zeugen vergangenen Lebens..."  (Artikel auch eingestellt als pdf-Datei)  
- Artikel von Michael Mößlein in der "Main-Post" vom 8. November 2021: "Bewegender Vortrag zur Geschichte der Gerolzhöfer Juden..." (Artikel auch eingestellt als pdf-Datei
- Artikel von Michael Mößlein in der "Main-Post" vom 10. Dezember 2021: "Nazis treiben jüdischen Fabrik-Direktor in die Flucht..."   (Artikel auch eingestellt als pdf-Datei)  
- Artikel von Michael Mößlein in der "Main-Post" vom 31. Dezember 2021: "Käthe Krämer: Als 'lebensunwert' aussortiert und ermordet..." (Artikel auch eingestellt als pdf-Datei)      

    

August 2022: Nachkommen der Familien besuchen die Heimat ihrer Vorfahren    
Artikel in der "Main-Post" vom 5. September 2022: "Gerolzhofen. MP+ Besuch aus Israel: Tochter und Enkel suchen in Gerolzhofen nach Spuren von Kurt Rothschild und dessen Familie.
An den Originalschauplätzen wird für die Nachfahren das in einem Tagebuch beschriebene Schicksal der jüdischen Flüchtlinge lebendig. Im Archiv gab es überraschende Neuigkeiten.
Es ist 90 Jahre her, dass Kurt Rothschild Gerolzhofen verlassen hat. Der damals knapp 22-jährige Mann floh im März 1933 zunächst nach Holland, um einer Verhaftung durch Nationalsozialisten zu entgehen. Er hatte sich nichts zu Schulden kommen lassen. Er war in der Stadt, in der er 1910 zur Welt gekommen war, nur deshalb nicht mehr sicher, weil er Jude war. In der vergangenen Woche besuchten Rothschilds Tochter und ein Enkel Gerolzhofen. Sie suchten nach Spuren ihrer Vorfahren und wollten auch ihrer eigenen Familiengeschichte und Identität ein Stück näher kommen.
Für die 75-jährige Edna Rothschild-Azrieli ist es nicht der erste Aufenthalt in Gerolzhofen. In den 1970er Jahren begleitete sie ihren Vater Kurt Rothschild, der regelmäßig nach Würzburg reiste, einmal in dessen Geburtsstadt. Anhand einiger alter Bilder erinnert sie sich grob an das Stadtbild. Ihr Sohn Eran Azrieli dagegen war noch nie hier gewesen. Bereits nach dem ersten von zwei Tagen in Gerolzhofen ist er beeindruckt. Hier vor Ort, sagt der 47-Jährige, könne er das Tagebuch seines Urgroßvaters 'plötzlich verstehen'. Die Erzählungen füllten sich mit Daten und Bildern.
Tagebuch als außergewöhnliches Zeugnis der Zeit. Das Gespräch mit Eran Azrieli läuft auf Englisch. Seine Mutter spricht neben Englisch auch gut Deutsch, das sie es mit ihrem Vater gesprochen hat, bis dieser im Jahr 1994 gestorben ist. In seinem Nachlass fanden sie unter anderem besagtes Tagebuch: ein mit Schreibmaschine getipptes Büchlein auf Deutsch, in dem Kurt Rothschild auch seine Kindheit und Jugend in Gerolzhofen sowie sein Leben als 'deutsch-jüdischer Flüchtling im Ausland', wie er sich darin selbst bezeichnet, notiert hat. Es ist sein Vermächtnis an seine Nachwelt. Zugleich ist es ein beredtes Zeugnis der Lebensumstände seiner jüdischen Familie in Gerolzhofen zu der Zeit, als aus der patriotisch geliebten Heimat seiner Familie unter dem Einfluss von Adolf Hitler innerhalb weniger Jahre das braune Nazi-Deutschland wurde.
