Baisingen Friedhof 154.jpg (62551 Byte)  Segnende Hände der Kohanim auf einem Grabstein in Baisingen


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Lampertheim (Kreis Bergstraße)
Jüdische Geschichte / Synagoge  

Übersicht:  

bulletZur Geschichte der jüdischen Gemeinde  
bulletBerichte aus der Geschichte der jüdischen Gemeinde   
Aus der Geschichte der jüdischen Lehrer   
Aus dem jüdischen Gemeindeleben  
Anzeigen jüdischer Gewerbebetriebe 
Hinweis: Schwierigkeiten bei der Aufarbeitung der Geschichte in den 1950er-Jahren   
bulletZur Geschichte der Synagoge   
bulletFotos / Darstellungen  
bulletErinnerungsarbeit vor Ort - einzelne Berichte    
bulletLinks und Literatur   

    

Zur Geschichte der jüdischen Gemeinde (english version)  
   
In Lampertheim bestand eine jüdische Gemeinde bis 1938/42. Ihre Entstehung geht in die Zeit des 17./18. Jahrhunderts zurück. Erstmals werden 1615 Juden in der Stadt erwähnt. Bis um 1700 dürfte es wohl meist nicht mehr als jeweils eine Familie sein, die in Lampertheim wohnte (1616, 1698 und 1701-02 wird jeweils nur ein Jude erwähnt). 1710 hört man von dem Viehhändler Jakob Levi, wenig später von weiteren Angehörigen der Familie Levi. 1758 gab es drei jüdische Familien (Veitel Levi, Samuel Levi, Moyses Hirsch), 1800 vier Familien. 

Nach 1808 erhielten die im Lampertheim wohnenden Juden zum Teil die Rechte als "Ortsbürger". Die jüdischen Familien mussten feste Familiennamen annehmen. Die Zahl der jüdischen Einwohner stieg von 49 (1809) auf 60 (1815), 76 (1822), 114 (1840), 137 (1846) auf eine Höchstzahl von 160 (1861, 3.3 % der Gesamteinwohnerschaft von 4.957 Personen), um danach durch Aus- und Abwanderung wieder zurückzugehen: 134 (1880, 2.2 % von 5.950), 115 (1890), 110 (1895, 1,8 % von 6.218), 95 (1900). 1885 waren es nach einem Verzeichnis 27 jüdische Familien, davon neun Familien Hochstädter, drei Familien Retwitzer, zwei Familie Strauß, sechs Familien Süß (einzelne Familiennamen waren Jakob, Joseph, Mai, Marx, Neustädter, Oppenheimer und Straßburger).     
       
Als sich seit den 1870er-/1880-Jahren in ganz Deutschland der Antisemitismus verbreitete, wurde dies auch in Lampertheim spürbar (dazu Artikel zu einem Vorfall von 1891 siehe unten).   
     
An Einrichtungen waren neben der Synagoge (s.u.) ein rituelles Bad und eine Religionsschule vorhanden. 1896 baute die jüdische Gemeinde ein neues Schulhaus, wozu ihr von der bürgerlichen Gemeinde ein Zuschuss von 1.000 Mark bewilligt worden war.  

Lampertheim Israelit 21091896.jpg (40084 Byte)Dazu berichtete die Zeitschrift "Der Israelit" am 21. September 1896: "Lampertheim Kreis Bensheim. Es ist eine angenehme und eine recht betrübende Nachricht, die ich Ihnen von hier aus zu melden habe. Die israelitische Gemeinde dahier baut zur Zeit ein neues Schulhaus. In überaus loyaler Weise hat ihr die politische Gemeinde hierzu 1000 Mark bewilligt. So erfreulich diese Nachricht ist, so betrübend ist die andere, dass auf dem hiesigen israelitischen Friedhofe von ruchloser Hand 11 Grabsteine umgeworfen und teilweise demoliert wurden. Die Polizei gibt sich alle Mühe, die Übeltäter zu ermitteln."  

Die Toten der jüdischen Gemeinde wurden bis 1867 in Hemsbach beigesetzt, danach gab es einen eigenen jüdischen Friedhof in Lampertheim. Zur Besorgung religiöser Aufgaben der Gemeinde war ein Lehrer angestellt, der zugleich als Vorbeter und Schochet tätig war (vgl. Stellenausschreibungen unten). Als Religionslehrer der Gemeinde werden u.a. genannt: 1859 bis 1892 Wolf Joseph, der 1885 sein 25-jähriges Jubiläum als Lehrer und Kantor der Gemeinde Lampertheim feiern konnte (gestorben 1892, siehe Artikel unten). Noch länger war Jonas Meyer in der Gemeinde: er feierte 1932 sein 35-jähriges Amtsjubiläum, war also seit 1897 Lehrer in Lampertheim (siehe Artikel unten); er starb 1935 (Grab im jüdischen Friedhof der Gemeinde).   
Die Gemeinde gehörte zum liberalen Rabbinat Darmstadt I. 
   
Im Ersten Weltkrieg fielen aus der jüdischen Gemeinde: Samuel May (geb. 5.3.1889 in Lampertheim, gef. 12.7.1915), Unteroffizier Julius Strauß (geb. 21.9.1882 in Lampertheim, gef. 31.8.1918), Gefreiter Eugen Oppenheimer (geb. 27.4.1884 in Lampertheim, vor 1914 in Sandhofen wohnhaft, gef. 21.11.1914), Ludwig Strauß und Moritz Frank. Andere der Kriegsteilnehmer kamen mit teilweise hohen Auszeichnungen zurück . 

Lampertheim Frf IsrFambl 11121914.jpg (15137 Byte)So war u.a. am 11. Dezember 1914 in der Zeitschrift "Der Israelit" zu lesen: "Lampertheim. Theodor Süß, Sohn des Zigarrenfabrikanten Samuel Süß, erhielt unter Beförderung zum Vizefeldwebel das Eiserne Kreuz". 

Um 1924, als zur Gemeinde etwa 75 Personen gehörten (0,6 % von insgesamt etwa 12.000 Einwohnern), waren die Gemeindevorsteher: Leopold Oppenheimer (gest. März 1927; Grab im jüdischen Friedhof), Karl Hochstädter und Ferdinand Guggenheim. Als Lehrer, Kantor und Schochet war weiterhin der bereits genannte Jonas Meyer tätig; er unterrichtete an der Religionsschule der Gemeinde zehn Kinder und erteilte den Religionsunterricht an der Volksschule in Lampertheim. An jüdischen Vereinen gab es u.a. den Israelitischen Wohltätigkeitsverein (1924 unter Vorsitz von Leopold Oppenheimer; 1932 unter Vorsitz von Karl Hochstädter; Zweck und Arbeitsgebiete: Unterstützung verarmter Mitglieder). 1932 waren die Gemeindevorsteher Karl Hochstädter (1. Vors., Wilhelmstraße ) und Ferdinand Guggenheim (2. Vors., Ernst-Ludwig-Straße). Lehrer Jonas Meyer erteilte im Schuljahr 1931/32 12 Kindern der Gemeinde den Religionsunterricht.       
  
Nach 1933
ist ein Teil der jüdischen Gemeindeglieder (1933: 86 Personen) auf Grund der Folgen des wirtschaftlichen Boykotts, der zunehmenden Entrechtung und der Repressalien weggezogen beziehungsweise ausgewandert). Beim Novemberpoprom 1938 wurde die Synagoge zerstört (s.u.). Im Zusammenhang mit dem Pogrom wurden fast alle jüdischen Männer für einige Wochen in das KZ Buchenwald verschleppt. Josef May starb dort am 18. November 1938. Die zunächst in das Frauen-KZ Ravensbrück in "Schutzhaft" verbrachte Erika Frank starb am 23. März 1942 in der Vergasungsanstalt Bernburg als Opfer der "Aktion 14 f 13". 1942 wurden die letzten neun jüdischen Einwohner aus Lampertheim in Vernichtungslager deportiert.  
    
