Baisingen Friedhof 154.jpg (62551 Byte)  Segnende Hände der Kohanim auf einem Grabstein in Baisingen


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Pfarrweisach (Kreis Hassberge)
Jüdische Geschichte / Synagoge 

Übersicht:

bulletZur Geschichte der jüdischen Gemeinde  
bulletBerichte aus der Geschichte der jüdischen Gemeinde  
Aus der Geschichte der jüdischen Lehrer und Vorbeter 
Aus dem jüdischen Gemeindeleben    
bulletZur Geschichte der Synagoge   
bulletFotos / Darstellungen  
bulletLinks und Literatur   

     

Zur Geschichte der jüdischen Gemeinde      
    
In Pfarrweisach bestand eine jüdische Gemeinde bis Mitte des 19. Jahrhunderts. Ihre Entstehung geht in die Zeit des 16./18. Jahrhunderts zurück. Zunächst konnten sich nur einzelne jüdische Personen/Familien niederlassen: 1535 wird in Pfarrweisach unter dem Schutz der Dorothea von Thüngen und des Endres von Stein ein Jude Kerpflin genannt, der gemeinsam mit einem anderen Juden auf dem Weg zur Frankfurter Frühjahrsmesse war, als sie bei Hanau von Reitern überfallen und ausgeraubt wurden. Danach erfahren wir erst 1669 wieder von einem Schutzjuden aus Pfarrweisach, der durch einen der Ortsherren Hans Wilhelm vom Stein aufgenommen worden war. Um 1690 lebten am Ort drei jüdische Familien (des Joseph, Schimmel und Mayer), die mit den Familienangehörigen wohl bereits eine kleine Gemeinde bilden. 

Im 18. Jahrhundert nahm die Zahl der jüdischen Familien zu: 1740 ist von 14 jüdischen Familien die Rede, 1748 von zwölf, nämlich vier erthalschen, sieben altensteinischen und einem liechtensteinischen Untertanen. Ende des 18. Jahrhunderts waren sogar 17 jüdische Familien am Ort.     
  
Im 19. Jahrhundert entwickelte sich die Zahl der jüdischen Einwohner wie folgt: 1801 gab es neun jüdische Haushaltungen, 1817 13 jüdische Haushaltungen, 1825 66 jüdische Einwohner, 1828 62, 1867 19, 1871 zehn.   
  
Bei der Erstellung der Matrikellisten 1817 werden in Pfarrweisach auf insgesamt 13 Matrikelstellen die folgenden jüdischen Familienvorstände genannt (mit neuem Familiennamen und Erwerbszweig): Seligmann Pfeufer Heuchelbach (Viehhändler), Goetzel Hirsch Ehrmann (Viehhändler), Pfeufer Hirsch Weinberg (Viehhändler), David Seligmann Heuchelbach (Viehhändler), Israel Goetzel Ehrmann (Viehhändler), Moses Michel Mayländer (Lehrer), Sußmann Michel Mayländer (Viehhändler), Aron Jacob Friedländer (Warenhändler), Aron Moises Gutmann (Warenhändler), Jacob Abraham Friedlich (Viehhändler), Bela, Witwe von Moses Frank (Warenhändler), David Moises Ehrlich (Warenhändler), Abraham Levi Straßburger (Kleiderhändler). Die jüdischen Familien waren damals im Besitz von Schutzbriefen, die von den unterschiedlichen Herrschaften ausgestellt waren (die meisten von den Gutsherren/Freiherren von Altenstein, einzelne von den Herren von Künitz, der Hochfürstlichen Regierung Würzburg und der Großherzoglichen Landesdirektion Würzburg).     
   
An Einrichtungen hatte die jüdische Gemeinde einen Betraum oder eine Synagoge (s.u.), einen Schulraum für den Unterricht der Kinder (vermutlich im Betraum) und ein rituelles Bad. Die Toten der Gemeinde wurden auf dem jüdischen Friedhof in Ebern beigesetzt. Zur Besorgung religiöser Aufgaben der Gemeinde war - zumindest zeitweise in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts - ein Lehrer angestellt, der zugleich als Vorbeter und Schochet tätig war. Erstmals wird - mit der Matrikelliste 1817 (s.o.) - als Lehrer Moses Michel Mayländer genannt. Sein Nachfolger war Samson Wolf (nannte sich später mit Familiennamen Sulzbacher; genannt im Nachruf für seinen Sohn Jacob Sulzbacher, geb. 1809 in Sulzbach, aufgewachsen später in Pfarrweisach, siehe Bericht unten). Samson Sulzbacher dürfte bis um 1830 Lehrer in Pfarrweisach gewesen sein. 1832 wurden die jüdischen Schulen in Pfarrweisach und Kraisdorf wohl zusammengelegt (mit Sitz in Kraisdorf).      
    