Kurt Rothschild kam am 3.Juli 1910 als erstes Kind von Hermann und Babette Rothschild (Foto links) zur Welt. Sein im Jahr 1881 in Hörstein, einem Ortsteil von Alzenau, geborener Vater war Viehhändler. Seine 1887 geborene Mutter, eine geborene Steinhardt, stammt aus Estenfeld. Nach ihrer Hochzeit zogen sie nach Gerolzhofen; der Grund hierfür ist bis heute unklar. Sie wohnten zunächst in der Schallfelder Straße, im später abgerissenen Eckhaus an der Einmündung zur Straße 'Auf der Weth', wo sich heute das Haus mit der Zahnarztpraxis Seidenstücker – zuvor Weissenseel – befindet. Im Jahr 1914 erwarb die Familie ein stattliches Anwesen in der Rügshöfer Straße 15.
Viehhändler erwirbt bankrotten Brauerei-Gasthof. Im Jahr 1929 erwarb Hermann Rothschild im Zuge einer Zwangsversteigerung die Brauerei Steinam, das fortan Brauhaus Gerolzhofen hieß. Er ließ den Betrieb des Brauereigasthofs fortführen. Kurt Rothschild half dabei maßgeblich mit und trug dazu bei, den Umsatz in kurzer Zeit deutlich zu steigern, wie er es in seinem Tagebuch beschreibt.
Anfang der 30er Jahre machte sich der 'politische Umschwung in Deutschland und speziell in unserer Gegend' deutlich spürbar, hält Kurt Rothschild in seinen niedergeschriebenen Erinnerungen fest. Nazi-Anhänger verhielten sich immer häufiger offen aggressiv gegenüber jüdischen Mitmenschen. Er selbst musste etwa im März 1933 den FC Gerolzhofen verlassen, wo er Mitglied war; dies betraf damals auch alle übrigen jüdischen Mitglieder sämtlicher Vereine. Kurts Vaters Hermann wurde am 12. März 1933 in sogenannte Schutzhaft genommen, was den Nazis als reiner Vorwand diente, um Juden und politische Gegner willkürlich wegzusperren. Hermann Rothschild kam zunächst nach Würzburg ins Gefängnis und kurze Zeit später ins Konzentrationslager (KZ) Dachau, was nicht zuletzt seine ganze Familie auch in große wirtschaftliche Not stürzte.
Abenteuerliche Flucht über die holländische Grenze. Kurt Rothschild wurde Ende März 1933 von einem Bekannten gewarnt, dass auch er verhaftet werden sollte. Kurzentschlossen floh er mit dem Auto nach Hörstein, der Geburtsstadt seines Vaters, zu Verwandten. Der grölende Mob, der kurz nach seiner Flucht in Gerolzhofen vor der Haustür stand um ihn abzuführen, ging damit leer aus. Nach einigen Tagen und mit Unterstützung weiterer Verwandter gelang Kurt Rothschild zwischen Kaldenkirchen in Deutschland und Venlo in Holland die Flucht über die Grenze. Er nutzte hierzu den Trubel einer Fußballpartie zwischen beiden Orten, um ohne große Kontrolle die deutschen und holländischen Grenzposten zu passieren. Dies sei der gefährlichste Teil der Flucht gewesen, schreibt Kurt Rothschild viele Jahre später in seinem Tagebuch.
Als junger jüdischer Mann, der vor den Nazis geflohen war, gelangte er schließlich im Jahr 1935 von Frankreich aus nach Palästina. Dorthin folgten ihm im Jahr darauf seine Eltern und seine Schwestern Liesel und Hanna. Diese hatten zuletzt in Freudental (Lkr. Ludwigsburg) gelebt, wohin sie gezogen waren, weil Hermann Rothschild nach seiner Entlassung aus dem KZ nicht mehr nach Gerolzhofen zurückkehren durfte.
Gründer von Fink's Bar und Restaurant in Jerusalem. Während Hermann und Babette Rothschild im Jahr 1951 nach Deutschland zurückkehrten und bis zu ihrem Tod 1968 (Babette) bzw. 1970 (Hermann) in Würzburg in einem Altenheim lebten, blieb Kurt Rothschild in Israel. Er übernahm in Jerusalem Fink's Bar und Restaurant, welche zu einer der renommiertesten gastronomischen Adressen des Landes wurden. Seine Tochter Edna Rothschild-Azrieli führte die Bar und das Restaurant mit ihrer Familie bis zum Jahr 2014.
