Baisingen Friedhof 154.jpg (62551 Byte)  Segnende Hände der Kohanim auf einem Grabstein in Baisingen


Eingangsseite

Aktuelle Informationen

Jahrestagungen von Alemannia Judaica

Die Mitglieder der Arbeitsgemeinschaft

Jüdische Friedhöfe 

(Frühere und bestehende) Synagogen

Übersicht: Jüdische Kulturdenkmale in der Region

Bestehende jüdische Gemeinden in der Region

Jüdische Museen

FORSCHUNGS-
PROJEKTE

Literatur und Presseartikel

Adressliste

Digitale Postkarten

Links

 

  
zurück zur Übersicht "Synagogen in der Region"  
zurück zur Übersicht "Synagogen in Hessen" 
zur Übersicht "Synagogen im Schwalm-Eder-Kreis"  
    

Treysa (Stadt Schwalmstadt, Schwalm-Eder-Kreis)
Jüdische Geschichte / Synagoge

Übersicht:

bulletZur Geschichte der jüdischen Gemeinde  
bulletBerichte aus der Geschichte der jüdischen Gemeinde   
Aus der Geschichte der jüdischen Lehrer und der Schule    
Aus dem jüdischen Gemeinde- und Vereinsleben   
Berichte zu einzelnen Personen aus der Gemeinde   
Anzeigen jüdischer Gewerbebetriebe und Privatpersonen  
bulletZur Geschichte der Synagoge   
bulletFotos / Darstellungen 
bulletErinnerungsarbeit vor Ort - einzelne Berichte  
bulletLinks und Literatur   

     

Zur Geschichte der jüdischen Gemeinde (english version)  
    
In Treysa bestand eine jüdische Gemeinde bis 1939/42. Ihre Entstehung geht in die Zeit des 16./17. Jahrhunderts zurück. Doch lebten vermutlich bereits im 14. Jahrhundert einzelne jüdische Personen in der Stadt. 1575/78 wird Eli der Judt (beziehungsweise Elias Bobenhausen) genannt, der in der Burggasse wohnte. Sein Vater Lazarus Bobenhausen war "Hebräer-Medicus" (Leibarzt) im Dienst des Landgrafen Philipp. Im 17. Jahrhundert werden mehrfach jüdische Familien in Treysa genannt, bereits während (1646 zwei jüdische Familien) und wieder nach der Zeit des Dreißigjährigen Krieges: 1667 zwei jüdische Familien, 1676 wurde erstmals ein Vertreter der Familie Höxter in Treysa genannt. 

Im 18. Jahrhundert nahm die Zahl der jüdischen Einwohner langsam zu: 1773/78 wurden sechs Familien mit zusammen 28 Personen gezählt. Die jüdischen Familien beteiligten sich am Aufbau erster Fabriken in Treysa (Wollindustrie): Samuel Planet betrieb eine kleine Wollmanufaktur.    
 
Im 19. Jahrhundert entwickelte sich die Zahl der jüdischen Einwohner wie folgt: 1805 35 jüdische Einwohner (1,7 % von insgesamt 2.081 Einwohnern), 1816/18 13 jüdische Familien, 1827 94 (4,0 % von 2.348), 1835 111, 1861 125 (4,8 % von 2.507), 1885 160 (6,6 % von 2.413), 1895 193 (8,1 % von 2.385), 1905 160 (5,2 % von 3.100). Seit Mitte des 19. Jahrhunderts erfolgte ein Zuzug jüdischer Familien aus anderen kurhessischen Gemeinden wie Gilserberg, Willingshausen, Jesberg, Neustadt, Erdmannrode, Wolferode, Niederurff usw.. Bis Mitte des 19. Jahrhunderts waren die jüdischen Gewerbetreibenden überwiegend als Kleinhändler, Viehhändler, Metzger tätig. Danach gab es auch einige jüdische Handwerker, Besitzer kleinerer Fabriken und einigen für das wirtschaftliche Leben des Ortes wichtigen Handelsbetrieben und Läden. Ab 1890 war als Tierarzt in Treysa Dr. Abraham Höxter tätig (er war als Deutscher Demokrat Stadtverordnetenvorsteher und Kreistagsmitglied, Ausschussmitglied im Verband Preußischer Tierärzte, Erfinder eines Serums gegen Maul- und Klauenseuche u.a.m.).  
 
In Treysa trat die teilweise stark verbreitete antijüdische Einstellung der Bevölkerung immer wieder zutage. 1813 kam es zu einem "Judenpogrom", bei dem dem Kaufmann Abraham Isaac Meyer Haus und Geschäft völlig ausgeplündert wurde. Im Revolutionsjahr 1848 kam es zu weiteren Plünderungen. 

An Einrichtungen bestanden eine Synagoge (s.u.), eine jüdische Schule (Israelitische Konfessionsschule von 1835 bis 1922), ein rituelles Bad (in einem Badehaus am Keilstor an der Wiera) und seit Mitte des 19. Jahrhunderts ein Friedhof. Unter den Lehrern sind zu nennen: Heinemann Rosenhaupt (bis 1824), Tobias Hause (bis 1831), Meier Rothschild (Lehrer von 1831 bis 1886, siehe Berichte unten; er unterrichtete 1868 14 Schüler), Gabriel Oppenheim (1886 bis 1923, er unterrichtete 1891 38, 1899 44 Kinder), J. Plaut (1923 bis zu seinem Tod beim Novemberpogrom 1938). Die Gemeinde gehörte zum Rabbinatsbezirk Oberhessen mit Sitz in Marburg. Innerhalb des Rabbinatsbezirk waren die Gemeinden nach den politischen Kreisen zusammengeschlossen. Von vor 1912 bis nach 1924 war Kreisvorsteher Benedikt Strupp II aus Treysa. 
 
Im Ersten Weltkrieg fielen aus der jüdischen Gemeinde Unteroffizier Leopold Katzenstein (geb. 10.4.1894 in Treysa, gef. 10.10.1916), Adolf Strupp (geb. 25.12.1892 in Treysa, gef. 30.12.1914), Salomon Abraham (geb. 23.6.1871 in Treysa, gef. 13.2.1919) und Sigmund Schwalm (geb. 3.7.1882 in Treysa, gest. an der Kriegsverletzung 5.5.1921). Außerdem ist gefallen: Felix Weinberg (geb. 15.10.1889 in Treysa, vor 1914 in Kassel wohnhaft, gef. 10.3.1917). 
 
Um 1924, als zur Gemeinde 130 Personen gehörten (3,1 % von insgesamt 4.207 Einwohnern), waren die Vorsteher der Gemeinde Berthold Katz, Levi Levi und Jacob Stern (vgl. unten den Bericht über die Vorstandswahlen 1922). Religionslehrer Plaut unterrichtete damals 8 Kinder in Religion. An jüdischen Vereinen bestanden die Chewra Kadischa (1924 unter Leitung von Meier Strupp, 1932 unter Leitung von Hermann Schwalm; Zweck und Arbeitsgebiet: Wohltätigkeit), der Israelitische Jünglingsverein Chewras Bachurim (1924/32 unter Leitung von Salomon Katzenstein; Zweck und Arbeitsgebiet: Unterstützung Ortsansässiger, Liebesdienste in Sterbefällen, 1932 19 Mitglieder) sowie der Israelitische Frauenverein (1924 unter Leitung von Frau A. Baum, 1932 unter Leitung der Frau von Lehrer Plaut; Zweck- und Arbeitsgebiet: Kranken- und Wöchnerinnenfürsorge; 1915 39, 1932 31 Mitglieder). Der Frauenverein war 1887 von Lehrer Oppenheim gegründet worden (vgl. die Berichte unten), der Israelitische Jünglingsverein 1879 (vgl. Bericht zum 50jährigen Bestehen 1929 unten). 1932 waren die Gemeindevorsteher weiterhin Berthold Katz (1. Vors.), Levi Levi (2. Vors.) und Jakob Stern (Schriftführer). Lehrer J. Plaut unterrichtete im Schuljahr 1931/32 9 jüdische Kinder in Religion. 

1933 lebten noch ca. 120 jüdische Personen in Treysa. In den folgenden Jahren ist ein Teil der jüdischen Gemeindeglieder auf Grund des wirtschaftlichen Boykotts, der zunehmenden Entrechtung und der Repressalien weggezogen beziehungsweise ausgewandert. Bis 1938/39 konnten 59 Personen emigrieren, wenngleich einige von ihnen später von Holland aus deportiert und ermordet wurden. Dem durch wissenschaftliche Arbeiten ausgezeichneten Tierarzt Dr. Abraham Höxter war bereits 1934 der Pass entzogen worden, um zu verhindern, dass 'deutsches Geisteseigentum ins Ausland kommt'. Er verzog 1938 von Treysa und wurde 1942 von Kassel in das Ghetto Theresienstadt deportiert, wo er im Juni 1943 an einer Typhuserkrankung umgekommen ist. Beim Novemberpogrom 1938 wurde die Synagoge geschändet und die Inneneinrichtung vollkommen zerstört (s.u.), jüdische Wohnungen wurden überfallen und völlig verwüstet, teilweise wurde das Inventar und Möbel auf die Straße geworfen. Die letzten 15 (nach anderen Angaben 25) jüdischen Einwohner wurden im Juni beziehungsweise im September 1942 nach Polen beziehungsweise nach Theresienstadt deportiert. Zuletzt hatten sie im "Judenhaus" Steingasse 17 zusammengepfercht wohnen müssen.

Von den in Treysa geborenen und/oder längere Zeit am Ort wohnhaften jüdischen Personen sind in der NS-Zeit umgekommen (Angaben nach den Listen von Yad Vashem, Jerusalem und den Angaben des "Gedenkbuches - Opfer der Verfolgung der Juden unter der nationalsozialistischen Gewaltherrschaft in Deutschland 1933-1945"): Emanuel Abraham (1879), Recha Abraham (1875), Liesel Blum (1933), Frieda Engers geb. Weinberg (1877), Jettchen Freudenthal geb. Löwenstern (1865), Frida Gibbrich geb. Baum (1887), Josef Goldschmidt (1884), Frieda Hecht geb. Schwalm (1884, "Stolperstein" in Großkarlbach), Dr. Abraham Höxter (1862), Aron Höxter (1892), Berta Höxter (1883), Gretchen Höxter geb. Lichtenstein (1883), Günther Georg Höxter (1925), Paula Höxter (1885), Paula Kahn geb. Meyerfeld (1875), Abraham Katzenstein (1884), Hesekiel Katzenstein (1851), Salomon Katzenstein (1855), Sophie Katzenstein geb. Rothschild (1900), Herta Levi (1905), Jettchen (Settchen) Levi geb. Katz (1862), Berta Löwenstein geb. Löb (1886), Berta Löwenstein geb. Katzenstein (1886), Emma Machol (1865), Marga Mannheimer (1921), Rosa Marburger geb. Moses (1888), Julie Marcus geb. Weinberg (1891), Hedwig Marx geb. Meyerfeld (1871), Johanna Mathias geb. Rosenbusch (1895), Simon Mathias (1895), Selma Meijer geb. Weinberg (1906), Clothilde Moses (1880), Selma (Schönchen) Munk geb. Abraham (1860), Jeanette Nathan geb. Schön (1876), Selma Reis geb. Levi (1902), Berta Rosenbach geb. Stahl (1891), Hedwig Rosenberg (1869), Henriette Rosenberg geb. Hirschberg (1862), Auguste Roth geb. Rosenblatt (1883), Minna Rothschild (1872), Auguste Schwalm (1892), Jenny Schwalm (1890), Milling Schwalm (1898), Milli Schön (1904), Theodor Schön (1893), Clara Sittenmann geb. Strupp (1890), Rosa Spanier geb. Weinberg (1880), Rosel Spier geb. Seelig (1903), Willi Spier (1891), Arthur Stern (1914), Auguste Stern geb. Blumenfeld (1873), Jakob Stern (1876), Menko Stern (1872), Nanny Stern geb. Blumenfeld (1878), Sitta Stern geb. Schwahn (1883), Emanuel Strupp (1895), Inge Strupp (1931), Martha Strupp geb. Haas (1904), Zerline Waldeck geb. Katz (1881), Berta Weinberg geb. Levi (1876), Bruno Weinberg (1908), Ida Weinberg geb. Gerson (1884), Jettchen Weinberg geb. Schwalm (1877), Josef Weinberg (1877), Moritz Weinberg (1873), Sophie Weinberg (1882), Hermann Weinstock (1896), Bella Zernik geb. Höxter (1890). 
 
An den Tierarzt Abraham Höxter erinnert heute in Treysa der "Abraham-Höxter-Weg".  

  
  
  
Berichte aus der Geschichte der jüdischen Gemeinde 
  
Aus der Geschichte der jüdischen Lehrer und der Schule  
Ausschreibung der Stelle des Religionslehrers / Vorbeters / Schochet 1885

Treysa Israelit 30071885.jpg (41186 Byte)Anzeige in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 30. Juli 1885: "Gesucht wird zum sofortigen Eintritt für hiesige israelitische Gemeinde ein Vorsänger, welcher auch Schauchet sein muss und als Religionslehrer fähig ist. 
Bewerbungen unter Beifügung ihrer Zeugnisse und Gehaltsansprüche sind zu richten an. 
M. Weinberg, Gemeindeältester. Treysa, den 26. Juli 1885."
 
Treysa Israelit 21121885.jpg (76378 Byte)Anzeige in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 21. Dezember 1885: "Die israelitische Lehrer- und Vorsängerstelle zu Treysa, im Kreise Ziegenhain, Regierungsbezirk Kassel, kommt demnächst durch Pensionierung des dermaligen Stelleninhabers zur Erledigung und soll baldigst anderweitig besetzt werden. 
Die neu festgestellte Kompetenz der Stelle besteht in einem Fixum von 1.000 Mark jährlich aus der Gemeindekasse und freier Dienstwohnung. 
Geeignete Bewerber werden aufgefordert, ihre mit den nötigen Prüfungs- und Führungszeugnissen versehenen Meldungsgesuche binnen drei Wochen bei unterfertigter Behörde einzureichen. 
Marburg, den 14. Dezember 1885. Israelitisches Vorsteheramt. Dr. Munk."
Auf die Ausschreibung hin bewarb sich erfolgreich Lehrer Gabriel Oppenheim.  

 
25-jähriges Amtsjubiläum von Lehrer Meier Rothschild (1861)  

Treysa AZJ 02071861.jpg (25819 Byte)Artikel in der "Allgemeinen Zeitung des Judentums" vom 2. Juli 1861: "Der Lehrer M. Rothschild in Treysa hat im Laufe des verflossenen Winters sein 25jähriges Amtsjubiläum auf solenne Weise gefeiert unter rühmlicher Beteiligung des Schulvorstandes und der Gemeinde."