Von den in Lampertheim geborenen und/oder längere Zeit am Ort wohnhaften jüdischen Personen sind in der NS-Zeit umgekommen (Angaben nach den Listen von Yad Vashem, Jerusalem und den Angaben des "Gedenkbuches - Opfer der Verfolgung der Juden unter der nationalsozialistischen Gewaltherrschaft in Deutschland 1933-1945"): Inge Baer (1933), Selma Baer geb. Mayer (1904), Herta Henelene Behr (1922), Gertrude Blum (1907), Berta Frank geb. Süss (1878), Sally Frank (1909), Selma Irmgard Erika Frank (1904), Settchen Guckenheimer geb. Hochstädter (1880), Rosa Guthmann geb. Schott (1874), Anna Herzberger (1869), Lina Hirschheimer (1877), Albert Hochstädter (1872), Antonie (Toni) Hochstädter geb. Süss (1887), Ferdinand Hochstädter (1873), Friedrich (Frederic) Hochstädter (1868), Karl Hochstädter (1876), Heinrich Jacob (1865), Helene Kaufmann geb. Hochstädter (1910), Lina Kuchheimer geb. Guggenheim (1901), Josephine Levi geb. Süss (1880), Sessie Lorch geb. Keller (1874), Josef May (1878), Berta Mayer geb. Retwitzer (1863), Lilly Oppenheimer (1892), Lina Simon geb. Hochstädter (1890), Markus Stern (1868), Karl Strassburger (1885), Berta Stückgold geb. Jacob (1863), Gottschalk Süss (1889), Ludwig Süss (1875), Robert Süss (1922), Ruth Süss (1920), Ferdinand Ullmann (1875), Fritz Ullmann (1921), Hilda Ullmann geb. May (1885), Emmy Rudolphine Weil geb. Klein (1889), Berta Weiß (1891), Mina Weiß (1894), Siegfried Weiss (1896), Dina Weissmann (1867), Henriette Wenk (1876), Josef Wertheim (1895).
 
Im Februar 2014 wurden zur Erinnerung an jüdische Opfer des Holocausts sechs "Stolpersteine" verlegt: vor der Wilhelmstraße 46 für Max Bär (geb. 1898 in Griedel, hatte das Geschäft von Karl Hochstädter übernommen und ist mit der Familie im Dezember 1938 nach Frankfurt verzogen, er überlebte die NS-Zeit in England), seine Frau Selma Bär geb. Mayer (geb. 1904, ermordet), die Tochter Inge Baer (geb. 1933, ermordet), den Sohn Edgar Bär (Schicksal unbekannt); für den Bruder von Max Bär: Julius Bär (Schicksal unbekannt, möglicherweise in die USA emigriert), die Hausangestellte Herta Helene Behr (geb. 1922, ermordet). Weitere acht Stolpersteine wurden 2015 verlegt (Familie Mann, siehe Bericht unten), fünf in 2016 (für Ludwig Süß, Else Süß, Dietmar Süß, Ruth Süß und Götz Israel).   
  
Hinweis: die in einigen Listen aufgeführte, in Lampertheim 1868 geborene und später in Großsachsen wohnhafte Johanna Buchheimer geb. Süss ist nach den Recherchen von Prof. Dr. Erhard Schnurr 1938 in die USA emigriert und am 30.5.1949 in Newark/NJ gestorben (Information erhalten 11. Juni 2010).       

Zum DP-Lager in Lampertheim nach 1945 (Foto unten aus dem Archiv des JDC)     

 Lampertheim DP 860.jpg (57644 Byte)

In Lampertheim bestand von Dezember 1946 bis Mai 1949 ein jüdisches DP-Lager (Jewish DP Camp), in dem zeitweise über 1.100 jüdische "Displaced Persons" untergebracht waren. Es handelte sich beim Lager um eine zentrale Wohnsiedlung in der Stadtmitte in bis zu 138 Häusern. Verschiedene Einrichtungen waren für die jüdischen Familien vorhanden wie Kindergarten, Volksschule, Berufsschule, Religionsschule (Cheder/Talmud Torah-Schule). Weitere Informationen (Website www.after-the-shoah.org), 
vgl. auch (englisch): http://dpcamps.ort.org/camps/germany/us-zone/us-zone-vi/lampertheim/.  

 

  
  
  
Berichte aus der Geschichte der jüdischen Gemeinde 
  
Aus der Geschichte der jüdischen Lehrer 
Ausschreibungen einer Hilfsvorbeterstelle zu den Hohen Feiertagen 1872 und der Stelle des Religionslehrers / Vorbeters / Schochet 1892 / 1893 
Anmerkung: Die Ausschreibung 1892/93 war nach dem Tod von Lehrer Wolf Joseph (siehe unten) nötig geworden.

Lampertheim Israelit 18091872.jpg (21226 Byte)Anzeige in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 18. September 1872: "Die Religionsgemeinde Lampertheim bei Worms sucht einen Hilfs-Baal Tefila (Hilfsvorbeter) auf Rosch Haschana und Jom Kippur. Anmeldungen nimmt der Vorstand entgegen." 
  
Lampertheim Israelit 02051892.jpg (51022 Byte)Anzeige in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 2. Mai 1892: "Die Stelle eines Religionslehrers, Vorbeters und Schochets in hiesiger Gemeinde ist baldigst zu besetzen. Der fixe Gehalt beträgt 700 Mark, bei freier Wohnung, das Nebeneinkommen circa 4 bis 500 Mark. Geeignete Bewerber (womöglich ledig) wollen sich unter Einreichung ihrer Zeugnisse bei dem unterzeichneten Vorstande melden. 
Der Vorstand der israelitischen Gemeinde zu Lampertheim."  
 
Lampertheim Israelit 23021893.jpg (57937 Byte)Anzeige in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 23. Februar 1893: "Die Stelle eines Religionslehrers, Vorsängers und Schächters bei der israelitischen Religionsgemeinde zu Lampertheim (bei Worms) ist bis zum 15. Juni dieses Jahres neu zu besetzen. 
Der Gehalt beträgt bar Mark 700 und freie Wohnung. Außerdem kann auf einen Nebenverdienst von Mark 300-400 gerechnet werden. 
Bewerber wollen sich unter Vorlage ihrer Zeugnisse baldigst bei dem Vorstand genannter Gemeinde melden."  

  
25-jähriges Dienstjubiläum von Lehrer und Kantor Wolf Joseph (1885)  

Lampertheim Israelit 23021885.jpg (73504 Byte)Aus der Zeitschrift "Der Israelit" vom 23. Februar 1885: Lampertheim, 15. Februar (1885). Gestern feierte der hiesige jüdische Lehrer und Kantor, Herr Wolf Joseph, sein 25jähriges Jubiläumsfest.
Der Jubilar erfreut sich hierorts, nicht allein in der israelitischen, sondern auch in der christlichen Gemeinde, einer großen Achtung und Beliebheit, und wurden ihm von hier und auswärts, sowie von dem hiesigen Lehrerkollegium und dem Pfarrer, zahlreiche Glückwunschadressen zugesandt; außerdem wurde ihm von der jüdischen Gemeinde als sichtbares Zeichen der großen Anhänglichkeit ein sehr schönes Geschenk überreicht. Mit Recht verdient der verehrte Jubilar diese Anerkennung, indem man in ihm einen würdigen Vertreter des Lehrerstandes, einen biederen Bürger des Staates und auch ein Muster der Religiosität verehrt. Ein kleines Festessen beschloss die Feier. 
Möge dem Jubilar vom Allmächtigen beschieden werden, dass er in ungeschwächter Körper- und Geisteskraft auch sein 50jähriges Jubiläum mit seiner Familie und der ihm treuen Gemeinde feiern könne.