Der Besuch in Gerolzhofen hinterließ bei ihr tiefe Eindrücke, wie sie sagt. Besonders beeindruckt zeigte sie sich vom Besuch des Hauses in der Rügshöfer Straße, wo ihr Vater Kurt Rothschild aufwuchs. Karin Riedel, die heute dort wohnt, führte die beiden Besucher aus Israel durchs ganze Anwesen, bis hinauf in den alten Dachboden. 'Der Besuch hier hat mir das Gefühl dafür gegeben, wie es damals wirklich war', beschreibt die 75-jährige Tochter von Kurt Rothschild ihre Eindrücke.
Auch Evamaria Bräuer, die die Gäste in Gerolzhofen begleitete und mit ihrem gesammelten Wissen über Familie Rothschild und die einstige jüdische Gemeinde von Gerolzhofen versorgte, spürte, wie wichtig Mutter und Sohn der Besuch der Örtlichkeiten war, die in deren Familiengeschichte zentrale Rollen einnehmen. Die beiden seien schon am Abend nach ihrer Ankunft durch die Stadt gelaufen und hätten alles auf sich wirken lassen, ebenso nochmals am Tag nach dem gemeinsamen Rundgang.
Familie verliert zwei Buben im Kleinkindalter. Zusammen waren sie auch im Stadtarchiv gewesen, wo der derzeitige Archivbetreuer Norbert Vollmann Dokumente herausgesucht hatte, die mit der Geschichte der Familie Rothschild zu tun haben. Unter anderem ist auf diese Weise anhand von Urkunden aus dem Standesamt erstmals bekannt geworden, dass Hermann und Babette Rothschild nach der Geburt ihres Sohnes Kurt zwei Söhne hintereinander im Kleinkindalter verloren haben. Im Jahr 1911 starb ein Sohn namens Max vier Wochen nach der Geburt und im Mai 1914 ein zweijähriger Sohn, dem die Eltern erneut den Namen Max gegeben hatten, im Gedenken an den zuvor gestorbenen Buben.
Diese Nachricht war auch für die beiden Besucher aus Israel völlig neu und ein zusätzliches bedeutsames Puzzleteil für das Bild ihrer Familiengeschichte. Beim Besuch des jüdischen Friedhofs von Gerolzhofen konnte Evamaria Bräuer ihnen sogar den Grabstein des zweijährigen Max Rothschild zeigen, der mutmaßlich einer in der Stadt wütenden Masern-Epidemie zum Opfer fiel.
Spontaner Besuch im Gerolzhöfer Bierkrugmuseum. Spontan öffnete auf die kurzfristige Anfrage hin Norbert Rumpel sein Gerolzhöfer Bierkrugmuseum, wo ein original Krug des Brauhauses Gerolzhofen zu sehen ist, in dem Kurt Rothschild seinerzeit arbeitete. Bei dieser Gelegenheit zeigte Eran Azrieli auch ein Foto des Reservistenkrugs seines Urgroßvaters Hermann Rothschild. Dieser hatte, wie alle seiner sieben Brüder, als Soldaten am Ersten Weltkrieg teilgenommen.
Besonders wichtig ist es Bräuer, die wohlwollende, freundliche Stimmung aller, die während des Besuchs zusammentrafen, herauszuheben. In diesem Zusammenhang dankt sie ausdrücklich Karin Riedel für den offenen Empfang im ehemaligen Haus der Familie Rothschild. Allen sei völlig bewusst gewesen, dass die Nachgeborenen keinerlei Schuld an den Ereignissen und Verbrechen während der Zeit des Nationalsozialismus trifft. Ausdrücklich hätten sich die Besucher aus Israel und ihre Gastgeber zum Abschied voneinander nicht nur Gesundheit, sondern Frieden gewünscht – für sich, ihre Heimatländer und für die ganze Welt." 
          
