Baisingen Friedhof 154.jpg (62551 Byte)  Segnende Hände der Kohanim auf einem Grabstein in Baisingen


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Osthoffen (Osthofen, Dep. Bas-Rhin / Alsace / Unterelsass) 
Jüdische Geschichte  /  Synagogue / Synagoge  
   

Übersicht:

Zur Geschichte der jüdischen Gemeinde  
Berichte aus der Geschichte der jüdischen Gemeinde   
Berichte zu einzelnen Personen aus der Gemeinde   
Zur Geschichte der Synagoge   
Fotos / Darstellungen  
Links und Literatur   

   

Zur Geschichte der jüdischen Gemeinde              
    
In Osthofen bestand eine jüdische Gemeinde bis in die 1930er-Jahre. Ihre Entstehung geht in die Zeit des 18. Jahrhunderts zurück. 1784 wurden 16 jüdische Familien mit zusammen 85 Personen gezählt. 
  
Im 19. Jahrhundert entwickelte sich die Zahl der jüdischen Einwohner wie folgt: 1807 68 jüdische Einwohner, 1846 130, 1861 132, 1870 149, 1910 50.  
  
An Einrichtungen hatte die jüdische Gemeinde eine Synagoge (s.u.), eine jüdische Schule und ein rituelles Bad. Die Toten der Gemeinde wurden traditionell auf dem jüdischen Friedhof in Rosenweiler beigesetzt. Zur Besorgung religiöser Aufgaben der Gemeinde war ein Lehrer angestellt, der zugleich als Vorbeter und Schochet tätig war. In der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts war - über mehrere Jahrzehnte - Lehrer L. Levy in der Gemeinde tätig (gestorben 1896, siehe Bericht unten). Die Gemeinde gehörte zum Rabbinat Quatzenheim (Wintzenheim-Quatzenheim), ab 1910 zum Rabbinat Westhoffen. 
 
In der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts war die prägende Gestalt des Gemeindelebens (neben dem genannten Lehrer L. Levy) Rabbi Schmuel Löb Dreyfuss; er war - bis zu seinem Tod 1892 - über 50 Jahre Gemeindevorsteher und sorgte in dieser Zeit für die Erneuerung der Gemeindeeinrichtungen wie Synagoge und rituelles Bad. Auch wurde in dieser Zeit die jüdische Privatschule in eine Konfessionsschule verwandelt.      
  
1936 wurden noch 12 jüdische Einwohner in Osthoffen gezählt. Diejenigen, die in den folgenden Jahren nicht den Ort verlassen konnten, wurden unter der deutschen Besatzung 1940 nach Südfrankreich deportiert.   
  
Von den in Osthoffen geborenen und/oder längere Zeit am Ort wohnhaften jüdischen Personen sind in der NS-Zeit umgekommen (Angaben nach den Listen von Yad Vashem, Jerusalem und den Angaben des "Gedenkbuches - Opfer der Verfolgung der Juden unter der nationalsozialistischen Gewaltherrschaft in Deutschland 1933-1945"): Palmyre Abraham geb. Weil (1863), Jean Dreyfus (1897), Adolphe Kahn (1884), Irene Kahn geb. Weil (1905), Jose Kahn (1893), Jaque (Jakob) Oppenheim (1881), Alfred Weil (1879), Blanche Weil geb. Levy (1908).
     
Hinweis: vor allem in der Liste von Yad Vashem kommt es zu Verwechslungen mit Osthofen in Rheinhessen.   
  
Nach 1945 kehrten nur wenige Überlebende nach Osthoffen zurück. 1953 wurden drei jüdische Einwohner gezählt.  
   
   
   
Berichte aus der Geschichte der jüdischen Gemeinde 
   
Berichte zu einzelnen Personen aus der Gemeinde   
  
Louise Levi aus Osthofen wird aus Baden ausgewiesen (1841)       

Anzeige im "Großherzoglich Badischen Anzeige-Blatt für den See-Kreis" von 1841 S. 1065 (Quelle: Stadtarchiv Donaueschingen): "Bühl. [Landesverweisung] Die Louise Levi, israelitische Dienstmagd aus Osthofen im Elsass, welche dahier wegen Diebstahls in Untersuchung war, wurde heute ihrer Haft entlassen und in Vollziehung der durch Urteil des großherzoglichen Hofgerichts des Mittelrheinkreises von 28. Oktober dieses Jahres, Nr. 12874 - 75, gegen sie ausgesprochenen Landesverweisung über die Grenz gewiesen. Indem wir unten ein Signalement beifügen bringen wir dies bestehender Vorschrift gemäß zur öffentlichen Kenntnis.  
Bühl, den 8. November 1841.  Großherzogliches Bezirksamt. Mallebrain.  
Signalement der Louise Levi
: Alter 26 Jahre; Größe 5' 1'; Statur stark; Gesichtsform oval; Gesichtsfarbe gesund; Haare blond; Stirne offen; Augenbrauen blond; Augen grau; Nase mittlere; Mund mittlern, Zähne mangelhaft; Bart keinen; Kinn rund."    