 
Diskussion über die Schulverhältnisse (1881)   

Treysa Israelit 29061881.jpg (210726 Byte)Artikel in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 29. Juni 1881: "Treysa. (Mit Bezug auf den ‚Aufruf’ in Nr. 25 des ‚Israelit’.)  Sehr selten werden die geschätzten Leser des ‚Israelit’ mit Nachrichten von hier beschäftigt; denn traurige Kunden verbreiten sich ohnedies leider doch schnell genug, und gute Botschaften sind – auch leider – nur selten zu verzeichnen. 
Wenn aber in einer Gemeinde, die zu den größten der Provinz zählt, Dinge sich ereignen, die nicht nur dem Urteile der direkt Betroffenen anheimgegeben sind, sondern in das weitere jüdische Leben eingreifen, so muss man dieselben auch dem öffentlichen Urteile unterbreiten, um vielleicht auf diesem Wege Abhilfe zu erzielen. 
Schule
. Um dieses Wort drehen sich seit Jahrhunderten blutige und unblutige Kämpfe; um die Schule wurde gestritten und bedeutende Erfolge auch erzielt. Nicht nur in religiöser, auch in profaner Beziehung ist mancher Fortschritt gemacht worden. Glücklich die Gemeinde, die im Geiste unserer heiligen lehre ihre Schule gestaltet hat, glücklich die Schule, die auch in allen Wissenschaften, die von der Zeit gefordert werden, ihre Schüler bildet. 
An der hiesigen Schule wirkt nun beinahe seit 50 Jahren Herr Lehrer Rothschild, dem jedoch seit einigen Jahren der Elementarunterricht, weil dieser nach Befinden der Regierung den heutigen Anforderungen nicht entsprechend war, entzogen worden ist. Um aber die schulpflichtige Jugend nicht in die christlichen Schulen zu schicken, bat man Herrn Rothschild, ohne Verkürzung seines Einkommens, sein Amt niederzulegen. Aber vergebens, denn nur eine Minorität war es, die einen anderen Lehrer wünschte. Die begüterte Majorität, die hier die größte Zahl schulpflichtiger Kinder stellt, erklärte sich mit dem Beschlusse der Regierung, wonach die jüdischen Kinder die christlichen Schulen besuchen müssen, einverstanden, aus Befürchtung, man werde einen solch ‚billigen’ Lehrer – Herr Lehrer R. erhält nämlich 600 Mark – nie mehr bekommen. 
Nun geht unsere Jugend in die christliche Schule und lernt augenblicklich ‚die Missionstätigkeit Winfrieds, des Apostels der Deutschen.’ 
Alle Kinder wissen die christlichen Glaubenslehren, wenn nicht besser, so doch ebenso gut als die zehn Gebote. 
Wem ist da die Schuld aufzubürden, wenn im Gegensatze zu unserer heiligen Religion, sich solche Lehren bei der Jugend festsetzen. Hat denn nicht unsere Nachkommenschaft auch einmal Kinder zu erziehen? Kommt denn nach uns die Sintflut?? Der Gott sei Dank noch nicht erloschene jüdische Geist muss bei solchen Zuständen erlahmen und der Fluch einer solchen Erziehung lastet mit Zentnerschwere auf den Urhebern unserer traurigen Lage. Und wehe, wenn diese Schuld ein Einziger zu tragen hat. Warum die Ruhe um schnödes Geld verkaufen?!! 
Vielleicht tragen diese öffentlichen Rügen bei, dass die Gemeinde – unisono – dahin wirkt, und koste es auch Geldopfer, dass ein zweiter Lehrer, auch für den Elementarunterricht beschafft werde, der unsere Jugend ihrem heutigen Zustande entreißt und den alten jüdischen Geist wieder in die Herzen der Kleinen verpflanzt – dem steht ein großes ergiebiges Feld zur Verfügung. 
Zur Illustration noch folgende Tatsache. Als an einem Sederabende Herr S.A. sein Söhnchen frug, ob es das Tischgebet auswendig könne, erwiderte der Kleine, nicht nur das, er könne auch die christlichen Glaubenslehren auswendig. 
Trotz der Verwendung des Vorstehers Herrn E. Meyerfeld bei Herrn Provinzialrabbiner Dr. Munk und beim Schulvorstande, Herrn Metropolitan v. Roques, wird die christliche Religionsstunde nach wie vor so abgehalten, dass die jüdischen Kinder ihr Teil mitbekommen. Und warum soll auch ein geehrtes Schulkollegium, durch eine kleine Zahl Mitschüler genötigt sein, den Hauptschülern einen Schulplan zu ändern. U.p.m." (sc. Abkürzung steht für unus pro viele = einer für viele).
 
Treysa Israelit 20071881.jpg (242062 Byte)Artikel in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 20. Juli 1881: "Eingesandt
Auf den in der Beilage zu Nr. 26 des ‚Israelit’ gebrachten, von Treysa eingesandten Artikel mit der Unterschrift ‚U.p.m.’ sehen wir uns moralisch gezwungen, Folgendes zu entgegnen: 
Der ganze Artikel zeugt von einer Lieblosigkeit, wie sie nicht schlimmer gedacht werden kann. Teilweise sind auch die Tatsachen, welche der Verfasser zur Erreichung seines Zweckes anführt, in keineswegs wahrheitsgetreuer Fassung angeführt worden. Der Zweck, welchen der Verfasser unter dem Deckmantel der Liebe zu unserer heiligen Religion erstrebt, scheint uns nur der zu sein, unseren hochbetagten, im Dienste der Schule ergrauten Lehrer zu bewegen, sein Amt niederzulegen. Und warum dies? 
Verfasser gibt eine Schilderung von den hiesigen israelitischen Schulverhältnissen, die uns doch etwas zu drastisch erscheint. Auf einen mit den hiesigen Verhältnissen Unbekannten muss der Artikel den Eindruck machen, als ob unsere Schulkinder in Folge der schlechten Lehrtätigkeit gänzlich im Unterricht unserer heiligen Religion vernachlässigt oder gar von derselben abgezogen würden. Verfasser scheint über die hiesigen Schulverhältnisse sehr schlecht informiert zu sein, sonst würde er zum wenigsten, wenn er Anspruch auf logisches Denken macht, nicht solches schreiben können. 
Kann es uns nicht einerlei sein, bei welch’ einem Lehrer unsere Kinder den Elementarunterricht genießen, wenn sie nur in der Religion von einem tüchtigen israelitischen Lehrer in guter Weise unterrichtet werden? Letzteren bekommen unsere Kinder hier in einer Weise, wie ihn nur unser alter Lehrer, der sich der größten Hochachtung sowohl seiner Glaubensgenossen als auch der hiesigen Christen erfreut, zu geben vermag. Dass es der begüterten Majorität unserer Glaubensgenossen, die hier den Hauptkontingent schulpflichtiger Kinder stellt, nicht auf einige Mark ankommt, um ihren Kindern eine gute, im Geiste unserer heiligen Religion liegende Erziehung zuteil werden zu lassen, glaubt gewiss, ohne jede weitere Versicherung, wohl jedermann. Die in dem Artikel gemacht Bemerkung, ‚man werde einen solch’ billigen Lehrer nie mehr bekommen’, ist uns wirklich zu einfältig, als näher darauf einzugehen. Wir haben uns damals gegen die Anstellung eines anderen Lehrers nur deshalb erklärt, weil wir  absolut keinen Grund dazu sehen und andererseits bedeutend mehr Pietät gegen unseren alten Lehrer, der uns zu kräftigen Glaubensgenossen auferzogen, besitzen, als uns vom Verfasser vielleicht zugetraut wird. 
Kaum gibt es Worte für die Rücksichtslosigkeit, mit welcher einem Manne wie Lehrer Rothschild, der beinahe 50 Jahre unverdrossen, mit nie gesehener Liebe, sein Amt in allbekannter Tüchtigkeit versehen, begegnet wird. Es wird ihm geradezu schonungslos zum Vorwurf gemacht, er sei unfähig, ein solches Amt zu verwalten. Wer sich vom Gegenteil überzeugen will, der höre hier an Ort und Stelle, das was hierin am meisten maßgebend ist, die öffentliche Meinung. Was die Kinder in den christlichen Schulen hören – der Verfasser des besagten Artikels hebt dies besonders hervor – scheint uns gar nicht so schlimm, da wir genau wissen, dass die Eltern ihren Kindern in häuslicher Andacht den Keim unserer heiligen Religion, welchen unser alter Lehrer in die Herzen der Kleinen gelegt, weiter entwickeln. Auch das angeführte Beispiel, dass die Kinder jetzt die Missionstätigkeit Winfrieds zu lernen hätten, entgegnen wir nur das, dass dies vor Allem ein geschichtliches Faktum ist, welches wir, wenn wir Anspruch auf Bildung machen, kennen müssen, ebenso wie das Leben Mohammeds. 
Überhaupt trägt der ganze Artikel das Gepräge, als wäre er von einem Manne geschrieben, der mit den hiesigen Verhältnissen absolut nicht vertraut ist, oder sollte er es dennoch sein, so ist es umso schlimmer; denn wie kann er dann als unus pro multis reden, da hier doch eine durchaus entgegengesetzte Stimmung herrscht? Ist es vielleicht nur persönliches Interesse, welches dem Artikel zugrunde liegt? Dann nenne Verfasse ruhig seinen Namen und scheue nicht die Offenheit. Tut er dies, so werden wir ihn näher über die hiesigen Verhältnisse informieren, die nicht in Beziehung auf die Schule, sondern in einer anderen Art viel zu wünschen übrig lassen. Durch obige Begegnung wollten wir nur den Irrtum über unsere hiesigen Schulverhältnisse, welchen der im Eingang erwähnte Artikel vielleicht erregt haben könnte, beseitigen. 
Treysa, 3. Juli 1881. Frühere Schüler des Herrn Rothschild."

 
50-jähriges Amtsjubiläum von Lehrer Meier Rothschild (1885)  

Treysa Israelit 28121885.jpg (71969 Byte)Artikel in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 28. Dezember 1885: "Treysa (Hessen-Nassau), 21. Dezember. Heute feierte der israelitische Lehrer Herr M. Rothschild sein 50jähriges Amtsjubiläum. Die ganze Stadt, ohne Unterschied der Konfession, hatte sich an dem schönen Feste beteiligt. Schon am Vorabend ward dem greisen Jubilar ein Ständchen durch den Treysaer Männergesangverein und am 21. Dezember früh ein solches durch ein Musikkorps gebracht. Im Laufe des Vormittags erschienen verschiedene Deputationen, um dem ebenso beliebten als wohl verehrten Lehrer ihre Glückwünsche darzubringen. Nach beendigtem Festgottesdienst ward der Jubilar in geordnetem Festzuge, an welchem die Spitzen der Behörden, sämtliche Schulen usw. teilnahmen, zum Festsaale abgeholt, woselbst ein solennes Festmahl stattfand, an welches sich dann abends theatralische Aufführung anschloss."

 
Zum Tod von Lehrer Meier Rothschild (Lehrer in Treysa von 1831-1886)  

Treysa Israelit 24081896.jpg (172560 Byte)Artikel in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 24. August 1896: "Treysa, Bezirk Kassel. Am 10. August dieses Jahres starb dahier nach nur zweitägigem Krankenlager der pensionierte Lehrer Meier Rothschild im Alter von 91 Jahren und 23 Tagen. – Geboren am 18. Juli 1805 zu Steinbach Kreis Hünfeld, als Sohn einfacher, aber sehr religiöser Eltern, widmete er sich von frühester Jugend an dem Studium von unserer heiligen Tora. Nachdem er sich längere Zeit in Fulda bei dem Rabbiner und einem Privatgelehrten vorbereitet hatte, besuchte er die unter Leitung des R. Hirsch Levi Kunreuther in Gelnhausen stehende Jeschiwa und zwar mit einem solchen Erfolge, dass ihm sein Lehrer den Chower-Titel verlief. Nachdem er alsdann einige Jahre in Rhina Kreis Hünfeld, als Privatlehrer gewirkt, trat er am 1. September 1831 bei der hiesigen Gemeinde die Stelle eines Religionslehrers an; der Verstorbene hat somit nahezu 65 Jahre in der hiesigen Stadt gelebt. – Im Jahre 1835 bestand Rothschild die Prüfung als Elementarlehrer und wurde daraufhin am 21. Dezember desselben Jahres an der inzwischen dahier errichteten öffentlichen Schule als Elementarlehrer angestellt; diese Stelle hat er bis zu seiner am 1. April 1886 erfolgten Pensionierung bekleidet. Doch nicht lange sollte er sich der wohlverdienten Ruhe in körperlicher Rüstigkeit erfreuen, da ihn ein Schlaganfall bald an den Rand des Grabes brachte; zwar erholte er sich wieder, doch blieb er auf einer Seite vollständig gelähmt. – Obgleich körperlich gebrochen, war er geistig so frisch, dass er sich bis in die späte Nacht hinein mit dem Lernen unserer heiligen Tora befassen konnte; desgleichen hatte er sich ein lebhaftes Interesse für die Vorgänge in der Welt bewahrt und erfreute sich eines sehr guten Gedächtnisses. – Rothschild war ein äußerst bescheidener Mann, ein Lehrer voll Sanftmut und Geduld, ein gewissenhafter Beamter (und zwar Lehrer, Vorsänger, Schochet und Beschneider), ein vorzüglicher Jehudi, ein Mensch, dem Jeder gut war und dem Niemand gram sein konnte. Welcher Liebe und Verehrung sich der Verstorbene zu erfreuen hatte, zeigte sich bei der Feier seines 50jährigen Jubiläums (1885), seiner goldenen Hochzeit (1888), seine 90-jährigen Geburtstages (1896) und bei seiner Beerdigung. Bei derselben hielt Herr Provinzialrabbiner Dr. Munk aus Marburg, der langjährige Vorgesetzte des Verstorbenen, eine wohl durchdachte, tief ergreifende Rede, während ihm sein Amtsnachfolger, Herr Lehrer Oppenheim, Namens der anwesenden Lehrer recht herzliche Abschiedsgrüße über das Grab hinaus nachrief. Seine Seele sei eingebunden in den Bund des Lebens."

 
Einweihung des neu erbauten Schulhauses (1898)  

Treysa Israelit 20011898.jpg (176902 Byte)Artikel in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 20. Januar 1898: "Treysa, am 12. Januar (unlieb verspätet). Am 9. dieses Monats fand hierselbst die Einweihung des neu erbauten Schulhauses statt. Zu dieser Feier waren der gesamte Schulvorstand (mit Ausnahme des dienstlich verhinderten Königlichen Herrn Landrats), Herr Provinzialrabbiner Dr. Munk aus Marburg, Herr Kreisvorsteher Wallach aus Ziegenhain, die hiesige evangelische Geistlichkeit, das Lehrerkollegium der Stadtschule, die meisten Mitglieder der Synagogengemeinde und viele christliche Bürger erschienen. Nach dem Liede ‚Lobt froh den Herrn ‚ wurde der Schlüssel von dem Baumeister dem Gemeindeältesten und von diesem dem Lehrer überreicht, der mit Anlehnung an den Vers:  etc. die Türe des Hauses öffnete. Nachdem die Schulkinder im Schulzimmer einen entsprechenden Choral gesungen, sprach der Herr Provinzialrabbiner Dr. Munk an den vorstehenden Bibelvers anknüpfend, ein tief empfundenes Weihegebet, dem sich eine erhebende religiöse Ansprache anschloss, als deren Fortsetzung von einem Schüler der 148. Psalm vorgetragen wurde. In der hierauf folgenden Festrede des Herrn Lehrers Oppenheim wurden die Fragen beantwortet, wozu ein Schulhaus diene und wozu der Bau des nun feierlich eingeweihten Schulhauses Lehrer und Schüler verpflichte; diese Rede klang in dem Liede aus ‚Danket dem Herrn!’. Nachdem der Königliche Lokalinspektor, Herr Rektor Roese auf unseren Kaiser als den Pfleger aller idealen Güter und den Schirmherrn der Schule hingewiesen hatte, sang die Versammlung die Nationalhymne. Nachmittags wurden die Kinder mit Kaffee und Kuchen bewirtet; abends fanden sich viele Gemeindemitglieder mit den meisten der eingangs genannten Gäste bei einem Glase Bier zusammen. – Das Haus ist zweistöckig aus massiven Ziegelsteinen und enthält außer dem allen sanitären Forderungen der Neuzeit entsprechenden Schulsaale ein geräumiges Gemeindesitzungszimmer. Während die in jeder Weise würdig verlaufene Einweihungsfeier gezeigt hat, dass hierselbst zwischen den verschiedenen Konfessionen das beste Einvernehmen herrscht, hat die erhebende Rede der Herrn Dr. Munk gerade bei den christlichen Zuhörern eine wahre Heiligung des Gottesnamens hervorgerufen."

