Baisingen Friedhof 154.jpg (62551 Byte)  Segnende Hände der Kohanim auf einem Grabstein in Baisingen


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Mühlacker (Enzkreis)
Jüdische Geschichte 

Übersicht:  

Zur jüdischen Geschichte in Mühlacker  
Berichte zur jüdischen Geschichte am Ort   
Fotos / Darstellungen 
Erinnerungsarbeit vor Ort - einzelne Berichte 
Links und Literatur   

   

Zur jüdischen Geschichte in Mühlacker         
    
In Mühlacker ließen sich erstmals um 1880/90, dann wiederum nach 1900 wenige jüdische Personen / Familien nieder. Bei den Volkszählungen wurden gezählt: 1880 und 1885 zwei jüdische Einwohner, 1890 ein jüdischer Einwohner, 1890/1900 0, 1905 zwei, 1910 einer, 1925 acht, 1933 fünf jüdische Einwohner.  

Bis nach 1933 bestanden an Handels- und Gewerbebetrieben im Besitz jüdischer Personen/Familien: Bijouterie-, Ketten- und Maschinenfabrik GmbH Alfred Emrich (Hindenburgstraße 79/80), Aussteuer- und Manufakturwarengeschäft Isak Stein (Bahnhofstraße 46, seit 1928 in der Bahnhofstraße 65; Hinweis: die Bahnhofstraße wurde neu durchnummeriert; das Gebäude mit "alter" Nummerierung Bahnhofstraße 65 entspricht nach heutiger Nummerierung der Bahnhofstraße 76)
 
Nach dem "Führer durch die jüdische Gemeindeverwaltung" (Berlin 1932, S. 341) gehörten die in Mühlacker lebenden jüdischen Personen zur jüdischen Gemeinde in Freudental.  
  
1933 wurden fünf oder sechs jüdische Einwohner gezählt.  
  
Von den in Mühlacker geborenen und/oder längere Zeit am Ort wohnhaften jüdischen Personen sind in der NS-Zeit umgekommen (Angaben nach den Listen von Yad Vashem, Jerusalem und den Angaben des "Gedenkbuches - Opfer der Verfolgung der Juden unter der nationalsozialistischen Gewaltherrschaft in Deutschland 1933-1945"): Alfred Emrich (1876), Laura Emrich geb. Horkheimer (1885), Marianne Emrich (1915), Toni (Tony) Simon (1875), Theodor Slepoj (1889).     
    
    
    
Berichte zur jüdischen Geschichte am Ort  

In jüdischen Periodika des 19./20. Jahrhunderts wurden noch keine Berichte zur jüdischen Geschichte in Mühlacker gefunden.  

   
Zu einzelnen Personen  
(nach Recherchen von Elisabeth Brändle-Zeile s. Lit.)   

Dr. Fritz Martin Ascher (geb. 1895 in Mannheim, gest. 1975 in Crailsheim), lebte von 1935 bis 1945 in Mühlacker: im Ersten Weltkrieg Kriegsfreiwilliger, ausgezeichnet mit EK I, schwer verwundet; trat nach Abschluss seines Studiums in Bern und Marburg in den Schuldienst; seit 1925 oder 1927 Gymnasialprofessor am Hilda-Gymnasium in Pforzheim; 1935 auf Grund der Nürnberger Gesetze entlassen und nach Mühlacker gezogen; absolvierte in Mühlacker eine Mechanikerlehre; 1939 vorübergehend als Lehrer in der jüdischen Privatschule Dr. Rosenbaum in Danzig tätig, danach bis 1945 Hilfsarbeiter in Mühlacker (Totengräber, Milchfuhrmann und Straßenfeger); auf Grund seiner nichtjüdischen Familie (verh. mit der Lehrerin Elsa geb. Schütz) wurde er nicht deportiert; im Juni 1945 wurde er durch den französischen Militärgouverneur zum Bürgermeister von Mühlacker ernannt (im März 1946 bestätigt); 1947/48 Landrat in Waiblingen; 1948 bis zur Pensionierung 1962 Leiter des Albert-Schweitzer-Gymnasiums in Crailsheim; auszeichnet mit dem Bundesverdienstkreuz I. Klasse. 
Eine Tochter von Dr. Ascher - Doris (später Aude) Ascher - heiratete 1954 Bernard Caesar Einstein (1930-2008), ein Enkel von Prof. Dr. Albert Einstein, Sohn von Prof. Hans Albert Einstein (1904-1973). 
Wikipedia-Artikel: https://en.wikipedia.org/wiki/Bernhard_Caesar_Einstein  https://en.wikipedia.org/wiki/Hans_Albert_Einstein   
Hinweis auf den Artikel im Stadtwiki Pforzheim Enz zu Fritz Martin Ascher   
 
