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zu den Synagogen in
Baden-Württemberg
Kirchzarten (Kreis
Breisgau-Hochschwarzwald)
Betsaal/Synagoge auf dem Gut Markenhof
Übersicht:
Zur Geschichte des
Betsaals / der Synagoge
Auf dem Gut Markenhof bei Kirchzarten betrieb seit 1919
Alexander Moch aus Schwanau-Nonnenweier
eine Landwirtschaft, die auch als Hachschara, das heißt der Vorbereitung auf
die Einwanderung nach Palästina diente. Der Markenhof gilt als "erster
Kibbuz deutscher Juden" (Ruben Frankenstein). Das Lehrgut wurde vom jüdischen
Unternehmer Konrad Goldmann (Freiburg) finanziert. Er richtete mit seinen
Mitteln auch eine Synagoge auf dem Hof ein, deren Fenster von Friedrich
Adler aus Laupheim gestaltet wurden. Später gab Goldmann die
Fenster als Schenkung an den Bürgermeister Meir Dizengoff für das Tel
Aviv Museum of Art. Im Museum Schloss Großlaupheim
sind
Kopien der Fenster zu sehen, Motive der 12 Stämme Israels. Die Säulen, die die
Fenster von Adler ursprünglich umrahmten, befinden sich heute in einem Kibbuz
bei Nahariya (Kibbuz Beit
Haemek/Israel). Hier erinnern auch Gedenktafeln an den in Drancy
umgekommenen Konrad Goldmann und an den Markenhof Kirchzarten.
Aus der Geschichte des Gutes Markenhof
Über den Markenhof (1925)
Mitteilung im "Nachrichtendienst", Hg. von der
Zentralwohlfahrtsstelle der deutschen Juden in der Ausgabe vom Februar
1925: "Auf dem Gebiet der Erholungsfürsorge sei
erwähnt, dass der Markenhof bei Freiburg im Schwarzwald von dem
Besitzer pachtfrei für ein Erholungsheim der Jugend überlassen und schon
in diesem Sommer von den Angehörigen aller Jugendorganisationen beschickt
werden soll. Es können dort jährlich 500 Jugendliche gegen Ersatz der
Verpflegungskosten Aufnahme finden." |
Jüdische Einwohner in
Kirchzarten
Hinweis auf den seit 1937 in Kirchzarten lebenden
Bildhauer Richard Engelmann (1868 in Bayreuth - 1966 in Kirchzarten)
Seit 1937 wohnte in der Lindenaustraße 21 in Kirchzarten der aus einer
jüdischen Familie stammende (1913 zur evangelischen Konfession konvertierte)
Bildhauer Prof. Richard Engelmann (1912 bis 1930 Professor an der
Weimarer Kunsthochschule). Er starb 1966 in Kirchzarten.
Zur Biographie von Richard Engelmann:
- Vorbemerkung
zum Bestand T 1 im Staatsarchiv Freiburg
- Wikipedia-Artikel
Richard Engelmann (Bildhauer) mit Literaturangaben
Fotos
Historisches Foto
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Der Markenhof in
Kirchzarten-Burg in den 1920er-Jahren |
Neuere Fotos:
Der Markenhof
(Fotos: J. Krüger, Karlsruhe. Aufnahmen im
Oktober 2004) |
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Außenaufnahmen
des Markenhofes |
Im ehemaligen Betsaal (heute
Schlafzimmer
einer Wohnung); Blick nach Osten |
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Synagogenfenster "12 Stämme
Israels", ursprünglich auf dem Markenhof, jetzt Tel Aviv Museum of Art, Kopien im Museum Schloss Großlaupheim (Quelle für diese Bilder: Einladungskarte
zur Ausstellung "Friedrich Adler zwischen Jugendstil und Art Deco" vom
16.2.-16.3.1995 in Laupheim)
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Benjamin und Dan |
Levi und Gad |
Naftali und Joseph |
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Issachar und Ascher |
Simon und Sebulon |
Juda und Ruben |
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Zu den Darstellungen der Zwölf Stämme
Israels Erläuterungen von Ernst Schäll (siehe Beitrag unter Literatur):
JEHUDA (JUDA): 'Du, dir huldigen deine Brüder! Hast deine Hand in der Feinde Nacken; dir beugen sich die Söhne deines Vaters; du junger Leu Jehuda.“' (1.Mose 49,8) Adler stellt einen stolz schreitenden Löwen im grünen Talgrund vor einem hohen Gebirge dar.
REUBEN (RUBEN): 'Du, mein Erstling, mir Kraft und meiner Stärke Erster (1. Mos. 49,3). Die Bibel verzichtet auf ein Symbol. Bei Adler ist es ein Baum.
