Baisingen Friedhof 154.jpg (62551 Byte)  Segnende Hände der Kohanim auf einem Grabstein in Baisingen


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Weyhers (Gemeinde Ebersburg, Kreis Fulda)
Jüdische Geschichte / Synagoge 

Übersicht:

bulletZur Geschichte der jüdischen Gemeinde  
bulletBerichte aus der Geschichte der jüdischen Gemeinde  
Einige genealogische Angaben zu Familie Rosengarten 
Kennkarte aus der NS-Zeit   
bulletZur Geschichte der Synagoge   
bulletFotos / Darstellungen   
bulletLinks und Literatur   

   

Zur Geschichte der jüdischen Gemeinde      
   
In Weyhers bestand eine jüdische Gemeinde bis um 1890/1905. Danach gehörten die hier noch lebenden jüdischen Einwohner zur jüdischen Gemeinde in Schmalnau. Die Entstehung der jüdischen Gemeinde in Weyhers geht in die Zeit des 18. Jahrhunderts zurück: 1730 wurden vier jüdische Familien mit neun Familienmitgliedern am Ort gezählt (über 13 Jahre; Familienvorstände: Jud Wolf, Jud Arnd, Jud Jetzig, Jud Jetzig junior). Sie lebten auf dem Territorium derer von Ebersberg, genannt von Weihers (s.u.Lit.M. Imhof 400 Jahre S. 30/31). 
  
Hinweis: auch in dem Weyhers benachbarten Friesenhausen (Gemeinde Dipperz) soll es im 19. Jahrhundert einige jüdische Familien gegeben haben. Nach den Eintragungen des protestantischen Pfarrers hätten diese hier von 1811 bis 1880 gelebt. Die meisten jüdischen Familien seien bereits in den 1850er/1860er-Jahren von hier weggezogen, teils nach Amerika, teils in andere Orte Deutschlands. 1880 sei der letzte jüdische Einwohner in Friesenhausen gestorben. Bei dieser Zuordnung der u.g. Familienregister zu Friesenhausen bei Weyhers handelt es sich jedoch um einen Fehler. Es ist das Bayerische Friesenhausen bei Aidhausen gemeint. Dies geht u.a. daraus hervor, dass der in den Familienregistern genannte Pfarrer Johanna Kaspar Krieg bis 1819 Pfarrer in Friesenhausen Inspektion Wetzhausen in Bayern war (Quelle: Allgemeines Intelligenzblatt für das Königreich Bayern 1819 Sp. 1162). 
 
Bei der Erstellung der Matrikellisten 1817 werden in Weyhers auf insgesamt zwölf Matrikelstellen die folgenden jüdischen Familienvorstände genannt (mit neuem Familiennamen und Erwerbszweig): Löw Isaak Buchsbaum (geringer Viehhandel), Michel Levy Federkiel (Totengräber), Isaack Levi Rosengarten (Alteisenhändler) Löw Blumenthal (ohne Handel), Michel Liebmann Essen (Schlachter), Salomon Levy Goldschmitt (geringer Händler), Witwe des Salomon Roßkamm (ohne Erwerb), Moses Jacob Nußbaum (Schmuser), Wolf Liebmann Fenster (Spezerei- und Schnittware), Moses Liebmann Buchhalter (keine Angabe), Joseph Furchheim (keine Angabe) Scheule, Witwe des Löw Nordhäuser (Taglohn).       
   
Seit der Mitte des 19. Jahrhunderts sind die jüdischen Familien relativ schnell aus Weyhers in Städte der Umgebung abgewandert oder auch ausgewandert. Um 1880 waren noch sieben jüdische Familien am Ort, ab 1890 noch die beiden Familien Rosengarten und Steigerwald - 1905 waren es zusammen 12 Personen.   
   
An Einrichtungen bestanden - solange Gottesdienste abgehalten werden konnten - eine Synagoge (s.u.), eine Religionsschule, ein rituelles Bad und ein Friedhof, der zugleich als zentraler Friedhof für die umliegenden jüdischen Gemeinden diente. Einen eigenen jüdischer Lehrer, der zugleich als Vorbeter und Schochet tätig war, gab es vermutlich in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts.  
    