Die Zahl der jüdischen Einwohner ging nach der Mitte des 19. Jahrhunderts durch Ab- und Auswanderung schnell zurück. In einer Kollektenliste der jüdischen Gemeinde wurden 1865 in der Zeitschrift "Der Israelit" in Pfarrweisach noch genannt: 1865 Isaak Ehrmann, Salomon Ehrmann, Samuel Frank, Hirsch Weinberg, Joseph Ehrlich, S. Kaufmann. Um 1870 werden in Kollektenlisten noch Salomon Ehrmann und Hirsch Weinberg genannt. 1883 lebten nur noch der Witwer Sussmann Kaufmann und seine Haushälterin sowie der Metzger Hirsch Weinberg, seine Frau und sein Sohn am Ort. Wenig später war Sussmann Kaufmann der letzte jüdische Einwohner von Pfarrweisach (in Kollektenliste im "Israelit" vom 15.7.1886 letztmals genannt). 1885 erreichte Sussmann Kaufmann die förmliche Auflösung der Gemeinde. Er war zuletzt der jüdischen Gemeinde Kraisdorf zugeteilt, starb am 7. Juni 1887 und wurde in Ebern beigesetzt. Mit seinem Tod endete die jüdische Geschichte in Pfarrweisach.    
    
Von den in Pfarrweisach geborenen und/oder längere Zeit am Ort wohnhaften jüdischen Personen sind in der NS-Zeit umgekommen (Angaben nach den Listen von Yad Vashem, Jerusalem und den Angaben des "Gedenkbuches - Opfer der Verfolgung der Juden unter der nationalsozialistischen Gewaltherrschaft in Deutschland 1933-1945"): in den angegebenen Listen finden sich keine Namen aus Pfarrweisach. 
    
    

    
Berichte aus der Geschichte der jüdischen Gemeinde      
  
Aus der Geschichte der jüdischen Lehrer und Vorbeter   
Lebensgeschichte des Lehrers Jacob Sulzbacher (geb. 1809 in Sulzbach, gest. 2. Dezember 1868 in Kirchheimbolanden)  
Anmerkung: Jacob Sulzbacher war der Lehrer des jüdischen Lehrers in Pfarrweisach Samson Wolf (Sulzbacher), der nach 1817 und mindestens bis um 1830 in Pfarrweisach als Lehrer tätig war. Sein Sohn Jacob lernte in Memmelsdorf, dann Burgpreppach und schließlich an der Lehrerbildungsanstalt in Würzburg. Zunächst war er an verschiedenen Gemeinden jeweils kurzzeitig Lehrer, u.a. in Obrigheim, wo er seinen erblindeten Bruder unterstützte, dann von 1834 bis 1866 bzw. 1868 in Kirchheimbolanden.   