 
Zum Tod von Lehrer und Kantor Wolf Joseph (1892)  

Lampertheim Israelit 31031892.jpg (141956 Byte)Aus der Zeitschrift "Der Israelit" vom 31. März 1892: "Worms. Am vergangenen Sonntag hat man in dem benachbarten Lampertheim einen Mann zu Grabe getragen, der es wert ist, dass man seiner auch in Ihren geschätzten Blättern gedenke. Es ist Lehrer Wolf Joseph, der im Alter von 59 Jahren nach 12-wöchentlicher Krankheit von seiner irdischen Laufbahn abgerufen wurde. Als 17-jähriger Jüngling kam er aus Russland nach Deutschland, übernahm an einem kleinen Orte eine Lehrerstelle und hatte sich so bald in die deutsche Sprache und das deutsche Wesen eingelebt, dass er die Religionslehrerstelle in Groß-Rohrheim bei Darmstadt übernehmen konnte. Von hier wurde ihm die Kantor-, Lehrer- und Schochet-Stelle in Lampertheim übertragen, an welch letztgenanntem Orte er 33 Jahre wirkte. Joseph war ein sehr religiöser Jehudi und tüchtiger Lehrer, der besonders auf dem Gebiete des Talmuds sehr zu Hause war. Mit besonderer Meisterschaft beherrschte er die hebräische Sprache. Mit diesem Wissen verband er ein ungemein leutseliges, bescheidenes, braves Wesen, das bei nur kurzer Begegnung mit dem Verblichenen sofort zur Geltung kam. Darf es uns da wundern, wenn nach so vielen persönlichen und dienstlichen Eigenschaften die Gemeinde Lampertheim ihren Lehrer liebgewonnen hatte! Wer daran noch zweifeln wollte, den hätte die Teilnahme an der Beerdigung davon überzeugen können. Nicht nur die Juden von Lampertheim und Umgegend, sondern auch die Christen hatten sich so zahlreich eingefunden, dass die Zahl der Teilnehmer an der Beerdigung auf 1.500 geschätzt wird. Der Bürgermeister, Schulvorstand, Gemeinderat, Geistliche, Lehrer und Bürger, sie alle waren gekommen, um dem geliebten Lehrer noch die letzte Ehre zu erweisen, der sich auch ihnen dadurch nützlich gemacht hatte, dass er der Mitbegründer der Kleinkinderschule und des Allgemeinen Krankenvereins gewesen, welchen Vereinen er seit der Begründung als Vorstandsmitglied angehört hatte. 
Lampertheim Friedhof 273.jpg (125035 Byte)Wenn wir recht unterrichtet sind, soll sogar der Trauergottesdienst in der katholischen Kirche für den verstorbenen Großherzog Königlich Hoheit wegen der Beerdigung verlegt worden sein. Auf dem Friedhofe sprach Herr Rabbiner Dr. Stein von hier in bewegten Worten über den Verlust eines so edlen Mannes und eines so tüchtigen Lehrers; Worte, die auf alle Anwesenden einen tiefen Eindruck hinterließen. Möge der Allmächtige die Hinterbliebene in ihrem großen Schmerze stärken und aufrechterhalten. Seine Seele sei eingebunden in den Bund des Lebens". 
(Links: Grabstein für Lehrer Wolf Joseph im jüdischen Friedhof in Lampertheim

   
Gedicht zum Pessachfeste von Lehrer Jonas Meyer (1928)  

Lampertheim Israelit 04041928.jpg (132099 Byte) Aus der Zeitschrift "Der Israelit" vom 4. April 1928:  "Die Lehre des Frühlings. 
(Zum Pessachfeste). 


Sieh an die Flur! Wie schön sie liegt 
Im hellen, grünen Glanz! 
Wie hell sich Blum' an Blume schmiegt 
Zu farbenreichem Kranz! 

Sieh an den schönen, grünen Wald! 
Wie reiht sich Baum an Baum! 
Horch, wie das Lied der Vögel schallt 
Empor zum Himmelsraum! 

Wenn, Israel! im Frühlingsmond 
Befreit wird die Natur, 
Dann spricht, der über Sternen thront, 
Zu dir durch Wald und Flur: 

"Wenn die Natur auch jedes Jahr 
Sich schmücket neu mit Pracht, 
Sie bringt doch stets die Gaben dar, 
Die sie seit je gebracht. 


So war es schon in jener Zeit, 
Da Ich die Erde schuf; 
So wird es sein in Ewigkeit: 
Natur folgt Meinem Ruf. 

Nicht spricht die Flur: 'Ich hab' es satt, 
Zu bringen Gras und Blum'; 
Der Waldbaum soll an ihrer Statt 
Jetzt schmücken mich zum Ruhm.' 

Nicht spricht der Wald: 
'Ich will nicht mehr 
Stets tragen Baum an Baum; 
Der grünen Wiese Blumenheer 
Jetzt decke meinen Raum.' 

Nein!  Die Natur hat immer treu 
Erfüllt Mein Schöpfungswort; 
Und jedes Jahr tut sie es neu, 
Frei, tut sie's fort und fort. 


Frei bist auch du, wie die Natur, 
Wie munt'rer Vöglein Heer. 
So blicke an den Wald, die Flur; 
Sie künden laut die Lehr': 

So wie nur weh'n die Lüfte weich, 
Und frei sich's in uns regt, 
Befolgen das Gesetz wir gleich, 
Das Gott in uns gelegt.' 

O, diese Lehre, schreibe sie 
Tief in das Herz dir ein: 
Dass Freiheit sich in Harmonie 
Mit Gottesdienst verein'. 
    
Du bist ja frei! Es hemmen nicht 
Dir Fesseln deinen Willen. 
O, mögst du in der Freiheit Licht 
Doch stets Mein Wort erfüllen!'" 
Lampertheim. Lehrer J. Meyer."

      
Dienstjubiläum des Lehrers Jonas Meyer (1932)   

Lampertheim Israelit 30061932.jpg (75005 Byte)Aus der Zeitschrift "Der Israelit" vom 30. Juni 1932: Lampertheim am Rhein, 27. Juni (1932). Am 25. Nissan konnte der Lehrer der hiesigen Gemeinde, Herr Jonas Meyer, in seltener Rüstigkeit und bei voller Amtstätigkeit seinen siebzigsten Geburtstag und gleichzeitig das 35-jährigee Amtsjubiläum in der Gemeinde Lampertheim begehen. Der Jubilar, der in Lehre und Lebensführung stets unermüdlich für die Ideale des überlieferten Judentums eingetreten ist, erfreut sich wegen seiner aufrichtigen Frömmigkeit und seines menschenfreundlichen bescheidenen Wesens allgemeiner Achtung und Wertschätzung, auch in andersgläubigen Kreisen. Neben seiner rednerischen Begabung verdient besonders seine Tätigkeit als vorbildlicher Jugenderzieher hervorgehoben zu werden, durch die allein schon er sich in den Herzen ganzer Generationen von ihm ausgebildeter Schüler und Schülerinnen ein dauerndes dankbares Andenken geschaffen hat. Möge dem Jubilar noch eine Reihe von Jahren in gleicher Gesundheit und Kraft an der Seite seiner ihm ebenbürtigen Gattin beschieden sein zur Freude seiner Familie, zum Segen seiner Gemeinde und zur Ehre des Judentums. "(alles Gute) bis 120 Jahre".

 
Zum Tod von Lehrer Jonas Meyer (1935)  