  
25-jähriges Jubiläum von Lehrer Gabriel Oppenheim (1902; Lehrer in Treysa seit 1886)     

Artikel in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 9. Oktober 1902: "Aus dem Regierungsbezirk Kassel. Verschiedene Tageszeitungen enthalten folgenden Bericht: 
Treysa, 29. September (1902). Gestern beging Herr Lehrer Oppenheim von hier sein 25-jähriges Jubiläum. Die allgemeine Teilnahme der israelitischen Gemeinde, der Lehrerschaft Treysas, der israelitischen Kollegen der weiteren Umgebung, sowie der Einwohnerschaft ohne Unterschied des Bekenntnisses, legten Zeugnis ab von dem Ansehen, in dem der Jubilar steht, wie von der Beliebtheit, deren er sich zu erfreuen hat. Mittags fand in der Schule eine von dem Königlichen Ortsschulinspektor Herrn Rektor Röse geleitete Schulfeier statt, nach deren Beendigung zahlreiche Geschenke überreicht wurden, unter denen besonders diejenigen der Gemeinde, des städtischen Lehrerkollegiums, sowie des Ausschusses der israelitischen Lehrerkonferenz Hessens, dessen langjähriges Mitglied der Jubilar ist, zu erwähnen sind. Am Abend fand im Saale des Herrn Wettlaufer ein in gehobenster Stimmung verlaufener Kommers statt.' 
Wir fügen noch hinzu: Möge es dem Talmid Chacham vergönnt sein, bei bester Gesundheit noch eine Reihe von Jahren zur Ehre Gottes, zur Erhaltung des Judentums und zur Förderung vaterländischer Bildung zu wirken."    

 
Zum Tod von Lehrer Gabriel Oppenheim (1923)  

Treysa Israelit 08021923.jpg (80316 Byte)Artikel in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 8. Februar 1923: "Treysa, 23. Januar (1923). Vor mehreren Wochen verstarb in Bad Wildungen unser Lehrer Oppenheim, ein in allen Kreisen beliebter und sich hohen Ansehens erfreuender Mann. Ein unabsehbares Gefolge gab ihm das Geleite zu seiner letzten Ruhestätte. Herr Provinzial-Rabbiner Dr. Cohn, Marburg, verlas am Grabe die Kundgebung des teueren Verblichenen, der sich jeglichen Nachruf verbeten hatte, ein Zeichen der ihn im Leben auszeichnenden Bescheidenheit. So unterlassen wir, den Willen des Verstorbenen ehrend, seine Tugenden zu preisen, sein segensreiches Wirken in Schule und Gemeinde zu rühmen und seine Verdienste um Hebung und Förderung der Standesinteressen innerhalb der jüdischen Lehrerwelt Hessens zu schildern. Schmerzlich bewegt klagen wir: Wehe über die, die dahingegangen, [und die nicht zu ersetzen sind]! Seine Seele sei eingebunden in den Bund des Lebens."

  
Bericht aus dem Schulleben (1927)       

Artikel in der "Jüdischen Wochenzeitung für Kassel, Kurhessen und Waldeck" vom 20. Mai 1927:  "Treysa. Aus dem Schulleben. Das Gemeindelokal und das Schulzimmer der israelitischen Gemeinde Treysa werden von der dortigen höheren Schule für Unterrichtszwecke benutzt. - Die Volksschule der christlichen Gemeinde Zimmersrode ist mit einem Teil ihrer Schule in das Unterrichtslokal der jüdischen Gemeinde übergesiedelt. So blüht neues Leben in den Ruinen."        

  
  
Aus dem jüdischen Gemeinde- und Vereinsleben  
Antisemitische Regungen (1888)  

Treysa AZJ 19041888.jpg (143047 Byte)Artikel in der "Allgemeinen Zeitung des Judentums" vom 19. April 1888: "Aus Kurhessen, 6. April (1888). Bekanntlich hatte die Antisemiten geplant, in Kassel einen Herd für ihre Hetzereien anzulegen; dies gelang ihnen aber nicht, und so versuchen sie es, sich auf dem Lande niederzulassen. Dass sie hier mehr Anklang fanden, bewies die Wahl Böckels in den Reichstag; doch ist die Wiederwahl desselben zweifelhaft. Der ‚Frankfurter Zeitung’ schreibt man jetzt: ‚Die Antisemiten wühlen bereits nach Kräften, um bei der nächsten Reichstagswahl den Wahlkreis Homberg – Fritzlar – Ziegenhain für ihren Kandidaten, Herrn Max Liebermann von Sonneberg, zu erobern. Am 2. dieses Monats erschien in Treysa (Kreis Ziegenhain) der letztgenannte Herr, ferner die Antisemiten Förster und Stehlig (letzterer ein Reallehrer aus Kassel), angeblich um mit hiesigen Gesinnungsgenossen eine Gedächtnisfeier für Kaiser Wilhelm zu veranstalten. Da sie ein passendes Lokal nicht fanden, hielten sie ihre – übrigens recht schwach besuchte – Versammlung im Freien ab. Die ‚Gedächtnisfeier’ für den verstorbenen Kaiser bestand dann in Wahrheit in der Abhaltung von Hetzreden gegen die Juden, welche gemeinschaftlich mit Polen und Franzosen als die größten Feinde Kaiser Wilhelms hingestellt wurden. Hierauf zog man in das ‚Hotel zur Burg’, wo eine geschlossene Versammlung stattfand, zu der nur Gesinnungsgenossen zugelassen wurden. Dort hielt Herr Liebermann eine jedes Maß überschreitende Schimpfrede gegen die Juden und die ‚jüdische Presse’, und forderte zum Abonnement auf den famosen ‚Reichsherold’, sowie zum Beitritt zum ‚Reformverein’ auf. Letzterem Verlangen kamen in der Tat – zwei Anwesende (Beamte) nach. Dem ganzen Gebaren der Herren Antisemiten nach zu urteilen, werden wir das zweifelhafte Vergnügen haben, sie bald wieder zu sehen und zu hören."

       
Ein Mädchen wird vorübergehend vermisst - das verleumderische Gerücht eines Ritualmordes kam auf (1905)  
Anmerkung: es handelte sich um ein christliches Dienstmädchen bei dem angesehenen jüdischen Kaufmann Benedict Strupp.  

Treysa FrfIsrFambl 29121905.jpg (145794 Byte)Artikel im "Frankfurter Israelitischen Familienblatt" vom 29. Dezember 1905: "Treysa. Am 29. November wurde im Hause des hiesigen angesehenen Kaufmanns Benedict Strupp das Dienstmädchen vermisst. Da alles Suchen resultatlos blieb, machte Strupp dem Bürgermeister die Anzeige. Am andern Morgen nahm die Polizei eine Haussuchung vor, bei der man sogar im Keller nachgrub. Die Untersuchung wurde am nächsten Tag wiederholt, zunächst wieder ohne Erfolg. Da kam der Stadtförster auf den Gedanken, das Hau nochmals und besser zu untersuchen, und fand das Mädchen lebend, aber anscheinend bewusstlos, tief im Heu versteckt. Der herbeigerufene Arzt konstatierte sofort Irrsinn. Von der Anstalt Hephata aus wurde das Mädchen in die Irrenheilanstalt zu Marburg überführt und nach acht Tagen entlassen.  
Soweit der Tatbestand. Was uns hier interessiert, ist die Tatsache, dass schon am Tage nach dem Vermissen des Mädchens die Lüge des Blutmordes auftrat. Man lief zum Bürgermeister und teilte ihm mit, dass die Juden das Mädchen ermordet haben, um sein Blut für Ostern zu gebrauchen. Man drohte den Juden, mit Gewalttätigkeiten gegen sie vorzugehen, ihre Habe zu vernichten, ihnen das das Schicksal der russischen Juden zu bereiten. Und die Gebildeten? Keiner tritt dagegen auf. Man spricht von einem 'Schächtfall'. Und die Geistlichkeit? Ihre seelsorgerische Wirksamkeit bleibt aus. In Treysa ist Ruhe eingetreten, aber die Umgegend ist noch immer in Gärung. - Und da wundern wir uns über die Vorgänge in Russland." 

   
Gründung einer Ortsgruppe des Verbandes der Sabbatfreunde (1906) 
  

Treysa FrfIsrFambl 15061906.jpg (48103 Byte)Artikel im "Frankfurter Israelitischen Familienblatt" vom 15. Juni 1906: "Treysa. Ortsgruppen-Gründung. Am 4. dieses Monats wurde hier durch Herrn Dr. Schlesinger - Marburg eine Ortsgruppe des Verbandes der Sabbatfreunde gegründet. Zum Vorstande wurden die Herren Levi Katz (Vorsitzender), Strupp I. und Lewinsky gewählt. 
Auch in Ziegenhain und in Kirchhain gründete Herr Dr. Schlesinger eine Ortsgruppe."   

     
25-jähriges Bestehen des Israelitischen Frauenvereins (1912)  

Treysa FrfIsrFambl 26011912.jpg (93194 Byte)Artikel im "Frankfurter Israelitischen Familienblatt" vom 26. Januar 1912: "Treysa, 8. Januar (1912). Am verflossenen Sabbat war es dem ‚Israelitischen Frauenverein’, dem sämtliche Frauen unserer Gemeinde angehören, vergönnt, sein 25-jähriges Bestehen festlich begehen zu können. Eingeleitet wurde die zweitägige Feier in der schön geschmückten Synagoge durch einen Festgottesdienst, bei dem Provinzialrabbiner Dr. Munk – Marburg, die Festpredigt hielt. Abends fand im Bahnhofshotel ein gemütliches Beisammensein der Vereinsmitglieder statt, das bei einer Menge ernster und heiterer Ansprachen einen sehr schönen Verlauf nahm und zur Kräftigung des Vereinsgedankens wesentlich beigetragen haben dürfte. Seinen Abschluss fand des Fast am Sonntagabend durch eine im Hotel ‚Zur Burg’ veranstaltete Abendunterhaltung, zu der sich nahezu die ganze Gemeinde nebst vielen auswärtigen Gästen eingefunden hatte. An einen Prolog schlossen sich die Aufführung zweier Einakter, eines Kinderreigens und ein bis zum andern Morgen dauernder Ball. Zur Erinnerung an das Jubiläum schenkte der Frauenverein der Gemeinde ein schönes Porauches." (sc. Porauches = Toraschreinvorhang). 

  
Jahresversammlung des Israelitischen Frauenvereins (1915)  

Treysa Israelit 04021915.jpg (92578 Byte)Artikel in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 4. Februar 1915: "Treysa, 12. Januar (1915). Unter dem Vorsitze seines Begründers, Herrn Lehrer G. Oppenheim hielt der hiesige Israelitische Frauenverein gestern seine 28. Jahresversammlung ab. Der Verein, der 39 Mitglieder zählt, hat im abgelaufenen Jahre neben seinen satzungsmäßigen Verpflichtungen eine rege Tätigkeit im Dienste des Vaterlandes entfaltet. Die Zuwendungen an das Rote Kreuz, an die städtische Kriegsfürsorge, an die von Herrn Provinzialrabbiner Dr. Munk in Marburg für den Rabbinatsbezirk ins Leben gerufene Hilfsaktion und dergleichen verursachten eine Ausgabe von mehr als 1.000 Mark. Obschon viele jüdische Frauen der Ortsgruppe des Vaterländischen Frauenvereins angehören, veranstalteten die Mitglieder der Chewra Noschim (Frauenverein) wöchentliche Zusammenkünfte, um für die Krieger Wollsachen zu stricken; die Geldmittel hierzu wurden durch freiwillige Gaben aufgebracht. Den ostpreußischen jüdischen Flüchtlingen konnten 6 Kosten gut erhaltener Kleidungsstücke gesandt werden. – Die verdienstvolle 1. Vorsteherin, Frau Abraham Levi wurde wieder, Frau Abraham Katzenstein als 2. Vorsteherin und Frau Berthold Katz als Kassiererin neu gewählt." 

  
Vorstandswahlen (1922)  

Treysa Israelit 09021922.jpg (36042 Byte)Artikel in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 9. Februar 1922: "Treysa, 31. Januar (1922). Nachdem die hiesige israelitische Gemeinde seit nahezu einem halben Jahre ohne Vorstand war, sind die in einer Gemeindeversammlung Gewählten, Handelsmann Levi Levi und Kaufmann Berthold Katz im Einverständnis mit dem Vorsteheramte der Israeliten in Marburg, vom Landratsamte in Ziegenhain als Gemeindeälteste bestätigt und verpflichtet worden." 

   
40-jähriges Jubiläum des Israelitischen Frauenvereins (1927)       

Artikel in der "Jüdischen Wochenzeitung für Kassel, Kurhessen und Waldeck" vom 14. Januar 1927:  "Treysa. (Jubiläum des Israelitischen Frauenvereins.) Am 15. Januar kann der hiesige Israelitische Frauenverein, der sich seit seiner Gründung als gemeinnützige Einrichtung zu Wohlfahrtszwecken für hiesige Arme und solche der näheren Umgebung bestens bewährte, auf ein vierzigjähriges Bestehen zurückblicken. Aus diesem Anlass ist eine größere Feier vorgesehen, bei der Lehrer Plaut in einer Festrede den Werdegang des Vereins schildern wird. Mehreren Damen, die seinerzeit den Verein begründen halfen und die auch an der Jubiläumsfeier teilnehmen können, sind besondere Ehrungen zugedacht."     
 
Artikel in der "Jüdischen Wochenzeitung für Kassel, Kurhessen und Waldeck" vom 21. Januar 1927:  "Treysa. Am 15. Januar fand in den Räumen der 'Burg' das vierzigjährige Stiftungsfest des Israelitischen Frauenvereins statt, das in allen Teilen einen ausgezeichneten Verlauf nahm. Frau Henriette Wallach begrüßte namens des Vorstandes die zahlreiche erschienen Festteilnehmer. Besonders herzlich wurden die Gründerinnen des Vereins, die noch anwesend sein könnten, gefeiert und gleichzeitig zu Ehrenmitgliedern ernannt. Herr Lehrer Plaut schilderte hierauf die Entwicklung des Vereins, der zugleich ein Stück jüdischer Geschichte von Treysa bedeute. Der gemütliche Teil wurde durch eine Revue eingeleitet, die großen Beifall fand. Noch lange blieben die Teilnehmer bei einem nachfolgenden Ball in bester Stimmung beisammen."   
 
