Baisingen Friedhof 154.jpg (62551 Byte)  Segnende Hände der Kohanim auf einem Grabstein in Baisingen


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Holzhausen über Aar mit Breithardt (Gemeinde Hohenstein [Untertaunus], Rheingau-Taunus-Kreis)
Jüdische Geschichte / Synagoge

Übersicht:

bulletZur Geschichte der jüdischen Gemeinde  
bulletBerichte aus der Geschichte der jüdischen Gemeinde   
Allgemeine Berichte 
Aus der Geschichte der jüdischen Lehrer   
Berichte zu einzelnen Personen aus der Gemeinde  
Kennkarte aus der NS-Zeit  
bulletZur Geschichte der Synagoge   
bulletFotos / Darstellungen  
bulletErinnerungsarbeit vor Ort - einzelne Berichte   
bulletLinks und Literatur   

   

Zur Geschichte der jüdischen Gemeinde (english version)       
  
In Holzhausen bestand eine jüdische Gemeinde bis 1938. Ihre Entstehung geht in die Zeit des 17. Jahrhunderts zurück. 1668 gab es vier jüdische Familien am Ort. Die jüdischen Familien betrieben schon damals Landwirtschaft und hatten jeweils bis etwa 10 Hektar Land. Der Landbesitz der jüdischen Einwohner hing größtenteils zusammen und wurde als "Judengwannen" bezeichnet.    
 
Im 19. Jahrhundert entwickelte sich die Zahl der jüdischen Einwohner wie folgt: 1843 31 jüdische Einwohner, 1861 78 (11,9 % von insgesamt 654 Einwohnern, ca. 20 Familien), 1871 29 (4,0 % von 721), 1885 41 (5,8 % von 711), 1895 28 (4,1 % von 678), 1905 25 (3,7 % von 679). Zur jüdischen Gemeinde Holzhausen gehörten auch die in Breithardt lebenden jüdischen Personen: 1843 11 jüdische Einwohner.     
 
Aus Breithardt ist u.a. die Familie Nassauer bekannt (s.u. zu Siegfried Nassauer). In Holzhausen begegnen als jüdische Familiennamen: Meyer (Vorfahren kamen nach 1812 aus Kettenbach), Ackermann, Scheer. Unter den jüdischen Gewerbetreibenden gab es im 19./Anfang 20. Jahrhundert in Holzhausen u.a. einen Metzger, einen Schneider, mehrere Vieh- und Pferdehändler; Familie Meyer hatte ein Geschäft für Landmaschinen und Landesprodukte; in Breithardt gab es einen Viehhändler und einen Metzger; Familie Falk betrieb ein Geschäft mit Kleidern und Möbeln.     

An Einrichtungen bestanden eine Synagoge (s.u.), eine Schule und ein rituelles Bad. Zur Besorgung religiöser Aufgaben der Gemeinde war im 19. Jahrhundert zeitweise ein Lehrer angestellt, der zugleich als Vorbeter und Schochet tätig war. Von den Lehrern ist insbesondere H. Kahn bekannt, der von 1841 bis 1870 Lehrer in Holzhausen war (siehe Bericht unten). Die Toten der jüdischen Gemeinde wurden in Burgschwalbach, teilweise auch in Wehen oder Laufenselden beigesetzt.     
 
Um 1924 wurden noch 9 jüdische Einwohner gezählt (1,5 % von insgesamt 620 Einwohnern). 1932 war Gemeindevorsteher Nathan Meyer (gestorben 1936, siehe Bericht unten). Im Schuljahr 1931/32 gab es drei schulpflichtige jüdische Kinder, die in Religion - vermutlich durch einen auswärtigen Lehrer - unterrichtet wurden.   