Lampertheim Israelit 23051935.jpg (163479 Byte)Artikel in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 23. Mai 1935: "Jonas Mayer - er ruhe in Frieden -
Würzburg
, 15. Mai (1935). Am vergangenen Montag, dem 10. Ijjar (= 13. Mai 1935), brachten wir Jonas Mayer unter großer Beteiligung zur letzten Ruhe. Jonas Mayer, im Odenwaldstädtchen Reichelsheim geboren, zeigte in jungen Jahren bereits einen starken Drang nach jüdischem und profanem Wissen. Mit 33 Jahren berief man ihn als Lehrer und Kantor an die Gemeinde Lampertheim, wo er bis zu seinem am letzten Schabbat Paraschat Emor (Schabbat mit der Toralesung Emor, d.i. 3. Mose 21,1 - 24,23, dies war am 11. Mai 1935) erfolgten Ableben, also nahezu 40 Jahre, für die Jüdische Gemeinde wirkte. In allen nur möglichen Fragen des praktischen Lebens holte man sich bei ihm Rat und Hilfe. Seine hervorragenden Eigenschaften waren seine Güte und seine Bescheidenheit. Daraus erklärt sich sein einzigartiges Verhältnis zu seiner Gemeinde, zu jedem einzelnen Mitglied dieser Gemeinde und nicht zuletzt zur nichtjüdischen Bevölkerung der Stadt Lampertheim. Ein köstlicher Humor, der gespeist wurde von einer Quelle reichen Wissens, zeichnete ihn aus. Er war auch jahrelang Mitarbeiter der 'Laubhütte' und vor allem ein ausgezeichneter Kenner der jüdischen Geschichte. Es war ein ergreifendes Bild, als die ganze Gemeinde vor der geöffneten Pforte des Gotteshauses weinend die Bahre ihres Lehrers und Kantors umstand, der in diesem Hause viele, viele Jahre mit Andacht und Weihe den Gottesdienst versehen hatte. 
Vor der Synagoge sprach Rabbiner Dr. Michalski, Karlsruhe (ein Neffe des Verstorbenen) zu Herzen gehende Abschiedsworte. Für den hessischen Lehrerverein sprach Lehrer Müller, Bensheim dem Kollegen Dank und Anerkennung für treue Mitarbeit aus. Als Nachbarkollege und Freund nahm Herr Lehrer Lob, Viernheim, in bewegten Worten Abschied. Am Grabe schilderte Herr Rabbiner Dr. Michaelski in treffender Weise die Haupteigenschaften von J. Mayer - er ruhe in Frieden. Für die Gemeinde Lampertheim stattete Herr Guggenheim den Dank ab mit dem Gelöbnis, im Sinne des Verstorbenen die jüdischen Belange der Gemeinde nicht zu vernachlässigen und so sein Andenken am besten zu ehren. Ein Schüler sprach für die gesamte Jugend rührende Abschiedsworte. 
Lampertheim Friedhof 270.jpg (144668 Byte)Für die Familie nahmen die Schwiegersöhne, die Herren Michel, Nürnberg und Verwalter Sonn, Würzburg, ergreifenden Abschied. Möge die allseitige Achtung und Verehrung, die der Verstorbene genoss, der trauernden Gattin und der ganzen Familie reichen Trost spenden. Seine Seele sei eingebunden in den Bund des Lebens." 
(Links: Grabstein für Lehrer Jonas Meyer im jüdischen Friedhof in Lampertheim)  

      
      
Aus dem jüdischen Gemeindeleben   
Antisemitische Regungen 1891 

Lampertheim Israelit 12111891.jpg (70905 Byte)1891 ereignete sich ein Vorfall, über den die Zeitschrift "Der Israelit" am 12. November 1891 berichtete: "Worms, 6. November (1891). Aus Worms wird dem 'Darmstädter Täglichen Anzeiger' von hier geschrieben: 'Von einem Studiosus N. von hier, welcher sich in dem benachbarten Orte Lampertheim aufzuhalten pflegt, ist folgender Akt von Antisemitismus verübt worden. Im Gasthause 'Zum Rebstock' in Lampertheim fand ein israelitischer Ball statt. Der Herr Studiosus trank sich an dem Ballabend zuerst Courage an, äußerte zu seinen Bekannten: 'Heute Abend müssen die Juden dran glauben!' und rückte um 11 Uhr mit einem Begleiter in das Balllokal. Hier verhöhnte er die Ballgäste, blies mit einer Kindertrompete und warf zuletzt Steinkohlen in den Ballsaal... In der ganzen Umgegend spricht man mit Empörung von diesem rohen Betragen.' Soweit der 'Darmstädter Tägliche Anzeigen.' Aber warum in aller Welt haben denn die männlichen Teilnehmer an dem Balle dem Burschen nicht die ihm gebührende Strafe gleich an Ort und Stelle appliziert?"  
Einige Monate später erschien der folgende Artikel:    
Lampertheim Israelit 02041892.jpg (64060 Byte)Aus der Zeitschrift "Der Israelit" vom 2. April 1892: "Lampertheim (Kreis Bensheim). Es ist noch nicht lange, dass durch die Zeitungen die Nachricht lief, dass ein antisemitische angehauchter Student eine von Israeliten abgehaltene Abendunterhaltung zu stören suchte. Man ist so leicht geneigt, die Rohheit eines Einzelnen der Gesamtheit zur Last zu legen. Dass dies in Lampertheim nicht zutrifft, hat sich in den letzten Tagen gezeigt. In feierlicher Weise wurde nämlich daselbst ein neues Schulhaus eingeweiht. In dem Zuge befand sich neben dem katholischen und evangelischen Kirchvorstand auch der Vorstand der israelitischen Gemeinde, der offiziell zur Feier eingeladen war."   

    
Finanzbericht der jüdischen Gemeinde (1901)    

Artikel in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 2. September 1901: "Lampertheim, Ende August (1901). Die hiesige israelitische Kultusgemeinde besteht zur Zeit aus achtzehn selbstständigen Gemeindemitgliedern (Männern), ferner aus zwei Witwen und vierzehn Jünglingen. Hierbei sei konstatiert, dass seit einigen Jahren schon ein langsamer, aber steter Rückgang der Zahl der israelitischen Gemeindemitglieder sich bemerkbar macht. Deshalb war zur Deckung der Bedürfnisse, die sich im letzten Jahre ohnedies außergewöhnlich durch Anschluss an das Rabbinat Darmstadt I steigerten, notwendigerweise eine stärkere Heranziehung des Geldbeutels der einzelnen Mitglieder erforderlich. Das Vermögen der israelitischen Gemeinde beträgt 16.905 Mark, wobei besonders das neue Schulhaus mit Lehrerwohnung im Werte von 7.300 Mark, der Friedhof mit 2.057 Mark und die Synagoge mit 5.182 Mark erwähnt sein mögen. Die Schulden beziffern sich auf 6.519 Mark, darunter ist eine Hypothekenschuld im Betrage von 6.000 Mark enthalten, welche behufs Erbauung des neuen Schulhauses im Jahre 1896 aufgenommen wurde. Die Gesamt-Einnahme für das laufende Rechnungsjahr beläuft sich nach dem Voranschlage auf 2.517,42 Mark, welchen eine ebenso große Ausgabe gegenüber steht."    

   
Die Boykottmaßnahmen werden noch nicht von allen jüdischen Geschäftsinhabern ernst genommen (1934)       

Artikel in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 20. Dezember 1934: "Darmstadt. Die 'Lampertheimer Zeitung' berichtet: In der Nacht zum Mittwoch wurden durch unbekannte Täter an verschiedenen hiesigen jüdischen Geschäftshäusern Beschriftungen angebracht mit dem Wortlaut: 'Kauft nicht beim Juden.' Während der eine Geschäftsinhaber die Schrift entfernen ließ, änderte der andere den Schriftsatz, indem er das Wort 'nicht' in 'doch' abänderte und am Schluss das Wort 'billiger' hinzufügte. Infolge dieses Vorganges erfolgte gegen 5 Uhr abends eine Ansammlung vor dem Schuhhaus Mann, die jedoch bald zerstreut wurde, nachdem man den Demonstranten mitgeteilt hatte, dass die hiesige Polizei den Sohn des Inhabers Franz Mann bereits am Nachmittag in Schutzhaft genommen hatte."      

      
      
Anzeigen jüdischer Gewerbebetriebe und Privatpersonen  
Anzeige der Metzgerei Herrmann Schott (1878)   

Lampertheim Israelit 11121878.jpg (33350 Byte)Anzeige in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 11. Dezember 1878: "Koscher Fleischwaren und alle Sorten Wurst etc.  Einem geehrten Publikum empfehle ich meine berühmte echt koschere Wurst nebst Rauchfleisch in prima Qualität zu billigsten Preisen. Lampertheim (Hessen), Herrmann Schott, Metzger."     

   
Anzeige der Metzgerei David Süß (1890)     

Lampertheim Israelit 03111890.jpg (19013 Byte)Anzeige in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 3. November 1890: "In mein Metzgergeschäft suche per sofort einen Lehrling. Kost und Logis im Hause. Schabbat und Feiertag geschlossen. 
David Süß, Lampertheim, Hessen."     

   
Verlobungsanzeige von Else Meyer und Julius Sichel (1921)  

Lampertheim Israelit 16061921.jpg (28605 Byte)Anzeige in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 16. Juni 1921: "Else Meyer - Julius Sichel. Verlobte. 
Lampertheim bei Mannheim - Nürnberg, Osianderstraße 8. Schawuoth 5681."  