Artikel in der "Jüdischen Wochenzeitung für Kassel, Kurhessen und Waldeck" vom 28. Januar 1927: "Treysa (Berichtigung). In unserem Artikel über die Feier des Frauenvereins vom 15. Januar muss es richtig heißen: Frau Johanna Wallach begrüßte usw."      

    
Vortragsabend der Sinai-Loge Kassel in Treysa (1929)      

Artikel in der "Jüdischen Wochenzeitung für Kassel, Kurhessen und Waldeck" vom 28. März 1929: "Treysa, 24. März (1929). Am heutigen Abend fand im Wettlauferschen Saale ein von der Sinai-Loge zu Kassel veranstalteter Vortragsabend statt. Nach kurzer Begrüßung durch Herrn Lehrer Plaut hier und Herrn Dessauer - Kassel namens der Loge, hielt Herr Bacher - Kassel einen Vortrag über: Das jüdische Lied, die jüdische Melodie. In recht fesselnder Weise hat sich Herr Bacher seiner Aufgabe entledigt und den Dank der Zuhörer erworben. Reichen Beifall ernteten die Gesangsvorträge durch Frau Dr. Gotthilf unter Klavierbegleitung von Frl. Müller. Der Zweck der Veranstaltung, die Verbindung zwischen Stadt und Land zu schaffen, wird durch solche Veranstaltungen sicher erreicht werden."       

 
50-jähriges Bestehen des Israelitischen Jünglingsverein (1929)  

Treysa Israelit 09071929.jpg (40604 Byte)Artikel in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 9. Juli 1929: "Treysa, 1. Juli (1929). Auf ein 50jähriges Bestehen konnte der hiesige Israelitische Jünglingsverein zurückblicken. Aus diesem Anlass fand eine Feier statt, wobei der Vorsitzende, Herr Salomon Katzenstein, einen Überblick über Gründung und Werdegang des Vereins gab. Fünf Gründer sind noch am Leben. Herr Lehrer Plaut hielt die Festrede, der sich ein heiteres Theaterstück anschloss."  
 
Artikel in der "Jüdischen Wochenzeitung für Kassel, Kurhessen und Waldeck" vom 19. Juli 1929: "Treysa. ... - Die Chewras Bachurim (Jünglingsverein) konnte auf ihr 50-jähriges Bestehen zurückblicken und veranstaltete aus diesem Anlass eine Jubiläumsfeier, bei der Herr Salomon Katzenstein als derzeitiger Vorsitzender die Entwicklung des Vereins zeigte, während Lehrer Plaut in seiner Festrede Ziele und Aufgaben des Jünglingsvereins näher beleuchtete. Ein flott gespieltes Theaterstück mit nachfolgendem geselligen Beisammensein gab der Jubiläumsfeier den gemütlichen Abschluss."  

  
  
Berichte zu einzelnen Personen aus der Gemeinde  
80. Geburtstag von Scholem Abraham (1911)  
Anmerkung: es handelt sich um den Handelsmann/Großkaufmann Scholem Abraham, der im Dezember 1831 als Sohn von Levi Abraham und der Rechel geb. Katz geboren ist. Scholem Abraham heiratete am 4. Januar 1868 in Treysa Bienchen geb. Moses, eine am 9. Februar 1838 geborene Tochter von Moses Moses und der Röschen geb. Schwalmberg. Die beiden hatten sechs Kinder. (vgl. unten weitere Berichte zu Bienchen Abraham geb. Moses). Quelle: "Descendants of Hirsch Moses from Gross-Ropperhausen and Frielendorf".    

Treysa Israelit 28121911.jpg (34669 Byte)Artikel in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 28. Dezember 1911: "Treysa, 18. Dezember (1911). Herr Kaufmann Scholem Abraham dahier feierte vor wenigen Tagen in Gegenwart seiner Söhne und Enkel in vollster körperlicher und geistiger Rüstigkeit seinen 80. Geburtstag. Dem angesehenen, überall geachteten Greis, der auch seit langem Stadtverordneter ist, wurden viele Ehrungen zuteil. Herr Abraham ist ein frommer Jehudi."  

 
Goldene Hochzeit von S. Levi und Frau geb. Lissauer (1912)  

Treysa FrfIsrFambl 15031912.jpg (29441 Byte)Artikel im "Frankfurter Israelitischen Familienblatt" vom 15. März 1912: "Treysa. In seltener körperlicher Rüstigkeit und geistiger Frische feierten S. Levi und Frau geb. Lissauer die goldene Hochzeit. Bei der Feier im Hause hielt Lehrer Oppenheim eine Ansprache und Kreisvorsteher B. Strupp überreichte das vom Kaiser verliehene Ehrengeschenk."  

 
Goldene Hochzeit von Scholem Abraham und Bienchen geb. Moses (1915) 
Anmerkung: zu Scholem Abraham und seiner Frau Bienchen geb. Moses siehe die Informationen bei den anderen Berichten zu den beiden, oben von 1911 und unten von 1929 und 1931.  

Treysa Israelit 07011915.jpg (94269 Byte)Artikel in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 7. Januar 1915: "Treysa, 4. Januar (1915). Der 83jährige Großkaufmann Scholem Abraham und seine 76jährige Ehefrau Bienchen geb. Moses dahier begingen vor einigen Tagen in seltener körperlicher Rüstigkeit und geistiger Frische das Fest der Goldenen Hochzeit. Die von Seiner Majestät dem Kaiser verliehene Ehejubiläumsmedaille überreichte Herr Provinzialrabbiner Dr. Munk aus Marburg im Auftrage des Herrn Landrats von Schwertzell aus Ziegenhain. Die Familienfeier wurde von Herrn Lehrer Oppenheim dahier durch einen religiösen Akt eingeleitet. Der Jubelbräutigam, der recht genau in der Einhaltung der Gebote ist, gehört seit etwa 20 Jahren dem hiesigen Stadtverordnetenkollegium an und war auch lange Zeit Vorsteher der Synagogengemeinde. Von den überaus zahlreichen Geschenken und Aufmerksamkeiten aus nah und fern seien nur diejenigen der hiesigen Männer- und Frauen-Chewra erwähnt, zu deren Gründern das Jubelpaar zählt."  

   
25-jähriges Dienstjubiläum von Kreisvorsteher Benedikt Strupp (1927)      

Artikel in der "Jüdischen Wochenzeitung für Kassel, Kurhessen und Waldeck" vom 29. April 1927: "Treysa (Bezirk Kassel). Herr Kreisvorsteher Benedikt Strupp (Treysa) beging am 14. April das 25-jährige Dienstjubiläum als Kreisvorsteher der jüdischen Gemeinden des Kreises Ziegenhain."   

     
75. Geburtstag von Charlotte Stein (1927)      

Artikel in der "Jüdischen Wochenzeitung für Kassel, Kurhessen und Waldeck" vom 23. Dezember 1927: "Treysa. Frl. Charlotte Stein, die letzte Nichte von Geheimrat Stilling, begeht dieser Tage ihren 74. Geburtstag."     

  
80. Geburtstag von Meier Strupp (1928)  

Treysa Israelit 19041928.jpg (11873 Byte)Meldung in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 19. April 1928: "Treysa, 12. April (1928). Seinen 80. Geburtstag beging in größter Frische Herr Meier Strupp dahier."

      
Über den aus Treysa stammenden Dr. Julius Höxter (1873-1944; langjähriger Lehrer der Israelitischen Gemeinde in Frankfurt am Main, Bericht von 1938)
Anmerkung: Dr. Julius Höxter konnte 1939 nach England emigrieren, wo er 1944 verstorben ist. 

Treysa GblIsrGF April1938 22.jpg (270911 Byte)Artikel im "Gemeindeblatt der Israelitischen Gemeinde Frankfurt" vom April 1938 S. 22: "Dr. Julius Höxter. Dreieinhalb Jahrzehnte hat Dr. Julius Höxter richtungweisend im Religionsunterricht in unserer Gemeinde mitgewirkt. Eine seltene Begabung, gründliche Vorbildung, beispielhafte Pflichttreue, strenge Korrektheit, Hingabe an den Beruf und freiwillige Aufopferung für die Interessen der Gesamtheit, - diese Qualitäten haben Dr. Höxter zu hohen Leistungen und Erfolgen geführt. Die Gemeinde und die weitere Gemeinschaft sind ihm deshalb zu Dank verpflichtet. 
Julius Höxter wurde in Treysa geboren, besuchte die Präpanderie des Lehrerseminars Hannover, übte eine kurze Lehrtätigkeit an der Simon'schen Erziehungsanstalt in Ahlem aus und erwarb sich an der Heidelberger Universität die Fakultas für Geschichte und den Doktortitel. Vor 35 Jahren kam er als Lehrer in unsere Gemeinde. Dr. Höxter wirkte an der Religionsschule, am Wöhler-Realgymnasium und am Goethegymnasium. Tausende von Kinder unserer Gemeinden danken ihm die Einführung in Geist und Wissenschaft des Judentums. 
Mit anderen begeisterten Vorkämpfern für das Lehrfach und den Lehrstand gründete Höxter die hiesige 'Vereinigung israelitischer Religionslehrer und -lehrerinnen', heute 'Jüdischer Lehrerverein' genannt; er leitete diesen Verein mehr als drei Jahrzehnte bis zum Vorjahr. Was die jüdischer Lehrerschaft, der Religionsunterricht und die Gemeinschaft gerade diesem Verein zu danken haben: die Schaffung maßgebender Lehrpläne für Volks- und höhere Schulen, bester Jugendliteratur, allgemein beliebter und benutzter Lehr- und Schulbücher, ist zum großen Tel das Verdienst Höxters, der es verstand, seine Mitarbeiter zu eifrigem Wirken im Dienste an der jüdischen Jugend heranzuziehen. So ist die Frankfurter 'Vereinigung' eines der wertvollsten Glieder des 'Verbandes der jüdischen Lehrervereine im deutschen Reiche' geworden, zu einem Hauptfaktor jüdischen Gemeinschaftslebens überhaupt. - Auch persönlich leistete Höxter Bedeutungsvolles im Verbande: in der Inflationszeit schuf er den 'Jüdischen Beamtenbund', der die rechtliche Stellung der Gemeinde-Angestellten zu wahren suchte. Auch überreichte er dem Verbande eine von Freunden und Verehrern ihm gespendete Summe, aus der die 'Dr. Julius Höxter-Stiftung' (mit alljährlichem Preisausschreiben) entstand, die jüdisch-pädagogische und wissenschaftliche Arbeiten anregte und so der Gelehrtenschaft die freie geistige Tätigkeit zu erleichtern sucht. Das Schaffen des trefflichen Mannes wird gekrönt durch das 'Quellenbuch zur jüdischen Geschichte und Literatur', das von 1927 bis 1930 in schneller Folge erschien (später gekürzt in einem Bande.) Es entsprach einem längst empfundenen Bedürfnis, denn die Lehrerschaft forderte seit Jahren für den jüdischen Geschichtsunterricht eine systematische Quellensammlung, die Proben des inneren Lebens und der äußeren Geschichte unseres Volkes aus den Werken seiner Dichter und Denker vermittelt. Höxter hat sich mit dieser staunenswert emsigen 'Arbeit ein bedeutendes Verdienst erworben. Wer die tausendjährige Geschichte des nachbiblischen Judentums studieren will, findet hier guten Zugang zu der Vergangenheit. Den Schlussstein setzte Höxter mit den 'Zeittafeln', die er im Auftrage des von der Frankfurter Gemeinde eingesetzten Ausschusses für den Religionsunterricht verfasst. Sie schlagen sachlich die Brücke von einem Quellenstück zum anderen und geben gedanklich die Zusammenhänge der verschiedenen Perioden; sie zeigen die Verflochtenheit der Diaspora und die Bedeutung des Klal Jisroel (Gesamtjudenschaft) zum Weltgeschehen.
Auch im synagogalen Gemeindeleben hat sich Dr. Höxter eingesetzt: in der Unterlindau als Vorsteher und Leiter des konservativen Filialgottesdienstes an den hohen Feiertagen. - So bedeutet er eine Persönlichkeit mancher Grade: als dienendes Glied in der Gesamtheit, als vorbildlicher Lehrer wie als pädagogischer Schriftsteller von Rang. In seinen Ruhejahren werden ihm hoffentlich Arbeitskraft und Schaffenswille ungemindert verbleiben, damit sich auch an ihm das Wort des Psalmisten bewähre: 'Gepflanzt im Hause des Ewigen, sprossen sie in den Höfen unseres Gottes. Noch im Alter blühen sie, werden markig und saftvoll bleiben.' J.B.-L."

   
Zum Tod von Karoline Moses geb. Flörsheim (1929)  
Anmerkung: Karoline Moses geb. Flörsheim ist am 15. August 1852 in Romrod geboren als Tochter von Isaac Flörsheim und der Jeanette geb. Levi. Sie heiratete am 4. Juli 1875 in Salomon Moses, der am 8. Mai 1851 in Treysa geboren ist als Sohn von Moses Moses und der Röschen geb. Schwalmberg. Die beiden hatten zehn Kinder (von denen fünf früh verstorben sind), darunter den Lehrer in Kassel Joseph Moses (geb. 1879 in Treysa, siehe Bericht unten). Quelle: "Descendants of Hirsch Moses from Gross-Ropperhausen and Frielendorf". Das Grab von Karoline Moses geb. Flörsheim ist im jüdischen Friedhof Treysa  

Treysa Israelit 24011929.jpg (107359 Byte)Artikel in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 24. Januar 1929: "Treysa, Bezirk Kassel, 6. Januar (1929). Hier wurde Frau Karoline Moses Witwe unter starker Beteiligung der jüdischen und nichtjüdischen Bevölkerung zur letzten Ruhe gebettet. Die Verstorbene, die eine Mitbegründerin des Israelitischen Frauenvereins war, erfreute sich in allen Kreisen der Bürgerschaft allgemeiner Beliebtheit und Achtung. Auch in Darmstadt, wo sie die letzte Lebenszeit im Hause ihrer jüngsten Tochter verbrachte, hatte sie sich durch ihre geistige Regsamkeit, ihr unerschütterliches Gottvertrauen und ihr freundliches Wesen viele Sympathien erworben, was am deutlichsten durch die innige Teilnahme während ihrer schweren Krankheit und bei ihrem Heimgang ersichtlich wurde. Einem letztwilligen Wunsche entsprechend, war die Verstorbene in der Heimat beigesetzt worden. Am Grabe gab Herr Lehrer Plaut eine Würdigung ihres vornehmen Charakters; er kennzeichnete die bei Juden und Nichtjuden in gleicher Weise beliebte Greisin als eine 'Esches chajil' (wackere Frau), deren Tugenden vorbildlich wirken mussten. Tiefen Eindruck machten die herzlichen Worte des Herrn Levi Katz, der das innige freundschaftliche Verhältnis zwischen der Verstorbenen und allen Ortseingesessenen rühmte. Ihre Seele sei eingebunden in den Bund des Lebens."    