1933 gehörten noch 22 Personen zur jüdischen Gemeinde (davon 13 in Holzhausen, 9 in Breithardt). In den folgenden Jahren sind die meisten der Gemeindeglieder auf Grund der Folgen des wirtschaftlichen Boykotts, der zunehmenden Entrechtung und der Repressalien weggezogen beziehungsweise ausgewandert. Vier Personen aus Holzhausen gelang die Auswanderung in die USA, drei emigrierten nach Südafrika (Brüder Richard und Hugo Ackermann), ein junger Mann nach Palästina/Israel. Aus Breithardt wanderte Kaufmann Falk und seine Frau nach Südafrika aus; die Familie des Händlers und Metzgers Moritz Kahn ist gleichfalls ausgewandert. Nach dem Tod von Nathan Meyer (1933) war letzter Gemeindevorsteher Isidor Meyer gewesen. Er sowie seine Frau starben nach der Deportation in Theresienstadt.  
  
Von den in Holzhausen geborenen und/oder längere Zeit am Ort wohnhaften jüdischen Personen sind in der NS-Zeit umgekommen (Angaben nach den Listen von Yad Vashem, Jerusalem und den Angaben des "Gedenkbuches - Opfer der Verfolgung der Juden unter der nationalsozialistischen Gewaltherrschaft in Deutschland 1933-1945"): Arthur Ackermann (1898, vgl. Erinnerungsblatt des "Aktiven Museums Spiegelgasse" Wiesbaden), Sally Blum (1882), Rosa Hirsch geb. Seufert (1903), Martha Kahn geb. Blumenthal (1890), Johanna Levy (1885), Gustav Meyer (1903), Isidor Meyer (1868), Rosa Meyer geb. Falk (1875).     
  
Aus Breithardt sind umgekommen:  Paula (Bina) Kahn geb. Falk (1881, siehe Kennkarte unten), Else Kahn (1911), Gustav Kahn (1880) sowie die bereits unter Holzhausen genannte Rosa Meier geb. Falk (in Breithardt geboren und später in Holzhausen wohnhaft).     
      
      
      
Berichte aus der Geschichte der jüdischen Gemeinde 
  
Allgemeine Berichte  

Gemeindebeschreibung von Holzhausen ü. Aar (1936 !)   

Holzhausen Aar GblIsrGF Juli1936.jpg (55769 Byte)Artikel im "Gemeindeblatt der Israelitischen Gemeinde Frankfurt" vom Juli 1936: "Holzhausen ü.A.  320 m hoch gelegenes altes Dorf mit 700 Einwohnern; darunter noch einige Judenfamilien. Hier haben um 1876, als die jetzige Synagoge gebaut wurde, etwa 10 jüdische Landwirte mit je bis zu 10 Hektar Land gewohnt. Ihre Ländereien hingen teilweise zusammen und trugen - mit noch weiteren Feldern - die Gesamtbezeichnung 'Judengwannen' oder -Gewannen. (Gewann war eine Flurabteilung im altgermanischen Dorfe). So wird es nicht wundernehmen, die Anwesenheit und landwirtschaftliche Lebensform von Juden in jener Gegend bis ins 16. Jahrhundert zurück bestätigt zu wissen."   

   
    
Aus der Geschichte der jüdischen Lehrer  
Zum Tod von Lehrer Herz Kahn (Lehrer in Holzhausen von 1841 bis 1870)  

Nastaetten AJZ 25091903.jpg (91861 Byte)Artikel in der "Allgemeinen Zeitung des Judentums" vom 25. September 1903: "Schierstein, 10. September (1903). Am 12. vorigen Monats starb der erst seit 1. Mai dieses Jahres in den wohlverdienten Ruhestand getretene Lehrer H. Kahn aus Flörsheim (Nassau). In dem nassauischen Städtchen Nastätten 1823 geboren, besuchte er später von 1830-41 das frühere jüdische Seminar in Ems. Nach erlangter Lehrbefähigung erhielt er in Holzhausen über Aar (Nassau, für Aur) die erste Anstellung. Im Jahre 1870 wurde er auf Ansuchen nach Flörsheim versetzt. Hier wirkte er 33 Jahre. Kahn war ein sehr tüchtiger Lehrer und besaß ein tiefes jüdisches Wissen. Für die nassauischen Schulblätter der Jahrgänge 1856-73 lieferte er sehr gediegene Aufsätze pädagogischen Inhalts. An der Bahre schilderte in würdiger Weise Herr Bezirksrabbiner Dr. Silberstein in Wiesbaden den Lebenslauf des Verstorbenen und gab insbesondere in anerkennenden Worten dem Pflichteifer und der Treue des Verstorbenen seinen Vorgesetzten gegenüber Ausdruck. Nicht unerwähnt mag bleiben, dass der Verstorbene Mitbegründer des großen Lehrer-, Witwen- und Waisen-Unterstützungsvereins 'Achawa' Sitz Frankfurt am Main war und stets großes Interesse für das unschätzbare soziale Werk bekundete. Ehre seinem Andenken!" 

