Baisingen Friedhof 154.jpg (62551 Byte)  Segnende Hände der Kohanim auf einem Grabstein in Baisingen


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Ochsenfurt (Kreis Würzburg)
Jüdische Geschichte / Synagoge
(erstellt unter Mitarbeit von Joachim Braun, Würzburg) 

Übersicht:

Zur Geschichte der jüdischen Gemeinde  
Berichte aus der Geschichte der jüdischen Gemeinde   
Berichte zu einzelnen Personen  
Weitere Dokumente      
Zur Geschichte der Synagoge   
Fotos / Darstellungen 
Erinnerungsarbeit vor Ort - einzelne Berichte   
Links und Literatur   

  
Zur Geschichte der jüdischen Gemeinde 
       
   
In der in früheren Jahrhunderten zum Würzburger Domkapitel gehörenden Stadt Ochsenfurt lebten Juden bereits im Mittelalter. Die früheste Nachricht stammt aus dem Jahr 1298, in dem die Familien am Ort von der Verfolgung unter "Ritter Rintfleisch" betroffen waren. In der Nacht von Samstag auf Sonntag, dem 29. Juni 1298 wurden die jüdischen Familien in der Stadt überfallen: über 30 Männer, Frauen und Kinder wurden erschlagen. Eine nächste Verfolgung traf die jüdische Gemeinde 1336. Bei dieser sind möglicherweise alle Juden der Stadt ermordet worden. Die fanatischen "Judenschlächter" wurden kurze Zeit danach bei Kleinochsenfurt durch ein fürstbischöfliches Heer aufgehalten: einige wurden getötet, andere gefangen genommen. Der Anführer der Gruppe ("König Armleder") wurde später wegen der Gräueltaten enthauptet.
  
Namentlich ist aus dem 14. Jahrhundert der Vorbeter Elija aus Ochsenfurt bekannt, dessen Sohn Isaak Sofer ("Schreiber") war: 1309 schrieb er eine Handschrift in Brüssel.  
  
Nach der Verfolgung 1336 werden erst 1377 wieder Juden in Ochsenfurt genannt. Ein Jude der Stadt lieh in diesem und im folgenden Jahr Geld an einen Christen in Frickenhausen und im Jahr 1379 an einen in Kleinochsenfurt. Später verzog er nach Rothenburg ob der Tauber. Dort letzten bereits zwei andere Juden mit dem Beinamen "von Ochsenfurt" (1379/80; die Namen der drei Juden waren Libertrut und seine Sohn Gumpret sowie Michel). 
 
Im 15. Jahrhundert lebten vermutlich keine Juden in Ochsenfurt. 
 
Vom 16. bis zum 18. Jahrhundert durften sich keine Juden in der Stadt niederlassen, doch passierten jüdische Händler - zeitweise in großer Zahl - die Zollstation an der Mainbrücke. 1589 wurden die Stadtbewohner unter Strafandrohung (Geldstrafe beziehungsweise Verlust des Bürgerrechts) angewiesen, mit jüdischen Händlern keine Geschäfte abzuschließen. Das Verbot musste - weil es vermutlich nur teilweise wirksam war - in der Folgezeit immer wieder erneuert werden (auch noch 1676 und 1774). Den jüdischen Händlern war zwar meistens erlaubt, ihre Waren auf den Jahr- und Wochenmärkten der Stadt anzubieten, doch herrschte zeitweise ein strenges Hausierverbot.  
   
Im 19. Jahrhundert war es erst nach Aufhebung der Niederlassungsverbot für Juden in den 1860er-Jahren möglich, dass Juden in der Stadt zugezogen sind. Allerdings blieb ihre Zahl in Ochsenfurt in den folgenden Jahrzehnten sehr klein. 1878 erhielt der jüdische Kaufmann Nathan Friedenhain die Erlaubnis, in Ochsenfurt einen Laden für Schuhmacherartikel zu eröffnen. 1879 wurde ein Speicher im Alten Rathaus an den Juden Salomon Adler verpachtet. Der Nürnberger Unternehmer Samuel Em. Rau errichtete 1871 in Ochsenfurt eine Malzfabrik. Sie entwickelte sich in den folgenden Jahren zu einem der bedeutendsten Wirtschaftsunternehmen der Stadt (1912 die größte Steuerzahlerin der Stadt). Zu den Gewerbebetrieben in jüdischem Besitz gehörte auch das Dampfsägewerk Fleischmann & Sohn (ab 1898 am Floßhafen mit einem großen Eichenholzlager); die Besitzer lebten in Würzburg.   
 
