Baisingen Friedhof 154.jpg (62551 Byte)  Segnende Hände der Kohanim auf einem Grabstein in Baisingen


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Staden mit Stammheim (Stadt Florstadt, Wetteraukreis)
Jüdische Geschichte / Synagoge 
  
 (
erstellt unter Mitarbeit von Jürgen Reuß, Stadtarchivbeauftragter der Stadt Florstadt und Mitglied des Arbeitskreises Ortsgeschichte Florstadt; 
Hinweis: Jürgen Reuß sucht Kontakte zu Nachfahren jüdischer Familien aus Staden und weitere Informationen zur jüdischen Geschichte ebd.: 
Kontakt über juergen.reuss@wsk.de / Telefon: 0-6181-9540513

Übersicht:  

Zur Geschichte der jüdischen Gemeinde  
Berichte aus der Geschichte der jüdischen Gemeinde   
Aus der Geschichte der jüdischen Lehrer   
Zur Geschichte der Synagoge   
Fotos / Plan   
Erinnerungsarbeit vor Ort - einzelne Berichte   
Links und Literatur   

  

Zur Geschichte der jüdischen Gemeinde (english version)           
    
In Staden bestand eine jüdische Gemeinde bis 1938/42. Ihre Entstehung geht in die Zeit Anfang des 18. Jahrhunderts zurück. Namentlich werden um 1755/56 die Schutzjuden Hirsch und Schmuel genannt. Damals war bereits ein Vorsänger namens Abraham Markus, der zweite Mann von Jud Wolf Witwe am Ort.

Im 19. Jahrhundert entwickelte sich die Zahl der jüdischen Einwohner wie folgt: 1828 108 jüdische Einwohner, 1861 71 (17,2 % von insgesamt 1861), 1871 87, 1880 63 (15,9 % von 396), 1900 56 (14,2 % von 393), 1910 36 (9,6 % von 376). Auch die im benachbarten Stammheim lebenden jüdischen Einwohner gehörten zur Gemeinde in Staden (1830 25, 1905 23 Personen). Die jüdischen Familien lebten vom Handel mit Vieh, Pferde und Landesprodukten; seit dem 19. Jahrhunderten gehörten ihnen mehrere Läden und Geschäfte am Ort. 

An Einrichtungen bestanden eine Synagoge (s.u.), eine Religionsschule, ein rituelles Bad und ein Friedhof. Zur Besorgung religiöser Aufgaben der Gemeinde war zeitweise (Ende des 19. Jahrhunderts gemeinsam mit Nieder-Mockstadt) ein jüdischer Lehrer angestellt, der auch als Vorbeter tätig war. Um 1860 war ein Lehrer Brandeis in der Gemeinde (genannt in einem Bericht über eine Lehrerkonferenz in Gießen 1860). Seit dem Ende des 19. Jahrhunderts gehörte die Gemeinde zum liberalen Provinzialrabbinat Oberhessen in Gießen. 
 
Im Ersten Weltkrieg fiel aus der jüdischen Gemeinde Max Fuld.
 
Um 1924, als noch 23 jüdische Einwohner gezählt wurden (4,9 % von insgesamt 425 Einwohnern), war Vorsteher der Gemeinde M. Hessenberger I. Weiterhin gehörten auch die in Stammheim lebenden jüdischen Personen (1925 12 in 3 Familien) zur Gemeinde in Staden. In beiden Orten gab es damals zusammen fünf schulpflichtige jüdische Kinder, die den Religionsunterricht durch Lehrer Markus aus Assenheim erteilt bekamen. 1932 waren die Gemeindevorsteher Sally Becke (Stammheim, 1. Vorsitzender), Hermann Stern (Staden, 2. Vorsitzender) und Leopold Kahn (Stammheim, 3. Vorsitzender). In Stammheim lebten 1932 neun jüdische Personen. Ende 1932 gab es am Ort noch drei jüdische Viehhändler, einen Pferdehändler, zwei Fruchthändler; in jüdischem Besitz waren ein Manufakturwarengeschäft, ein Lebensmittelgeschäft und eine Bäckerei mit Lebensmittelgeschäft.

1933 lebten noch 21 jüdische Personen in Staden. In den folgenden Jahren ist ein Teil der jüdischen Gemeindeglieder auf Grund der Folgen des wirtschaftlichen Boykotts, der zunehmenden Entrechtung und der Repressalien weggezogen beziehungsweise ausgewandert (sechs in die USA, zwei nach Palästina); drei Personen verstarben noch in Staden; fünf Personen wurden von Frankfurt am Main aus deportiert. Beim Novemberpogrom 1938 wurde die Inneneinrichtung der Synagoge demoliert (s.u.). Im September 1942 wurde Therese Sommer geb. Münz aus Nieder-Mockstadt nach Theresienstadt deportiert; aus Stammheim wurden die letzten beiden jüdischen Einwohner (Leopold Kahn und seine Frau Anna Kahn geb. Adler) im September 1942 gleichfalls nach Theresienstadt deportiert.   
    