 Edna Azrieli am Grab
ihres Onkels Max Rothschild
 Edna Azrieli-Rothschild
und ihr Sohn Eran Azrieli
 Eran Azrieli betet das Kaddisch
am Grab für Großonkel Max
 Grab von
Max Rothschild (gest. 1911)
 Grab von Hermann Rothschild
(1881-1970) in Würzburg
         
 Fotos erhalten von
Evamaria Bräuer
     
    Eran Azrieli vor ehemaligem
 1. Wohnhaus der Familie Rothschild
 Bleichstr. 2
Eran Azrieli vor ehemaligem
Anwesen der Familie Rothschild
 Rügshöfer Straße 15 
   
  
 

 
  

  
     

Links und Literatur

Links:

bulletWebsite der Stadt Gerolzhofen  
bulletInformationsseite zur jüdischen Geschichte in Gerolzhofen  (u.a. mit Adressen der 1933 in der Stadt lebenden jüdischen Familien)  
bulletHistorischer Verein in Gerolzhofen  
bulletZur Seite über den jüdischen Friedhof in Gerolzhofen (interner Link)  
bullet Seite zu Familie Godlewsky, aus der die Lehrer Moses und Leopold Godlewsky stammen (Gedenkbuch Karlsruhe) 

Literatur:  

bulletGermania Judaica II,1 S. 278; III,1 S. 434.
bulletIsrael Schwierz: Steinerne Zeugnisse jüdischen Lebens in Bayern. Eine Dokumentation der Bayerischen Landeszentrale für politische Bildungsarbeit. A 85. 1988. S. 59-60.
bulletBaruch Z. Ophir/Falk Wiesemann: Die jüdischen Gemeinden in Bayern 1918-1945. Geschichte und Zerstörung. 1979 S. 300-302. 
bulletPinkas Hakehillot: Encyclopedia of Jewish Communities from their foundation till after the Holocaust. Germany - Bavaria. Hg. von Yad Vashem 1972 (hebräisch) S. 445-446. 
bulletGerolzhofen Lit 030.jpg (55249 Byte) Michael Pfrang: Die jüdische Gemeinde in Gerolzhofen. 1985. Zu bestellen für 2 € beim Historischen Verein Gerolzhofen
bulletDirk Rosenstock (Bearbeiter): Die unterfränkischen Judenmatrikeln von 1817. Veröffentlichungen des Stadtarchivs Würzburg. Band 13. Würzburg 2008. S. 132. 
bulletMartin Frey: Das Glöcklein aber läutet weiter... Antisemitismus und Nationalsozialismus in Gerolzhofen 1919-1933. In: Historisches Archiv der Stadt Gerolzhofen. Gerolzhofen 2000. Nr. 1 S. 173-204. 
Auf den Seiten 175ff behandelt Frey ausführlich den Mordfall Karl Schwarz, der große Wellen über Unterfranken hinaus schlug. Auf S. 191 wird die Ortsgruppe Gerolzhofen des Reichsbundes jüdischer Frontsoldaten und deren Führer erwähnt. S. 190 und S. 193f berichten über Schändungen des jüdischen Friedhofes in Gerolzhofen.   
bulletGerolzhofen BKellermann Lit010.jpg (378555 Byte)Torsten Lattki: Benzion Kellermann. Prophetisches Judentum und Vernunftreligion. 1. Auflage 2016. 460 S.  ISBN 978-3-525-57040-1  
Vandenhoeck & Ruprecht Göttingen 2016. Informationen und Bestellmöglichkeit über Verlagsseite.        

      
       


 

Article from "The Encyclopedia of Jewish life Before and During the Holocaust". 
First published in 2001 by NEW YORK UNIVERSITY PRESS; Copyright © 2001 by Yad Vashem Jerusalem, Israel.

Gerolzhofen Lower Franconia. Jews were victims of the Rindfleisch massacres of 1298. The modern community dates from the first half of the 17th century, with a cemetery consecrated in 1639 serving seven other communities as well. A new synagogue was built in 1874. The Jewish population reached a peak of 148 in 1900 (total 2,163) and numbered 125 in 1933. On Kristallnacht (9-10 November 1938), jews were beaten and arrested and their homes wrecked along with the synagogue. In 1933-41, 61 Jews emigrated from Germany, 39 of them to the United States. Another 35 left for other German cities. On 25 April 1942, 19 Jews were deported to Izbica near Lublin via Wuerzburg; another six were sent to the Theresienstadt ghetto in September.  
   
       

                   
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Stand: 30. Juni 2020