Baisingen Friedhof 154.jpg (62551 Byte)  Segnende Hände der Kohanim auf einem Grabstein in Baisingen


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Kunreuth (VG Gosberg, Kreis Forchheim)
Jüdische Geschichte / Synagoge

Übersicht: 

bulletZur Geschichte der jüdischen Gemeinde  
bulletBerichte aus der Geschichte der jüdischen Gemeinde   
Aus der Geschichte der jüdischen Lehrer  
bulletZur Geschichte der Synagoge   
bulletFotos / Darstellungen   
bulletLinks und Literatur   

    

Zur Geschichte der jüdischen Gemeinde             
    
In Kunreuth bestand eine zeitweise relativ große jüdische Gemeinde bis zur Mitte des 19. Jahrhunderts. Ihre Entstehung geht in die Zeit des 15./17. Jahrhunderts zurück, als von den Freiherren von Egloffstein Juden am Ort aufgenommen wurden. 1448 wird erstmals ein Jude aus Kunreuth genannt, der vor dem Landgericht Bamberg eine Klage einreichte. Nach der Vertreibung der Nürnberger Juden 1498/99 werden sich weitere jüdische Familien hier niedergelassen haben. In der Zeit des Dreißigjährigen Krieges werden neun jüdische Familien am Ort genannt (1639). Sie bezahlten in diesem Jahr 21 Gulden und 4 Kreuzer an "Schutzgeldern" an den evangelischen Pfarrer. 1680 wurden 14 jüdische Familien am Ort gezählt, 1728 waren es 20 Familien. 

Ihre Blütezeit hatte die jüdische Gemeinde von der Mitte des 18. bis zur Mitte des 19. Jahrhunderts. 1767 wurde die Zahl der jüdischen Haushalte von der Ortsherrschaft auf 28 begrenzt. 1808 lebten neben 355 evangelischen Einwohnern 135 jüdische. Die höchsten Zahlen liegen von 1811 und 1815 mit 149 beziehungsweise 143 jüdischen Einwohnern hervor. 1846 und 1851 wurden noch 106 beziehungsweise 97 jüdische Einwohner am Ort gezählt. 1848 werden folgende jüdische Haushaltsvorstände und Hausbesitzer genannt: Männl Weiderberger (Haus Nr. 23), Levi Machul Ehrenbacher (Krämer, Haus Nr. 24), Levi Rothenberger (Haus Nr. 28), Levi Hirsch Baireuther (Haus Nr. 33), Philipp Braun (Handelsmann, Haus Nr. 34).  Durch Aus- und Abwanderung der jüdischen Einwohner (unter anderem nach Fürth) war die Zahl bis 1875 bereits auf 26 jüdische Einwohner zurückgegangen. 1879 wurde die Gemeinde aufgelöst. 1880 lebten in Kunreuth und dem benachbarten Ermreus zusammen noch vier jüdische Personen, 1890 war es in Kunreuth nur noch der jüdische Handelsmann Sigmund Sulzberger. 1914 wurde letztmals ein jüdischer Einwohner gezählt. 
 
Die offizielle Auflösung der Gemeinde wurde erst 1920 vorgenommen. 

An Einrichtungen waren eine Synagoge, eine Religionsschule (ab 1830 bis 1876 im Gebäude Badanger 16, siehe Fotos unten) und ein rituelles Bad vorhanden. Die Toten der jüdischen Gemeinde wurden im jüdischen Friedhof in Baiersdorf beigesetzt. Zur Besorgung der religiösen Aufgaben der Gemeinde war zeitweise ein Religionslehrer angestellt, der zugleich als Vorbeter und als Schächter tätig war.   
   
Von den in Kunreuth geborenen und/oder längere Zeit am Ort wohnhaften jüdischen Personen ist in der NS-Zeit umgekommen (Angaben nach den Listen von Yad Vashem, Jerusalem und den Angaben des "Gedenkbuches - Opfer der Verfolgung der Juden unter der nationalsozialistischen Gewaltherrschaft in Deutschland 1933-1945"): Bertha Weißmann geb. Braun (geb. 1873  in Kunreuth, später wohnhaft in Bamberg, umgekommen in 1943 im Ghetto Theresienstadt).         
    