Bis um 1930
lebten die beiden genannten Familien Rosengarten und Steigerwald am Ort. Einige Familienmitglieder verstarben noch in Weyhers. Gustav Steigerwald war Schneidermeister und hatte einen Kurzwarenhandlung. Jacob Rosengarten verzog nach Frankfurt und wurde von dort in das Ghetto Theresienstadt deportiert. Eine Pflegetochter von ihm (Ortrud) lebte später in Ein Gev in Israel. Die Tochter Bertha Rosengarten hat in die Familie Steigerwald eingeheiratet. Auch sie wurde von Frankfurt aus deportiert und ist umgekommen. Aus der Familie Steigerwald wanderte Sohn Alfred nach Brasilien aus. 
       
Von den in Weyhers geborenen und/oder längere Zeit am Ort wohnhaften jüdischen Personen sind in der NS-Zeit umgekommen (Angaben nach den Listen von Yad Vashem, Jerusalem und den Angaben des "Gedenkbuches - Opfer der Verfolgung der Juden unter der nationalsozialistischen Gewaltherrschaft in Deutschland 1933-1945"): Jettchen Mayer geb. Rosskamm (1881), Jakob Rosengarten (1868), Jeanette Rosengarten (1866)*, Johanna Rosskamm (1879), Bertha Steigerwald geb. Rosengarten (1880).      
      
      
      
Berichte aus der Geschichte der jüdischen Gemeinde      

In jüdischen Periodika des 19./20. Jahrhundert wurden noch keine Berichte zur jüdischen Geschichte in Weyhers gefunden.  

    

Einige genealogische Angaben zur Familie Jakob Rosengarten (Quelle)  
Jakob Rosengarten (1868 in Weyhers - 1942 im Ghetto Theresienstadt) ist in Weyhers als Sohn von Abraham Rosengarten und seiner Frau Amelia geboren. Er hatte zwei Geschwister: Jeanette und Moses. Jakob war verheiratet mit Bertha, mit der er vier Kinder hatte: Beni, Theodor, Julius und Alwin.  
Jeanette Rosengarten (1866 in Weyhers - 1942 im Ghetto Theresienstadt)  

       

Kennkarte aus der NS-Zeit            
               
Am 23. Juli 1938 wurde durch den Reichsminister des Innern für bestimmte Gruppen von Staatsangehörigen des Deutschen Reiches die Kennkartenpflicht eingeführt. Die Kennkarten jüdischer Personen waren mit einem großen Buchstaben "J" gekennzeichnet. Wer als "jüdisch" galt, hatte das Reichsgesetzblatt vom 14. November 1935 ("Erste Verordnung zum Reichsbürgergesetz") bestimmt. 
Hinweis: für die nachfolgenden Kennkarten ist die Quelle: Zentralarchiv zur Erforschung der Geschichte der Juden in Deutschland: Bestände: Personenstandsregister: Archivaliensammlung Frankfurt: Abteilung IV: Kennkarten, Mainz 1939" http://www.uni-heidelberg.de/institute/sonst/aj/STANDREG/FFM1/117-152.htm. Anfragen bitte gegebenenfalls an zentralarchiv@uni-hd.de       
 
 Kennkarte für die in Weyhers
 geborene Jettchen Mayer geb. Rosskamm
 
 Weyhers KK MZ Mayer Jettchen.jpg (84540 Byte)  
  Kennkarte (Mainz 1939) für Jettchen Mayer geb. Roßkamm (geb. 9. Dezember 1881 in Weyhers), 
wohnhaft in Mainz, am 30. September 1942 deportiert ab Darmstadt vermutlich nach Treblinka, umgekommen    
 

    
    
    
Zur Geschichte der Synagoge                    
    
Zunächst war vermutlich ein Betraum vorhanden. 1843 wollte die jüdische Gemeinde eine Synagoge erbauen. Da die eigenen finanziellen Mittel der wenigen jüdischen Familien dafür nicht ausreichten, wurde die Durchführung einer Kollekte bei der Regierung beantragt. Dies wurde im Februar 1843 genehmigt und in den folgenden Wochen durchgeführt. Es konnten 60 fl. 22 Kr. gesammelt werden. Vermutlich alsbald nach Abschluss der Sammlung wurde die Synagoge erbaut. Zur Durchführung der Kollekte liegen Artikel aus dem "Intelligenzblatt" vor:    
   
 
Kollekte zur Erbauung der Synagoge in Weyhers (1843)    