Von den in Staden geborenen und/oder längere Zeit am Ort wohnhaften jüdischen Personen sind in der NS-Zeit umgekommen (Angaben nach den Listen von Yad Vashem, Jerusalem und den Angaben des "Gedenkbuches - Opfer der Verfolgung der Juden unter der nationalsozialistischen Gewaltherrschaft in Deutschland 1933-1945"):  Hilde Adler geb. Grünebaum (1869), Sabina Blum geb. Stern (1877), Kloti Frank geb. Hessenberger (1895), Alfred Fuld (1894), Lieselotte Fuld (1923), Ruth Fuld (1928), Lilly (Lina) Glück geb. Fuld (1891), Berta Herz geb. Hessenberger (1891), Bernhard Hessenberger (1875), Dora (Rosa) Löwenberg geb. Hessenberger (1893), Bertha Ochs geb. Hessenberger (1891), Johanna Schönfeld geb. Hessenberger (1883), Samuel Stern (1860), Cäcilie Zuntz geb. Hessenberger (1887). 
  
Von den in Stammheim geborenen und/oder längere Zeit am Ort wohnhaften jüdischen Personen sind in der NS-Zeit umgekommen (Angaben nach den Listen von Yad Vashem, Jerusalem und den Angaben des "Gedenkbuches - Opfer der Verfolgung der Juden unter der nationalsozialistischen Gewaltherrschaft in Deutschland 1933-1945"): Anna Kahn geb. Adler (1880), Benno Kahn (1902), Leopold Kahn (1874), Ida Löb geb. Becker (1912), Karl Schwarz (1905), Max Schwarz (1898), Recha Schwarz (1903), Jettchen Schönfeld geb. Stern (1864), Leopold Stern (1862).  
   
   
   
Berichte aus der Geschichte der jüdischen Gemeinde 
  
Aus der Geschichte der jüdischen Lehrer 
Ausschreibung der Stelle des Religionslehrers / Vorbeters / Schochet 1892

Staden Israelit 21081893.jpg (43295 Byte)Anzeige in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 21. August 1893: "Die vereinigten Gemeinden Nieder-Mockstadt und Staden in Hessen suchen einen geprüften Lehrer und Vorsänger. Gehalt 600-700 Mark nebst freier Wohnung. Einkommen für Schächten ca. 200 Mark. Schriftliche Offerten an den Vorstand in Nieder-Mockstadt (Wetterau)."  

  
Aktivitäten von Lehrer Brandeis aus Staden auf der 3. Konferenz israelitischer Lehrer Rheinhessens (1859)       

Artikel in der "Allgemeinen Zeitung des Judentums" vom 4. Juli 1859: "Aus Rheinhessen, Juni (1859). Am 12. dieses Monats, Pfingstsonntag, wurde in Schornsheim bei Wörrstadt die 3. Konferenz israelitischer Lehrer Rheinhessens abgehalten. Sie war von 10 Lehrern besucht. Viele bewährte Mitglieder waren durch das schlimme Wetter, das die Wege fast ungangbar machte, abgehalten. Ein Abgeordneter der (oberhessischen) Büdinger Konferenz - Herr Lehrer Brandeis aus Staden - leitete die Aufmerksamkeit der Versammlung auf die seinerzeit veröffentlichten Beschlüsse der Offenbacher Versammlung, und beantragte das Zusammenwirken beider Konferenzen, um deren Ausführung zu erstreben. Die Versammlung beauftragte in Folge dessen Herrn Lehrer Stettenheimer aus Oppenheim, sich mit einem Mitgliede der Büdinger Konferenz persönlich nach Darmstadt zu begeben, um das Tunlichste zu erwirken. Außerdem besprach die Versammlung das Thema 'über den Unterricht im Pentateuch-Übersetzen', das durch ein interessantes Referat des Herrn Lehrer Gottschall aus Schornsheim eingeleitet wurde. Die betreffenden Verhandlungen werden in der nächsten Konferenz, welche zu Oppenheim am Rhein wahrscheinlich am 2. Halbfeiertag von Sukkot (= Sonntag, 16. Oktober 1859) stattfinden wird, fortgesetzt werden, und werden wir seinerzeit hierüber Bericht erstatten.   
Dankend müssen wir erwähnten, dass von dem Herrn Rabbiner Leopold Stein in Frankfurt am Main und von Herrn Dr. S. Formstecher, Rabbiner in Offenbach, sowie von mehreren andern geehrten Herren wertvolle Bücher als Geschenke für unsere Bibliothek durch den Bibliothekar des Vereins Klingenstein von Odernheim uns zugekommen. Die Versammlung beauftragte ihr Büro, den freundlichen Gebern ihren Dank in geeigneter Weise auszusprechen."           

   
   
 
  
Zur Geschichte der Synagoge               
   
Zunächst war vermutlich ein Betsaal oder eine ältere Synagoge vorhanden. Um 1862 wurde eine neue Synagoge an der Hofgasse - von der Straße etwas zurückliegend - erbaut. Beim Gebäude handelt es sich um ein zweigeschossiges Fachwerkgebäude mit einem steilen Satteldach traufseitig zum Verlauf der Straße. Zum Inventar gehörten drei Torarollen.    
    