    
    
Hinweis: Schwierigkeiten bei der Aufarbeitung der Geschichte in den 1950erJahren   

Beitrag von Siegfried Einstein zu den "Lampertheimer Vorgängen" (1958; Schwierigkeiten mit der Aufarbeitung des "Täterkreises" aus der NS-Zeit)    
Artikel in "Die andere Zeitung" vom 29. Mai 1958: "Die Geschichte vom heiligen Kriegsverbrecher..."  (Beitrag erhalten von Volker Ochs; eingestellt als pdf-Datei, Hinweis: Dateigröße ca. 9 MB) 
Über Siegfried Einstein (1919 in Laupheim - 1983 in Mannheim; lebte seit 1953 in Lampertheim, verzog jedoch 1959 von hier auf Grund massiver antisemitischer Hetze am Ort nach Mannheim. 
Siehe Wikipedia-Artikel "Siegfried Einstein"   

    
    

    
Zur Geschichte der Synagoge       
   
Ein "Judenschulmeister" wurde erstmals 1767 angestellt. Somit dürfte damals ein Betsaal vorhanden gewesen sein. Bis zur Mitte des 19. Jahrhunderts kam die Gemeinde zu ihren Gottesdiensten in einem Raum in der Wohnung des Salomon Süß (Römerstraße 74) zusammen. Seit 1835 plante man den Bau einer Synagoge. 1843 konnte ein Grundstück erworben werden, doch auf Grund der schlechten Finanzlage der Gemeinde konnte man damals nicht mit dem Bau beginnen. Die politische Gemeinde gewährte einen Zuschuss von 500 Gulden als Schenkung zum Bau mit der Begründung, dass die Juden als Ortsbürger ja auch zu den Bau- und Unterhaltungskosten der Schulen und Kirchen beitragen würden. 1850 wurde von der Behörde die Schenkung genehmigt. 1851 konnte die Synagoge erbaut werden. Sie hatte 92 Männer- und 55 Frauenplätze.
   
Im Zusammenhang mit dem 75jährigen Bestehen der Synagoge 1926 wurde eine Renovierung durchgeführt und bei der Wiedereinweihung eine Gedenktafel für die im Ersten Weltkrieg aus der Gemeinde gefallenen Juden enthüllt (befindet sich heute im jüdischen Friedhof als letzter erhaltener Rest der Synagoge). Die Brüder Ludwig und Sally Hochstädter stifteten damals zwei Kronleuchter aus Messing mit je fünf elektrischen Kerzen zum Gedenken an ihre verstorbenen Eltern.  
   
Beim Novemberpogrom 1938 wurde die Synagoge niedergebrannt. 

1992 wurde auf dem Synagogengrundstück ein Geschäfts- und Parkhaus gebaut. Nach dessen Fertigstellung brachte man an der Rückseite des Parkhauses eine neue Bronzetafel zur Erinnerung an die Synagoge an.   
   
   
Adresse/Standort der SynagogeRömerstraße 95-97  
  
  
Fotos              
(Quelle: Foto obere Zeile links: Stadtarchiv Lampertheim; historische Innenansicht aus Arnsberg Bilder s.Lit. S. 131; 
Fotos der zweiten Fotozeile vom 15.11.2007: Quinn Jacobson, Viernheim, übernommen aus www.synagogen.info; sowie (Darstellung der Synagoge) von Michael Ohmsen, Aufnahme von Anfang Oktober 2010).  

Ansichten 
der Synagoge 
  Lampertheim Synagoge 100.jpg (92262 Byte)  
    Die Synagoge in Lampertheim
- Außenansicht  
  Die Synagoge in Lampertheim  
- Innenansicht
     
Gedenken an 
die Synagoge
Lampertheim Synagoge 190.jpg (86119 Byte) Lampertheim Synagoge 195.jpg (37682 Byte) Lampertheim Synagoge 191.jpg (70018 Byte)
   Gedenkstätte für die Synagoge mit der Gedenktafel - Darstellung der Synagoge und Inschrift: "An dieser Stelle stand von 1851-1938 die Synagoge der ehemaligen jüdischen Gemeinde Lampertheim. Sie wurde am 10. Nov. 1938 zerstört. (Hebräisch und deutsch): Zum Andenken an die Opfer von Lampertheim und Umgebung 1938-1945". 

   
   
Erinnerungsarbeit vor Ort - einzelne Berichte  

Februar 2014: "Stolpersteine" werden in Lampertheim verlegt   
Anmerkung: 2007 wurde in Lampertheim der erste Stolperstein für Alfred Delp verlegt, anlässlich des 100. Geburtstages des Jesuitenpaters. Im Februar 2014 wurden Stolpersteine für die Familie Bär verlegt, die bis 1938 in der Wilhelmstraße gelebt hatte.   
Artikel von Marco Partner in der "Lampertheimer Zeitung" (Rhein Main Presse) vom 21. Februar 2014: 
"Lampertheim. Verbeugung vor dem Schicksal
MAHNMAL Künstler Gunter Demnig verlegt sechs neue 'Stolpersteine' in der Wilhelmstraße in Erinnerung an Familie Bär..." 
Link zum Artikel        
Verbeugung vor dem Schicksal (Lampertheimer Zeitung, 21.02.2014)     
  
Oktober 2015: Für die Familie Mann werden "Stolpersteine" verlegt  
Anmerkung: vor dem Haus Römerstraße 67, in dem die jüdische Familie Mann bis 1939 lebte und arbeitete, wurden am 14. Oktober 2015 acht "Stolpersteine" verlegt.  
Artikel von Susanne Wassmuth-Gumbel im morgenweb.de: "Künstler Gunter Demnig verlegt am nächsten Mittwoch acht Stolpersteine für die jüdische Familie Mann. Stehen, schauen, nicht vergessen. 
Lampertheim.
Der Kölner Künstler Gunter Demnig wird am Mittwoch, 14.Oktober, neue Stolpersteine in Lampertheim verlegen. Mit ihnen soll an die jüdische Familie Mann erinnert werden, die bis 1939 in der Römerstraße gelebt hat.
Die Stadtverordnetenversammlung hatte 2012 beschlossen, jedes Jahr 1000 € im Haushalt für die Aktion einzuplanen und möglichst einmal jährlich den Künstler zur Verlegung weiterer Messingblöcke in die Stadt zu holen. Die Stadtverwaltung geht davon aus, dass es in Lampertheim etwa 100 Personen gab, die aus politischen, religiösen oder weltanschaulichen Gründen von den Nationalsozialisten während des Dritten Reichs verfolgt und vertrieben wurden. 'Die derzeitige Liste ist aber vermutlich noch erweiterbar', sagt Manfred Scholz, der die Verlege-Aktion in der Verwaltung organisiert. Erklärtes Ziel sei, für alle Opfer des NS-Regimes einen solchen Stein zu verlegen.
Bisher wurden in Lampertheim Stolpersteine für den Jesuitenpater Alfred Delp und die jüdische Familie Bär verlegt. Mit der Verlegung am Mittwoch soll nun die Erinnerung an die Familie Mann in der Römerstraße wachgerufen werden. Nathan Mann wurde 1872 in Carlsberg/Frankenthal geboren und war mit der aus Pirmasens stammenden Blandine Mann, geborene Mann, verheiratet. Sie hatten fünf Kinder. 1927 kam die Familie nach Lampertheim und eröffnete in der Römerstraße ein Schuhgeschäft - zunächst im Haus Nummer 67, später dann in Nummer 63 (Ecke heutige Domgasse). Nathan Mann wurde 1938 ins KZ Buchenwald verschleppt, kam von dort aber noch einmal zurück. Nach der Zerstörung ihres Geschäfts im Mai 1939 zogen die Manns nach Mannheim um. Wie viele andere hofften sie, in der Anonymität der Großstadt besser als Juden leben zu können. Dies berichtet Karl Klemm, der in den vergangenen Jahren gemeinsam mit Volker Ochs die Schicksale Lampertheimer Verfolgter recherchiert und auch den Werdegang der Manns in der Schrift 'Der Erinnerung Namen geben' dokumentiert hat. Im Oktober 1940 wurden die Manns nach Gurs deportiert. Über das Sammellager Drancy kam das Ehepaar im März 1944 nach Auschwitz, wo es nur wenige Tage später ermordet wurde. Auch an die Kinder der Manns werden Messingblöcke erinnern: Siegbert Mann (Jahrgang 1904) kam wie seine Eltern im März 1944 in Auschwitz um, er war 1942 deportiert worden. Der Tochter Betty (Jahrgang 1906) gelang 1939 die Flucht in die USA. Ihre ein Jahr jüngere Schwester Johanna wurde 1940 ebenfalls nach Gurs deportiert, über ihr weiteres Schicksal ist nichts bekannt. Tochter Ella (Jahrgang 1909) emigrierte 1937 nach Amerika, ebenso ihr Bruder Franz (1911) mit seiner Frau Sidonie. Das Haus der Manns steht nicht mehr, hier ist heute die Domwiese. Dort werden am kommenden Mittwoch die Stolpersteine verlegt. Die Aktion beginnt um 10.30 Uhr."
Link zum Artikel   
Bericht zur Verlegung in tip-verlag.de mit zahlreichen Fotos: http://tip-verlag.de/zum-gedenken-an-juedische-mitbuerger/    
Artikel in der "Lampertheimer Zeitung" vom 15. Oktober 2015: "Erinnern und wachrütteln..."   http://www.lampertheimer-zeitung.de/lokales/lampertheim/erinnern-und-wachruetteln_16281906.htm    
 