Alfred Emrich (geb. 1876 in Pforzheim), war verh. mit Laura geb. Horkheimer (geb. 1885 in Frankfurt), Tochter: Marianne (geb. 1915 in Frankfurt) - alle drei wurden nach der Deportation in Auschwitz ermordet. Alfred Emrich betrieb in Mühlacker seit etwa 1918 die Bijouterie-, Ketten- und Maschinenfabrik Emrich GmbH (Spezialität: Präzisions- und Brettfallhämmer); 1919 war er Begründer und Vorsitzender der Naturwissenschaftlichen Gesellschaft Mühlacker; Emrich galt als ausgesprochen sozialer Unternehmer, 1921 war er maßgeblicher Förderer beim Bau des "Uhlandbaus"  (Theater- und Veranstaltungssaal der Stadt mit 800 Sitzplätzen). 1938 wurde seine Firma "arisiert", 1939 wurde seine Vermögen "entjudet". Im August 1929 nach Frankreich emigriert, doch 1942 in Le Mans verhaftet und nach Auschwitz deportiert. Die Familie wohnte im Schulerweg 1 (heute Kindergarten Villa Emrich); die Fabrik war in der Hindenburgstraße 79/80.       
  
Tony Simon (geb. 1875 in Tessin bei Schwerin, ermordet 1944 in Auschwitz): war zunächst in einem Kaufhaus in der Schweiz (Genf)  und anschließend in Triberg tätig; seit etwa 1900 hatte sie eine Stellung im Kaufhaus Frida Härter (Bahnhofstraße 36 inne). 1942 in das Ghetto Theresienstadt deportiert, von dort 1944 in das KZ Auschwitz. 
 
Isak Stein (geb. 1891 in Freudental, gest. 1974 in Shavej Zion) war verheiratet (seit 1921) mit Klara geb. Seligmann (geb. 1899 in Konstanz): war seit 1924 in Mühlacker wohnhaft, wo er ein Spezialhaus für Aussteuer- und Manufakturwaren betrieb (Bahnhofstraße 47). 1933 Verkauf des Geschäftes ("Arisierung"), wohnhaft in der Bahnhofstraße 65*. 1938 Auswanderung nach Palästina/Israel (Shavej Zion). Isaak Stein betrieb in Shavej Zion das Ladengeschäft, seine Frau Klara war über 25 Jahre Säuglingsschwester in Shavej Zion tätig.  
*Hinweis: nach "alter" Bahnhofstraßennummerierung bewohnte Isaak Stein das Haus Bahnhofstraße 65. Dies entspricht nach heutiger Nummerierung der Bahnhofstraße 76.  
 

   
   
   
Fotos    

Fotos zur jüdischen Geschichte in Mühlacker sind noch nicht vorhanden.    
     
     

      
      
Erinnerungsarbeit vor Ort  - einzelne Berichte  

Mai 2009: Verlegung von "Stolpersteinen" in Mühlacker   
Artikel von Anke Baumgärtel in der "Pforzheimer Zeitung" vom 28.5.2009 (Artikel): 
"Elf Stolpersteine erinnern an Schicksale unter Nazi-Regime.
MÜHLACKER. Auch wer seinen Blick aufmerksam zu Boden richtet, kann in Mühlacker stolpern. Und zwar sinnbildlich über die von Künstler Gunter Demnig verlegten Messingtafeln, die an elf Opfer des Nazi-Regimes erinnern.
Am Senderstädter Schulerweg steht ein mächtiges Bauwerk. Was ehemals Wohnhaus der Familie des jüdischen Schmuckfabrikanten Alfred Emrich war, beherbergt seit 1999 einen Kindergarten für Kinder mit und ohne Behinderung. Geblieben ist nur der Name: Villa Emrich.
Um die Opfer des Nazi-Regimes nicht in Vergessenheit geraten zu lassen, hat der bundesweit agierende Kölner Künstler Gunter Demnig gestern drei Stolpersteine in den Gehweg vor dem Personaleingang des Gebäudes eingelassen. Sie erinnern nun an Alfred, Laura und Marianne Emrich, die im Konzentrationslager Auschwitz ermordet wurden. 'Die Stolpersteine sollen die Opfer des Nationalsozialismus aus der Anonymität herausholen', sagte Oberbürgermeister Arno Schütterle bei der Verlegung der Steine. 'Und zwar genau dort, wo sie gelebt haben. Sie werden in die alltägliche Lebenswirklichkeit zurückgeholt, wo sie einmal friedlich ihren Platz hatten.' Vor Ort war auch die 87-jährige Elisabeth Brändle-Zeile, die sich noch gut an die Familie Emrich erinnert. 'Sie haben ein gutes Leben geführt', erzählte sie der PZ. In jahrelanger Archivarbeit hat die Heimatforscherin die Lebensläufe der Betroffenen erörtert. Weniger bekannt war bislang das Schicksal der politisch verfolgten Familie Hettler gewesen. Zuletzt wohnhaft an der Schillerstraße 11, tötete sich Mathilda Anna Hettler 1942 gemeinsam mit ihren drei jüngeren Kindern, weil sie keinen Ausweg mehr sah. Ihr Ehemann Theodor Louis Hettler nahm sich kurze Zeit darauf mit dem ältesten Sohn das Leben. Ein weiterer Hausbewohner und Freund der Familie, Ernst Berties, kam schließlich in Dachau zu Tode. Auch für diese sieben Opfer des Nationalsozialismus wurden von Spendern finanzierte Stolpersteine in den Asphalt einbetoniert. Dritte Station ist die Steigstraße 9. 'Hier wohnte Theodor Slepoj' lautet es auf der neu eingelassenen Tafel. 'Wir wissen, dass es auch Euthanasieopfer gab', sagte Stadtarchivarin Marlis Lippik zur PZ. Hier sei man auf Zeitzeugen angewiesen. Drei Lebensläufe für weitere Tafeln seien bereits ausfindig gemacht. Im kommenden Schuljahr wollen Schüler der Oberstufe am Theodor-Heuss-Gymnasium in einem Seminar weitere Schicksale recherchieren. Im Scala Filmtheater war gestern der Dokumentarfilm 'Stolperstein' zu sehen. So werden die Schicksale in den Köpfen der Menschen weitergetragen."
 
