Baisingen Friedhof 154.jpg (62551 Byte)  Segnende Hände der Kohanim auf einem Grabstein in Baisingen


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Leihgestern (Stadt Linden, Kreis Gießen)
Jüdische Geschichte / Synagoge

Übersicht:

bulletZur Geschichte der jüdischen Gemeinde  
bulletBerichte aus der Geschichte der jüdischen Gemeinde  
Aus der Geschichte der jüdischen Lehrer   
bulletZur Geschichte der Synagoge   
bulletFotos / Darstellungen  
bulletErinnerungsarbeit vor Ort - einzelne Berichte  
bulletLinks und Literatur   

   

Zur Geschichte der jüdischen Gemeinde (english version
   
In Leihgestern bestand eine kleine jüdische Gemeinde bis 1938/42. Ihre Entstehung geht in die Zeit des 16./18. Jahrhunderts zurück. 1568 wird mit dem Pferdehändler Gottschalk erstmals von einem in Leihgestern lebenden Juden berichtet. Dieser klagte vor der landgräflichen Kanzlei in Hanau gegen Lorentzen Fritz Peters, der ihm aus einem zur Haferernte erfolgten Pferdetausch sechs Gulden schulde. In den Standesamtsregistern des Ortes gehen Einträge zu jüdischen Familien bis zur Mitte beziehungsweise zum Anfang des 18. Jahrhunderts zurück. 1770 gab es acht jüdische Familien am Ort, darunter bereits die Familien Weissenbach und Bauer.
 
Im 19. Jahrhundert entwickelte sich die Zahl der jüdischen Einwohner wie folgt: 1828 46 jüdische Einwohner, 1861 44 (4,3 % von insgesamt 1.018 Einwohnern), 1880 39 (3,8 % von 1.028), 1900 29 (2,3 % von 1.252), 1910 29 (2,9 % von 1.504). Die jüdischen Familienväter verdienten den Lebensunterhalt als Viehhändler, Metzger und Handwerker (Schuhmacher).   
 
An Einrichtungen bestanden eine Synagoge (s.u.), eine jüdische Schule, ein rituelles Bad und ein Friedhof. Ob zur Besorgung religiöser Aufgaben der Gemeinde zeitweise ein Lehrer angestellt war, ist nicht bekannt. Möglich ist auch, dass den Unterricht der Kinder immer ein auswärtiger Lehrer erteilt hat, und die Dienste des Vorbetens und Schächtens von ehrenamtlichen Personen der Gemeinde oder auswärtigen Personen übernommen wurden. 1904 schlossen sich einige jüdische Gemeinden der Umgebung zusammen, um gemeinsam einen "Wanderlehrer" anstellen zu können (mit Sitz in Wieseck; siehe Bericht unten).       
  
Im Ersten Weltkrieg fiel aus der jüdischen Gemeinde Jakob Weissenbach (geb. 17.3.1885 in Leihgestern, gef. 12.12.1914).  
  
Um 1924, als zur Gemeinde noch 15 Personen gehörten (0,8 % von insgesamt 1.727 Einwohnern), waren die Gemeindevorsteher Hermann Bauer, Moses Bauer und Julius Weissenbach. Inzwischen gehörten auch die in Watzenborn und Sternberg lebenden jüdischen Personen (zusammen 22) zur jüdischen Gemeinde in Leihgestern. Als Vorbeter und Schochet war Th. Adler aus Watzenborn nun auch in Leihgestern tätig. Den Religionsunterricht der schulpflichtigen jüdischen Kinder erteilte Lehrer Max Goldschmidt aus Nieder-Weisel. 1932 waren die Gemeindevorsteher weiterhin Hermann Bauer, Moses Bauer und Julius Weissenbach.    
 
1933 lebten 22 jüdische Personen am Ort (1,2 % von 1.892 Einwohnern). In den folgenden Jahren ist ein Teil der jüdischen Gemeindeglieder auf Grund der Folgen des wirtschaftlichen Boykotts, der zunehmenden Entrechtung und der Repressalien weggezogen beziehungsweise ausgewandert. Die Synagoge soll beim Novemberpogrom 1938 zerstört worden sein. 1939 wurden noch zehn jüdische Einwohner gezählt. Von der Familie Moses Bauer (drei Personen) verstarb der Ehemann noch in Leihgestern, die Tochter emigrierte 1938 in die USA, die Ehefrau verzog 1939 nach Frankfurt. Von der Familie Weissenbach (fünf Personen) emigrierte der Sohn Herbert 1939 nach Palästina/Israel, die Eltern Julius und Ida sowie der Großvater Sender wurden im September 1942 deportiert. Von der Familie Louis Bauer (sechs Personen) konnten zwei Söhne in die USA emigrieren, ein Sohn ist verzogen, die übrigen wurden deportiert. Die Familie Max Lilienfeld (drei Personen) und Ernst Grünewald (zwei Personen) sowie Hermann Bauer (letzter Gemeindevorsteher, drei Personen 1936 beziehungsweise 1938 nach Südafrika) sind ausgewandert. Direkt aus Leihgestern sind 1942 sechs der genannten Personen deportiert worden. 
    
Von den in Leihgestern geborenen und/oder längere Zeit am Ort wohnhaften jüdischen Personen sind in der NS-Zeit umgekommen (Angaben nach den Listen von Yad Vashem, Jerusalem und den Angaben des "Gedenkbuches - Opfer der Verfolgung der Juden unter der nationalsozialistischen Gewaltherrschaft in Deutschland 1933-1945"): Berthold Bauer (1905), Betty Bauer geb. Siegbert (1906), Clara (Klara) Bauer geb. Stern (1877), Louis Bauer (1872), Markus Bauer (1872), Moses Bauer (1876), Rickchen Bauer geb. Strauß (1886), Hedwig Weisenbach (1902), Ida Weisenbach geb. Rollhaus (1887), Ilse Weisenbach (1914), Julius Weisenbach (1888), Sender (Alexander) Weisenbach (1855).    
    