Artikel in "Der israelitische Lehrer" vom 23. Dezember 1868: "Jacob Sulzbacher
ist tot, entrissen den liebenden Kindern, den zahlreichen Freunden. Wir standen weinend an seinem Grabe; die endblätterten Bäume, die winterliche Natur rings um uns her schien mit uns zu trauern. Doch über Berg und Tal, über Bäume, Gräber und Leichensteine hinweg glänzte ein heller Sonnenstrahl und spiegelte sich in unseren Tränen, dass sie wie Perlen, wie Tautropfen erglänzten; - die Liebe stirbt nicht.
Die Liebe lebt ewig. Sie ist das Wahrzeichen der Menschheit, der Unsterblichkeit. 'Die Lehrer werden erglänzen wie der Strahl des Himmels und die Viele zur Gerechtigkeit führten, wie die Sterne immer da und ewig'. (Daniel 12,3, hebräisch und deutsch).
So wollen wir denn in diesen Zeilen dem heimgegangenen Freunde ein Denkmal unvergänglicher Liebe, heiliger und erhebender Erinnerung an sein Sterben und Wirken im Leben setzen; uns zum Troste, Allen ein leuchtendes Vorbild.
'Ich bin' -  so schrieb der Verblichene in den uns vorliegenden Aufzeichnungen aus den letzten Monden seines Lebens - 'am 9. Februar 1809 zu Sulzbach in der bayerischen Oberpfalz geboren, woselbst mein Vater seligen Andenkens, damals noch Samson Wolf genannt, Unterkantor war. Er war selbst in Sulzbach geboren, Sohn des gedachten Wolf und der Frau Rachel geb. Katzenellenbogen. Diese war die älteste Tochter des berühmten Gelehrten Naphtali Hirsch Katzenellenbogen*, weiland Pfalzrabbiners zu Mannheim, und soll nach den vielen Erzählungen meines seligen Vaters eine sehr fromme, geistreiche Frau gewesen sein'.
Nach einem Stammbaum (sefer hajuchasin), der sich in den Händen der Kinder unseres seligen Freundes befindet, gehören dieselben demnach der hochberühmten und ehrwürdigen Familie Katzenellenbogen an, die ihren Ursprung bis auf jenen Saul Wahl, der Rabbiner zu Brisk (vgl. https://de.wikipedia.org/wiki/Saul_Wahl) und, der vielbekannten Sage nach, eine Nacht Wahlkönig von Polen war (sc. man lese das herrliche: 'Mendel Gibbor' von Bernstein: 'Wir sinnen von Königlichem Geblüt') und weiter auf Rema (Rabbi Moses Isserles https://de.wikipedia.org/wiki/Moses_Isserles), Raban (Rabbi Elieser ben Natan https://de.wikipedia.org/wiki/Elieser_ben_Nathan_aus_Mainz) und Eljakim aus  dem Geschlechte Raschis (vgl. https://de.wikipedia.org/wiki/Raschi) zurücklenkt, welcher Familie bekanntlich auch Gabriel Rieser (vgl. https://de.wikipedia.org/wiki/Gabriel_Riesser) und die edlen Montefiore (vgl. https://de.wikipedia.org/wiki/Moses_Montefiore) angehören. 
Einige Jahre nach der Geburt unseres Sulzbacher zog der Vater nach Pfarrweisach; dort war er Lehrer, Vorsänger und Schächter. Da aber die Erträgnisse der Stelle nicht ausreichten, die Familie zu ernähren - es waren vier Söhne und eine Tochter da - so beschäftigte sich Samson Sulzbacher auch damit, Privatbibliotheken, die verkäuflich waren, aufzuspüren, anzukaufen, die wertvolleren Werke von Kennern ausscheiden zu lassen und die übrigen zu Tüten zu verarbeiten, bei welcher Fabrikation eigene Kinder und Schüler gemeinschaftlich beschäftigt und auch zugleich unterrichtet wurden. Unseren Jakob aber, welcher, weil er Fähigkeit verriet, zur Tora bestimmt wurde, tat der Lehrer der Vater nach Memmelsdorf, zwei Stunden von Pfarrweisach, wo damals ein guter Talmudlehrer und auch schon eine gute deutsche Schule sich befand. Der kleine, kluge und zutunliche Junge, welcher von seinem 11. bis 13. Jahre dort weilte, war allgemein beliebt, machte gute Fortschritte in den deutschen Schul-, sowie auch in den hebräischen und talmudischen Kenntnissen, und offenbarte auch schon musikalische Befähigung. Von seinem 13. Jahre an war er etwa zwei Jahre lang in Burgpreppach, anderthalb Stunden von Pfarrweisach, um das Talmudstudium fortzusetzen, und auch hier mit gutem Erfolg. Im 20. Jahre seines Lebens kam er ins Seminar nach Würzburg. Dort war dazu mal eine Zeit des regsten Emporstrebens. Eine Reihe vorzüglicher Jünglinge, von denen viele später und auch noch jetzt als Männer segensreich wirken in verschiedenen Berufen, studierte auf der Universität oder suchte sich auf dem Seminar zum Lehramt vorzubereiten. Es war eben die neue Zeit mit ihren äußeren und inneren Umwandlungen, die die jüdischen Jünglinge jener