August 2016: Erinnerung an die Lampertheimer Synagoge 
Artikel von Helmut Kaupe in "echo-online.de" vom 12. August 2016: "Dem Judenhass zum Opfer gefallen. 
LAMPERTHEIM
- Aus Anlass der beiden kürzlich erschienenen Beiträge über Frederick Rosenbaum als einem der vermutlich letzten Überlebenden aus der ehemaligen jüdischen Gemeinde in Lampertheim starten wir eine neue Serie mit einem Bericht über die ehemalige jüdische Synagoge in der Römerstraße 97. Rosenbaums Spuren hatten Karl Klemm und Volker Ochs im Rahmen ihrer Recherchen zur NS-Verfolgung in Lampertheim und zu ihrem Buchprojekt 'Der Erinnerung Namen geben. Verfolgung in Lampertheim während der Zeit des Nationalsozialismus 1933-1945' akribisch verfolgt. Bereits im Jahre 1835 fasste die jüdische Gemeinde Lampertheim den Entschluss, eine eigene Synagoge sowie ein Schulhaus zu errichten. Mit Hilfe gemeinsamer Anstrengungen der Gemeindemitglieder gelang es, innerhalb der folgenden zwölf Jahre das notwendige Geld für den Erwerb eines entsprechenden Grundstücks zusammenzutragen. So konnte 1847 ein Grundstück in der Römerstraße 97 erworben werden, das bis an die Wilhelmstraße reichte. Nachdem die politische Gemeinde nach umfangreichen Aktivitäten und Begründungen gegenüber dem Kreisamt einen Baukostenzuschuss in Höhe von 500 Gulden gewährte, konnte im Jahr 1851 die Synagoge errichtet werden. Die dafür notwendigen Baupläne existierten bereits Jahre zuvor. Wie auf einem historischen Foto zu erkennen ist, wurde das Gebäude als ein einfacher, rechteckiger Bruchsteinbau mit Rundbogenfenstern errichtet und mit einem Ziegelsatteldach versehen. Seine Abmessungen betrugen in der Länge 14,5 Meter und in der Breite 9 Meter. Eine Synagogen-Ordnung regelte das Verhalten während des Aufenthalts in den Räumlichkeiten. Ebenso war der genaue Ablauf der Gottesdienste durch die Liturgie der Wochenfeste sowie der hohen Feiertage exakt vorgegeben. Im Jahre 1855 hatte die jüdische Gemeinde Lampertheim mit 159 Personen ihren höchsten Personenstand, der bis zum Jahr 1933 auf insgesamt 88 Personen zurückging. Eine vergleichbare Entwicklung hinsichtlich der Personenzahlen (höchste Zahl vor 1900/Zahl 1933) war auch in den umliegenden Gemeinden wie zum Beispiel in Bürstadt (45/23), in Hemsbach (111/54), in Heppenheim (148/105), in Lorsch (101/66) oder in Viernheim (143/69) zu beobachten. Aus unserer Geschichte wissen wir, dass im Jahr 1933 zunächst in ganz Deutschland der 'Judenboykott' ausgerufen wurde. Dabei mussten sämtliche Judeneinbürgerungen, die nach 1918 erfolgt waren, widerrufen werden. 1935 wurden das 'Reichsbürgergesetz' und das 'Gesetz zum Schutz des deutschen Blutes' erlassen und die Aberkennung des Wahlrechts für Juden und deren Entfernung aus allen öffentlichen Ämtern veranlasst.
Synagoge 1938 vollkommen zerstört. Am Morgen des 10. November 1938 führte die Reichspogromnacht zur völligen Zerstörung der Lampertheimer Synagoge. Nachdem zuerst von SS-Leuten und ihren Helfern die gesamte Inneneinrichtung in den Garten geworfen worden war, wurde das Inventar wieder im Gebäudeinneren aufgestapelt, mit Benzin übergossen und angezündet. Da die Feuerwehr nicht eingreifen durfte, brannte das Gebäude bis auf die Außenmauern ab. Heute erinnert eine Gedenktafel an der Rückwand des Parkhauses Wilhelmstraße im Einvernehmen mit dem ehemaligen jüdischen Lampertheimer Mitbürger Oskar Althausen an die schrecklichen Ereignisse dieses unheilvollen Tages. Wer sich intensiver mit der Geschichte der ehemaligen jüdischen Gemeinde Lampertheim beschäftigen möchte, dem sei unter anderen das Buch 'Lampertheim – Beiträge aus der Geschichte der ehemaligen jüdischen Gemeinde' empfohlen, das im Stadtarchiv Lampertheim erhältlich ist"  
Link zum Artikel  
 
September 2016: Verlegung von fünf weiteren "Stolpersteinen" in Lampertheim   
Anmerkung: es wurden im Gehweg vor einer Tankstelle in der Römerstraße fünf Stolpersteine verlegt, da hier das Haus stand, in dem bis in die 1930er-Jahre gelebt haben: für Ludwig Süß (ermordet 1944 in Auschwitz), Else Süß, Dietmar Süß (1939 nach England emigriert), Ruth Süß (ermordet 1942 in Auschwitz), Götz Israel.     
Artikel in der Bürstädter Zeitung vom 7. September 2016: Schicksale machen nachdenklich (Bürstädter Zeitung, 07.09.2016) 
 