      
      
Berichte zu einzelnen Personen aus der Gemeinde  
Über die Vorfahren des Journalisten Siegfried Nassauer in Breithardt  

Aus Arnsberg s.Lit. Bd. I S. 386: "Die Vorfahren des Journalisten Siegfried Nassauer, der bei der Frankfurter Zeitung lange Zeit in führender Position tätig war, stammten aus Breithardt: Jean (Jesaias) Nassauer war in Breithardt geboren, ging aber anscheinend schon in jungen Jahren nach Würzburg, wo Siegfried Nassauer geboren wurde (im Jahre 1868). Jean Nassauer war mit Ida Sonnemann, der Kusine von Leopold Sonnemann - dem Begründer der Frankfurter Zeitung -, verheiratet. Wahrscheinlich kam Siegfried durch diese verwandtschaftlichen Beziehungen nach Frankfurt; Siegfried Nassauer schrieb u.a. das Buch 'Was Frankfurter Brunnen erzählen', das 1921 erschien. Siegfried Nassauer war verheiratet mit einer Frankfurterin namens Else Jeanette Horkheimer. Sie war in Theresienstadt und lebt jetzt (sc. um 1970) in Frankfurt bei ihrem Sohn Hans, der Redakteur bei der Frankfurter Rundschau war."     

      
Zum Tod von Nathan Meyer, langjähriger Gemeindevorsteher (1936)  

Artikel in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 13. Februar 1936: "Holzhausen über Aar, 6. Februar (1936). Hier starb nach einem Leben voll Kampf, Arbeit und Pflichterfüllung in seinem 61. Lebensjahr am 4. Februar Nathan Meyer, langjähriger Vorsteher der Kultusgemeinde Holzhausen/Breithardt. Meyer hatte den Feldzug mitgemacht und wurden ihm die größten Auszeichnungen zuteil. Eine große Zahl jüdischer und christlicher Menschen und die alten Soldaten und Kriegskameraden des Ortes gaben dem Verstorbenen in Anerkennung seiner großen Beliebtheit das Geleite. Herr Lehrer Grünebaum, Wiesbaden, sprach Worte, die der Trauergemeinde zu Herzen gingen."     

          

Kennkarte aus der NS-Zeit            
               
Am 23. Juli 1938 wurde durch den Reichsminister des Innern für bestimmte Gruppen von Staatsangehörigen des Deutschen Reiches die Kennkartenpflicht eingeführt. Die Kennkarten jüdischer Personen waren mit einem großen Buchstaben "J" gekennzeichnet. Wer als "jüdisch" galt, hatte das Reichsgesetzblatt vom 14. November 1935 ("Erste Verordnung zum Reichsbürgergesetz") bestimmt. 
Hinweis: für die nachfolgenden Kennkarten ist die Quelle: Zentralarchiv zur Erforschung der Geschichte der Juden in Deutschland: Bestände: Personenstandsregister: Archivaliensammlung Frankfurt: Abteilung IV: Kennkarten, Mainz 1939" http://www.uni-heidelberg.de/institute/sonst/aj/STANDREG/FFM1/117-152.htm. Anfragen bitte gegebenenfalls an zentralarchiv@uni-hd.de       
 
 Kennkarte von 
Bina Kahn geb. Falk
 
 Breithardt KK MZ Kahn Lina.jpg (90524 Byte)  
  Bina Paula Kahn geb. Falk ist am 23. Juli 1881 als Tochter des Falk Falk und der Jettchen geb. Straus in Breithardt geboren, sie lebte später in Mainz. Am 27. September 1942 wurde sie ab Darmstadt in das Ghetto Theresienstadt deportiert, so sie am 24. Juni 1943 umgekommen ist.  
Link zu holocaust.cz    
 

       
       
       
Zur Geschichte der Synagoge      
       
Eine erste Synagoge musste um 1875 einer Straßenerweiterung weichen und wurde abgebrochen. Der Verkaufserlös für das Gebäude diente zum Kauf des Holzes für einen Neubau.   
       