   
30-jähriges Lehrerjubiläum des aus Treysa stammenden Lehrers Joseph Moses (Kassel 1929)
  
Anmerkung: Joseph Moses ist am 25. Juli 1879 in Treysa geboren als Sohn von Salomon Moses und seiner Frau Karoline geb. Flörsheim (gest. 1929 siehe Bericht unten). Er war verheiratet mit Emma geb. Höxter aus Gemünden/Wohra (geb. 14. Dezember 1882 als Tochter von Elias Höxter und der Betty geb. Strauß). Joseph Moses war nach dem Besuch des Lehrerseminars in Hannover Lehrer am Lehrerseminar Kassel, danach in der Israelitischen Volksschule in Kassel. Joseph und Emma Moses hatten einen Sohn Karlheinz (geb. 16. Juni 1909 in Kassel). Beim Novemberpogrom 1938 wurde Joseph Moses verhaftet und in das KZ Buchenwald verschleppt, wo er mehrere Monate festgehalten wurde. Nach seiner Freilassung emigrierte das Ehepaar Moses nach London (England), wo bereits seit 1933 der Sohn Karlheinz war. Joseph Moses starb am 14. September 1944 in London und wurde auf dem Marlowe Road cemetery ebd. beigesetzt. Seine Frau Emma starb am 22. März 1974 in London. Quelle: "Descendants of Hirsch Moses from Gross-Ropperhausen and Frielendorf"

Kassel Israelit 01081929.jpg (30871 Byte)Artikel in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 1. August 1929: "Kassel, 29. Juli. Am Heiligen Schabbat beging Herr Lehrer Joseph Moses dahier sein 30-jähriges Lehrerjubiläum und gleichzeitig seinen 50. Geburtstag. In Treysa geboren, besuchte er das Lehrerseminar zu Hannover. Lange Jahre wirkte er am hiesigen Lehrerseminar und nach Auflösung desselben trat er in die hiesige israelitische Volksschule ein. "       

 
Zum 90. Geburtstag von Bienchen Abraham geb. Moses (1929)  
Anmerkung: Bienchen Moses ist am 9. Februar 1838 in Treysa geboren als Tochter von Moses Moses und seiner Frau Röschen geb. Schwalmberg. Sie heiratete am 4. Januar 1868 in Treysa den Handelsmann Scholem Abraham, ein am 31. Dezember 1831 geborener Sohn von Levi Abraham und der Rechel geb. Katz (siehe oben Artikel von 1911). Die beiden hatten sechs Kinder und lebten in Treysa in der Steingasse 43/45. Bienchen Abraham starb am 16. November 1930 im Alter von 91 Jahren und wurde im jüdischen Friedhof in Treysa beigesetzt, wo auch ihr Mann Scholem Abraham nach seinem Tod am 9. Mai 1919 beigesetzt worden war.   

Treysa Israelit 28021929.jpg (23693 Byte)Artikel in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 28. Februar 1929: "Treysa, 11. Februar (1929). Am heiligen Schabbat beging die Witwe Bienchen Abraham, Witwe des verstorbenen Scholem Abraham, die älteste Einwohnerin unserer Stadt, in körperlicher Rüstigkeit und geistiger Frische ihren 90. Geburtstag."  
 
Artikel in der "Jüdisch-liberalen Zeitung" vom 22. Februar 1929: "Treysa. (Hohes Alter). Am 10. Januar beging Frau B. Abraham, die Witwe des früheren Gemeindeältesten S. Abraham, bei guter Gesundheit ihren 90. Geburtstag".      

   
Zum Tod von Kaufmann Hermann Strupp (1930)      

Artikel in der "Jüdischen Wochenzeitung für Kassel, Kurhessen und Waldeck" vom 23. Mai 1930: "Treysa (Bezirk Kassel). Hier verschied eines der ersten Mitglieder unserer Gemeinde, Kaufmann Hermann Strupp. Bei Juden und Christen war er in gleicher Weise wegen seines lauteren, rechtschaffenen Charakters, seines klugen Verstandes und seiner Hilfsbereitschaft hochgeschätzt. Bis zu seiner vor einigen Jahren beginnenden schweren Krankheit war er Mitglied der Stadtverordnetenversammlung, und noch bis zu seinem Tode, der ihn mitten in der Arbeit überraschte, hörte man in den verschiedensten Kommissionen der Stadt und Gemeinde gern auf seinen Rat. Sein Leichenbegängnis, das unter ungewöhnlicher Beteiligung der gesamten Bevölkerung stattfand, war ein beredtes Zeugnis für seine Beliebtheit."      

 
Zum Tod von Bienchen Abraham geb. Moses (1930) 
Anmerkung: die Verstorbene wird als "Frau S. Abraham" bezeichnet, gemeint Frau/Witwe von Scholem Abraham, weitere Information siehe unten im Bericht zum 90. Geburtstag 1929.      

Artikel in der "Jüdischen Wochenzeitung für Kassel, Kurhessen und Waldeck" vom 5. Dezember 1930: "Treysa. Im 92. Lebensjahr ist nach schwerer Krankheit Frau S. Abraham, das älteste Mitglied der Gemeinde und die älteste Bürgerin der Stadt, verschieden. Als Mitbegründerin des Israelitischen Frauenvereins hat die Verstorbene mit ihrem Gatten, der mehrere Jahre Ältester der Gemeinde war, Wohltätigkeit in großem Ausmaß geübt."         

   
Über Dr. Abraham Höxter (1862-1943) 

Treysa Hoexter 011.jpg (8663 Byte) Treysa Hoexter 010.jpg (9433 Byte) An den bekannten Tierarzt erinnert eine Seite in der Website der Gedenkstätte "Yad VaShem in Jerusalem" (von hier die Fotos); dort auch nähere Informationen zu dem Vorfall. 
Dr. Abraham Höxter (mit Hut in der Mitte der Gruppe) wird von der SA 1938 zum Rathausplatz gebracht (rechts) und dort öffentlich verhöhnt.    
Dr. Abraham Höxter und seine Frau Gretchen wurden in das Ghetto Theresienstadt deportiert und sind umgekommen. Der Sohn Werner konnte 1935 nach Palästina flüchten (gest. 1975 in der Schweiz). Seit Tochter Miriam Höxter (emeritierte Professorin für Geschichte des Mittleren Ostens an der Universität Jerusalem) besuchte im August 2014 Treysa.  

    
    
Anzeigen jüdischer Gewerbebetriebe und Privatpersonen     
Anzeige des Getreidegeschäftes Gebrüder Katz (1898)       

Treysa Israelit 29081898.jpg (39804 Byte)Anzeige in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 29. August 1898: "Für unser Schabbat und Feiertag geschlossenes Getreidegeschäft Engros suchen wir per Anfang September einen branchekundigen Lageristen, der auch in Comptoir-Arbeiten bewandert ist. Kost und Logis im Hause. Ausführliche Offerten zu richten an 
Gebrüder Katz,
Treysa, Bezirk Kassel."   

     
Anzeige von Witwe M. Weinberg (1900)   

Treysa Israelit 035051900.jpg (39943 Byte)Anzeige in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 3. Mai 1900: "Suche zum sofortigen Eintritt, zur Erlernung des Haushalts, ein junges Mädchen aus feiner Familie von 15-16 Jahren. Familienanschluss und gute Behandlung zugesichert. 
Frau M. Weinberg Witwe., Treysa, Main-Weser-Bahn."   

   
Anzeigen des Eisen- und Baumaterialiengeschäftes Emanuel Strupp (1901 / 1903 / 1922)  

Treysa Israelit 18031901.jpg (42633 Byte)Anzeige in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 18. März 1901: "Suche per 1. April einen Commis 
für mein gemischtes Warengeschäft. Solche, die mit der Eisen- oder Holzbranche vertraut sind, erhalten den Vorzug. Samstags und israelitische Feiertage geschlossen. 
Emanuel Strupp,
Treysa."  
    
Treysa Israelit 14101901.jpg (38355 Byte)Anzeige in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 14. Oktober 1901: "Suche 
zum sofortigen Eintritt einen jungen Mann, der mit der Eisen- und Baumaterialienbranche bekannt ist. Samstags und Feiertage geschlossen. 
Emanuel Strupp
, Treysa, Bezirk Kassel".     
 
Anzeige in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 20. August 1903: "Gesucht 
zum Besuche meiner Landkundschaft einen soliden und gewandten jungen Mann. 
Emanuel Strupp,
 
Treysa, Main-Weser-Bahn."  
 
Treysa Israelit 11041922.jpg (33136 Byte)Anzeige in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 11. April 1922: "Suche für mein Eisen- und Baumaterialiengeschäft einen tüchtigen jungen Mann für Lager und Laden. Samstag und Feiertags geschlossen. Kost und Logis im Hause. 
Emanuel Strupp, Treysa (Bezirk Kassel)
."      

   
Anzeige der Metzgerei M. Stern (1907)  

Anzeige im "Frankfurter Israelitischen Familienblatt" vom 17. Mai 1907: 
"Suche für meine Metzgerei und Wurstlerei per sofort einen kräftigen 
Lehrling

M. Stern, Metzgerei, Treysa (Main-Weser-Bahn)".      

   
Anzeige von Sigmund Strupp (1912)  

Anzeige im "Frankfurter Israelitischen Familienblatt" vom 20. Dezember 1912: 
"Jüdisches Mädchen 
für Hausarbeit zu alleinstehendem älteren Ehepaar nach Treysa (Bezirk Kassel) gesucht. Perfekt im Kochen nicht erforderlich. 
Gefällige Offerten mit näheren Angaben an 
Sigmund Strupp, Treysa
(Bezirk Kassel)".     

    
Verlobungsanzeige von Else Levy und Dr. Jakob Levy (1927)        

Anzeige in der "Jüdischen Wochenzeitung für Kassel, Kurhessen und Waldeck" vom 15. April 1927:  
"Else Levy - Dr. jur. Jakob Levy 
Rechtsanwalt  
Verlobte   
Treysa  Bezirk Kassel   
Kassel Fünffensterstraße 10  
Bad Wildungen"         

   
Heiratsanzeige von Dr. Julius Ochs und Claire geb. Baum (1927)     

Treysa Israelit 07071927.jpg (30012 Byte) Anzeige in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 7. Juli 1927: "Gott sei gepriesen
Dr. med. Julius Ochs - Claire Ochs geb. Baum.
Vermählte. 
Köln a.Rh., Engelbertstr. 26 - Treysa (Bezirk Kassel). 
Trauung: Treysa (Bezirk Kassel) 13. Juli 1927 - 13. Tamus 5687."   

   
Hochzeitsanzeige für Siegmund Tannenwald und Ruth geb. Katz (1927)    

Anzeige in "Der Israelit" vom 30. Dezember 1926: "Statt Karten Gelobt sei Gott
Siegmund Tannenwald     Ruth Tannenwald geb. Katz
Vermählte
Schmalnau / Frankfurt am Main Baumweg 13 - Treysa (Bezirk Kassel)
Trauung: Sonntag, 2. Januar 1927 in Treysa 28. Teweth 5687."      

  
Verlobungs- und Hochzeitsanzeige von Julius Katzenstein und Trude geb. Hildesheimer (1928)
  

Anzeige in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 26. Oktober 1928: 
"Statt jeder besonderen Anzeige - Gott sei gepriesen
Meine Verlobung mit Fräulein Trude Hildesheimer aus Schlüsselburg beehre ich mich bekannt zu geben. 
Dipl.-Ing. Julius Katzenstein
Treysa, im Oktober 1928 z.Zt. Schlüsselburg / Weser."     
 
Anzeige in der "Jüdischen Wochenzeitung für Kassel, Kurhessen und Waldeck" vom 19. Oktober 1929: 
wie in der Zeitschrift "Der Israelit"      
   
Anzeige in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 6. Dezember 1928: "Statt jeder besonderen Anzeige - Gott sei gepriesen.
 
Dipl.Ing. Julius Katzenstein - Trude Katzenstein geb. Hildesheimer. Vermählte. 
Treysa, den 9. Dezember 1928. Zur Zeit Hannover, Zion-Loge, Körnerstraße."    
 
Anzeige in der "Jüdischen Wochenzeitung für Kassel, Kurhessen und Waldeck" vom 7. Dezember 1928:  
wie in der Zeitschrift "Der Israelit"     

  
Verlobungsanzeige von Thekla Katz und Isidor Hirnheimer (1929)  

Treysa Israelit 31011929.jpg (29894 Byte)Anzeige in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 31. Januar 1929: "Gott sei gepriesen.  
Thekla Katz - Isidor Hirnheimer. Verlobte.   
Treysa (Bezirk Kassel) - Höchberg / Würzburg am Main."  

     
Anzeige des Manufaktur- und Modewaren sowie Möbelgeschäftes Gebr. Wallach (1932)    

Anzeige in der "Jüdischen Wochenzeitung für Kassel, Kurhessen und Waldeck" vom 15. April 1932: 
"Lehrmädchen - Lehrling 
für sofort gesucht. Kost und Wohnung im Hause. Selbstgeschriebenes Angebot, Abschrift des letzten Schulzeugnisses und Lichtbild erforderlich 
Gebrüder Wallach  Treysa Bez. Kassel   
Manufaktur- und Modewaren Möbel."        

  
Verlobungsanzeige von Hertha Levy und Dr. Carl Poli (1930)    

Anzeige in der "Jüdischen Wochenzeitung für Kassel, Kurhessen und Waldeck" vom 25. April 1930:   
"Hertha Levy  Dr. Carl Poli  
pr. Zahnarzt.  Verlobte  
Treysa  Ostern 1930   Kassel."      

        
        
        
Zur Geschichte der Synagoge     
       
Zunächst war ein Betsaal vorhanden. 1817 beantragte der Handelsmann Abraham Isaak Meyer bei den Behörden die Erlaubnis zum Bau einer Synagoge. Nach dem Muster der Synagoge in Witzenhausen konnte der Bau 1818/19 verwirklicht und am 6. August 1819 eingeweiht werden. Mit einem großen Festzug wurden die Torarollen vom alten Betsaal zur neuen Synagoge gebracht. Eine Abteilung Schützen und eine Abteilung der Garnison aus Ziegenhain waren zum Fest erschienen. Musik und Chorgesang begleitete die Einweihungsfeier. Die Synagoge hatte 60 Männer- und 40 Frauenplätze. Bei der Synagoge handelte es sich um ein zweigeschossiges Fachwerkhaus mit Satteldach, traufseitig zur Straße "Im Neuen Weg". Die Frauenempore war mit einem Gitter aus hölzernem Stabwerk abgetrennt. Auf den beiden Pfosten der Vorhoftür war zu lesen: "Erbaut von Abraham Meyer und Gedchen dessen Ehefrau, verfertigt von Peter Menzler, Maurermeister, Anno 1818".  
   
Einweihung der Synagoge (1819)     

Artikel in der "Karlsruher Zeitung" vom 8. September 1819: "Kurhessen. die Christen von allen Bekenntnissen haben kürzlich in Treysa mit den Israeliten die Einweihung einer neuen Synagoge gefeiert. Abends vereinigte sich die Jugend aller Glaubensbekenntnisse bei einem Balle, während die Älteren den festlichen Tag am Bankett feierten."         