    
    
Berichte aus der Geschichte der jüdischen Gemeinde       
   
Aus der Geschichte der jüdischen Lehrer  

Zur Anstellung eines gemeinsamen Wanderlehrers mit Sitz in Wieseck schließen sich mehrere jüdische Gemeinden zusammen (1904)      

Artikel in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 18. April 1904: "Gießen, 21. April (1904). Als Ergebnis des Eintretens der hessischen Regierung für Anstellung nur seminaristisch gebildeter Religionslehrer in den israelitischen Gemeinden ist eine Vereinigung der jüdischen Kultusgemeinden von Wieseck, Großen-Linden (statt Gießen-Linden), Langgöns, Leihgestern, Holzheim, Grüningen und Watzenborn-Steinberg (statt -Steinbach) zustande gekommen, um einen Wanderlehrer mit dem Sitze in Wieseck anzustellen, zu dessen Gehalt die Regierung vorerst einen kleinen Zuschuss leistet. Wenn die Einrichtung sich bewährt, ist die feste Anstellung des Lehrers in Aussicht genommen. Man hört, dass auch in den anderen oberhessischen Kreisen Verhandlungen schweben, die die Frage der israelitischen Religionslehrer in gleicher Weise regeln sollen."       

     
    
    
Zur Geschichte der Synagoge   
   
Über die Geschichte der Synagoge in Leihgestern liegen nur wenige Informationen vor. Es handelte sich um ein kleines Bethaus im Innenhof eines Anwesens an der Rathausstraße. 
    
Beim Novemberpogrom 1938 wurde die Synagoge zerstört und später abgebrochen. An ihrem Standort befindet sich eine Hinweistafel. Am 10. November 2015 wurde an einem Haus in der Rathausstraße eine Gedenktafel zur Erinnerung an das Schicksal der Angehörigen der Familien Bauer und Weisenbach angebracht.   
   
   
Adresse/Standort der Synagoge   Grundstück Ecke Rathausstraße 53 / Klausegasse  
   
   
Fotos  

Zur jüdischen Geschichte in Leihgestern finden sich Fotos in der Publikation von Hanno Müller (siehe Literatur).  
     

    
   
Erinnerungsarbeit vor Ort - einzelne Berichte
  

März 2011: Vortrag zur Geschichte der Juden in Leihgestern    
Artikel: Etwa 500 Jahre lebten Juden in Leihgestern (Gießener Anzeiger, 24.03.2011)  
  
November 2015: Anbringung einer Gedenktafel
Für die im September 1942 deportierten und ermordeten jüdischen Leihgesterner Alfred, Berthold, Betty, Louis und Klara Bauer sowie Julius, Ida, Alexander und Hedwig Weisenbach, wurde am 10. November 2015 am Haus Ecke Kirchstraße/Kantstraße eine Gedenktafel angebracht.

  

    
Links und Literatur

Links:   

bulletWebsite der Stadt Linden   

Literatur:  

bulletPaul Arnsberg: Die jüdischen Gemeinden in Hessen. Anfang - Untergang - Neubeginn. 1971. Bd. I S. 484-485.  
bulletKeine Artikel zu Leihgestern bei Thea Altaras: Synagogen in Hessen. Was geschah seit 1945? 1988 oder dies.: Das jüdische Rituelle Tauchbad und: Synagogen in Hessen. Was geschah seit 1945 Teil II. 1994 oder Neubearbeitung der beiden Bände 2007². 
bulletStudienkreis Deutscher Widerstand (Hg.): Heimatgeschichtlicher Wegweiser zu Stätten des Widerstandes und der Verfolgung 1933-1945. Hessen II Regierungsbezirke Gießen und Kassel. 1995 S. 45.  
bulletPinkas Hakehillot: Encyclopedia of Jewish Communities from their foundation till after the Holocaust. Germany Volume III: Hesse -  Hesse-Nassau - Frankfurt. Hg. von Yad Vashem 1992 (hebräisch) S. 230.   
bulletZwei genealogische Blätter - erarbeitet von Rolf Hofmann (vgl. Seite zu Familienblätter Nördlingen): 
Genealogie zu Berthold Bauer of Leihgestern and Noerdlingen und
Hermann Bauer of Leihgestern, Pflaumloch and Noerdlingen (intern abgespeicherte pdf-Dateien) 
bullet Hanno Müller: Juden in Leihgestern. Hrsg. von der Ernst-Ludwig Chambré Stiftung in Lich. Lich 2017. http://www.fambu-oberhessen.de/  
  

   
    


 

Article from "The Encyclopedia of Jewish life Before and During the Holocaust". 
First published in 2001 by NEW YORK UNIVERSITY PRESS; Copyright © 2001 by Yad Vashem Jerusalem, Israel.

Leihgestern  Hesse.  Jews were living there by the mid-18th century and numbered 44 (4 % of the total) in 1861. On Kristallnacht (9-10 November 1938), the synagogue and Jewish homes were wrecked. About 20 Jews emigrated after 1933 and 13 were eventually deported.  
      
       

                   
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Copyright © 2003 Alemannia Judaica - Arbeitsgemeinschaft für die Erforschung der Geschichte der Juden im süddeutschen und angrenzenden Raum
Stand: 18. Mai 2020