'Baum für den Reichtum des Erstgeborenen.'
SCHIM‘ON (SIMON): 'Brüder, des Raubs Gerät ihr Trachten. In ihren Kreis komm‘ meine Seele
nicht.' (1. Mos. 49, 5 und 6). In der Lutherübersetzung heißt es: 'Simon und Levi, ihre Schwerter sind mörderische Waffen. Dargestellt ist ein Schwert in feurigem Strahlenbündel.
SEBULU (SEBULON): 'Sebulon, an der See Gestade siedelt, er am Gestade bei den Schiffen, und seine Seite an Sidon gelehnt.' (1.Mose 49,13) Adler stellt dies mit einem Dreimast-Segelschiff auf unruhiger See dar.
ISSACHAR: 'Ein Esel, fressend, gelagert bei der Anrichte, er sah die Ruh, so gut, und wie das Land so
lieblich.' (1.Mose 49,, 14 und 15) Bei Adler ist es ein bepackter Esel mit gesenktem Kopf vor einer Gebirgslandschaft.
ASCHER: 'Fett ist seine Speise, er liefert Königs Leckerbissen.' (1.Mose 49, 20) Adler versinnbildlicht dies mittels einer Weinrebe mit reifen Trauben.
BENJAMIN: 'ist ein Wolf der reißt; am Morgen zehrt er Raub, am Abend teilt er
Beute.' (1.Mose 49,27) Adler schuf als Sinnbild einen schreitenden, lechzenden Wolf.
DAN: 'Dingt recht sein Volk, wie einer aus Israels Stämmen. Ja, Dan wird eine Schlange auf dem Weg und eine Otter auf dem
Pfad.' (1. Mose 49, 16) Dargestellt ist eine zusammengerollte Schlange, die ihren Kopf hoch emporhebt.
LEVI: (1. Mose 49.5 und 6) Levi gilt als der Wächter des Allerheiligsten, mit der Bundeslade, in der die beiden Bundestafeln verwahrt wurden. Adler stellt die Bundeslade mit einer Diamanten- und Edelsteinsäule dar. Da die Brüder Simon und Levi gemeinsam in der Bibel genannt werden, reichen die vom Levi-Symbol ausgehenden feurigen Strahlen bis zum Simon-Symbol.
GAD: 'Und zu Gad sprach er: Gelobt sei der, der Gad Raum macht! Er liegt wie ein Löwe und raubt den Arm und den
Scheitel.' (5.Mose 33, 20) Der als kampferprobt geschilderte Stamm wird von Adler als liegende Löwin dargestellt.
NAFTHALI 'ist ein schneller Hirsch und gibt schöne Reden.' (1.Mose 49, 21) Adler verwendet eine springende Hirschkuh vor Gebirge.
JOSEPH: 'Mich deuchte, wir banden Garben auf dem Felde und meine Garbe richtete sich auf und stand, und eure Garben umher neigten sich vor meiner
Garbe' (1.Mose 37,7). Josef, der vom Vater ohnehin Bevorzugte, steigerte durch die Erzählung seines Traumes die Mißgunst seiner Brüder, die ihn dann in eine Grube warfen." |
Erinnerungsarbeit vor
Ort - einzelne Berichte
Januar 2020:
Presseartikel zur Geschichte des
Markenhofes
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Artikel
von Klaus Riexinger in der "Bdischen Zeitung" vom 27. Januar
2020:
"Jüdische Kommune. Wie der Markenhof bei Kirchzarten Spuren in
Palästina hinterließ
Der Sonntag Der Markenhof bei Kirchzarten wirkt heute wie eine Zeitkapsel
aus den 20er Jahren. Ein Freiburger Unternehmer gründete dort eines der
ersten zionistischen Lehrgüter für jüdische Auswanderer.
Der Erste Weltkrieg war gerade einmal sieben Wochen zu Ende, als der
Freiburger Fabrikant Konrad Goldmann am Amtsgericht Freiburg den 'Jüdischen
Landwirtschaftsverein 'Der Pflug'' eintragen ließ. Goldmann, ein gebürtiger
Russe, der seit 1907 in Freiburg lebte, war ein glühender Anhänger des
Zionismus, also des Aufrufs zur Gründung eines jüdischen Staates in
Palästina. Zu dieser Zeit entstanden in vielen europäischen Ländern Ableger
der Organisation Hechaluz, die junge Juden für ein Leben in einem Kibbuz,
also eine genossenschaftliche Selbstversorger-Siedlung, in Palästina
begeistern und ausbilden wollte. Goldmann war von dieser Idee fasziniert.