    
Bei den Gottesdiensten in Treysa wurden vielfach jüdische Gebete nach Melodien deutscher Lieder gesungen. 
   
1928-29 wurde die Synagoge gründlich renoviert. Vor Beginn der Arbeiten berichteten die Zeitschrift "Der Israelit" und die "Jüdische Wochenzeitung für Kassel, Kurhessen und Waldeck":  

Treysa Israelit 05071928.jpg (49257 Byte)Artikel in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 5. Juli 1928: "Treysa, 25. Juni (1928). Die im Jahre 1818 erbaute Synagoge soll einer gründlichen Renovierung unterzogen werden. Von den Mitgliedern der Gemeinde sind für die auf mehrere Tausend Mark veranschlagten Kosten namhafte Beträge gezeichnet worden. Zur Beschaffung der noch fehlenden Summe hat sich eine Kommission an die außerhalb wohnenden ehemaligen Gemeindemitglieder oder deren Nachkommen gewandt, zu den Kosten der Instandsetzung beizusteuern."   
 
Artikel in der "Jüdischen Wochenzeitung für Kassel, Kurhessen und Waldeck" vom 22. Juni 1928: "

    
Über die Renovierung der Synagoge (1929)     

Artikel in der "Jüdischen Wochenzeitung für Kassel, Kurhessen und Waldeck" vom 19. Juli 1929: "Treysa. Renovierung der Synagoge. Die hiesige Synagoge ist zur Zeit einer Renovierung, die gleichzeitig einer Erweiterung des Gotteshauses dienen soll, unterworfen; viele auswärts wohnende Treysaer haben auf Anregung einiger Gemeindemitglieder Beihilfen zu den großen Kosten geleistet. Die Arbeiten dürften so schnell gefördert werden, dass zu den Herbstfeiertagen mit der Wiedereinweihung und Benutzung des Gotteshauses gerechnet werden kann. - Die Chewras Bachurim (Jünglingsverein) konnte auf ihr 50-jähriges Bestehen zurückblicken und veranstaltete aus diesem Anlass eine Jubiläumsfeier, bei der Herr Salomon Katzenstein als derzeitiger Vorsitzender die Entwicklung des Vereins zeigte, während Lehrer Plaut in seiner Festrede Ziele und Aufgaben des Jünglingsvereins näher beleuchtete. Ein flott gespieltes Theaterstück mit nachfolgendem geselligen Beisammensein gab der Jubiläumsfeier den gemütlichen Abschluss."         

       
Wiedereinweihung der Synagoge (1929)      

Artikel in der "Jüdischen Wochenzeitung für Kassel, Kurhessen und Waldeck" vom 11. Oktober 1929: "Wiedereinweihung der Synagoge in Treysa. 
Mit einer würdigen, von Rabbiner Dr. Cohn - Marburg geleiteten Feier wurde am 3. Oktober, am Vorabend von Neujahr, die fast seit Jahresfrist geschlossene Synagoge in Treysa wieder eingeweiht. Sie ist einer vollständigen Renovierung und einem Ausbau unterzogen worden, die eine ausdrückliche Anerkennung verdienen.  
Das von je eigenartige Gebäude, als private Stiftung 1818 errichtet, gehört baulich zu den besten hessischen Klein-Synagogen der Emanzipationszeit. Gegen die Straße etwas zurückgeschoben, bietet es sich mit seiner nördlichen Breitseite dem Anblick dar, eingefasst vom Lehrerhaus, einem nun farbig abgesetzten Fachwerkhaus zur Linken und einem mit Abstand angrenzenden Wohnhaus zur Rechten. Der Architekt, der mit der Herrichtung betraut war, Diplom-Ingenieur K. H. Sichel - Kassel, sah seine vornehmlichste Aufgabe darin, den Zugang - ohne das Bild des axial auf seine Mitteltür bezogenen Hauses zu beeinträchtigen - so zu verlegen, dass der Besucher kultgemäßer, sozusagen richtiger, von der westlichen Schmalseite her, d.h. dem Schrein im Osten gegenüber, ins Haus trat. Zu diesem Zweck fügte er an den bestehenden Bau ein Flur- und Treppenhaus seitlich an das nicht nur die Baulücke zwischen Synagoge und Wohnhaus zur Rechten schloss, sondern durch seinen Vorsprung bis an die Straßenflucht die anmutige Zurücksetzung des Gotteshauses zwischen Lehrer- und Profanhaus noch unterstrich. Unter Verzicht auf historisierende Mansard-Dachformen wurde der Zwischenbau aufwärts altanartig flach abgeschlossen und dadurch die schöne, gebrochene Ziegeldachhaube des Baues von 1818 noch plastischer hervorgehoben.  
Im Innern ist die Plätzezahl die alte geblieben, nur nutzbarer geworden durch Ausschaltung der mitten in dem Raum klaffenden Mitteltür, die jetzt allein festlichen Gelegenheiten, wie Trauungen etwa, sich öffnen wird und entlastet von der zur Frauenempore heraufführenden Innentreppe. Um den hohen Betraum zu gliedern und zu straffen, sind nur wenige baukünstlerische und sinnlich wirksame Mittel eingesetzt worden. Die hohe, auf drei Seiten umlaufende Frauenempore, bisher auf unsymmetrisch gestellten Säulen peinlich schwebend, ruht jetzt auf symmetrischen Stützen fest und sicher; die zumal durch gekehlte Deckenabgrenzungen verschwimmende Raumhöhe ist durch Einziehen eines Linienquadrates auf der Decke überschaubar und beruhigend gemacht worden.   
Die Ausmalung beschränkt sich auf drei Farben: Schwarz, Silber und Grau. Der Eindruck dieser strengen, mit glücklicher Betonung aller Baugelenke und -glieder eingesetzten Töne, ist ebenso feierlich wie erwärmend. Einige gotisierende Ornamente und Schnörkel früherer Zeiten sind dem besseren Neuen mit Recht geopfert worden; der große Kronleuchter wird hoffentlich bald folgen. Zwei dreiflammige Messingleuchter, eine schöne bruderschaftliche Stiftung, betonen die neue Würde des alten Raumes. Im ganzen: dank der Leistung des Architekten ein Musterhaus, Zeugnis für die Möglichkeiten, die auch noch heute und selbst außerhalb der großen Stadt, für eine wohlberatene Ausgestaltung ihrer Kultgebäude gegeben sind.  Dr. Hallo."   

 
 
Beim Novemberpogrom 1938 wurde die Synagoge im Inneren zerstört. Nach Zeitzeugenberichten wurden die Torarollen auf die Straße geworfen, eine wurde am Neuen Weg ausgerollt.  Während des Krieges wurde das Synagogengebäude - seit 1942 im Besitz der Stadt - als Lager für französische Kriegsgefangene zweckentfremdet, später als Wäscherei. Nach 1945 wurde das Synagogengebäude als Wohnhaus umgebaut. Ende der 1950er-Jahre ließ die Stadt das "baufällig" gewordene Gebäude abbrechen. Nach Aussagen von Ortsansässigen hätte das Gebäude jedoch noch erhalten werden können.    
Das Grundstück wurde teilweise mit einem neuen Wohnhaus überbaut. 
  
  
Adresse/Standort der Synagoge:       Im Neuen Weg       
  
  
Fotos
(Quelle: Arnsberg Bilder S. 192; Situation 1985 Altaras 1988 S. 60; neueres Foto: Hahn, Aufnahmedatum 14.9.2008) 

Das Synagogengebäude 
nach 1945 
Treysa Synagoge 020.jpg (88764 Byte)   
           
     
Situation Februar 1985 /
 September 2008
Treysa Synagoge 090.jpg (102471 Byte) Treysa Synagoge 171.jpg (71223 Byte)
  Beschreibung bei Altaras: "Die Synagoge stand zwischen den beiden Häusern, zum Teil dort,
wo heute der Neubau und dessen Einfahrt zum Hof ist"  
        

   
   
Erinnerungsarbeit vor Ort - einzelne Berichte    

September 2008Stolpersteine erinnern in Treysa an die Geschichte jüdischer Einwohner - Beispiel: Familie Moses  
Artikel von Bernd Lindenthal in der "Hessischen Allgemeinen" vom 4.9.2008 - HNA online - www.hna.de (zum Artikel
"Verbrechen vor aller Augen - 4. September 1933: Der Viehhändler Moses Moses wird durch Treysas Straßen getrieben 
Schwalmstadt. Am 4. September 1933 nachmittags gab es in Treysa etwas zu sehen. Der jüdische Viehhändler Moses Moses vom Kirchplatz 8 wurde von der SA durch die Straßen geführt. Er musste ein Schild in der Hand tragen, auf dem zu lesen war: "Ich wollte ein Christenmädchen schänden." Seine Frau musste den 57jährigen bei dieser unwürdigen Anprangerung begleiten. Tags darauf wurde er in "Schutzhaft" genommen, "da vermutlich noch andere Straftaten auf sein Konto zu buchen sind", wie der Schwalm-Bote vermutete und weiter kommentierte: "Allen solchen Elementen dürfte es klar geworden sein, dass auch die hiesige SA jedes staatsfeindliche Vergehen im Keim ersticken und sofort gegen solche gemeingefährliche Personen vorgehen wird."..."     
 
März 2012: Rundgang zu den "Stolpersteinen" in Treysa   
Artikel von in der "Hessischen Allgemeinen" vom 25. März 2012: "Stolpersteine: Jugendpflege lud zu Rundgang durch die Stadt ein
Bronzeplatten für Opfer. 
Treysa.
2004 verlegte der Künstler Gunter Demnig in Treysa 18 Stolpersteine. Iniitiert wurde das Projekt – damals ein Novum für Nordhessen – von Zwölftklässlern des Schwalmgymnasiums. Die ins Pflaster eingelassenen Bronzeplatten sollen an die Opfer des Holocaust erinnern. Kürzlich hatte die Stadtjugendpflege zusammen mit der Kreisverwaltung und der VHS dazu einen Rundgang mit dem Historiker Bernd Lindenthal organisiert. Hintergrund waren die 'Internationalen Wochen gegen Rassismus'.
'In Treysa begannen die Pogrome 1938 schon am Vormittag', erzählt Lindenthal. Alle Schüler der Stadtschule mussten vor dem Ortsgruppenleiter antreten und 'bekamen schulfrei für Randale'. Die ersten Steine flogen in die Fenster des Kaufhauses von Salomon Schwalm am Angel. Heute liegen vor dem Haus drei Steine: für die Schwestern Milling, Auguste und Jenny. Nur wenige Meter entfernt, auf dem Kirchplatz, stand das Haus der Familie Moses. Sohn Moritz wurde erschlagen. Ernst Moses wanderte 1936 als 16-Jähriger nach Palästina aus. 'Als ich Kontakt zu ihm aufnahm, war er regelrecht sauer auf mich', sagt Lindenthal, 'er wollte nicht, dass die alte Geschichte wieder aufgewärmt wird.'
Briefe seiner Mutter, die später deportiert wurde, hätten sicherlich Aufschluss über diese dunkle Familienepisode geben können – doch der gebürtige Treysaer Ernst Moses behielt diesen Schatz zeitlebens unter Verschluss. 'Für mich als Historiker war das ein Tiefpunkt', sagt der Treysaer. Einer der drei Steine weist deutliche Spuren auf. Lindenthal hat eine Vermutung: 'Ich denke, die Beschädigung stammt von einem Hammer.' Es sei der einzige Stein, der bislang beschädigt wurde. Längst nicht allen Opfern konnte auf Stolpersteinen der Name zurück gegeben werden. Bernd Lindenthal schätzt, dass den Pogromen in Treysa mehr als 200 Menschen zum Opfer fielen. Viele wurden verfolgt, mussten flüchten oder wurden später deportiert. (zsr)- 
Link zum Artikel.      
 
Weiterer Artikel in der "Hessischen Allgemeinen" vom 27. März 2012: "Schüler des Schwalmgymnasiums auf Spurensuche an historischen Orten in der Region. Aktionstag gegen Rechts..."   
Link zum Artikel    
 
August 2014: Prof. Dr. Miriam Höxter aus Israel besucht die "Stolpersteine" ihrer Vorfahren in Treysa  
Artikel in hna.de vom 8. August 2014: "Inschrift soll geändert werden
Miriam Höxter aus Israel besucht Stolpersteine ihrer Vorfahren in Treysa. 
Treysa.
2004 verlegte der Künstler Gunter Demnig in Treysa 25 Stolpersteine, um an die Opfer des Holocaust zu erinnern. Drei sind der Familie Höxter gewidmet. Prof. Dr. Miriam Höxter aus Israel besucht nun Treysa und die Stolpersteine ihrer Vorfahren. Der Text auf den Steinen soll nun geändert werden.
Dem Tierarzt Abraham Höxter, seiner Frau Gretchen - beide nach Theresienstadt deportiert - und ihrem Sohn Werner, der 1935 nach Palästina flüchtete. Erst jetzt hat seine Tochter Miriam Höxter aus Israel von den Stolpersteinen erfahren..."  
Link zum Artikel     
 
Oktober 2018: Erinnerung an den Tribunal gegen Tierarzt Abraham Höxter    
Artikel von Eugen Spohr in "hna.de" vom 17. Oktober 2018: "Schandmarsch für Arzt.  16. Oktober 1938: An diesem Tag kam es in Treysa zu einem öffentlichen Tribunal
Am Sonntag, 16. Oktober 1938, kam es in Treysa zu einem öffentlichen Tribunal gegen den Tierarzt Abraham Höxter und den Hausvater des Krankenhauses Hephata, Diakon Titus Fröhling.