Epoche zur kräftigsten Entfaltung ihrer Geisteskräfte anregte. Von dem Geist dieser Zeit genährt, trat Sulzbacher als Lehrer in die Schule, wirkte zuerst in einigen kleineren Gemeinden Unterfrankens, dann als Gehilfe bei seinem, auch in Gott ruhenden, erblindeten Bruder, dazumal Lehrer in Obrigheim in der Pfalz, und wurde alsdann vor 34 Jahren als Lehrer und Kantor nach Kirchheimbolanden berufen. Hier wirkte er, bis vor etwa zwei Jahren zunehmende Schwäche und Kränklichkeit ihn mahnte, das schwierige Amt niederzulegen. Die Regierung sendete ihm einen Gehilfen, und als die Kränklichkeit nicht abnahm, versetzte sie ihn in huldvollster Weise in den wohlverdienten Ruhestand. Die Pension trug teilweise der Staat, teilweise der Lehrerpensionsfonds. Er hätte sich nun in Ruhe seines Lebens erfreuen mögen. Aber die Vorsehung hatte es anders beschlossen.
Sulzbacher war vermählt mit einer Cousine, Regine Schwarz aus Sulzbach, ebenfalls aus der obengenannten berühmten Familie. Die Ehe war eine gottgesegnete, bis der Tod dieses herrliche Band vor nun sechs Jahren löste. Von fünf Kindern - vier Söhnen und einer Tochter - ging ihm der Jüngste - ein hoffnungsvoller, zum Lehramte vorgebildeter Jüngling von 21 Jahren - am 5. Juni 1866 im Tode voraus. Nur durch die ausdauerndste und hingebenste Pflege der liebenden Tochter und einer ebenso liebevollen verwaisten Nichte - die in seinem Hause reichen Ersatz für Eltern- und Geschwisterliebe gefunden hatte und diese Liebe in edelster Weise erwiderte - konnte der schwächliche Körper so lange erhalten werden. Nach langem, in den letzten Monaten hoffnungslos gewordenen Leiden, hauchte er im Arme seiner liebenden Kinder in der Nacht nach dem 2. Dezember seine edle Seele aus, nachdem er noch fast unmittelbar vor seinem Tode einem verwandten Knaben Unterricht erteilt hatte.
An seinem Leichenzuge beteiligten sich neben den Gliedern der israelitischen Gemeinde und den sämtlichen Lehrern des Kreises, die Professoren der Lateinschule mit ihren Schülern, die Mitglieder des städtischen Liederkranzes und ein großer Zug von Leidtragenden aus allen, auch den besten, Kreisen und Ständen der     
Bürgerschaft, die Beamten und so fort. An seinem Grabe sangen der Liederkranz vereint mit den Lehrern und die jüdischen Schülerinnen. Herr Dr. Rothschild aus Alzey war von den Hinterbliebenen berufen, am Grabe zu sprechen und er sprach mit gewohnter Beredsamkeit und in tiefergreifendster Weise, indem er das Feld der Ehre, auf dem dieser Kämpfer gefallen, verglich mit jenem Felde, auf welchem Blut gesäet und Tränen geerntet werden. Er zeichnete den edlen Jakob, der mit finsteren Mächten gekämpft in der Nacht und dem es nun tagte, wie er war im Leben: als Lehrer, als Vater, als Mensch.
Noch eine Scholle Erde auf seinem Sarge - dann zogen wir heim, um einen herrlichen Freund ärmer.
Sulzbacher war ein ausgezeichneter Lehrer, voll ausdauerndsten Berufseifers, ausgerüstet mit hingebendster Begeisterung, mit einem reichen Fond von Kenntnissen auf allen einschlägigen, besonders aber auf dem jüdischen Gebiet; voll unwandelbarer Treue und wahrer Hillel'scher Sanftmut, Geduld und Bescheidenheit, mit einem reichen Herzen voll Liebe. So sehr seine Kräfte abnahmen - er konnte nicht sein ohne praktische Beschäftigung in seinem Berufe, und wie er bis jetzt in die letzten Tage und Stunden seines Lebens zu unterrichten strebte, so liebte er auch fortbildende Studien, wissenschaftliche, ernste, pädagogische Unterhaltung. Noch im jüngsten Sommer, als ich zum letzten Male das Glück genoss, ihn zu sehen, sprach er mit Begeisterung von Raschi, den er in jenen Tagen eifrig studierte. Alles Neue im Leben der Schule, auf dem Gebiet der Erziehung und des Unterrichts regte ihn an, suchte er zu prüfen, und er handelte stets nur nach festen, klaren und anerkannten Prinzipien. Sein Unterricht zeichnete sich durch sinnreiche Anordnungen aus, und er verstand es, trotz seiner unvergleichlichen Sanftmut, oder gerade wegen derselben, die Herzen der Kinder zu fesseln, die ihm eine unbegrenzte Ehrerbietung zollten, sodass er eigentlich nie strenge disziplinarische Mittel anzuwenden hatte.