 
Zum Tod von Rabbi Schmuel Löb Dreyfuß (1892)  

Osthoffen Elsass Israelit 10031892.jpg (192555 Byte)Artikel in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 10. März 1892: "Osthoffen im Elsass. Am vergangenen 29. Schewat (= 27. Februar 1892) ist hier ein Mann zur letzten Ruhestätte getragen worden, der durch seine echtjüdischen Tugenden wohl verdient, dass ihm ein Nachruf in Ihrem geschätzten Blatte gewidmet werde. Rabbi Schmuel Löb Dreyfuß - er ruhe in Frieden - war nicht bloß meine Zierde seiner Gemeinde, deren Vorsteher er über 50 Jahre war, sondern verstand es durch ein Lebenswandel von seltener Menschenliebe und Treue, das unbegrenzte Vertrauen des ganzen Umkreises zu erwerben. Dreyfuß - er ruhe in Frieden - war der Berater aller Verlassenen und der Beglücker aller Armen der ganzen Gegend ohne Unterschied des Glaubens. Diesem edlen Sinn für Wohltaten und Liebeswerke blieb er auch im Tode treu; denn den Zehnten seines beträchtlichen Vermögens bestimmte er für folgende Wohltätigkeitsanstalten: Dem Mädchenwaisenhaus (orphelina), dem israelitischen Krankenhaus (maison santé), der jüdischen Handwerkerschule (école de travail) in Straßburg, der Alliance Israelite in Paris, den Ortsarmen Osthoffens ohne Unterschied der Konfession. Von seinem Vater - das Andenken an den Gerechten ist zum Segen - für das Studium der Heiligen Tora bestimmt, saß er, bis zu seinem Eintritt in das Geschäft seines Vaters, zu Füßen des berühmten Leiters der Straßburger Jeschiwa Rabbi Moscheh Huttener - das Andenken an den Gerechten ist zum Segen -, sich mit Eifer und Liebe dem Tora-Studium widmend und verlieh ihm der genante Rabbi auch bei seinem Fortgang das Chower-Diplom. In Osthoffen war er nicht nur Vorsitzender der Synagogenverwaltung, sondern tatsächlich die Seele des ganzen Gemeindewesens. Was Osthoffen besitzt verdankte sie nur ihm. Die Synagoge ist auf seinem Grund und Boden erbaut; die Mikwe ist sein Werk; das Haus für die Unterbringung von Gästen ist eine Spende von ihm; auf sein Verwenden bei der Regierung, ist die bestandene jüdische Privatschule in einer Kommunalschule verwandelt worden. Alle Gemeinde-Institutionen sind musterhaft, wie sie nicht schöner und besser größere Gemeinden besitzen. Wehe um die Verlorenen, die nicht wieder gefunden werden.   
An seiner Bahre sprachen der Quatzenheimer Rabbiner Dr. Staripolsky, zu dessen Bezirk Osthoffen gehört, und Herr Levy, Rabbiner von Weißenburg und der Lehrer Levy aus Osthoffen. Seine Seele sei eingebunden in den Bund des Lebens."       

  
Zum Tod des Vorbeters und Predigers L. Levy (1896)  

Osthoffen Elsass Israelit 03121896.jpg (112450 Byte)Artikel in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 3. Dezember 1896: "Osthoffen im Elsass, 18. November (1896). Am 17. (November 1896) wurden die irdischen Überreste unseres alten Chasans und Predigers L. Levy - das Andenken an den Gerechten ist zum Segen - nach dem alten, ehrwürdigen Friedhof in Rosenweiler, dessen Abbildung Ihr geschätztes Blatt in diesem Jahrgang brachte, überführt. Der Verblichene lebte 50 Jahre in unserer Gemeinde. Vor 35 Jahren legte er sein Amt als Vorsänger unserer Gemeinde nieder, setzte aber seine Wirksamkeit als Lehrer und Belehrer fort. Seine schönen Vorträge fanden allgemeinen, ungeteilten Beifall, und wurde es ihm seitens des Rabbinats in Quatzenheim, zu dessen Anexen Osthoffen zählt, gerne bewilligt, dasselbe bei Gelegenheit zu vertreten. Wenige Minuten, ehe er seine reine Seele aushauchte, forderte er seinen einzigen Sohn auf, das Sterbegemach zu verlassen, da ihm sonst das Scheiden schwer falle."     