    
    
Aus der Geschichte der jüdischen Gemeinde 
    
Aus der Geschichte der jüdischen Lehrer
Ausschreibung der Stelle des Lehrers, Vorbeters, Schochet 1872 (vermutlich letzte Ausschreibung)  

Kunreuth Israelit 25091872.jpg (53117 Byte)In der Zeitschrift "Der Israelit" erschien am 25. September 1872 folgende Anzeige: "Die Religionslehrer-, Vorsänger- und Schächterstelle in der israelitischen Gemeinde Kunreuth, Bezirksamt Forchheim in Bayern, ist erledigt und soll sofort wieder besetzt werden. Die Anstellung ist provisorisch. Jährlicher Gehalt 200 Gulden rheinisch nebst freier Wohnung. Für Beheizung 40 Gulden. Sonstige Nebeneinkünfte ungefähr 30 Gulden. Bewerber wollen sich bei dem unterzeichneten Kultus-Vorsteher melden. Kunreuth, den 15. September 1872. Karl Heumann". 

  
  
  
Zur Geschichte der Synagoge                 
    
Eine Synagoge wurde 1728 "beym Steg" erbaut. Sie bestand bis zur Auflösung der Gemeinde 1879.             
     
Im Zusammenhang mit der Auflösung der Gemeinde 1879 wurde das Synagogeninventar und die Ritualien verkauft. Immerhin waren zuletzt vor allem noch sieben gut erhaltene Torarollen und wertvoller Toraschmuck vorhanden. Am 23. April 1879 erschien in der Zeitschrift "Der Israelit" folgende Anzeige: 

Kunreuth Israelit 23041879.jpg (45312 Byte)"Die israelitische Kultusgemeinde Kunreuth bei Forchheim (Bayern), welche sich in nächster Zeit auflöst, beabsichtigt 7 ganz gut erhaltenen Sifrei Tora (Torarollen), dann 1 Tass (Toraschild) und Jad (Torazeiger) von massivem Silber, 2.050 Kgr. schwer, desgleichen 2 Ez Chaiim (Stäbe, auf die die Torarolle gewickelt ist) zu sehr annehmbaren Preisen zu verkaufen. Darauf Reflektierende belieben sich an den Unterzeichneten zu wenden. Karl Heumann."  

Das Synagogengebäude wurde 1908 abgebrochen. 
    