Artikel im "Intelligenzblatt von Unterfranken und Aschaffenburg des Königreichs Bayern Nr. 24 vom 28. Februar 1843 S. 133-134: "24. Februar 1843. An die fürstlich Löwensteinische Regierungs- und Justiz-Kanzlei zu Kreuzwertheim und an sämtliche Distrikts-Polizeibehörden in Unterfranken und Aschaffenburg.
(Den Bau einer Synagoge zu Weyhers betreffend). Im Namen Seiner Majestät des Königs. 
Seine Majestät der König
haben allergnädigst zu genehmigen geruht, dass zu Aufbringung der Kosten für Herstellung einer Synagoge in Weyhers eine Kollekte bei den israelitischen Glaubensgenossen im Regierungs-Bezirke von Unterfranken und Aschaffenburg veranstaltet werde. Die Distrikts-Polizei-Behörden werden daher beauftragt, diese Kollekte bei den israelitischen Glaubensgenossen durch deren Kultus-Vorsteher vornehmen zu lassen, und nach Ablauf von sechs Wochen, vom Datum gegenwärtigen Ausschreibens an, das Ergebnis an das Expeditions-Amt der unterfertigten königlichen Stelle einzusenden, zugleich aber auch das Resultat zur berichtlichen Anzeige zu bringen.
Würzburg, den 20. Februar 1843. Königliche Regierung von Unterfranken und Aschaffenburg,
Kammer des Innern. Graf Fugger".  
  
Artikel im "Intelligenzblatt von Unterfranken und Aschaffenburg des Königreichs Bayern Nr. 114 (1843) vom 8. August 1843 S. 427-428: "2. August 1843. (Den Bau einer Synagoge zu Weihers betreffend)
Im Namen Seiner Majestät des Königs.
Mit Bezug auf das Ausschreiben rubr. Betr. vom 29. Februar laufenden Jahres Intelligenz-Blatt Nr. 24 wird hiermit nachstehend das Ergebnis der für Herstellung einer Synagoge zu Weihers allergnädigst bewilligten Kollekte mit dem Bemerken zur öffentlichen Kenntnis gebracht, dass bei der beim königlichen Landgerichte Weihers eingestellten Summe von 60 fl. 22 kr. sich auch anderweite, nicht von Israeliten dieses Landgerichts-Bezirks herrührende Beiträge befinden. Würzburg, 24. Juli 1843. Königliche Regierung von Unterfranken und Aschaffenburg,
Kammer des Innern. Graf Fugger. Ergebnis der für die Herstellung einer Synagoge zu Weihers allergnädigst bewilligten Kollekte...".
Es werden nachfolgend die von den einzelnen Magistraten, Landgerichten und Herrschafts-Gerichten gesammelten Beiträge mitgeteilt.  

      
Die Synagoge bestand in Weyhers bis 1916. Sie war bis um 1900 genutzt und wurde 1916 wegen Baufälligkeit - es handelte sich um ein Holzgebäude - abgebrochen.   
   
Nach Auskunft von Klaus Füller (Kassel) befand sich die Synagoge auf einem heute (teilweise?) freien Grundstück gegenüber dem Gebäude Rhönstraße 3. Der Hof "Schmiedegasse 1" hinter dem betreffenden Grundstück ist der Stammsitz einer Schreiner-Familie, im Dorf "Dempel-Schrünner" (= "Tempel-Schreiner") genannt, weil sich die Schreinerei neben dem "Tempel" (= Synagoge) befand. Ein anderer Schreiner, weiter oben in der heutigen Rhönstraße hieß im Unterschied dazu "Kirche-Schrünner".  
    
    
    
Adresse/Standort der Synagoge:   gegenüber Rhönstraße 3   
    
    
Fotos 
(Fotos: Klaus Füller, Kassel, Aufnahmen von Anfang Januar 2010)

Blick auf das Grundstück 
der ehemaligen Synagoge
Weyhers Synagoge 025.jpg (39927 Byte) 
  Die Synagoge stand bis 1916 auf der freien Fläche vor dem Fachwerkhaus 
        
Ehemaliges jüdisches Wohnhaus   Weyhers Haus Steigerwald 010.jpg (24919 Byte) 
  Das Haus gehörte Familie Gustav Steigerwald. Er war Schneidermeister und betrieb 
einen Kurzwarenhandel. Sohn Alfred Steigerwald emigrierte nach Brasilien. 
     
    Anmerkung: das Haus der oben genannten Familie Rosengarten besteht nicht mehr.