Bis 1925 durchliefen 300 Eleven die Ausbildung auf dem Markenhof. Als
erfolgreicher Draht- und Kabelfabrikant musste er nicht warten bis es in
Deutschland einen solchen Verband gab, er finanzierte sich sein
Kibbuz-Lehrgut selbst. Im Januar 1919 kaufte er das landwirtschaftliche
Anwesen Markenhof auf der Gemarkung Burg und Zarten bei Freiburg von der
Familie von Wogau und investierte einen Teil seines Vermögens und seine
Gewinne in den Ausbau. Den jungen Menschen sollte es an nichts fehlen.
Obwohl Goldmann nicht streng gläubig war, ließ er sogar eine Synagoge an den
Markenhof anbauen und scheute dafür keine Kosten. Die Buntglasfenster mit
der Darstellung der zwölf Stämme Israels ließ er von dem renommierten
Künstler Friedrich Adler aus Laupheim anfertigen, der auch für die Fenster
der Kölner Synagoge verantwortlich zeichnete. Die ersten Schüler, Eleven
genannt, kamen zum überwiegenden Teil aus bürgerlichen Elternhäuser – aus
Süddeutschland, aus Berlin, Köln, Litauen, Russland und weiteren
osteuropäischen Ländern. Bis zur Aufgabe des Hofes 1925 sollen geschätzte
300 Eleven die ein- bis zweijährige Ausbildung auf dem Markenhof durchlaufen
haben.
Der Markenhof und seine Eleven hinterließen Spuren in Palästina.
Ruben Frankenstein, Dozent am Institut für Judaistik an der Uni Freiburg,
beschäftigt sich schon seit vielen Jahren mit der jüdischen Vergangenheit
des Markenhofs. Er geht davon aus, dass das zionistische Auswanderlehrgut
von Goldmann das erste seiner Art in Deutschland war. Frankenstein wurde auf
die fast vergessene Geschichte des Bauernhofs im Umland von Freiburg durch
zwei Interviews des Müllheimer Lehrers Ulrich Tromm mit zwei früheren
Schülern der Ausbildungsstätte aufmerksam. Er begann zu recherchieren und
dabei wurde ihm immer mehr die Bedeutung des Markenhofs für den deutschen
Zionismus bewusst. Der Markenhof hinterließ Spuren in Palästina. Viele der
Eleven beteiligten sich später am Aufbau von Kibbuzim. An diese zionistische
Lebenswelten in Freiburg vor der Machtergreifung der Nationalsozialisten
erinnert das Kulturamt der Stadt Freiburg in seiner Gedenkveranstaltung zum
Jahrestag der Befreiung des Vernichtungslagers Auschwitz, wo die
Nationalsozialisten mehr als eine Million Juden ermordeten. Die jungen
Menschen taten sich anfangs schwer mit der körperlichen Arbeit auf dem
Markenhof. Ulrich Tromm besuchte 1987 den früheren Markenhof-Schüler Ernst
Fraenkel in Israel und befragte ihn nach seinen Erfahrungen. Fraenkel hatte
für die Lehre auf dem Markenhof seine akademische Karriere aufgegeben und
hantierte nun unter anderem mit einer Mistgabel. 'Erst bekam ich Blasen,
dann ging die Haut weg und dann bekam ich die fürchterlichste
Blutvergiftung', berichtete Fraenkel vom Beladen eines Mistwagens.
Inspektoren leiteten die Schüler bei der Arbeit an: im Pferdestall, im
Kuhstall, bei der Feldarbeit, in der Gärtnerei, in der Bäckerei, in einem
dazugehörigen Weingut im Kaiserstuhl und bei vielem mehr, was sie für den
Aufbau einer sich selbst versorgenden Siedlung in Palästina benötigen
würden.
Die Kommune Markenhof ließ sich südlich des See Genezareth nieder.
Nach den Recherchen Frankensteins wanderte die erste Pioniergruppe aus vier
Frauen und drei Männern im Dezember 1921 nach Palästina aus. Letzte
Anweisungen hatten ihnen der Soziologe Arthur Ruppin vom Palästina-Amt auf
dem Markenhof gegeben. Ruppin prägte für sie den Namen 'Kewuzat Markenhof'
(Kommune Markenhof). 1923 folgten elf weitere Absolventen. Nach einigen
Umzügen ließen sie sich 1927 am endgültigen Standort südlich des See
Genezareth nieder. Ihren Kibbuz nannten sie Beth Sera, was sich mit Saathaus
übersetzen lässt – Kibbuz Markenhof klang vielen, die nicht aus der
Ausbildung in Kirchzarten kamen, zu deutsch. Zu diesem Zeitpunkt gab es das
Auswanderlehrgut bei Freiburg schon nicht mehr. Konrad Goldmann hatte
während der Inflation 1923 sein Vermögen und seine Fabrik verloren und hielt
den Markenhof, vermutlich durch Zuschüsse, noch zwei Jahre am Leben. Dann
musste er ihn verkaufen. Die kunstvoll gefertigten Fenster aber ließ
Goldmann noch nach Tel Aviv schicken. Dort blieben sie erstmal für lange
Zeit verschollen.