Er war ein ganzer Lehrer; die Berufstreue war ihm so sehr Lebens- und Gewissensache, dass er schon darum in nichts sich ein liest, als was direkt darauf Bezug hatte; in der Beschränkung lag für ihn die Freiheit, die intensivste Wirksamkeit.
Er war ein liebender Gatte, ein edler, vortrefflicher Vater. Seinen Kindern gab er die trefflichste Erziehung und sie hingen ihm an mit musterhaftester Kindesliebe, mit unbegrenzter Verehrung. Bei der Kunde von seiner Todesnähe eilte sein Sohn von Paris herbei - und traf leider erst eine halbe Stunde nach der Beerdigung ein. Das reiche, durch den Hauch der Bildung und die geistige Regsamkeit ausgezeichnete Familienleben übte einen beglückenden Zauber auf jeden aus, der es kennenzulernen Gelegenheit hatte.
Sulzbacher war ein vortrefflicher Mensch
, voll unvergleichlicher Herzensgüte, voll tiefen Gemüts. Wohl kein lebendes Wesen ist je von ihm mit Wissen oder vorsätzlich gekränkt oder beleidigt worden. Im Gegenteil! Wenn wir auch im Geiste dessen, dem wir dieses Denkmal der Liebe weihen, Vergangenes unberührt lassen, so wissen wir doch, dass so manche Unbill und Ungerechtigkeit nur allzu tief sein Gemüt verwundete; und dennoch ließ er alles über sich ergehen, ohne sich und seinem Berufe untreu zu werden. Er verbarg den Schmerz, den die Undankbarkeit der Menschen in seinem Gemüte erregte, in seinem Herzen und war gütig und liebevoll gegen Alle, nach wie vor.
Diese Liebe, diese Treue, diese edlen Eigenschaften des Geistes und Herzens gewannen ihm die Hochachtung und Zuneigung aller derer, die ihn kannten. Die Bürger Kirchheims brachten ihm eine unbegrenzte Hochachtung und Verehrung entgegen. Insbesondere aber liebten und verehrten ihn seine Kollegen, für welche er stets und überall ein treuer Freund und wo er nur konnte ein Helfer in der Not war.
Er war ein Mann, der mit klarem denkenden Geist die Gegenwart und, was ihr Not tut, erkannte; der aber auch mit seinem ganzen großen Herzen, mit heilige Begeisterung das Judentum umfasste, dass er wie wenige unserer Zeit kannte und liebte. Mit rührender Anhänglichkeit war er den edleren religiösen Gebräuchen zugetan und bedauerte lebhaft den Indifferentismus und den Verfall des religiösen Lebens. Ja er war Einer von den edlen Männern unserer Übergangsperiode, der mit der ganzen Kraft des Wissens und Geistes das Neue erkannte, den Fortschritt anstrebte, aber mit ebenso edlem Eifer und rührender Gemütstiefe den bedeutungsvollen Eigentümlichkeiten des jüdisch-religiösen Lebens zugetan war und blieb. Er hatte ein jüdisches Herz.
Solch einen treuen redlichen Freund haben wir verloren! Rings um uns lichten sich die Reihen, und der Männer aus jener Zeit, welche mit Wissen und Charakter zu kämpfen für die neue Zeit ausgerüstet waren, werden immer weniger. Wer wird mit starker Kraft und frischem Mut die ausgestreute Saat schützen und - die Zeit der Ernte schauen?
Was Sulzbacher mir und wohl auch seinen übrigen näheren Freunden war, die ich hier nicht nenne, die aber am Schlage ihres Herzens fühlen, wen ich meine vermag ich nicht auszusprechen. Wir - ich und noch ein Anderer - hatten ihn spät gefunden. Nur tiefe und ernste Motive bilden den Grund für Freundschaften, die auf der Höhe des Lebens geschlossen werden. Aber umso köstlicher sind diese Blumen auf unserem ernsten Lebenswege. Sie werden ein Talisman bleiben für unser ganzes Leben.
Ja, in unserem Herzen steht ein Denkmal für dich, dass nicht schwinden wird, solange wir hier weilen auf Erden. Schlafe wohl, teurer Freund, edler Genosse. Deinem Wirken ist ein unvergänglicher Lohn beschieden. Unter den Besten und Edelsten, die ihrer Pflicht voll genügt haben hier im Leben, wird stets und immerdar von denjenigen, die dich kannten, der Name genannt werden: Jakob Sulzbacher!".  
Anmerkungen:
- Naftali Hirsch Moses Katzenellenbogen (geb. ca. 1715 Schwabach, gest. 1800 Mannheim; Sohn des Rabbiners Moses): studierte in Frankfurt, 1741-1763 Rabbiner für den Tauber-Neckar-Kreis des Deutschen Ordens mit Sitz in Mergentheim, 1763-1800 Landesrabbiner der Kurpfalz mit Sitz in Leimen/Heidelberg, zugleich 1763-68 Hausrabbiner bei Hoffaktor Aron Elias Seligmann in Leimen, 1768 verlegte er den Amtssitz als Landesrabbiners nach Mannheim, hier gleichzeitig Oberrabbiner an der Klaus, entfaltete eine reiche Lehr- und Forschungstätigkeit (insbesondere zum Talmud)