    
Text der Hinweistafel an der Straße Kirchberg (Nähe Synagogenstandort; "Kunreuther Spurensuche - Kulturweg Kunreuth" ): "Seit dem frühen Mittelalter lebten Juden auch in Franken. Erstmals 1298 kommt es in Ostfranken zu Verfolgungen (Pogrome) besonders in den Städten. In Folge beginnen sich die Juden von den Städten abzuwenden und sich in Dörfern und Märkten anzusiegeln. Nachdem 1349 in Nürnberg eine blutige Judenverfolgung auch das jüdische Stadtviertel (den heutigen Hauptmarkt) zerstört hatte, boten die Herren von Schlüsselberg (Burg Neideck) den Überlebenden Schutz in ihren Orten. Damit wird erstmals die Funktion des Adels als Schutzmacht über die Juden in der Region sichtbar.  
1548 übertrug Kaiser Karl V. in der Reichspoliceyordnung der Reichsritterschaft das sogenannte Judenschutzrecht. Dieses bot den Rittern die Möglichkeit, Juden aufzunehmen und von ihnen Steuern und andere Abgaben zu erheben, die bald einen beträchtlichen Anteil an den Einnahmen der Reichsritter ausmachten. Diese Einnahmemöglichkeiten führten auch dazu, dass es in vielen reichsritterschaftlichen Siedlungen zu einer Politik der Judenansiedlung kam. Deshalb findet man noch heute in vielen ehemals reichsritterschaftlichen Orten Spuren von vergangenem jüdischen Leben. 
Erste Nachrichten über jüdische Einwohner in Kunreuth gibt es schon Mitte des 15. Jahrhunderts, doch erst während des 30-jährigen Krieges, seit 1638 ist eine kontinuierliche Ansiedlung belegbar. Seit der Mitte des 17. Jahrhunderts wuchs daraus eine bedeutende jüdische Gemeinde mit eigener Synagoge und von 1830 bis 1876 mit eigener Religionsschule, jedoch ohne eigenen jüdischen Friedhof.  
Die Juden waren in Kunreuth teilweise Mitglieder der Gemeinde und konnten hier Grundbesitz erwerben. 1728 sind 13 von 56 Gemeinderechten in jüdischer Hand und es leben bereits 20 jüdische Familien am Ort. Sie lebten von Klein-, Gewürz- und Viehhandel, waren Schneider, koscherer Metzger, Krämer, Tuchweber, Leinweber oder Seifensieder und trugen so zur handwerklich-gewerblichen Vielfalt Kunreuths entscheidend bei.
1764 wurde eine neue Synagoge beym Steg, also direkt am Trappbach gebaut. Nachdem 1815 ein Höchststand der jüdischen Gemeinde bestand, begann um 1850 in Kunreuth, wie in den meisten Dörfern der Fränkischen Schweiz, die Abwanderung der jüdischen Gemeindemitglieder in die aufstrebenden Städte (vor allem nach Fürth) und nach Übersee: 1845 gab es noch 106 Juden in Kunreuth, 1880 nur noch vier Familien, die Kultusgemeinde Kunreuth existierte ab dieser Zeit faktisch nicht mehr. Der Handelsmann Sigmund Sulzberger ist 1890 Kunreuths einziger Jude. Als die Kunreuther Judengemeinde 1920 juristisch aufgelöst wurde, war die Synagoge bereits abgerissen worden."   
  
  
Adresse/Standort der Synagoge: Alte Haus-Nr. 78 (Plan Nr. 45)  
   

   
Fotos
(Fotos: Jürgen Hanke, Kronach)  

Standort der 
ehemaligen Synagoge  
Kunreuth Synagoge 110.jpg (50570 Byte) Kunreuth Hinweistafel 010.jpg (108003 Byte)
   Die Synagoge stand  auf dem freien Platz
 mit der Zufahrt zu den Garagen (links)
 Hinweistafel am Kirchberg 
(Text siehe oben)
      
Gebäude der ehemaligen 
jüdischen Schule
Kunreuth Schule 101.jpg (70230 Byte) Kunreuth Schule 100.jpg (56485 Byte)
   Adresse des Gebäudes: Badanger 16

    
      

Links und Literatur  

Links:  

bulletWebsite der Gemeinde Kunreuth  
bulletWeitere Website zu Kunreuth  

Literatur:  

bulletIsrael Schwierz:  Steinerne Zeugnisse jüdischen Lebens in Bayern. Eine Dokumentation der Bayerischen Landeszentrale für politische Bildungsarbeit. A 85. 1988 S. 214.  
bulletKlaus Guth (Hg.) u.a.: Jüdische Landgemeinden in Oberfranken (1800-1942). Ein historisch-topographisches Handbuch. Bamberg 1988. zu Kunreuth zur kurze Angaben S. 395. 
bullet"Kunreuth - Ein Dorf und seine Kultur": Dokumentation vom Tag des offenen Denkmals 2001: online zugänglich
bulletPrivate Website mit Seite zur Geschichte von Kunreuth

    
      

                   
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Copyright © 2003 Alemannia Judaica - Arbeitsgemeinschaft für die Erforschung der Geschichte der Juden im süddeutschen und angrenzenden Raum
Stand: 30. Juni 2020