Februar 2020: Weitere "Stolpersteine" werden verlegt 
Anmerkung: nach dieser Verlegung gibt es 37 "Stolpersteine" auf der Lampertheimer Gemarkung 
Artikel von Andre Heuwinkel in der "Lampertheimer Zeitung" vom 16. Januar 2020: "Fünf Stolpersteine für jüdische Familie.
Mithilfe der Recherchen von Volker Ochs und Karl Klemm ist es gelungen, das Schicksal der Familie Frank näher zu beleuchten. Am 6. Februar kommt Gunter Demnig nach Lampertheim.
LAMPERTHEIM
- Er zählt zu den Angehörigen jener Familie, die wohl zu den letzten deportierten Juden Lampertheims gehörte: Der Lampertheimer Soziologe Volker Ochs, inzwischen in Saarbrücken wohnhaft, hat das Schicksal der Familie Frank weiter ausgeleuchtet und ist während seiner Arbeit im Falle von Sally Frank zu weiteren Erkenntnissen gekommen. Nun sollen ab dem 6. Februar fünf Stolpersteine an das Schicksal der Familie Frank, die zeitweise in der Wilhelmstraße 67 wohnte, erinnern. Gunter Demnig, der Initiator des weltweit größten dezentralen Mahnmal-Projekts, hat sein Kommen bereits zugesagt. Bereits in der Vergangenheit haben Ochs und sein Kollege vom Deutschen Gewerkschaftsbund (DGB), Karl Klemm, intensiv über die Opfer nationalsozialistischer Verfolgung geforscht. Die Ergebnisse mündeten in die Veröffentlichung 'Der Erinnerung Namen geben', welche das Forscher-Duo 2014 der Öffentlichkeit vorstellte. Darin konnten sie die Namen von mindestens 110 Lampertheimern ausfindig machen, die Opfer politischer Verfolgung und Entrechtung geworden sind. Auch das heiße Eisen der Täterschaft scheute Ochs im Fortgang nicht und veröffentlichte drei Jahre später 'Täter, Gehilfen und Biedermänner' – ein Dossier über verschiedene Tätertypen, die exemplarisch für das nationalsozialistische Terror-Regime stehen sollen.
Die fünf neuen Stolpersteine sind Berta Frank (geborene Süß, gestorben im KZ Treblinka), ihrer Tochter Erika Irmgard Frank (vergast in Tötungsanstalt Bernburg), dem Sohn Sally Frank sowie den Söhnen von Erika Irmgard – Hans und Werner – gewidmet. Das Schicksal Hans Franks haben Ochs und Klemm bereits ausführlich geschildert: Er konnte per Adoption 1939 in die USA vermittelt werden und lebt unter dem Namen Frederick Rosenbaum im Bundesstaat Ohio. Neu sind allerdings die Erkenntnisse zu Sally Frank. 'Die Quellenlage über ihn war bislang recht bescheiden', erklärt Ochs. Über seine Forschungen hat er Lampertheims Stadtarchivar Hubert Simon unterrichtet.
Im berüchtigen Hotel Terminus in Lyon verhört. Demnach gibt es in Sally Franks Heimatgemeinde Kusel (Rheinland-Pfalz) bereits seit 2013 einen Stolperstein. Obgleich er erst seit 1928 in der Lampertheimer Meldekarte aufgeführt war, vermutet Ochs, dass er bereits davor mit Mutter Berta in der Spargelstadt lebte. Nach einer Ausbildung (wahrscheinlich zum Metzger) im Elsass kehrte er 1932 nach Lampertheim zurück, um nach der 'Machtergreifung' 1933 wiederum mehrfach den Wohnort (unter anderem Mühlhausen, Saarbrücken) zu wechseln. Es folgten nach den Novemberpogromen die Flucht nach Frankreich (Belfort), ein Einsatz in der Französischen Fremdenlegion sowie die Internierung, aus der Frank fliehen konnte. Nach längerem Abtauchen – Ochs vermutet in der 'Resistance' – wurde Frank von Gestapo und französischer Polizei gesucht und letztlich 1943 in Lyon verhaftet. Dort sorgte der 'Schlächter' Klaus Barbie (1913-1991) für Schrecken. Laut Ochs wurde Frank auch in dem berüchtigten Hotel Terminus verhört. Auch wenn der Todestag Franks nicht genau geklärt ist, geht Ochs davon aus, dass er – nach Aufenthalt im Internierungslager Drancy – nach Auschwitz deportiert wurde und dort 1943 starb. 'Die Suche hat sich gelohnt', so Ochs’ Fazit."
Link zum Artikel  
Artikel von Andre Heuwinkel in "echo-online.de" vom 7. Februar 2020: "Stolpersteine für Lampertheimer Familie Frank verlegt
Frederick Rosenbaums Familie wurde durch die Nazis ermordet. Heute lebt er in Ohio. Zur Stolpersteinverlegung trägt seine Tochter vor, wie er über diesen besonderen Moment denkt.
LAMPERTHEIM
- Manchmal tragen Gefühle und Erinnerungen 7000 Kilometer weit. Das ist genau die Distanz von Lampertheim bis zum US-Bundesstaat Ohio. Als Lynne Ravas, begleitet von ihren Söhnen Seth und Mathew, neben Bürgermeister Gottfried Störmer stehend ihren Zettel auseinanderfaltet, sind darauf jene Gedanken festgehalten, die Frederick Rosenbaum an die Lampertheimer Bevölkerung richten möchte – vorgetragen aus dem Munde seiner Tochter. Fünf Stolpersteine verlegt Künstler Gunter Demnig an diesem Nachmittag – zum bereits siebten Male ist er dafür in die Spargelstadt gekommen. Der Amerikaner Rosenbaum kann aus gesundheitlichen Gründen nicht unter der Gemeinde weilen, die an das Schicksal der Familie Frank erinnert. Dieser Hinweis verrät, dass der heute 87-Jährige in seiner Kindheit einen anderen Namen trug: Hans Frank, 1932 in einem israelitischen Krankenhaus in Frankfurt als Sohn von Erika Irmgard Frank geboren. Der Name der Familie ist verbunden mit einem der dunkelsten Kapitel der Lampertheimer Lokalgeschichte: Denn die Franks gelten gemeinhin als die letzten Mitglieder der jüdischen Gemeinde, die aus der Stadt deportiert wurden. Zu ihren Hochzeiten Mitte des 19. Jahrhunderts zählte die Gemeinde 160 Mitglieder – spätestens 1942 war das einst 'rote Lampertheim' in der pervertierten Sprache der NS-Unterdrücker 'judenrein'. Dass die Schicksale der Opfer nationalsozialistischer Verfolgung in der Ortsgeschichte wieder so präsent ist, war unter anderem Stadtarchivar Hubert Simon, Karl Klemm und dem Soziologen Volker Ochs zu verdanken. Sie haben nicht nur aktiv den Kontakt zu Rosenbaum und seinen Angehörigen gesucht, sondern sind in den vergangenen Jahren tief in die Geschichte eingetaucht. Die Bemühungen mündeten in mehrere Werke wie etwa 'Der Erinnerung Namen geben'. Ochs selbst beschreibt die Suche nach Quellen 'wie eine Droge' – hat er etwas entdeckt, muss er weiterforschen. Aus diesem Antrieb heraus gelang es den Detektiven der Geschichte, das Leben der Franks nachzuvollziehen. Die knapp zehn mal zehn Zentimeter umfassenden Stolpersteine, die fortan vor dem Haus Wilhelmstraße 67 eingesetzt sind, erinnern an Berta Frank, ihre Tochter Erika Irmgard, Sohn Sally Frank sowie die Söhne Erika Irmgards – Werner und Hans, der heute Frederick heißt.
Mutter Erika, gebürtig aus Kusel (Rheinland-Pfalz), arbeitete in Lampertheim als Haushaltshilfe und lebte mit ihrem unehelichen Sohn Werner und der verwitweten Mutter in der Wilhelmstraße. Ihr zweiter Sohn Hans (Frederick) wuchs nicht bei ihr auf, sondern in verschiedenen Kinderheimen (unter anderem Neu-Isenburg), bis er 1938 in ein israelitisches Waisenhaus nach Dinslaken kam. Über Holland gelangte er mithilfe von Adoptiveltern 1939 schließlich nach New York, wuchs dort auf, ging aufs College, studierte anschließend in Ohio. 'Später fand er Arbeit in der Verwaltung eines Energieversorgers', erklärt Tochter Ravas. Rosenbaum heiratete – vier Kinder, zehn Enkel und fünf Urenkel zählen nun zu seinen Nachkommen. Doch der Neu-Amerikaner merkte, dass die Erinnerungen an die Kindheit getrübt, lückenhaft, mitunter traumatisch waren: Konkrete Bilder über seine Verwandten hatte er nicht, die Reichspogromnacht erlebte er als Sechsjähriger in Dinslaken.
ÜBER DIE FAMILIE FRANK
Bertha Frank (geboren 1878) wurde 1942 deportiert und verstarb im KZ Treblinka; Sally Frank (geboren 1909) lebte zeitweilig in Frankreich und wurde in Lyon verhaftet. Er wurde 1943 in Auschwitz ermordet. Erika Irmgard Frank (geboren 1904) hatte eine kurzfristige Liaison mit einem SA-Mann und wurde wegen versuchter Abtreibung und Kindstötung verurteilt. Nach einer Haftstrafe kam sie ins KZ Ravensbrück und wurde in der Tötungsanstalt Bernburg ermordet. Werner Frank (geboren 1929) gelangte 1943 über Berlin in das Vernichtungslager Ausschwitz und wurde dort ermordet.