     
    
Aus dem jüdischen Gemeindeleben 
Ergebnis einer Gemeindekollekte (1865)  
Anmerkung: in jüdischen Gemeinden wurde regelmäßig für die unterschiedlichsten Zwecke gesammelt. Die Ergebnisse der Kollekten wurden häufig in jüdischen Periodika bekanntgegeben.  

Mitteilung in "Der Israelit" vom 22. November 1865: "Durch Distriktsrabbiner J. G. Adler in Burgpreppach, in Pfarrweisach gesammelt: Isaak Ehrmann 10 fl., Salomon Ehrmann 3 fl. 20 kr., Samuel Frank 3 fl. 20 kr., Hirsch Weinberg 5 fl. 20 kr., Joseph Ehrlich 3 kr., S. Kaufmann 2 fl., Hanna Hauchenberg in Schweinshaupten 24 kr., von Ungenannten bei der Hochzeit des K. Reichenberg von Altenstadt 39 kr., Raphael Neumann in Kleinsteinach 1 fl., Nathan Adler daselbst 1 fl., Samuel Lichtenstädter daselbst 30 kr., Challa-Geld von Frau Friedmann in Schweinshaupten 1 fl. 12 kr., desgleichen von Frau Julius Schloß daselbst 1 fl. 30 kr., desgleichen von Frau Samuel Kaufmann in Altenstein 3 f. 40 kr., Frau Isaak Ehrmann in Pfarrweisach 2 fl. 30 kr., ungenannt in Burgpreppach 7 fl., zusammen 46 fl. 15 kr."         

       
Pfarrweisach in der Liste der "nicht mehr bestehenden jüdischen Gemeinden" (1903)   

 Aus einem Artikel in "Blätter für jüdische Geschichte und Litteratur" Nr.1 1903 S. 12: "Unterfranken:
Altenstein (k. Bezirksamt Ebern), Kraisdorf (k. Bezirksamt Ebern), Pfarrweisach (k. Bezirksamt Ebern),
Mechenried (k. Bezirksamt Hassfurt), Marktsteft (k. Bezirksamt Ochsenfurt), Segnitz (k. Bezirksamt Ochsenfurt)."    

   
    
    
Zur Geschichte der Synagoge              
    
Ein Betraum bzw. eine Synagoge war um 1800 vorhanden. Das "Judenbethaus" enthielt die Synagoge, einen Schulraum und die Mikwe. Nach einer Beschreibung durch den königlichen Distriktskommissariat vom 30. April 1817: "Die Synagoge bestehet in ein 2stöckiges Haus von Ziegelwänden, sie umfasste im ersten Stock den Betsaal, betrennt für Männer und Frauen, und im Erdgeschoss die Lehrerwohnung mit Stube, Kammer und Küche, es seit vorher ein Bauernhaus gewesen und müsse von der Judenschaft unterhalten werden."
  