  
Zum Tod von Jakob Dreyfuß (1897)  

Osthofen Elsass Israelit 05071897.JPG (131243 Byte)Artikel in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 5. Juli 1897:  "Oberehnheim im Elsass, 25. Juni (1897). Gestern vor acht Tagen trug sich auf dem hiesigen Viehmarkt ein trauriger Fall zu. Unser Glaubensgenosse, der 52 Jahre alte J. Bader aus Dambach, Vater von 13 Kindern, stürzte plötzlich vom Herzschlag getroffen, tot zu Boden. Sein Neffe, Ch. Levy aus Mutzig, in dessen unmittelbarer Nähe dieses plötzliche Unglück sich ereignete, fiel vom Schrecken bewältigt neben der Leiche des Onkels hin, und man glaubte, auch ihn habe das Schicksal des unglücklichen Onkels ereilt. Erst nach langer und geraumer Zeit waren die Wiederbelebungsversuche von Erfolg begleitet. Nachmittags wurde der Verstorbene nach Dambach überführt, in seine Wohnung gebracht, so die untröstliche Gattin, der man vorher schon die traurige Nachricht mitgeteilt hat, ohnmächtig zu Bette lag und die unglücklichen Kinder in herzzerreißender Weise den toten Vater empfingen. Freitag Vormittag fand die Beerdigung unter großer Beteiligung statt. Die Leichenrede hielt der Rabbiner von Barr im Hause des Verblichenen. An demselben Tag, fast zur selben Stunde brach über eine achtbare Familie in Osthofen ein noch schrecklicheres Unglück ein. Jakob Dreyfuß, 64 Jahre alt, der länger als zwanzig Jahre an einer schmerzhaften Hirnkrankheit litt und öfters Anfälle von Geistesstörung bekam, hat sich in seinem Hause erhängt. Auf Grund des langjährigen, mit Geistesstörung verbundenen Hirnleidens hat die Rosenweiler Friedhofs-Verwaltung es gestattet, den unglücklichen Toten in der Reihe der übrigen Toten zu begraben. Seine Seele sei eingebunden in den Bund des Lebens."   

    
    
    
Zur Geschichte der Synagoge  
       
Bereits Anfang des 18. Jahrhunderts gab es in Osthoffen eine Synagoge. An Stelle dieser alten Synagoge wurde 1863 bis 1865 eine neue Synagoge erstellt. Architekt war Robert Levy. Die Synagoge konnte auf einem Grundstück erbaut werden, das Schmuel Löb Dreyfuß zur Verfügung gestellt hatte (siehe Bericht zu seinem Tod oben). 
 
Bis in die 1930er-Jahre war die Synagoge Mittelpunkt des jüdischen Gemeindelebens am Ort.    
 
Gegenwart: Die Synagoge wird seit Jahren als Lager verwendet. Der Toraschrein befindet sich in der Synagoge Adath Jisrael in Strasbourg.
  
  
Adresse/Standort der Synagoge:   Rue des Seigneurs  
   
   
Fotos     

Historische Ansichtskarte 
mit der Synagoge 
Osthoffen Synagogue 100.jpg (59788 Byte) Osthoffen Synagogue 101.jpg (74290 Byte)
    Die Synagoge
     
Nach 1945: das Synagogengebäude 
als Lagerraum  
(Quelle: Rothé/Warschawski S. 106)
Osthoffen Synagogue 125.jpg (61288 Byte)  
  An Stelle des Vorbaus im Bereich des
 Toraschreines: Tür- oder Fensterläden
 

   
   

Links und Literatur

Links:  

Website über die politische Gemeinde Osthoffen  
Französische Informationsseite zur Synagoge in Osthoffen  
Website des Ministere de la culture mit Informationsseite zur Synagoge in Osthoffen      

Literatur:  

Alsace Lit 010.jpg (67412 Byte)Michel Rothé / Max Warschawski: Les Synagogues d'Alsace et leur Histoire. Ed. 'Chalom Bisamme' Jerusalem 1992.  S. 41.106.      

  
n.e.   

                 

                   
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Stand: 17. Juli 2013