Trotz des Zuzuges einzelner jüdischer Personen kam es im 19./20. Jahrhundert nicht zur Gründung einer jüdischen Gemeinde. 
  
Nach 1933 waren jüdische Gewerbebetreibende auch in Ochsenfurt von den antijüdischen Maßnahmen betroffen. Beschlüsse des Stadtrates verwehrte jüdischen Viehhändlern den Zugang zu den Märkten der Stadt. 1935 wurde entschieden, dass jeder Bürger, der mit Juden Handel trieb oder Geschäfte abschloss, von der Zuteilung von Pachtgrundstücken ausgeschlossen wurde. Die Familie Rau wurde von einem SA-Schlägertrupp bedroht. Ihr wurde nahegelegt, die Stadt zu verlassen. Die Malzfabrik der Familie musste 1938 "arisiert" werden.  
   
Nach den Gräueltaten beim Novemberpogrom 1938, bei dem sich auch SA- und SS-Leute aus Ochsenfurt bei der Schändung von Synagogen in umliegenden Orten hervortaten, wurden jüdische Männer aus Aub, Acholshausen, Goßmannsdorf und anderen Orten in das Gefängnis von Ochsenfurt gebracht, um von hier aus in das KZ Dachau verschleppt zu werden.   
  
Von den in Ochsenfurt geborenen und/oder längere Zeit am Ort wohnhaften jüdischen Personen sind in der NS-Zeit umgekommen (Angaben nach den Listen von Yad Vashem, Jerusalem und den Angaben des "Gedenkbuches - Opfer der Verfolgung der Juden unter der nationalsozialistischen Gewaltherrschaft in Deutschland 1933-1945"):  Sofie Fleischmann (1879), Adelheid Friedmann geb. Braunschild (1881), Margarete (Gretchen) Grünfeld geb. Sulzbacher (1867), Marta Neumann geb. Solinger (1895), Hanni Sieber geb. Michel (1906), Klara Wurzinger geb. Mannheimer (1892).    
    
    
    
Berichte aus der Geschichte der jüdischen Gemeinde   
    
Berichte zu einzelnen Personen   
Mord an dem jüdischen Hausierer Seligmann Bär (1870)

Ochsenfurt Israelit 08021871.jpg (81418 Byte)Artikel in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 8. Februar 1871: "Aus Bayern. In Ochsenfurt förderte am 19. dieses Monats (sc. Januar 1871) eine Haussuchung, welche in Folge dringenden, auf einfache Weise plötzlich eingetretenen Verdachts durch den hiesigen Bürgermeister mit der Gendarmerie und Polizei vorgenommen worden war, ein scheußliches Verbrechen zutrage. Der Israelit Seligmann Bär, ein armer, ehrlicher Hausierer, schon seit 21. Dezember vorigen Jahres vermisst, wurde in der Behausung des Schusters Pfeufer in Boxviertel, verborgen unter einem alten Schweinestall, bedeckt mit Dung, entdeckt. Als Täter wurde der Schwager des Obigen, Peter Eck, ein 19jähriger, schlecht beleumundeter Bursche verhaftet. Derselbe soll sogar, um die Tat zu verdecken, Anstalten zum Anbrennen des Hauses gemacht haben. Die dem Gemordeten geraubten Waren fanden sich bei den verschiedenen Gliedern der Familie vor; selbst die Stiefel hatte man dem Unglücklichen geraubt." 

   
   
Weitere Dokumente 
(aus der Sammlung von Peter Karl Müller, Kirchheim / Ries)    

Briefumschlag der Holzgroßhandlung 
M. Fleischmann & Sohn (1911) 
   