Mit Urkunde vom 7. September 1885 verkaufte der letzte jüdische Einwohner in Pfarrweisach Sussmann Kaufmann die lange schon ruinöse Synagoge (Wohnhaus Nr. 32 "Judenschule mit Stall und Hofraum"). Der Kaufpreis wurde erst bei Wegzug bzw. Tod des Verkäufers fällig und sollte der Talmud-Thora-Schule in Burgpreppach zugutekommen. Das Gebäude wurde abgebrochen. Auf dem Grundstück wurde eine Scheuer erstellt (stand bis 1970 als "alte Scheuer"). Seit 1980 steht ein Wohnhaus (Familie Stöhr) auf dem Grundstück.
   
   
Adresse/Standort der SynagogeHier heute Wohnhaus (Stöhr)
  
  
Fotos   

  Ortsplan Pfarrweisach mit Eintragung
der ehemaligen jüdischen Wohnhäuser
(aus einer Studienarbeit von
Julia Mutzenbach Link)
   
  Die früheren jüdischen Häuser nach heutiger Adresse: Bahnhofstraße 3 (Nr. 10): Wohnhaus der Familie Ehrlich; Bahnhofstraße 4 (Nr. 19): Werkstatt und Wohnhaus Familie Frank (Warenhändler/Schneidermeister und Kappenmacher), Bahnhofstraße 5 (Nr. 11): Wohnhaus der Familie Strassburger (Kleider- und Viehhändler); Bahnhofstraße 6 (Nr. 17): ehemaliges jüdisches Wohnhaus; Bahnhofstraße 7 (Nr. 12): unbekannte jüdische Bewohner; Bahnhofstraße 8 (Nr. 16): Wohnhaus der Familie Lämmlein - Isaak Sulzbacher / Süssmann Kaufmann (Bahnhofstraße 12 (Nr. 14): unbekannte jüdische Bewohner (1748);  Hauptstraße 10 (Nr. 29): Wohnhaus eines Lehrers (1748), Hauptstraße 14 (Nr. 27): Metzgerei und Wohnhaus Familie Weinberg; Hauptstraße 16 (Nr. 26): ehemaliges jüdisches Wohnhaus; Pfarrgasse 18 (Nr. 32): Synagoge, Mikwe und Lehrerwohnung, ebd. (Nr. 33): Wohnhaus Familie Mayländer (Viehhändler); Lohrer Straße 1 (Nr. 55): Wohnhaus Familie Gutmann (Warenhändler); zwischen Lohrer Straße 2 und der Hauptstraße: Wohnhaus Familie Friedlich (Viehhändler); Lohrer Straße 3-5 (Nr. 56): Bauernhaus Familie Strassburger; Lohrer Straße 6 (Nr. 57): Bauernhaus Familie Ehrmann; Am Steiner Heid 7 (Nr. 59): Wohnhaus des altensteinischen Schutzjuden Moses Mayer (1748).   
     
 Blick auf das Wohnhaus Nr. 33, das an
der Stelle der früheren Synagoge steht
(Foto: Volker Kuhn)
   

    
     

Links und Literatur

Links:

bulletWebsite der Gemeinde Pfarrweisach   

Literatur:  

bulletIsrael Schwierz:  Steinerne Zeugnisse jüdischen Lebens in Bayern. Eine Dokumentation der Bayerischen Landeszentrale für politische Bildungsarbeit. A 85. 1988 S. 103; 1992² S. 112. 
bulletDirk Rosenstock: Die unterfränkischen Judenmatrikeln von 1817. Eine namenkundliche und sozialgeschichtliche Quelle. Reihe: Veröffentlichungen des Stadtarchivs Würzburg Band 13. Würzburg 2008. S. 108.
bulletStefan Rohrbacher: Steine auf dem Paradies. Der jüdische Friedhof zu Ebern. Hrsg. Bürgerverein Ebern 1897 e.V. im Jahr 2016. Online einsehbar (pdf-Datei).  
bulletVolker Kuhn: Die Juden in Pfarrweisach. Eingestellt als pdf-Datei.     

    
     n.e.      

                   
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Stand: 30. Juni 2020