   
    
Links und Literatur

Links: 

bulletWebsite der Gemeinde Ebersburg  
bulletWebsite der Gemeinde Dipperz 
bulletWebportal HS 010.jpg (66495 Byte)Webportal "Vor dem Holocaust" - Fotos zum jüdischen Alltagsleben in Hessen mit Fotos zur jüdischen Geschichte in Weyhers 
(Juli 2014: bislang nur ein Foto zum Friedhof vorhanden) 

Literatur:  

bulletPaul Arnsberg: Die jüdischen Gemeinden in Hessen. Anfang - Untergang - Neubeginn. 1971. Bd. II S. 383-384.
bulletPinkas Hakehillot: Encyclopedia of Jewish Communities from their foundation till after the Holocaust. Germany Volume III: Hesse -  Hesse-Nassau - Frankfurt. Hg. von Yad Vashem 1992 (hebräisch) S. 593-594 (Kurznotiz im Artikel zu Schmalnau).  
bulletDirk Rosenstock: Die unterfränkischen Judenmatrikeln von 1817. Eine namenkundliche und sozialgeschichtliche Quelle. Reihe: Veröffentlichungen des Stadtarchivs Würzburg Band 13. Würzburg 2008. S. 254.
bulletFulda Lit 140.jpg (118420 Byte)Juden in Deutschland und 1000 Jahre Judentum in Fulda
hrsg. von Michael Imhof.  Zukunft Bildung Region Fulda e. V. 
Erschienen im Michael Imhof Verlag Petersberg 2011.  
24 x 30 cm, 440 Seiten, 700 S/W und 200 Farbabbildungen, Hardcover. ISBN 978-3-86568-673-2 
(D) 44,00 €   CHF 62,90  (A) 45,25 €   
Zu Weyhers Beitrag von Michael Imhof S. 375-377.   
bulletLit 400 Jahre Juden Rhoen.jpg (135549 Byte)Michael Imhof: 400 Jahre Juden in der Rhön. Herausgegeben von Zukunft Bildung Region Fulda e. V.
21 x 29 cm, 344 Seiten, 562 Farb- und 59 S/W-Abbildungen, Klappenbroschur. ISBN 978-3-7319-0476-2
(D) 39,95 €, (A) 41,10 €, CHF 45,90.   
Erschienen im Michael Imhof-Verlag. Informationsseite zur Publikation mit Downloads und "Blick ins Buch"   
  
bullet Michael Imhof: Juden in der Rhön. Jubiläumsausgabe 1700 Jahre jüdisches Leben in Deutschland. Hrsg. von Zukunft Bildung Region Fulda e.V.
2. erweiterte Neuauflage des oben genannten Buches.
21 x 29 cm, 424 Seiten, über 689 Farb- und 40 SW-Abbildungen. Klappenbroschur. ISBN 978-3-7319-1176-0.   39,95 €. 
Erschienen im Michael Imhof-Verlag. Informationsseite zur Publikation mit Downloads und "Blick ins Buch" 
Seit 400 Jahren waren Juden in den Landstädten und Dörfern der hessischen Rhön urkundlich verbürgt. Ende des Mittelalters und noch zu Beginn der Frühen Neuzeit aus ihren angestammten Wohngebieten vertrieben, fanden viele von ihnen auf den Territorien von Ritterschaften und der Universität Würzburg auch in der Rhön eine neue Bleibe. Erst mit der rechtlichen Gleichstellung der Juden in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts setzte für sie ein wirtschaftlicher und sozialer Prozess ein, der den Namen Emanzipation verdient. In den Gemeinden der Rhön wurden sie zu wesentlichen Wegbereitern der Moderne. Dieser Entwicklung stellte sich ein zunehmender Antisemitismus schon in der Kaiserzeit entgegen. Als mit der Machtübernahme der Nationalsozialisten 1933 der Judenhass zum Regierungsprogramm wurde, begann auch für die in der Rhön lebenden Juden eine Zeit der Demütigungen und Verfolgungen mit dem Ziel ihrer Vertreibung und Vernichtung
.  
Rezension von Jutta Hamberger in den Osthessen-News vom 18. Oktober 2021: https://osthessen-news.de/n11655845/aufwuehlende-spurensuche-in-der-rhoen-michael-imhoff-juden-in-der-rhoen.html

      
       

                   
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Stand: 30. Juni 2020