Ochsenfurt Dok 14041.jpg (262352 Byte)  
Es handelt sich um einen Briefumschlag der Holzgroßhandlung M. Fleischmann & Sohn in Ochsenfurt, versandt am 18. Juni 1911 an die Holzhandlung Saly Rosenbaum in Frankfurt a. M. Moses Fleischmann (verheiratet mit Nanny geb. Salb) war als Holzhändler in Schonungen tätig. Sein Sohn Karl Fleischmann (geb. 23. März 1847 in Schonungen, gest. 29. Juni 1911 in Würzburg) verzog nach Schweinfurt und war gleichfalls als Holzhändler tätig. 1899 verzog er von Schweinfurt nach Würzburg und eröffnete die Holzgroßhandlung M. Fleischmann und Sohn; zur Firma gehörten Dampfsägewerke in Ochsenfurt und Wernfeld / Unterfranken. 1905 erhielt Karl Fleischmann das Bürger- und Heimatrecht in Würzburg. 1910 ist er als Teilhaber als der Firma ausgeschieden. 
Karl Fleischmann war seit 1873 (in Bamberg) verheiratet mit Doris geb. Hellborn (geb. 10. Mai 1852 in Bruck, gest. 27. November 1925 in Würzburg). Das Ehepaar hatte fünf Kinder: Ignaz (gest. 1905 (?) in Ochsenfurt, war Prokurist in der Firma); Nanny verh. Mayer (geb. 1878 in Schweinfurt, umgekommen 1944 im Ghetto Theresienstadt), Max (geb. 1879 in Schweinfurt, gest. 1958, in Würzburg beigesetzt), Willi (geb. 1883 in Schweinfurt, gest. 1931 in Würzburg), Lucie (Laura) verh. Stiefel (geb. 1893 in Schweinfurt). 
Weitere Informationen zu den Familien der Kinder siehe bei Reiner Strätz: Biographisches Handbuch Würzburger Juden 1900-1945.     

   
   
   
Zur Geschichte der Synagoge             
   
Eine Synagoge beziehungsweise einen Betraum gab es nur im Mittelalter. Die Nennung des Vorbeters Elija aus Ochsenfurt, dessen Sohn Isaak 1309 eine Handschrift in Brüssel verfasste, weist auf das Bestehen einer Synagoge bereits im 13. Jahrhundert hin. Bei der Synagoge befand sich eine Judenherberge. Beides kam nach einem alten domkapitelischen Zinsbuch von 1342 (nach der Verfolgung 1336) an christliche Privatpersonen. Im Blick auf den Standort der Synagoge gibt ein Dokument von 1431 Auskunft, in der ein Haus "hinter dem Rathaus gegenüber der Judenschul" genannt wird. Beim "Rathaus" handelt es sich um das sogenannte "alte Rathaus" (heute Brückenstraße 1), weil das neue erst gegen Ende des 15. Jahrhunderts entstand.   
   
   
Adresse/Standort der Synagoge:   die mittelalterliche Synagoge stand unweit des Rathauses, vermutlich auf der Nordseite der heutigen mittleren Redersgasse oder der Westseite der heutigen nördlichen Brückenstraße - nach neueren Recherchen (siehe unten Presseartikel vom November 2011) am Platz der Ochsenfurter Kemenate, ein altes Haus beim Ziehbrunnen links hinter dem Rathaus (das Haus hat "jüdische Grundmauern" aus der Mitte des 16. Jahrhunderts; im 13. Jahrhundert stand an diesem Platz vermutlich sogar eine Synagoge).   
  
  
  
Fotos / Abbildungen zur jüdischen Geschichte  

Fotos / Abbildungen sind noch nicht vorhanden; über Hinweise oder Zusendungen 
freut sich der Webmaster der "Alemannia Judaica"; Adresse siehe Eingangsseite.  
 
     

    
    
    
Erinnerungsarbeit vor Ort - einzelne Berichte   

November 2011: Musik und Lesung zum Thema "Jüdisches Leben in Ochsenfurt" 
Artikel von Lara Meissner in der "Main-Post" vom 13. November 2011: "Musik und Lesung zum Thema 'Jüdisches Leben in Ochsenfurt'. 
Mittwoch, 9. November 1938, Reichs-Pogromnacht. In ganz Deutschland brennen die Nazis unzählige jüdische Synagogen, Betstuben und Schulen nieder. In den nächsten Tagen werden Tausende in Konzentrationslager gebracht. Unter ihnen auch Bürger aus Gaukönigshofen, Goßmannsdorf und Marktbreit..."  
Link zum Artikel - auch eingestellt als pdf-Datei       
 

    
     

Links und Literatur

Links:  

Website der Stadt Ochsenfurt   

Literatur:   

Germania Judaica II,2 S. 622-623; III,2 S. 1055-1056. 
Joachim Braun:  Juden in Ochsenfurt. Ein Beitrag zum 50. Jahrestag des Novemberpogroms von 1938. Reihe: Ochsenfurter Geschichte Nummer 11, November 1988 (Beilage des Amtsblattes der Stadt Ochsenfurt).  

  
     

                   
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Copyright © 2003 Alemannia Judaica - Arbeitsgemeinschaft für die Erforschung der Geschichte der Juden im süddeutschen und angrenzenden Raum
Stand: 16. April 2014