Doch er wollte mehr wissen. 'Und ich war dafür wohl der Auslöser', sagt Ravas schmunzelnd. Sie selbst macht Bildungsarbeit über die Geschichte des Holocausts, unter anderem durch das 'Holocaust Center' in Pittsburgh und hat ihren Vater ermutigt, weiterzuforschen. Der Zufall half schließlich nach: Bei ihren eigenen Recherchen entdeckten Klemm und Ochs, dass Rosenbaum im Jahr 1996 Kontakt zur Gedenkstätte Yad Vashem aufnahm. Über das Leo-Baeck-Institut New York konnten sie schließlich mehr über den 87-Jährigen erfahren bis hin zur Kontaktaufnahme. 'Es ist schön, diesen Namen nun die Gesichter zuordnen zu können', sagt Ravas dankend zu dem besonderen Treffen in Lampertheim. Auch durch ihren Einsatz ist es gelungen, die 'Erinnerungen, die in meinem Unterbewusstsein schlummerten, wieder klarer werden zu lassen', zitiert sie ihren Vater. 'Denn Geschichte', so meint ihr Vater mahnend, 'wiederholt sich, wenn sie vergessen oder ignoriert wird.' Ein Satz, den auch Künstler Demnig gerne aufgreift: Den 75 000. Stolperstein hat er kürzlich in Memmingen verlegt und er wisse selbst, dass er zeitlebens nicht jedem NS-Opfer einen Stein widmen könne. 'Aber das Symbol ist wichtig.'" 
Link zum Artikel   
 

     

    
Links und Literatur   

Links:  

bulletWebsite der Gemeinde Lampertheim  
bulletInformationen zum jüdischen Friedhof in Lampertheim 
bulletInformationen zum jüdischen DP-Lager in Lampertheim  
bulletInterview von Philipp Blaich in Mannheim 2018 mit Rita Althausen (stellvertretende Vorsitzende der Deutsch-Israelischen Gesellschaft [DIG] und Tochter von Oskar Althausen (geboren 1919 in Lampertheim), der die Pogrome in Mannheim 1938 erlebte. Im Bericht geht es um die Fragen: Wie war das jüdische Leben in Mannheim in den 1920ern bis zu den 1940ern? Wie erging es der Familie Althausen in diesen Jahren? Wie konnte der Vater flüchten, und wie ging es dann weiter?  http://www.dialogue-of-generations.org/de_DE/rita-althausen/  

Literatur:  

bulletPaul Arnsberg: Die jüdischen Gemeinden in Hessen. Anfang - Untergang - Neubeginn. 1971. Bd. I S. 464-466.
bulletders.: Die jüdischen Gemeinden in Hessen. Bilder - Dokumente. S. 131.
bulletSiegfried Einstein: Eichmann. Chefbuchhalter des Todes. Frankfurt 1961. 
Anmerkung: Beitrag zum "Nachkriegs-Antisemitismus" in Lampertheim. Der Schriftsteller Siegfried Einstein verbrachte die Jahre 1953 bis 1959 einige schreckliche Jahre in Lampertheim, bevor er wegen den andauernden antisemitischen Anfeindungen nach Mannheim "flüchten" musste. Das Buch ist antiquarisch erhältlich, vgl. zvab.com. Vgl. https://de.wikipedia.org/wiki/Siegfried_Einstein   
bulletHeinrich Friedrich Karb: Beiträge aus der Geschichte der ehemaligen jüdischen Gemeinde Lampertheim. 1998. (Reihe: Lampertheim - ein Blick in die Stadtgeschichte Bd. 2. Hrsg. vom Magistrat der Stadt Lampertheim). Erhältlich beim Stadtarchiv Lampertheim. 
bulletStudienkreis Deutscher Widerstand (Hg.): Heimatgeschichtlicher Wegweiser zu Stätten des Widerstandes und der Verfolgung 1933-1945. Hessen I Regierungsbezirk Darmstadt. 1995 S. 23-24.
bulletPinkas Hakehillot: Encyclopedia of Jewish Communities from their foundation till after the Holocaust. Germany Volume III: Hesse -  Hesse-Nassau - Frankfurt. Hg. von Yad Vashem 1992 (hebräisch) S. 221-223. 
bulletMonica Kingreen: "Oder Lampowitz, wie wir hier sagen!" – Das DP-Lager "Lampertchajm" bei Mannheim und jüdische Displaced Persons in der amerikanischen Zone, in: Jüdisches Leben in Baden 1809 bis 2009. 200 Jahre Oberrat der Israeliten Badens. Festschrift herausgegeben von dem Oberrat der Israeliten Badens, Thorbecke Verlag, Ostfildern 2009, S. 183-193. 
bulletKarl Klemm / Volker Ochs: Der Erinnerung Namen geben. Verfolgung in Lampertheim während der Zeit des Nationalsozialismus 1933-1945. Hrsg. DGB Region Südhessen, Rheinstraße 50, 64283 Darmstadt. alpha prinz medien AG Darmstadt 2014. 154 S.  Erhältlich zum Preis von 9 € im Bürgeramt der Stadt Lampertheim und in den Lampertheimer Buchläden. Der Verkaufserlös ist für "Lampertheimer Stolpersteine" gedacht. E-Mail: rathaus-service@lampertheim.de   
Soweit keine Bestellung möglich ist beziehungsweise zur Einsichtnahme: Download-Möglichkeit der Publikation (pdf-Datei). 
bulletLampertheim Lit VOchs Cover.jpg (21989 Byte) Volker Ochs: Täter, Gehilfen, Biedermänner. Blattlausverlag Saarbrücken 2017. 74 S. 
Die Publikation kann für 7.90€ direkt beim Verlag (www.blattlausverlag.de) oder über den Buchhandel bezogen werden (ISBN 978-3-945996-12-6). 
Soweit keine Bestellung möglich ist beziehungsweise zur Einsichtnahme: Download-Möglichkeit der Publikation (pdf-Datei). 
Zu diesem Buch: "In der 'Täter-Aufarbeitung' geht es einerseits um die Darstellung eines ausgesuchten Täterkreises, der an Misshandlungen und Tötungen (u.a. an der Ermordung von Juden in Polen) beteiligt war, und der Dokumentation des Personenkreises, der wegen der Brandstiftung (im November 1938) auf die Lampertheimer Synagoge 1950 vor dem Landgericht Darmstadt stand und verurteilt wurde. Anderseits geht es in der Arbeit auch um die politische wie strafrechtliche Aufarbeitung - oder besser Verdrängung- dieser Geschichte nach 1945. Insofern habe ich die Auseinandersetzung des 1945 transformierten NS-Personenkreises (der wieder in alte Funktionen gelangte) mit Siegfried Einstein in die Publikation aufgenommen, die aufzeigen soll, wie mit der Aufdeckung und Verfolgung von NS-Verbrechen umgegangen wurde. Die lokale Geschichte - mit den bitteren Wahrheiten- und der fehlende Verantwortungsethik dieser Nachkriegsgeneration, sollte gerade am Beispiel des 'Fall Einstein' verdeutlicht werden. Siegfried Einstein hatte mit seinen 'Täter-Recherchen' große Verdienste auch über Lampertheim hinaus, musste dafür aber bittere Anfeindungen hinnehmen, die fast bis zur Vernichtung seiner Existenzgrundlagen führen sollte. 
Buchbesprechung:  Nachbarn, Kollegen, Täter (Lampertheimer Zeitung, 15.02.2017)   

  
    


 

Article from "The Encyclopedia of Jewish life Before and During the Holocaust". 
First published in 2001 by NEW YORK UNIVERSITY PRESS; Copyright © 2001 by Yad Vashem Jerusalem, Israel.

Lampertheim Hesse. There are references to Jews living in Lampertheim from 1615. The community, numbering 160 (3 % of the population) in 1861, was affiliated with Darmstadt's Liberal rabbinate. After the synagogue was burned down on Kristallnacht (9-10 November 1938), SS men tortured a Jew to death and some townsfolk helped to destroy Jewish property. Most of the 85 Jews living there in 1933 had left by 1939; three were deported to Auschwitz in 1942. Several thousand Displaced Persons from Eastern Europe established a new community in Lampertheim after Worldwar II, but almost all of them emigrated to Israel.  
     
       

                   
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Stand: 30. Juni 2020