Die Nazis brachten ab 1937 'Arbeitsmaiden' auf dem Hof unter. Neuer
Eigentümer des Markenhofs wurde ein evangelisches Stift, das eine
christliche Bauernschule auf dem Hof einrichtete. 1934 musste auch diese
Schule aufgeben. Neuer Eigentümer wurde Georg Miedtke, der ein
deutsch-mexikanisches Export-Import-Unternehmen für Eisenwaren und
Maschinenteile betrieb. Doch ab 1937 beanspruchten die Nationalsozialisten
das Gut erstmal für sich und brachten dort 'Arbeitsmaiden' unter, die in der
Landwirtschaft helfen mussten. Aus dieser Zeit steht heute noch eine Baracke
des Reichsarbeitsdienstes auf dem Hof.
Konrad Goldmann starb im KZ. Konrad Goldmann wurde später nochmal als
Unternehmer in Freiburg erfolgreich, er floh dann aber vor den Nazis ins
Elsass. Nach dem deutschen Überfall auf Frankreich 1940 konnte der
70-jährige Goldmann nicht mehr entkommen. Die Nazis ergriffen ihn und
verschleppten ihn in das KZ Drancy bei Paris. Noch bevor er mit den
Deportationszügen in ein Vernichtungslager im Osten gebracht werden sollte,
starb er. Seit 2005 erinnert ein Straßenname in Freiburg an Goldmann. Der
Markenhof mit der angebauten Synagoge wirkt heute wie eine Zeitkapsel aus
den 1920er Jahren. Die Räume, die heute privat vermietet sind, befinden sich
noch im Originalzustand mit holzgetäfelter Wand und Kassettendecke. Sogar
der Thoraschrein und drei kunstvoll gearbeitete hölzerne Säulen sind noch
erhalten.
Die jetzigen Eigentümer knüpften Kontakte zu ehemaligen Schülern.
Vier weitere der Säulen habe Ernst Fraenklin 1965 mit nach Israel genommen,
berichtet Benedikt Miedtke, der Enkel von Georg Miedtke. Die Familie Miedtke,
die noch heute im Besitz des Markenhofs ist, bemühte sich nicht nur um den
Erhalt der historischen Gebäude, sie knüpfte auch freundschaftliche Kontakte
zu ehemaligen Markenhof-Eleven. Lydia Miedtke, Schwiegertochter von Georg
Miedtke, erinnert sich an Besucher aus Stockholm, Tel Aviv, Zürich, London
und New York, die die Stätte ihrer landwirtschaftlichen Pionier-Ausbildung
noch einmal besichtigen wollten. Auch der Künstler Friedrich Adler überlebte
die Nazidiktatur nicht. 1936 bereiste er Palästina und sah im Kunstmuseum in
Tel Aviv noch einmal seine 'Markenhof-Fenster'. Fatalerweise, schreibt Rubin
Frankenstein in seinen Aufzeichnungen, kehrte Adler dann nach Deutschland
zurück. 1942 wurde er in Auschwitz ermordet. Die Fenster verschwanden im
Depot des Museums und galten bereits als verschollen, bis sie der Laupheimer
Heimatforscher Ernst Schäll fand. Die Fenster wurden restauriert und 1994
und 1995 in einer Ausstellung über Friedrich Adler in Deutschland und in den
USA gezeigt. Für Konrad Goldmann wurde im Kibbuz eine Gedenktafel
angebracht, auf der auch auf das noch existierende 'Gut Markenhof' in
Deutschland hingewiesen wird."
Link zum Artikel |
Links und Literatur
Links:
Literatur:
| Hermann Althaus: Der Markenhof in Kirchzarten und seine Synagoge,
in: Badische Heimat Heft 2/2000. |
| Ruben Frankenstein: Hachschara im Markenhof bei Freiburg. Eine
Spurensuche. In: Alemannisches Judentum. Spuren einer verlorenen Kultur. Hg.
Manfred Bosch. Eggingen 2001. |
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