Tierarzt Höxter, geboren am 25. Mai 1865, kam 1897 von Neukirchen nach Treysa und war eine stadtbekannte Persönlichkeit. Er bewohnte mit Frau und Sohn Werner eine Vierzimmerwohnung im Erdgeschoss in der Bahnhofstraße 33 (früher Schwalmkaufhaus), wobei ein Zimmer als Labor diente, in dem er je nach Krankheitsbefund der Tiere die erforderlichen Seren selbst herstellte. Er galt als Erfinder eines Serums gegen Maul- und Klauenseuche und eines Heilverfahrens gegen die Anämie der Pferde. Er hatte aufgrund seiner Erfahrungen einen guten Kundenkreis in ganz Hessen, hatte seine Praxis aber 1933 aufgegeben. Dennoch wurde er immer wieder heimlich von Tierhaltern in Anspruch genommen, so auch im Oktober 1938, als die Maul- und Klauenseuche in der Gegend grassierte. Da er damals über keine Instrumente mehr verfügte, hatte er sich von Fröhling, den er anlässlich eines Krankenhausaufenthaltes kennengelernt hatte, ausrangierte Spritzen geben lassen. Damit nahm er Impfungen vor. Die Leitung der NSDAP erhielt davon Kenntnis, als die Parteigenossen am 16. Oktober 1938 vormittags auf dem Marktplatz versammelt waren, um feierlich die Wiederholungsprüfungen für das SA-Sportabzeichen und die erste Reichsstraßensammlung für das Winterhilfswerk zu eröffnen. Nach der Darstellung in der Zeitung erfasste die Volksgenossen 'eine unsagbare Verbitterung' und sie forderten 'hartes Zugreifen gegenüber diesen beiden Schädlingen'. Man zog vor die Wohnung Höxter, holte ihn heraus und Parteigenosse Simon, Ziegenhain, hielt eine anklagende Rede. Über den weiteren Verlauf informierte auch Eugen Spohr, der den Schandmarsch fotografiert hatte. Danach marschierte die Menge in Richtung Hephata. Einige SA-Männer brachten den Diakon Fröhling heraus und der Zug bewegte sich mit ihm wieder auf den Marktplatz, wo Kreisleiter Schuchardt seiner Entrüstung über das 'verbrecherische Spiel' des Tierarztes Ausdruck gab. Beide 'Volksschädlinge' kamen in 'Schutzhaft'. Fröhling wurde in das Amtsgerichtsgefängnis Oberaula eingewiesen, wo er 14 Tage verblieb. Auf Druck der Partei wurde er zum 1. April 1939 zwangspensioniert. Höxter wurde nach der beschämenden Anprangerung wieder freigelassen. Den 'Bauern zur Warnung' wurde in der Presse mitgeteilt, dass 'amtlich feststeht, dass dieses Schutzserum keinerlei Heilwirkung besitzt'. Das Ehepaar Höxter wurde am 6. September 1942, nachdem sie mehrfach mit anderen Juden in sogenannte Ghettohäuser hatten zusammenziehen müssen, vom Bahnhof Treysa in das Konzentrationslager Theresienstadt deportiert, wo beide zu Tode kamen. Der Sohn, Dr. Werner Höxter, Jahrgang 1907, wurde 1933 aus dem Justizdienst entlassen und flüchtete Mitte 1935 nach Palästina. Er starb 1975 in der Südschweiz und ist in Haifa begraben. Für alle drei liegen Stolpersteine in der Bahnhofstraße.
Hintergrund: Stolperstein wurde geändert. Eine Besonderheit ist, dass der Künstler Gunter Demnig den Stolperstein für Werner Höxter auf Wunsch seiner Tochter, Prof. Miriam Höxter, Jerusalem, erneuern musste. Er hatte eigenmächtig den ihm eingereichten Text (verstorben 1975 in der Schweiz) umgeändert in: 'Schicksal ???'. Die Neuverlegung fand am 7. Mai 2015 unter Teilnahme von Miriam Höxter, Bürgermeister Dr. Gerald Näser und dem Schulleiter des Schwalmgymnasiums Dr. Helmut Bernsmeier statt, dem Initiator der Verlegung der Stolpersteine in Schwalmstadt im Jahr 2004."  
Link zum Artikel 
 
Mai 2019: Weitere "Stolpersteine" werden in Treysa verlegt 
Artikel von Sylke Grede in "hna.de" vom 30. April 2019: "Ein Überleben ohne Eltern. Kindertransporte retteten Leben von Treysaer Jugendlichen
Am Wochenende werden in Treysa Stolpersteine für zwei jüdische Kinder und ihre Familien verlegt. Wir stellen exemplarische Schicksale vor.
Der Treysaer Jürgen Junker hat sich im Zusammenhang mit einem Schulprojekt, das vom Evangelischen Forum Schwalm-Eder gefördert wird, mit dem Schicksal der beiden Kinder beschäftigt: Doris Mathias und Hans Spier überlebten den Holocaust, weil ihre Eltern sie mit einem Kindertransport nach England schickten. Hans war 11 und Doris war 10, als sie aus Nazi-Deutschland herauskommen konnten. Beide Familien warteten auf ein Wiedersehen, und erhofften es, aber in beiden Fällen vergebens – die Eltern wurden im Juni 1942 deportiert.
Auf dem Schulhof war Hans Spier Anfeindungen ausgesetzt. Hans Spier war das einzige Kind der Eheleute Willi und Rosel Spier (geb. Seelig). Er wurde 1928 in Treysa zu Hause im Walkmühlenweg geboren. Die Familie väterlicherseits stammte aus Merzhausen. Hans machte in der Schule in Treysa nicht nur gute Erfahrungen. Nach 1935 war er zunehmend Anfeindungen ausgesetzt, auch auf dem Schulhof. Kinder weigerten sich ihm ein Geburtstagslied zu singen, weil sie 'für Juden nicht singen'. Ab 1938 besuchte Hans Spier eine jüdische Schule in Frankfurt und lebte dort im Waisenhaus der Flersheim-Sichel-Stiftung. Mit der Pogromnacht im November 1938 nahmen die direkten Angriffe auf das Waisenhaus zu. Während in Treysa Hans' Vater Willi nach einem Aufenthalt im KZ Buchenwald an einem Beinleiden laborierte, zeichnete sich für den Jungen in Frankfurt die Ausreise ab. James Armand de Rothschild, Mitglied des britischen Parlaments, fasste den Entschluss, alle Bewohner der Flersheim-Sichel-Stiftung, darunter auch Hans Spier, in einem Landhaus in Südengland, aufzunehmen.
Eheleben und Existenzgründung in England. In Waddesdon wurde die Gruppe der Kinder bald als die 'Cedar boys' bekannt, weil vor dem Landhaus, in dem sie unterkamen, zwei Zedern standen. Hans besuchte die Church-of-England-School und entschied sich dann, das Bäcker- und Konditorhandwerk zu erlernen. Darin machte er auch seinen Meister. 1945 erhielt Hans Spier durch das Rote Kreuz die traurige Gewissheit des Todes seiner Eltern im Lager. Erst als er Dora Violet Magdalen Marsall kennenlernte, entschied er sich endgültig für England. Sie bauten zusammen eine Bäckerei mit später drei gut gehenden und anerkannten Filialen auf. Das Paar heiratete am 22. Januar 1949. Aus der Ehe gingen sechs Töchter hervor. Hans Spier besuchte zwei Mal seine Vaterstadt, 1950 zusammen mit seiner jungen Frau, und 1999 mit seiner Tochter Margaret, die morgen auch in Treysa sein wird. Vom Besuch im Jahr 1999 berichtet ein Artikel der HNA. Darin sagte Hans, seit 1980 Jack, Spier: 'Nein, böse bin ich nicht. Ich bin traurig über das, was geschehen ist. Ich bin traurig, dass viele Menschen sich nicht an das damalige Geschehen erinnern wollen.'
Familie Mathias lebte in der Treysaer Braugasse. Doris Henriette Mathias wurde als einziges Kind der Eheleute Simon und Johanna Mathias, geborene Rosenbusch, in Treysa geboren. Die Familie lebte in der Braugasse, wo Simon im Wohnhaus der Familie parterre einen kleinen Laden hatte. Der Vater war Eisenwarenhändler und galt als nationalbewusster jüdischer Deutscher, der von Deutschland nur Gutes erwartete. Doris Mathias wurde Ostern 1936 in die Volksschule in Treysa eingeschult, seit 1922 gab es keine jüdische Elementarschule mehr, weil die Schülerzahl zu klein geworden war. Am 9. November 1938 sind Schulkinder und Jugendliche unter Leitung des Gruppenführers Bachmann mit Stangen in Simon Mathias’ Laden eingedrungen, nachdem sie mit Steinen die Scheiben des Modehaus Schwalm eingeworfen hatten. Doris bekam an diesem Tag in ihrer Klasse vom Lehrer etwa um die Mittagszeit mitgeteilt, dass der Schultag für sie jetzt zu Ende sei und dass sie nach Hause gehen solle. Von da an war es ihr unmöglich eine Schule zu besuchen, die Familie Mathias blieb erschrocken und eingeschüchtert zu Hause, die Kontakte zu Nachbarn nahmen ab, wie Doris Mathias Guttentag im Interview mit Yad Vashem 2009 berichtet. Ihre Mutter war es, die die Ausreise vorantrieb. Von der Möglichkeit des 'Kindertransportes' hatte sie gehört. Im Mai 1939 brachte sie ihr Vater Simon nach Hannover zum Bahnhof. Von dort fuhr die zehnjährige Doris mit dem Zug nach Holland um von Hoek of Holland mit dem Schiff nach Harwich um dann nach London zu gelangen. Dort wurde sie von ihrer Tante Fanny in Empfang genommen.
Leben in England und Israel. In London hat Doris ihre Schulzeit beendet und eine Ausbildung zur Sekretärin absolviert. Sie heiratete 1949 Max Guttentag, einen englischen Juden, dessen Familie seit Langem in England ansässig war. Dann ging das junge Paar nach Israel, dort arbeitete Doris Mathias Guttentag als Sekretärin in einem Kibbuz, drei ihrer vier Söhne sind dort geboren. 1955 gingen sie nach England zurück. Seit 1992 lebt Doris Mathias wieder in Israel. Ihr Mann Max ist inzwischen verstorben. Ihre Kinder sowie Enkel und Ur-Enkel freuen sich auf ihren 90. Geburtstag im Oktober 2019.
Hintergrund: Kindertransporte. Anderthalb Millionen jüdische Kinder wurden von den Nationalsozialisten ermordet. 15 500 überlebten dank der neun Monate währenden Rettungsaktion 'Kindertransporte'. Doris Mathias und Hans Spier waren zwei von ihnen. Ihnen und ihren Familien zum Gedenken werden am morgigen Samstag, 4. Mai, ab 13 Uhr in der Braugasse in Treysa unter Beteiligung von Schülern und Angehörigen Stolpersteine verlegt." 
Link zum Artikel  
 
Das Foto links (erstellt und erhalten von Jürgen Junker) zeigt drei Töchter von Hans (Jack) Spier sowie drei Enkel. Hans Spier kam als 10-jähriger Junge 1938 aus Treysa nach Frankfurt und als 11-Jähriger 1939 mit einem "Kindertransport" nach England. Er gehörte zu den "Cedar boys" von James de Rothschild, der 1939 den (letztlich) 28 Buben mit ihrer Frankfurter Heimleitung (Dr. Steinhardt mit Frau und zwei Töchtern, Lore und Helga) in Waddesdon eine neue Heimat bot. Die sechs genannten Personen hier auf dem Foto stehen im Mai 2019 vor dem Gebäude der ehemaligen Flersheim-Sichel-Stiftung in der Ebersheimstr. 5 (Dornbusch) in Frankfurt/Main. Von diesem Haus aus konnte Hans Spier die Schule im Philanthropin besuchen, da in Treysa ein Schulbesuch nicht mehr möglich war.  
Über die Geschichte von Hans (Jack) Spier berichten auch Artikel von Armin Rohrwick im "Publik Forum - Extra Leben". Ausgabe Oktober 2019. www.publik-forum.de/extra: Die Geschichte von Jack Spier S. 12-13. Deutschland wurde ein lebensgefährlicher Ort S. 14-16. Wie Erinnern? Das Schulprojekt "Lebenslinien" aus Nordhessen  S. 16-18.
Vgl. Artikel im "Frankfurter Wochenblatt" vom 7. Oktober 2019: "Erinnerung an Flersheim-Sichel-Stiftung - Ein Denkmal für das ehemalige jüdische Kinderheim..."  Link zum Artikel 
sowie Artikel in der "Frankfurter Rundschau" vom 23. September 2019: "Dornbusch: Denkmal für jüdische Kinder..." Link zum Artikel  
 
Artikel in "sek-news" vom 2. Mai 2019: "Opfer-Gedenken mit Stolpersteinen. Einladung zur Verlegung der Stolpersteine.
Treysa. Am Samstag, 04.05.2019, werden ab 13.00 Uhr, ausgehend von der Stadtkirche Treysa Stolpersteine zu Ehren von Doris Mathias (ehemals Braugasse 3) und Hans Joachim Spier (ehemals Wagnergasse 22) und ihrer ermordeten Angehörigen verlegt. Sie waren Opfer des nationalsozialistischen Antisemitismus' und der Gräueltaten, begangen durch die deutsche Bevölkerung. Vor achtzig Jahren konnten die 'Kindertransportkinder' Doris Mathias und Hans Joachim Spier aus Treysa gerettet werden. Schülerinnen und Schüler des Schwalmgymnasiums und der Melanchthonschule Steinatal, haben die Familienschicksale im Rahmen von Projekttagen recherchiert, und der Künstler Gunter Demnig und seine Frau Katja werden die Stolpersteine persönlich verlegen." 
Link zum Artikel  
 
Artikel von Regina Ziegeler-Dörhöfer in "hna.de" vom 7. Mai 2019: "Opfern Namen zurückgeben. Stolpersteine in Treysa verlegt: Gräuel der Nazizeit nicht vergessen
Treysa –
Zehn weitere Stolpersteine zum Gedenken an Opfer des nationalsozialistischen Antisemitismus wurden am Wochenende unter großer Anteilnahme der Bevölkerung in Treysa verlegt. Neben vielen Bürgern waren auch Familienangehörige vor Ort. Die Nachfahren von Kindertransportkind Hans-Joachim Spier, der im Alter von nur elf Jahren von seinen Eltern nach England geschickt worden war, um vor den Gräueltaten der Nazis sicher zu sein, waren eigens aus England angereist. Mit großer Dankbarkeit honorierten Töchter und Enkel des gebürtigen Treysaers die Würdigung des Vaters. 'Wir konnten die Familie unseres Vaters niemals persönlich kennenlernen. Er selbst aber war ein wunderbarer, glücklicher Mann, der selten verärgert oder gereizt war und immer ein Lächeln und ein Funkeln in den Augen hatte', sagte die älteste der sechs Töchter von Hans Joachim (Jack) Spier.
Stolpersteine vor dem ehemaligen Wohnhaus. In ihrer Rede zur Verlegung der Stolpersteine in der Wagnergasse 22 erinnerte sie an die glückliche Kindheit ihres Vaters in Treysa. Der Elfjährige sollte keinen seiner in Deutschland zurückgelassenen Familienmitglieder wiedersehen und so mahnen die Stolpersteine mit den Namen von Juda, Jeanette, Willi, Rosel und eben auch Hans-Joachim Spier vor dem ehemaligen Wohnhaus der Familie. 'Wir geben den Opfern, die im System nur noch eine Nummer waren, ihre Namen und ihr Gesicht zurück', sagte Pfarrer Dierk Glitzenhirn, der die Gedenkstunde zur Stolpersteinverlegung in Zusammenarbeit mit Schülern der Melanchthonschule Steinatal und des Schwalmgymnasiums sowie der fachlichen Begleitung von Jürgen Junker vorbereitet hatte. Schon vor 30 Jahren hatte Hans Joachim Spier den Wunsch geäußert, dass für die verfolgten Opfer der NS-Zeit in Treysa ein Mahnmal gesetzt wird. 'Unser Vater wäre stolz, hätte er diesen Moment der Stolpersteinverlegung noch miterleben können', sagte Enkeltochter Rachel. Das Schicksal der Familie Spier wurde von Schülern der Melanchthonschule aufgearbeitet und präsentiert.
Familie Mathias verlor in der Reichspogromnacht alles. Für die Verlegung fünf weiterer Stolpersteine in der Braugasse 3 für die Familie Mathias, lag die Aufarbeitung in Händen von Schülern des Schwalmgymnasiums. Mit den Worten 'Wir gedenken und verneigen uns vor Ihnen und ihrer Familie und setzen ein Zeichen gegen das Vergessen', sandten die Schwalmgymnasiasten eine Botschaft nach Israel. Dort lebt heute noch Doris Henriette Mathias, verheiratete Guttentag, die 1939 ebenfalls mit einem Kindertransport nach England zu ihrer Tante ausreisen konnte und so dem Holocaust entkam. Die heute 89-Jährige musste als Zehnjährige ihre Familie in Treysa zurücklassen. Ihr Vater hatte bis zuletzt auf ein gutes Ende in Deutschland vertraut und wurde dann, wie seine Ehefrau, in Auschwitz ermordet. Familie Mathias waren Geschäftsleute, die in der Reichspogromnacht miterleben mussten, wie eine Schülergruppe unter Führung zweier Nationalsozialisten ihr gesamtes Hab und Gut zerstörten.
Warnung vor rechten Tendenzen. 'Wir können uns auch hier im beschaulichen Treysa von den Gräueltaten der Nazi-Zeit nicht freimachen', sagte Pfarrer Dierk Glitzenhirn. Bei der allgemeinen Gedenkansprache von Dekan Christian Wachter in der Stadtkirche wurde die Stolperstein-Verlegung als ein Akt der Versöhnung gedeutet. 'Wir müssen uns alle fragen, ob auch wir uns von der Politik der Nationalsozialisten hätten blenden lassen.' Wachter warnte vor der Gefahr, dass sich heute Rassismus und Antisemitismus wieder über erste, vielleicht noch unbedachte Aussagen verbreiteten. So warnte der Jugendsprecher des Kirchenkreises Linus Dietrich vor einem Vergessen und rief zum Urnengang bei der Europawahl auf, um rechten Parteien keine Chance zu geben. Vor dem Anwesen der Braugasse 3 wurden Stolpersteine für Sally, Julie, Simon, Johanna und Doris Henriette Mathias verlegt."  
Link zum Artikel 
 