Weiterer Beitrag im "Mühlacker Tagblatt" vom 28. Mai 2009
  
April 2010: Weitere "Stolpersteine" werden verlegt   
Artikel von Anke Baumgärtel in der "Pforzheimer Zeitung" vom 27. April 2010: (Artikel): "Sieben Stolpersteine verlegt: Schüler spüren NS-Schicksale auf.  
MÜHLACKER.
Gegen das Vergessen hat Künstler Gunter Demnig am Dienstag in Mühlacker sieben Stolpersteine verlegt. 15 Schüler vom Theodor-Heuss-Gymnasium hatten in einem Seminarkurs Daten zu Opfern des Nationalsozialismus recherchiert und Zeitzeugeninterviews geführt. 'Ich war schockiert von den Schicksalen, die diese Menschen erlitten', sagte Zwölftklässlerin Lisa Kautter bewegt. 
'Die Opfer des Nationalsozialismus haben keinen Grabstein', äußerte Christiane Bastian-Engelbert vom Historisch-Archäologischen Verein (HAV) Mühlacker. Neben dem gedanklichen Stolpern über die Mahnmale sollten die ehemaligen Mitbürger auch einen Stein erhalten. Getreu der Mahnung des Künstlers Gunter Demnig: 'Ein Mensch ist erst vergessen, wenn sein Name vergessen ist.' Im Beisein von 30 Personen verlegte Demnig an sechs Orten in Mühlacker Stolpersteine in den Gehwegen vor den letzten Wohnstätten der Opfer.
An Friedrich Schwab, der wegen 'Wehrkraftszersetzung' erschossen wurde, erinnert nun eine kleine Messingplatte nahe des Restaurants 'La Grotta' in Dürrmenz. Unweit davon entfernt an der Enzstraße wohnte Marthe Bracher, die an Versuchen mit Impfstoffen starb. Opfer der Euthanasie wurde Ernst August Stumm, zuletzt wohnhaft in der Dürrmenzer Schulstraße. Der Kommunist Richard Bertis aus Lienzingen wurde im Konzentrationslager zu Tode gequält. Die Roma Maria Kreuz und ihr Sohn Paul aus Lomersheim sowie der Jude Toni Simon, der zuletzt an der Mühlacker Bahnhofstraße lebte, kamen in Auschwitz zu Tode. Elf Stolpersteine waren bereits im Mai 2009 verlegt worden.
Die begleitende Ausstellung ist in der Stadtbibliothek Mühlacker noch bis 4. Mai geöffnet."
    

       
        

Links und Literatur   

Links:  

Website der Stadt Mühlacker   
Kindergarten Villa Emrich in Mühlacker   
Artikel im Stadtwiki Pforzheim über "Stolpersteine"    

Literatur:  

Elisabeth Brändle-Zeile: Beiträge in: Historische Streiflichter 1569 bis 1945. Über Menschen, Kriegswirren, Schulunterricht und die Kelter in Mühlacker. Beiträge zur Geschichte der Stadt Mühlacker Bd. 2. 1997.   

Broschüre "Stolpersteine 2010". 

    
     

                   
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Stand: 10. Juni 2016