Beim Novemberpogrom 1938 wurde die Inneneinrichtung der Synagoge durch SA-Leute demoliert. Auf Grund der engen Bebauung im Bereich der Hofgasse wurde das Gebäude nicht in Brand gesetzt. Es kam in Privatbesitz und wurde zu einem Lager umgebaut. Durch den Umbau eines großen Tores und Veränderung der Fenster wurde das Gebäude im Blick auf seine Vergangenheit unkenntlich gemacht. Im Fachwerk sind jedoch noch Spuren der Rundbogenfenster erkennbar. 1992 erfolgte ein Besitzerwechsel.
  
Derzeit (2013) hat der Arbeitskreis "Jüdisches Leben in Florstadt" das Ziel, eine Rekonstruktionszeichnung der Synagoge zu erstellen (siehe Pressebericht unten). Es werden Fotos und Zeitzeugenberichte gesucht, um dies zu erreichen.    
   
   
Adresse/Standort der Synagoge Hofgasse 1 
  
  
Fotos / Plan:    

Lageplan des ehemaligen 
Synagogengebäudes an der Hofgasse 
  
(Quelle: Landesamt für Denkmalpflege 
in Hessen s.u. Links)
  siehe über den Link zum 
Landesamt für Denkmalpflege
  
             
Das ehemalige Synagogengebäude 
(Quelle: Stadtarchiv Florstadt)
Staden Synagoge 250.jpg (76485 Byte) Staden Synagoge 251.jpg (75517 Byte)
   Letzte Erinnerung von außen: die Reste eines hohen Rundbogenfensters

   
   
Erinnerungsarbeit vor Ort - einzelne Berichte
 

Mai 2013: Forschungen zur Baugeschichte des Synagogengebäudes    
Artikel im "Kreis-Anzeiger" vom 29. Mai 2013: "Florstadt. Ehrgeiziges Projekt des Arbeitskreises. 
Staden
. Synagoge. Rekonstruktionszeichnung soll angefertigt werden / Historische Fotos gesucht / Gebäude wird als Garage genutzt..."  
Link zum Artikel   -  auch eingestellt als pdf-Datei     
 
 

  
  
Links und Literatur   

Links:   

Website der Stadt Florstadt   
Landesamt für Denkmalpflege in Hessen - "Kulturdenkmäler in Hessen" (hier unter Wetteraukreis - Florstadt usw.) 
Webportal HS 010.jpg (66495 Byte)Webportal "Vor dem Holocaust" - Fotos zum jüdischen Alltagsleben in Hessen mit Fotos zur jüdischen Geschichte in Staden 

Literatur:  

Paul Arnsberg: Die jüdischen Gemeinden in Hessen. Anfang - Untergang - Neubeginn. 1971. Bd. II S. 293. 
Thea Altaras: Synagogen in Hessen. Was geschah seit 1945? 1988 S. 194-195.
dies.: Das jüdische Rituelle Tauchbad und: Synagogen in Hessen. Was geschah seit 1945 Teil II. 1994. S. 156.
Studienkreis Deutscher Widerstand (Hg.): Heimatgeschichtlicher Wegweiser zu Stätten des Widerstandes und der Verfolgung 1933-1945. Hessen I Regierungsbezirk Darmstadt. 1995 S. 319.
Pinkas Hakehillot: Encyclopedia of Jewish Communities from their foundation till after the Holocaust. Germany Volume III: Hesse -  Hesse-Nassau - Frankfurt. Hg. von Yad Vashem 1992 (hebräisch) S. 311-312. 
Susanne Gerschlauer: Synagogen. In: Kirchen und Synagogen in den Dörfern der Wetterau. Reihe Wetterauer Geschichtsblätter. Beiträge zur Geschichte und Landeskunde Band 53. Im Auftrag des Friedberger Geschichtsvereins hrsg. von Michael Keller. Friedberg 2004 S. 289-326.  
dies.: Katalog der Synagogen. In: ebd. S. 555-580.  
Stammheim Lit 120.jpg (33582 Byte) Hedi Strauss / Johanna Voss: Mein immergrünes Dorf. Vom Schicksal der Juden aus Stammheim in der Wetterau. Gemeinde Florstadt 2004. 124 S. 59 Abb.    

     
      


 

Article from "The Encyclopedia of Jewish life Before and During the Holocaust". 
First published in 2001 by NEW YORK UNIVERSITY PRESS; Copyright © 2001 by Yad Vashem Jerusalem, Israel.

Staden  Hesse. Established around 1700, the Jewish community numbered 87 (about 22 % of the total) in 1828 but dwindled to 22 in 1933. Its synagogue was vandalized on Kristallnacht (9-10 November 1938), and all the remaining Jews left before Worldwar II. 
      
         

                   
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Copyright © 2003 Alemannia Judaica - Arbeitsgemeinschaft für die Erforschung der Geschichte der Juden im süddeutschen und angrenzenden Raum
Stand: 20. März 2015