Hinweis: Zu den Kindertransporten wurde eine ausleihbare Wanderausstellung erstellt, die u.a. Ergebnisse der Schülerarbeiten aus der Melanchthon-Schule Steinatal, dem Schwalmgymnasium Treysa und der Steinwaldschule Neukirchen/Knüll: Vor 80 Jahren: "Kindertransporte" zur Rettung jüdischer Kinder
Dazu Erläuterungen von Pfarrer Dierk Glitzenhirn in der Seite https://www.forum-schwalm-eder.de/veranstaltungen/: "Auch aus der Region Schwalm-Eder wurden vor 80 Jahren jüdische Kinder gerettet. Ihre Eltern schickten sie nach England - Schmach und Leid in Deutschland und den eigenen sicheren Tod vor Augen. Mit der Steinwaldschule Neukirchen, der Melanchthon-Schule aus Willingshausen-Steinatal und dem Schwalmgymnasium Treysa hatte sich das Evangelische Forum Schwalm-Eder zu einer Partnerschaft verbunden, um eine Gedenkausstellung zu realisieren, initiiert und wissenschaftlich begleitet von dem Pädagogen Jürgen Junker als Ausstellungskurator. Die Jugendlichen und die verantwortlichen Lehrerinnen recherchierten die historischen Stoffe und Biografien von fünf Kinden: Doris Mathias und Jack Spier (Treysa), Ernst Meier und Walter Spier (Neukirchen). Bei Hannelore Schön (Treysa) wird an ihre Ermordung nach der Verhaftung in den Niederlanden erinnert. Die Partnerschulen waren kreativ in der Gestaltung eigener Veranstaltungen und offen für die Begegnung mit den Angehörigen der Überlebenden, die aus diesem Anlass zu Besuchen kamen. Der Kirchenkreis Ziegenhain, der Stadtgeschichtliche Arbeitskreis in Schwalmstadt und die Stadt Schwalmstadt haben das Projekt aktiv und mit eigenen Mitteln unterstützt.
Die Wanderausstellung wurde im Juni 2019 zum ersten Mal in der Stadtkirche Treysa gezeigt, sie kann im Laufe des Jahres ausgeliehen werden.
Die Konditionen: Die zwölf Rollups der Ausstellung können von Kommunen, Schulen, Kirchengemeinden und anderen Gestaltern des öffentlichen Raumes kostenfrei ausgeliehen werden.
Die Ausleihe wird im Regelfall für einen Zeitraum von zwei Wochen an einem Standort angestrebt.
Das Material ist nicht feuchtigkeitsempfindlich und für Foyersituationen gut geeignet.
Eine formlose Kontaktaufnahme genügt. Die Terminierung ist Verabredungssache, ebenso die Übergabe.
Falls eine Veranstaltung dazu geplant ist oder werden soll, könnte auch eine Veranstaltungsbegleitung verabredet werden (Einführung, Erläuterungen, Ideen zur eigenständigen Recherche …). "Nachmacher" sind ausdrücklich erwünscht und können in Konzept und Realisierung beraten (ggf. auch begleitet) werden.
Ich lade Sie ein, das Thema auch in Ihrer Gemeinde, Schule oder Ihrem Arbeitsbereich öffentlich zu machen und als Gesprächsaufhänger für eine verantwortungsbewusste geschichtliche Erinnerungsarbeit zu nutzen!" Kontakt zu Pfarrer Dierk Glitzenhirn über Kontaktformular  https://www.forum-schwalm-eder.de/kontakt/. Ansprechpartner, auch für Einführungen in die Ausstellung, ist auch Jürgen Junker (Kurator; E-Mail jjunker2@hotmail.com)
Vgl. Artikel von Hanna Maiterth vom 20. Juni 2019 in "hna.de": "Stadtkirche zeigt Ausstellung über Kindertransporte von 1939..."
Link zum Artikel   
 
November 2019: Weitere "Stolpersteine" werden in Treysa verlegt  
Artikel in "sek-news.de" vom 31. Oktober 2019: "Gedenken an die Novemberpogrome
Schwalmstadt.
Zum Gedenken an die Novemberpogrome des Jahres 1938 finden verschiedene Veranstaltungen statt. So auch die Verlegung von Stolpersteinen am 7. und 9. November.
Mit Ausgrenzung hat’s angefangen. Die Novemberpogrome 1938 markierten den für alle sichtbaren Übergang von der Diskriminierung und Ausgrenzung der jüdischen Bevölkerung hin zu ihrer systematischen Verfolgung, die mit den Deportationen in Ghettos, Konzentrations- und Vernichtungslagern und dem millionenfachen Massenmord endete.
In Treysa kam es am 8. November 1938 zu ersten antijüdischen Ausschreitungen, die am Vormittag des 9. November von aufgehetzten Schülern der Stadtschule gewalttätig fortgesetzt wurden. Im Mai 1939 gab der damalige Ziegenhainer Bürgermeister Simon bekannt, dass die Stadt Ziegenhain 'judenfrei' sei. Die letzten in Treysa lebenden Jüdinnen und Juden wurden 1942 in die Lager deportiert.
Stolpersteinverlegungen. In Kooperation der Stadt Schwalmstadt mit Gedenkstätte und Museum Trutzhain und dem Schwalmgymnasium Treysa werden anlässlich der Pogrom-Gedenkveranstaltungen am 7. und 9. November weitere 15 Stolpersteine verlegt, die an das Schicksal jüdischer Mitbewohnerinnen und Mitbewohner aus Treysa und Ziegenhain erinnern. Der Stolpersteinprojekt-Initiator und Künstler Gunter Demnig beziehungsweise seine Frau Katja Demnig sowie einige Angehörige von damaligen Opfern werden an den Stolpersteinverlegungen teilnehmen.
Mit Engagement vorbereitet, Angehörige angesprochen. Schülerinnen und Schüler zweier Klassen des Schwalmgymnasiums haben gemeinsam mit ihren Lehrerinnen Astrid Meschede und Alexandra Hellmig die Verlegung der Stolpersteine mit großem Engagement vorbereitet. Sie warben Spenden für die Stolpersteine ein, forschten zu Lebensgeschichten und fanden Angehörige der Familien Weinberg und Kaufmann, die die Verlegung der Stolpersteine in Treysa und Ziegenhain begleiten werden.
Gedenkakte am 7. November. Am Donnerstag, 7.11. beginnt die Stolpersteinverlegung zum Gedenken an Familie Stern um 10.30 Uhr in Treysa in der Wagnergasse 5. Anschließend werden in Ziegenhain Stolpersteine zum Gedenken an die Geschwister Rothschild (Wiederholdstraße 11) und die Familie Kaufmann (Kasseler Straße 23) verlegt. Eine Angehörige der Familie Kaufmann wird an der Verlegung teilnehmen.
Gedenkakte am 9. November. Die Verlegung weiterer Stolpersteine findet am Samstag, 9.11. um 14.00 Uhr in Treysa in der Steingasse vor Haus Nr. 1 statt. Zur der Verlegung von Stolpersteinen zum Gedenken an die Familie Weinberg werden deren Familienangehörige aus den Niederlanden anreisen.
Im Anschluss an die Stolpersteinverlegung am 9.11. besteht die Möglichkeit einer Führung auf dem jüdischen Friedhof Treysa unter Leitung von Bernd Lindenthal."  
Link zum Artikel
vgl. Artikel von Sandra Rose in hna.de vom 8. November 2019: "Treysa: Stolpersteine für die Familie Stern..."
Link zum Artikel   

   

    
Links und Literatur

Links:  

bulletWebsite der Stadt Schwalmstadt 
bulletZur Seite über den jüdischen Friedhof in Treysa (interner Link)   
bulletWebportal HS 010.jpg (66495 Byte)Webportal "Vor dem Holocaust" - Fotos zum jüdischen Alltagsleben in Hessen mit Fotos zur jüdischen Geschichte in Treysa 

Quellen:  

Hinweis auf online einsehbare Familienregister der jüdischen Gemeinde Treysa 
In der Website des Hessischen Hauptstaatsarchivs (innerhalb Arcinsys Hessen) sind die erhaltenen Familienregister aus hessischen jüdischen Gemeinden einsehbar: 
Link zur Übersicht (nach Ortsalphabet) https://arcinsys.hessen.de/arcinsys/llist?nodeid=g186590&page=1&reload=true&sorting=41              
Zu Treysa sind vorhanden (auf der jeweiligen Unterseite zur Einsichtnahme weiter über "Digitalisate anzeigen"):    
HHStAW 365,794   Sterberegister der Juden von Treysa  1825 - 1936 https://arcinsys.hessen.de/arcinsys/detailAction?detailid=v5135982        
HHStAW 365,793   Trauregister der Juden von Treysa  1827 - 1938   https://arcinsys.hessen.de/arcinsys/detailAction?detailid=v4449191    
HHStAW 365,792   Geburtsregister der Juden von Treysa  1849 -1934  https://arcinsys.hessen.de/arcinsys/detailAction?detailid=v290089     

Literatur:  

bulletPaul Arnsberg: Die jüdischen Gemeinden in Hessen. Anfang - Untergang - Neubeginn. 1971. Bd. II S. 309-313.
bulletders.: Die jüdischen Gemeinden in Hessen. Bilder - Dokumente. S. 192. 
bulletThea Altaras: Synagogen in Hessen. Was geschah seit 1945? 1988 S. 60.
bulletdies.: Das jüdische Rituelle Tauchbad und: Synagogen in Hessen. Was geschah seit 1945 Teil II. 1994. S. 61.
bulletStudienkreis Deutscher Widerstand (Hg.): Heimatgeschichtlicher Wegweiser zu Stätten des Widerstandes und der Verfolgung 1933-1945. Hessen II Regierungsbezirke Gießen und Kassel. 1995 S. 182-184.
bulletPinkas Hakehillot: Encyclopedia of Jewish Communities from their foundation till after the Holocaust. Germany Volume III: Hesse -  Hesse-Nassau - Frankfurt. Hg. von Yad Vashem 1992 (hebräisch) S. 488-490. 
bulletHartwig Bambey, Anton Biskamp, Bernd Lindenthal (Hg.): Heimatvertriebene Nachbarn. Beiträge zur Geschichte der Juden im Kreis Ziegenhain. Zwei Bände. Schwalmstadt-Treysa 1993. 

Hinweise auf eine Publikation zur Schwälmer Tracht und den jüdischen Textilhändlern, die in früheren Jahrhunderten die Stoffe dafür besorgt haben:    

         
Heidrun Merk: Leinen, Samt und Seide. Luxusstoffe für die Schwälmer Tracht. Schwälmer Dorfmuseum Holzburg 2021. 6 €. https://www.dorfmuseum-holzburg.de/  zur Publikation (u.a. beim Museum erhältlich)
Die Kulturanthropologin Heidrun Merk, Leiterin des Schwälmer Museums in Holzburg, hat mit 'Leinen, Samt und Seide' eine Publikation herausgegeben, die sich mit Geschichte, Herkunft, Materialität der kostbaren Stoffe beschäftigt und wie sie den Weg in die Schwalm gefunden haben. Im Mittelpunkt der Publikation steht die zentrale Rolle der jüdischen Händler und Kaufleute in der Schwalm. Erwähnt werden u.a. (vgl. die oben wiedergegebenen Seiten) der Heereslieferant Joseph Dannenberg in Ziegenhain (1697), der Textilienhändler Eysermann Levi aus Willingshausen (1743), der Wollhändler Jacob Salomon in Treysa (1774), der Textilienhändler Baruch Jacob aus Breitenbach (1790), der Handelsmann Mordechai Löw/Preußje von Schlüchtern (um 1815), der Handelsmann Julius Jüdel aus Fulda (1824), die Ellenwarenhändler Michael Katzenstein und Lazarus Levi aus Eschwege (1826), das Textilgeschäft Abraham Baum in Treysa (um 1900), das Textilgeschäft Moritz und Karl Wallach in Ziegenhain, ab 1908 in Treysa.   

 
    


 

Article from "The Encyclopedia of Jewish life Before and During the Holocaust". 
First published in 2001 by NEW YORK UNIVERSITY PRESS; Copyright © 2001 by Yad Vashem Jerusalem, Israel.

Treysa (now part of Schwalmstadt) Hesse-Nassau. Established in the 18th century, the Jewish community preserved ancient liturgical traditions. It built a new synagogue in 1819 and maintened an elementary school (1835-1922). In 1895 the Jewish population was 193 (8 % of the total). The temporary disappearance of a Christian maidservant in 1906 gabe rise to anti-Jewish agitation. Jews propered in commerce and during the Weimar Republik several were elected to toe town council. Affiliated with the rabbiante of Marburg, the community numbered 130 in 1925. Its synagogue, renovated in 1929, was vandalized (though not destroyed) on Kristallnacht (9-10 November 1938). By 1940 most of the Jews had left: 59 emigrated (21 to Palestine) and over 30 perished in the Holocaust. 
      
        

                   
vorherige Synagoge  zur ersten Synagoge nächste Synagoge   

                

 

Senden Sie E-Mail mit Fragen oder Kommentaren zu dieser Website an Alemannia Judaica (E-Mail-Adresse auf der Eingangsseite)
Copyright © 2003 Alemannia Judaica - Arbeitsgemeinschaft für die Erforschung der Geschichte der Juden im süddeutschen und angrenzenden Raum
Stand: 30. Juni 2020