Eine neue Synagoge wurde 1876 erbaut. Es handelte sich um einen eingeschossigen Bau mit ca. 25 Quadratmetern. 
     
1937 - bereits vor der Auflösung der Gemeinde (1938) - wurde das Synagogengebäude durch den früheren jüdischen Besitzer - Abraham Ackermann - verkauft. Bis in die 1960er-Jahre war darin eine kleine Druckerei untergebracht. 1974 ist die ehemalige Synagoge vom Besitzer abgebrochen worden.   
     
     
Adresse/Standort der Synagoge            Felsterbachstraße   
    
    
Fotos 

  Fotos des Synagogengebäudes - weder historische Fotos noch nach 1945 - sind bislang vorhanden. 
Über Hinweise oder Zusendungen freut sich der Webmaster der "Alemannia Judaica"; Adresse siehe Eingangsseite
     
Zwei der Beisetzungen im 
jüdischen Friedhof in Burgschwalbach 
Burgschwalbach Friedhof 175.jpg (230579 Byte) Burgschwalbach Friedhof 161.jpg (188364 Byte)
    Grabsteine für Sarah Blumenthal geb.
 Rosenbaum
(1836-1908) und Herz Blumenthal
 (1833-1908) von Holzhausen über Aar 
 Grabstein für Nathan Meyer 
geb. 25.3.1875  gest. 4.2.1936 
in Holzhausen über Aar  
     

    
    
Erinnerungsarbeit vor Ort - einzelne Berichte
   

April 2012: Über die Forschungsarbeit von Heinz Römermann      
Artikel von Hannelore Wiedemann im "Wiesbadener Kurier" vom 13. April 2012: "Auf den Spuren jüdischer Schicksale. 
Hohenstein. Geschichte.
Heinz Römermann möchte in Holzhausen eine Gedenkstätte einrichten...." 
Auf den Spuren jüdischer Schicksale (Wiesbadener Kurier, 13.04.2012)     
 
 

    

   
Links und Literatur

Links:  

bulletWebsite der Gemeinde Hohenstein (Untertaunus)     

Literatur:  

bulletPaul Arnsberg: Die jüdischen Gemeinden in Hessen. Anfang - Untergang - Neubeginn. 1971. Bd. I S. 385-386.   
bulletThea Altaras: Synagogen in Hessen. Was geschah seit 1945? 1988 S. 178.
bulletdies.: Das jüdische Rituelle Tauchbad und: Synagogen in Hessen. Was geschah seit 1945 Teil II. 1994. S. 144 (keine weiteren Informationen)
bulletdies.: Neubearbeitung der beiden Bücher. 2007. S. 368.  
bulletStudienkreis Deutscher Widerstand (Hg.): Heimatgeschichtlicher Wegweiser zu Stätten des Widerstandes und der Verfolgung 1933-1945. Hessen I Regierungsbezirk Darmstadt. 1995 S. 298. 
bulletPinkas Hakehillot: Encyclopedia of Jewish Communities from their foundation till after the Holocaust. Germany Volume III: Hesse -  Hesse-Nassau - Frankfurt. Hg. von Yad Vashem 1992 (hebräisch) S. 439.   

   
    


 

Article from "The Encyclopedia of Jewish life Before and During the Holocaust". 
First published in 2001 by NEW YORK UNIVERSITY PRESS; Copyright © 2001 by Yad Vashem Jerusalem, Israel.

Holzhausen ueber der Aar  Hesse Nassau. Dating from the 16th century, the community numbered 78 (12 % of the total) in 1861. It disbanded in 1938: 14 of the 21 Jews emigrated; four deportees perished in the Theresienstadt ghetto.   
  
    

                   
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Copyright © 2003 Alemannia Judaica - Arbeitsgemeinschaft für die Erforschung der Geschichte der Juden im süddeutschen und angrenzenden Raum
Stand: 30. Juni 2020